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durch seine Agenten dasselbe zu bewirken gesucht. Vergebens wurde sie von fremden Gesandten um Gottes willen beschworen, ihr Treiben für den Augenblick aufzugeben. Alle Vernunftgründe, Drohungen und Bitten habeu diese halsstarrige Frau nicht zur Abreise bewegen können. Sie ist noch immer in der Vendée. Obgleich aller Mittel entblösst und nirgends mehr Unterstützung findend, will sie nicht weichen. Der Schlüssel des Räthsels ist: dass dumme oder kluge Priester sie fanatisirt und ihr eingeredet haben, es werde ihrem Kinde Segen bringen, wenn sie jetzt für dessen Sache stürbe. Und nun sucht sie den Tod mit religieuser Martyrsucht und schwärmerischer Mutterliebe.

Wenn sich hier auf den öffentlichen Plätzen keine Bewegungen zeigen, so bekundet sich desto mehr Unruhe in der Gesellschaft. Zunächst sind es die deutschen Angelegenheiten, die Beschlüsse des Bundestags, welche alle Geister aufgeregt. Da werden nun über Deutschland die unsinnigsten Urtheile gefällt. Die Franzosen in ihrem leichtfertigen Irrthume meinen, die Fürsten unterdrückten die Freiheit und sie sehen nicht ein, dass nur der Anarchie unter den deutschen Liberalen ein Ende gemacht werden soll, und dass überhaupt die Einigkeit und das Heil des deutschen Volks befördert wird. Schon den zweiten Junius hat der Temps von den sechs Artikeln des Bundestagsbeschlusses eine Inhaltsanzeige geliefert. Ein bekannter Pietist hatte hier noch früher Auszüge jenes Beschlusses in der Tasche herum getragen, und durch die Mittheilung derselben viele Herzen erbaut.

Ludwig Philipp ist noch immer der Meinung, dass

er stark sey. Seht wie stark wir sind! ist in den Tuillerien der Refrain jeder Rede. Wie ein Kranker immer von Gesundheit spricht, und nicht genug zu rühmen weiss, dass er gut verdaue, dass er ohne Krämpfe auf den Beinen stehen könne, dass er ganz bequem Athem schöpfe u. s. w., so sprechen jene Leute unaufhörlich von Stärke und von der Kraft, die sie bei den verschiedenen Bedrohnissen schon entwickelt und noch zu entwickeln vermögen. Da kommen nun täglich die Diplomaten aufs Schloss und fühlen ihnen den Puls, und lassen sich die Zunge zeigen, betrachten sorgfältig den Urin und schicken dann ihren Höfen das politische Sanitätsbulletin. Bei den fremden Bevollmächtigten ist es ja ebenfalls eine ewige Frage: Ist Ludwig Philipp stark oder schwach? Im erstern Falle können ihre Herren daheim jede Maassregel ruhig beschliessen und ausführen; im andern Falle, wo ein Umsturz der französischen Regierung und Krieg zu befürchten stände, dürften sie nichts Unmildes zu Hause unternehmen. Jene grosse Frage, ob Ludwig Philipp schwach oder stark ist, mag schwer zu entscheiden seyn. Aber leicht ist es einzusehen, dass die Franzosen selbst in diesem Augenblicke durchaus nicht schwach sind. Im Herzen der Völker haben sie neue Alliirte gefunden, während ihre Gegner jetzt eben nicht auf der Höhe der Popularität stehen. Sie haben unsichtbare Geisterheere zu Kampfgenossen, und dabei sind ihre eigenen leiblichen Armeen im blühendsten Zustande. Die französische Jugend ist so kriegslustig und begeistert wie 1792. Mit lustiger Musik ziehen die jungen Konscribirten durch die Stadt, und tragen auf den Hüten flatternde

Bänder und Blumen, und die Nummer, die sie gezogen, welche gleichsam ihr grosses Loos. Und dabei werden Freiheitslieder gesungen und Märsche getrommelt vom Jahre 90.

Aus der Normandie.

Havre, 1. August.

