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ganz entschieden, und während mir noch das Vive la République der Rue Grenelle in den Ohren nachdröhnte, musste ich die bestimmte Versicherung anhören, dass die Rückkehr des Mirakelkindes mit der ganzen Mirakelsippschaft so gut wie gewiss sey. Ich kann nicht umhin, zu verrathen, dass ich dort zwei Doktrinaire eine Anglaise tanzen sehen; sie tanzen nur Anglaisen. Eine Dame mit einem weissen Kleide, worin grüne Bienen, die wie Lilien aussahen, fragte mich ob man des Beistandes der Deutschen und der Kosaken gewiss sey? Wir werden es uns wieder zur höchsten Ehre anrechnen, betheuerte ich, für die Wiedereinsetzung der ältern Bourbone unser Gut und Blut zu opfern. Wissen Sie auch, fügte die Dame hinzu, dass heute der Tag ist, wo Heinrich V. als Herzog von Bordeaux zuerst kommunizirte? Welch ein wichtiger Tag für die Freunde des Throns und Altars, erwiederte ich, ein heiliger Tag, werth von de la Martine besungen zu werden!

Die Nacht dieses schönen Tages sollte roth angestrichen werden im Kalender von Frankreich, und die Gerüchte darüber waren des folgenden Morgens das Gespräch von ganz Paris. Widersprüche der tollsten Art liefen herum, und noch jetzt liegt, wie schon oben angedeutet, ein geheimnissvoller Schleier über jener Verschwörungsgeschichte. Es hiess, man habe die ganze königliche Familie, mitsammt der grossen Gesellschaft, die in den Tuillerien versammelt gewesen, ermorden wollen, man habe den Concierge des Louvre's gewonnen, um durch die grosse Gallerie desselben unmittelbar in den Tanzsaal der Tuillerien hineindringen zu

können, ein Schuss sei dort gefallen, der dem Könige gegolten, ihn aber nicht getroffen, mehrere hundert Individuen seyen arretirt worden u. s. w. Den Nachmittag fand ich vor der Gartenseite der Tuillerien noch eine grosse Menge Menschen, die nach den Fenstern hinaufschauten, als wollten sie den Schuss sehen, der dort gefallen. Einer erzählte, Perier sey die vorige Nacht zu Pferde gestiegen und gleich nach der Rue des Prouvaires geritten, als dort die Verschwornen verhaftet und ein Polizeiagent getödtet worden. Man habe den Pavillon Flore in Brand stecken, und von Aussen den Pavillon Marsan angreifen wollen. Der König, hiess es, sey sehr betrübt. Die Weiber bedauerten ihn, die Männer schüttelten unwillig den Kopf. Die Franzosen verabscheuen allen nächtlichen Mord. In den stürmischen Revolutionszeiten wurden die schrecklichsten Thaten offenkundig und bei Tageslicht ausgeführt. Was die Gräuel der Bartholomäusnacht betrifft, so waren sie vielmehr von römisch-katholischen Priestern angestiftet.

Wie weit der Concierge des Louvre's in der Verschwörung vom zweiten Februar verwickelt ist, habe ich noch nicht bestimmt erfahren können. Die Einen sagen, er habe der Polizei gleich Anzeige gemacht, als man ihm Geld anbot, damit er die Schlüssel des Louvre's ausliefere. Andere meinen, er habe sie wirklich ausgeliefert und sey jetzt eingezogen. Auf jeden Fall zeigt sich bei solchen Begebenheiten, wie die wichtigsten Posten in Paris ohne sonderliche Sicherheitsmassregeln den unzulänglichsten Personen anvertraut sind. So war der Schatz selbst lange Zeit in den Händen

eines Papierspeculanten, des Hrn. Kessner, den der Staat mit einer Eichenkrone dafür belohnen sollte, dass er nur sechs Millionen und nicht hundert Millionen auf der Börse verspielt hat. So hätte die Gemäldegallerie des Louvre's, die mehr ein Eigenthum der Menschheit als der Franzosen ist, der Schauplatz nächtlicher Frevel und dabei zu Grunde gerichtet werden können. So ist das Medaillenkabinet eine Beute von Dieben geworden, die dessen Schätze gewiss nicht aus numismatischer Liebhaberei gestohlen haben, sondern um sie direkt in den Schmelztiegel wandern zu lassen. Welch ein Verlust für die Wissenschaften, da unter den gestohlenen Antiquitäten nicht blos die seltensten Stücke, sondern vielleicht auch die einzigen Exemplare waren, die davon übrig geblieben! Der Untergang dieser alten Münzen ist unersetzbar; denn die Alten können sich doch nicht noch einmal niedersetzen und neue fabriziren. Aber es ist nicht blos ein Verlust für die Wissenschaften, sondern durch den Untergang solcher kleinen Denkmäler von Gold und Silber verliert das Leben selbst den Ausdrück seiner Realität. Die alte Geschichte klänge wie ein Mährchen, wären nicht die damaligen Geldstücke, das Realste jener Zeiten, übrig geblieben, um uns zu überzeugen, das die alten Völker und Könige, wovon wir so Wunderbares lesen, wirklich existirt haben, dass sie keine müssigen Phantasiegebilde, keine Erfindungen der Dichter sind, wie manche Schriftsteller behaupten, die uns überreden möchten, die ganze Geschichte des Alterthums, alle geschriebenen Urkunden desselben, seyen im Mittelalter von den Mönchen geschmiedet worden. Gegen solche Behauptungen ent

