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immer noch zu früh zu kommen glaubt. Seine Sprache ist schleppend oder in kurzen Lauten abgebrochen, wie im Halbschlummer. Hierin liegt jene angedeutete Melancholie, oder vielmehr die melancholische Signatur der Zukunft. Uebrigens hat sein Aeusseres etwas schlicht Bürgerliches. Diese Eigenschaft tritt vielleicht um so bedeutender hervor, da man bei seinem Bruder, dem Herzog von Nemours, das Gegentheil zu bemerken glaubt. Dieser ist ein hübscher, sehr gescheidter Junge; schlank, aber nicht gross; äusserst zart gebaut; weisses nettes Gesichtchen; geistreich leicht hingeworfener Blick; etwas bourbonisch gebogene Nase; ein feiner Blondin von einem altadeligen Ansehen. Es sind nicht die anmassenden Züge eines hannöverischen Krautjunkers, sondern eine gewisse Vornehmheit des Erscheines und des Gehabens, wie sie nur unter dem gebildetsten hohen Adel gefunden wird. Da diese Sorte täglich an Zahl abnimmt oder durch Mesallianzen ausartet, so ist das aristokratische Aussehen des Herzogs von Nemours sehr bemerkbar. Bei seinem Anblicke hörte ich mal Jemand sagen: dieses Gesicht wird in einigen Jahren grosses Aufsehen in Amerika machen.

Artikel VI.

Paris, 19. April 1832.

Nicht den Werkstätten der Parteien will ich ihren banalen Maassstab entborgen, um Menschen und Dinge damit zu messen, noch viel weniger will ich Werth und Grösse derselben nach träumenden Privatgefühlen bestimmen, sondern ich will so viel als möglich parteilos das Verständniss der Gegenwart befördern, und den Schlüssel der lärmenden Tagesräthsel zunächst in der Vergangenheit suchen. Die Salons lügen, die Gräber sind wahr. Aber ach! die Todten, die kalten Sprecher der Geschichte, reden vergebens zur tobenden Menge, die nur die Sprache der Leidenschaft versteht.

Freilich, nicht vorsätzlich lügen die Salons. Die Gesellschaft der Gewalthaber glaubt wirklich an die owige Dauer ihrer Macht, wenn auch die Analen der

Welthistorie und das feurige Mene-Tekel der Tagesblätter, und sogar die lante Volksstimme auf der Strasse ihre Warnungen aussprechen. Auch die Oppositionskotterien lügen eigentlich nicht mit Absicht; sie glauben ganz bestimmt zu siegen, wie überhaupt die Menschen immer das glauben, was sie wünschen; sie berauschen sich im Champagner ihrer Hoffnungen; jedes Misgeschick deuten sie als ein nothwendigen Ereigniss, das sie dem Ziele desto näher bringe; am Vorabende ihres Untergangs strahlt ihre Zuversicht am brillantesten, und der Gerichtsbote, der ihnen ihre Niederlage gesetzlich aḍkündigt, findet sie gewöhnlich im Streite über die Vertheilung der Bärenhaut. Daher die einseitigen Irrthümer, denen man nicht entgehen kann, wenn man der einen oder der andern Partei nahe steht; jede täuscht uns, ohne es zu wollen, und wir vertrauen am liebsten unsern gleichgesinnten Freunden. Sind wir selber vielleicht so indifferenter Natur, dass wir, ohne sonderliche Vorneigung, mit allen Parteien beständig verkehren, so verwirrt uns die süffisante Sicherheit, die wir bei jeder Partei erblicken, und unser Urtheil wird aufs unerquicklichste neutralisirt. Indifferentisten solcher Art, die selbst ohne eigene Meinung sind, ohne Theilnahme an den Interessen der Zeit, und die nur erlauschen wollen, was eigentlich vorgehe, und daher das Geschwätze aller Salous erhorchen, und die Chronique-scandaleuse jøder Partei bei der andern aufgabeln, solchen Indifferentisten begegnet's wohl, dass sie überall nur Personen und keine Dinge, oder vielmehr in den Dingen nur die Personen sehen, dass sie den Untergang der erstern

prophezeihen, weil sie die Schwäche der letztern erkannt haben, und dass sie dadurch ihre respektiven Kommittenten zu den bedenklichsten Irrnissen und Fehlgriffen verleiten.

Ich kann nicht umhin, auf das Missverhältniss, das jetzt in Frankreich zwischen den Dingen (d. h. den geistigen und materiellen Interessen) und den Personen (d. h. den Repräsentanten dieser Interessen) statt findet, hier besonders aufmerksam zu machen. Dies war ganz anders zu Ende des vorigen Jahrhunderts, wo die Menschen noch kolossal bis zur Höhe der Dinge hinaufragten, so dass sie in den Revolutionsgeschichten gleichsam das heroische Zeitalter bilden, und als solches jetzt von unsrer republikanischen Jugend gefeiert und geliebt werden. Oder täuscht uns in dieser Hinsicht derselbe Irrthum, den wir bei Madame Roland finden, die in ihren Memoiren gar bitter klagt, dass unter den Männern ihrer Zeit kein einziger bedeutend sey? Die arme Frau kannte nicht ihre eigene Grösse, und merkte daher nicht, dass ihre Zeitgenossen schon gross genug waren, wenn sie ihr selbst nichts an geistiger Statur nachgaben. Das ganze französische Volk ist jetzt so gewaltig in die Höhe gewachsen, dass wir vielleicht ungerecht sind gegen seine öffentlichen Repräsentanten, die nicht sonderlich aus der Menge hervorragen, aber darum doch nicht klein genannt werden dürfen. Man kann jetzt vor lauter Wald die Bäume nicht sehen. In Deutschland erblicken wir das Gegentheil, eine überreichliche Menge Krüppelholz und Zwergtannen, und dazwischen hie und da eine Rieseneiche, deren Haupt sich bis in die Wolken erhebt

während unten am

Stamme die Würmer nagen.

Der heutige Tag ist ein Resultat des gestrigen. Was dieser gewollt hat, müssen wir erforschen, wenn wir zu wissen wünschen, was jener will. Die Revolution ist eine und dieselbe; nicht, wie uns die Doktrinaire einreden möchten, nicht für die Charte schlug man sich in der grossen Woche, sondern für dieselben Revolutionsinteressen, denen man seit vierzig Jahren das beste Blut Frankreichs geopfert hatte. Damit man aber den Schreiber dieser Blätter nicht für einen jener Prädikanten ansehe, die unter Revolution nur Umwälzung und wieder Umwälzung verstehen, und die zufälligen Erscheinungen für das Wesentliche der Revolution halten, will ich, so genau als möglich, den Hauptbegriff feststellen.

Wenn die Geistesbildung und die daraus entstandenen Sitten und Bedürfnisse eines Volks nicht mehr im Einklange sind mit den alten Staatsinstitutionen, so tritt es mit diesen in einen Nothkampf, der die Umgestaltung derselben zur Folge hat und eine Revolution genannt wird. So lange die Revolution nicht vollendet ist, so lange jene Umgestaltung der Institutionen nicht ganz mit der Geistesbildung und den daraus hervorgegangenen Sitten und Bedürfnissen des Volks übereinstimmt: so lange ist gleichsam das Staatssiechthum nicht völlig geheilt, und das krank überreizte Volk wird zwar manchmal in die schlaffe Ruhe der Abspannung versinken, wird aber bald wieder in Fieberhitze gerathen, die festesten Bandagen und die gut. müthigste Charpie von den alten Wunden abreissen, die edelsten Krankenwärter zum Fenster hinauswer

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