Ob Ludwig Philipp stark oder schwach ist, scheint wirklich die Hauptfrage zu seyn, deren Lösung eben so sehr die Völker wie die Machthaber interessirt. Ich hielt sie daher beständig im Sinne während meiner Exkursion durch die nördlichen Provinzen Frankreichs. Dennoch erfuhr ich, die öffentliche Stimmung betreffend, so viel Widersprechendes, dass ich über jene Frage nicht viel Gründlicheres mittheilen kann, als diejenigen, die in den Tuillerien, oder vielmehr in St. Cloud, ihre Weisheit holen. Die Nordfranzosen, namentlich die schlauen Normannen, sind überhaupt nicht so leicht geneigt sich unverholen auszusprechen, wie die Leute im Lande Oc. Oder ist es schon ein Zeichen von Missvergnügen, dass jener Theil der Bürger im Lande Oui, die nur für das Landesinteresse besorgt sind, meistens ein ernstes Stillschweigen beobachten,

sobald man sie über letzteres befragt? Nur die Jugend, welche für Ideeninteressen begeistert ist, äussert sich unverschleiert über das, wie sie glaubt, unvermeidliche Nahen einer Republik; und die Karlisten, welche einem Personeninteresse zugethan sind, insinuiren auf alle mögliche Weise ihren Hass gegen die jetzigen Gewalthaber, die sie mit den übertriebendsten Farben schildern, und deren Sturz sie als ganz gewiss, fast bis auf Tag und Stunde, voraussagen. Die Karlisten sind in hiesiger Gegend ziemlich zahlreich. Dieses erklärt sich dadurch, dass hier noch ein besonderes Interesse, vorhanden ist, nämlich eine Vorliebe für einige Glieder der gefallenen Dynastie, die in dieser Gegend den Sommer zuzubringen pflegten und sich hie und da beliebt zu machen wussten. Namentlich that dieses die Herzogin von Berry. Die Abenteuer derselben sind daher das Tagsgespräch in dieser Provinz, und die Priester der katholischen Kirche erfinden noch obendrein die gottseligsten Legenden zur Verherrlichung der politischen Madonna und der gebenedeiten Frucht ihres Leibes. In frühern Zeiten waren die Priester keineswegs so besonders mit dem kirchlichen Eifer der Herzogin zufrieden, und ebem indem letztere manchmal das priesterliche Missfallen errege, erwarb sie sich die Gunst des Volkes. „Die kleine nette Frau ist durchaus nicht so bigott wie die Andern" hicss es damals ,,seht wie weltlich kokett sie bei der Prozession einherschlendert, und das Gebetbuch ganz gleichgültig in der Hand trägt, und die Kerze so spielend niedrig hält, dass das Wachs auf die Atlasschleppe ihrer Schwägerin, der brummig devoten Angoulème,

niederträufelt!" Diese Zeiten sind vorbei, die rosige Heiterkeit ist erblichen auf den Wangen der armen Karoline, sie ist fromm geworden wie die Andern, und trägt die Kerze ganz so gläubig, wie die Priester es begehren, und sie entzündet damit den Bürgerkrieg im schönen Frankreich, wie die Priester es begehren.

Ich kann nicht umhin zu bemerken, dass der Einfluss der katholischen Geistlichen in dieser Provinz grösser ist, als man es in Paris glaubt. Bei Leichenzügen sieht man sie hier in ihren Kirchentrachten, mit Kreuzen und Fahnen, und melancholisch singend, durch die Strassen wandeln, ein Anblick, der schier befremdlich, wenn man aus der Hauptstadt kommt, wo dergleichen von der Polizei oder vielmehr von dem Volke, streng untersagt ist. So lang ich in Paris war, habe ich nie einen Geistlichen in seiner Amtstracht auf der Strasse gesehen; bei keinem einzigen von den vielen tausend Leichenbegängnissen, die in der Cholerazeit mir vorüberzogen, sah ich die Kirche weder durch ihre Diener noch durch ihre Symbole repräsentirt. Viele wollen jedoch behaupten, dass auch in Paris die Religion wieder still auflebe. Es ist wahr, wenigstens die franzö sisch katholische Gemeinde des Abbé Chatel nimmt täglich zu; der Saal desselben auf der Rue Clichy ist schon zu eng geworden für die Menge der Gläubigen, und seit einiger Zeit hält er den katholischen Gottesdienst in dem grossen Gebäude auf dem Boulevard Bonne-Nouvelle, worin früherhin Herr Martin die Thiere seiner Menagerie sehen lassen, und worauf jetzt mit grossen Buchstaben die Aufschrift steht: Eglise catholique et apostolique.

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