hielt das hiesige Medaillenkabinet die klingendsten Gegenbeweise. Aber diese sind jetzt unwiederbringlich verloren, ein Theil der alten Weltgeschichte wurde eingesteckt und eingeschmolzen, und die mächtigsten Völker und Könige des Alterthums sind jetzt nur Fabeln, an die man nicht zu glauben braucht.

Es ist ergötzlich, dass man die Fenster des Medaillenkabinets jetzt mit eisernen Gitterstangen versieht, obgleich es gar nicht zu erwarten steht, dass die Diebe das Gestohlene wieder nächtlicherweile zurückbringen werden. Besagte eiserne Stangen werden roth angestrichen, welches sehr gut aussieht. Jeder Vorübergehende schaut hinauf und lacht. Monsieur Raoul Rochette, der Aufseher der gestohlenen Medaillen, le conservateur des exmédailles, soll sich wundern, dass die Diebe nicht ihn gestohlen, da er sich selbst immer für wichtiger als die Medaillen gehalten hat, und Letztere jedenfalls für unbenutzbar hielt, wenn man seiner mündlichen Erklärungen dabei entbehren würde. Er geht jetzt müssig herum, und lächelt wie unsere Köchin, als die Katze ein Stück rohes Fleisch aus der Küche gestohlen; sie weiss ja doch nicht, wie das Fleisch gekocht wird, sagte unsere Köchin, und lächelte.

Indessen, wie sehr auch jener Medaillen diebstahl ein Verlust für die alte Geschichte ist, so scheint der Kessnersche Kassendefect die Geister doch noch mehr zu irritiren. Dieser ist wichtiger für die Tagsgeschichte. Während ich dieses schreibe, vernimmt man, dass er nicht sechs, sondern zehn Millionen betrage. Man glaubt sogar, er werde sich am Ende sogar als eine Summe von zwölf Millionen ausweisen. Das schmä

lert freilich das Verdienst des Mannes, und ich kann ihm keine Eichenkrone mehr zuerkennen. Durch diesen Kassendefekt, wobei es an Iffland'schen Rührungsscenen nicht fehlte, geräth zunächst der Baron Louis in grosse Verlegenheit. Er wird wohl am Ende das Kautionnement, das von Kessner nicht gefordert worden, selbst bezahlen müssen. Er kann diesen Schaden leicht tragen; denn er ist enorm reich, zieht jährlich über 200,000 Franken baare Revenuen, und ist ein alter Abbé, der keine Familie hat. Perier ärgert sich mehr als man glaubt, über diese Geschichte, da sie Geld, welches seine Force und seine Schwäche, betrifft; wie wenig Schonung ihm die Opposition bei dieser Gelegenheit angedeihen lassen, ist aus den Blättern bekannt. Diese referiren hinlänglich die Unwürdigkeiten, die in der Kammer vorfallen, und es bedarf ihrer hier keiner besondern Erwähnung. Wahrlich, die Opposition beträgt sich eben so kläglich wie das Ministerium, und gewährt einen eben so widerwärtigen Anblick.

Während aber Bedrängnisse und Nöthen aller Art das Innere des Staates durchwühlen, und die äussern Angelegenheiten, seit den Ereignissen in Italien und Don Pedro's Expedition, bedenklich verwickelter werden; während alle Institutionen, selbst die königlich höchste, gefährdet sind; während der politische Wirrwarr alle Existenzen bedroht: ist Paris diesen Winter noch immer das alte Paris, die schöne Zauberstadt, die dem Jüngling so holdselig lächelt, den Mann so gewaltig begeistert, und den Greis so sanft tröstet. Hier kann man das Glück entbehren, sagte einst Frau v. Staël, ein treffendes Wort, das aber in ihrem Munde

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