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Artikel II.

Paris, 19. Januar 1832.

Der Temps bemerkt heute, dass die Allgemeine Zeitung jetzt Artikel liefere, die feindselig gegen die königliche Familie gerichtet seyen, und dass die deutsche Censur, die nicht die geringste Aeusserung gegen absolute Könige erlaube, gegen einen Bürgerkönig nicht die mindeste Schonung ausübe. Der Temps ist doch die gescheidteste Zeitschrift der Welt! Mit wenigen milden Worten erreicht er seine Zwecke viel schneller als Andere mit ihrer lautesten Polemik. Sein schlauer Wink ist hinreichend verstanden worden, und ich weiss wenigstens einen liberalen Schriftsteller, der es jetzt seiner Ehre nicht angemessen hält, unter Censurerlaubniss gegen einen Bürgerkönig die feindliche Sprache zu führen, die man ihm gegen einen absoluten König nicht gestatten würde. Aber dafür thue uns

Ludwig Philipp auch den einzigen Gefallen, ein Bürgerkönig zu bleiben. Eben weil er den absoluten Königen täglich ähnlicher wird, müssen wir ihm grollen. Er ist gewiss als mensch ganz ehrenfest, und ein achtungswerther Familienvater, zärtlicher Gatte und guter Oekonom; aber es ist verdriesslich, dass er alle Freiheitsbäume abschlagen lässt und sie ihres hübschen Laubwerks entkleidet, um daraus Stützbalken zu zimmern für das wackelnde Haus Orleans. Deshalb, nur deshalb zürnt ihm die liberale Presse, und die Geister der Wahrheit verschmähen sogar die Lüge nicht, um ihn damit zu befehden. Es ist traurig, bejammernswerth, dass durch diese Taktik sogar die Familie des Königs leiden muss, die eben so schuldlos wie liebenswürdig ist. Von dieser Seite wird die deutsche liberale Presse, minder geistreich, aber gemüthvoller als ihre französische ältere Schwester, sich keine Grausamkeiten zu Schulden kommen lassen. „Ihr solltet wenigstens mit dem Könige Mitleid haben!" rief jüngst das sanfilebende Journal des Debats. „Mitleid mit Ludwig Philipp!" entgegnete die Tribüne,,,dieser Mann verlangt fünfzehn Millionen und unser Mitleid! Hat er Mitleid gehabt mit Italien, mit Polen u. s. w.?" Ich sah diese Tage die unmündige Waise des Menotti, der in Modena gekenkt worden. Auch sah ich unlängst Sennora Luisa de Torrijos, eine arme todtblasse Dame, die schnell wieder nach Paris zurückgekehrt ist, als sie an der spanischen Gränze die Nachricht von der Hinrichtung ihres Gatten und seiner zweiundfünfzig Unglücksgefährten erfuhr. Ach, ich habe wirklich Mitleid mit Ludwig Philipp!

Die Tribüne, das Organ der offen republikanischen Partei, ist unerbittlich gegen ihren königlichen Feind, und predigt täglich die Republik. Der National, das rücksichtloseste und unabhängigste Journal Frankreichs, hat unlängst auf eine befremdende Art in diesen Ton eingestimmt. Furchtbar, wie ein Echo aus den blutigsten Tagen der Konvention, klangen die Reden jener Häuptlinge der Société des amis du peuple, die vorige Woche vor den Assisen standen, angeklagt „gegen die bestehende Regierung konspirirt zu haben, um dieselbe zu stürzen und eine Republik zu errichten." Sie wurden von der Jury freigesprochen, weil sie bewiesen, dass sie keineswegs konspirirt, sondern ihre Gesinnungen im Angesichte des ganzen Publikums ausgesprochen hätten. Ja, wir wünschen den Umsturz dieser schwachen Regierung, wir wollen eine Republik, war der Refrain aller ihrer Reden vor Gericht.

Während auf der einen Seite die ernsthaften Republikaner das Schwert ziehen und mit Donnerworten grollen! blitzt und lacht Figaro und schwingt am wirksamsten seine leichte Geissel. Er ist unerschöpflich in Witzen über „die beste Republik," ein Ausdruck, wodurch zugleich der arme Lafayette geneckt wird, weil er bekanntlich einst vor dem Hotel de Ville den Ludwig Philipp umarmt und ausgerufen: Vous êtes la meilleure république! Dieser Tage bemerkte Figaro, man verlange keine Republik, seit man die beste gesehen. Eben so sanglant sagt er, bei Gelegenheit der Debatten über die Civilliste: La meilleure république coute quinze millions.

Die Partei der Republikaner will dem Lafayette

seinen Missgriff in Betreff des empfohlenen Königs nimmermehr verzeihen. Sie wirft ihm vor, dass er den Ludwig Philipp lange genug gekannt habe, um voraus wissen zu können, was von ihm zu erwarten sey. Lafayette ist jetzt krank, kummerkrank. Ach! das grösste Herz beider Welten, wie schmerzlich muss es jene königliche Täuschung empfinden! Vergebens, in der ersten Zeit, mahnte Lafayette beständig an das Programme de l'hôtel de ville, an die republikanischen Institutionen, womit das Königthum umgeben werden sollte, und an ähnliche Versprechungen. Aber ihn überschrien jene doktrinairen Schwätzer, die aus der englischen Geschichte von 1688 beweisen, dass man sich im Julius 1830 nur für die Aufrechthaltung der Charte in Paris geschlagen, und alle Aufopferungen und Kämpfe nur die Einsetzung der jüngern Linie der Bourbone an die Stelle der ältern bezweckt habe, eben so, wie einst in England mit der Einsetzung des Hauses Oranien an die Stelle der Stuarts Alles abgethan war. Thiers, welcher zwar nicht wie die Doktrinaire denkt, aber jetzt im Sinne dieser Partei spricht, hat ihr in der letzten Zeit nicht geringen Vorschub geleistet. Dieser Indifferentist von der tiefsten Art, der so wunderbar Maass zu halten weiss in der Klarheit Verständigkeit und Veranschaulichung seiner Schreibweise, dieser Goethe der Politik, ist gewiss in diesem Augenblicke der mächtigste Verfechter des Perier'schem Systems, und wahrlich, mit seiner Broschüre gegen Chateaubriand vernichtete er fast jenen Donquixote der Legitimität, der auf seiner geflügelten Rosinante so pathetisch sass, dessen Schwert mehr glänzend

als scharf war, und der nur mit kostbaren Perlen schoss, statt mit guten, eindringlichen Bleikugeln.

In ihrem Unmuthe über die klägliche Wendung der Ereignisse lassen sich viele Freiheitsenthusiasten sogar zur Verlästerung des Lafayette verleiten. Wie weit man in dieser Hinsicht sich vergehen kann, ergibt sich aus der Schrift des Belmontet, die ebenfalls gegen die bekannte Broschüre des Chateaubriand gerichtet ist, und worin mit ehrenwerther Offenheit die Republik gepredigt wird. Ich würde die bittern Urtheile, die in dieser Schrift über Lafayette vorkommen, hier ganz hersetzen, wären sie nicht einestheils gar zu gehässig, und ständen sie nicht anderntheils in Verbindung mit einer für diese Blätter unstatthaften Apologie der Republik. Ich verweise aber in dieser Hinsicht auf die Schrift selbst und namentlich auf einen Abschnitt derselben, der ,,die Republik" überschrieben ist. Man sieht da, wie Menschen, die edelsten sogar, ungerecht werden durch das Unglück.

Den glänzenden Wahn von der Möglichkeit einer Republik in Frankreich will ich hier nicht bekämpfen. Royalist aus angeborner Neigung, werde ich es in Frankreich auch aus Ueberzeugung. Ich bin überzeugt, dass die Franzosen keine Republik, weder die Verfassung von Athen, noch die von Sparta, und am allerwenigsten die von Nordamerika ertragen können. Die Athener waren die studirende Iugend der Menschheit, die Verfassung von Athen war eine Art akademischer Freiheit, und es wäre thöricht, diese in unserer erwachsenen Zeit, in unserem greisen Europa, wieder einführen zu wollen. Und gar wie ertrügen wir

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