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sehen ist). Auffallend ist auch, dafs in den zu Anfang und Schlufs gegebenen Aufzählungen der Vorlagen der Dichter mit keinem Wort seiner drei Hauptquellen, der Venjance, Vindicta und Legenda Aurea, Erwähnung thut.

Die im vorstehenden gegebenen Bemerkungen sollen nicht alle Einzelheiten erschöpfen, auch war es nicht möglich, in allen Fällen ein ganz klares Resultat zu erlangen. Zu einer abschliefsenden Untersuchung würde der kritische Text des Gedichts unumgänglich nötig sein; wir dürfen eine solche wohl vom Verfasser selbst erwarten, wenn er, in hoffentlich nicht zu langer Zeit, seine Ausgabe erscheinen lässt.

Halle a. S. Walther Suchier. Robert Greene's Selimus. Eine litterarhistorische Untersuchung. Kieler Dissertation von Hugo Gilbert. Kiel, 1899. 74 S. Der Verfasser sagt uns gleich auf der ersten Seite, was für ein Ziel die Schrift verfolgt: 'Es soll der Versuch gemacht werden, die Frage nach der Autorschaft des Selimus endgültig zu erledigen und, wenn sich das Drama wirklich als ein Werk Robert Greenes erweist, dasselbe in den Zusammenhang des Lebens und der Werke dieses Dichters einzuordnen.' In anziehender, überzeugender Weise und mit wirklich musterhafter Klarheit hat der Verfasser das Problem gelöst und die Greene-Forschung einen guten Schritt vorwärts gebracht. Das erste Kapitel handelt von der Autorschaft des Selimus. Zu den zwei von Grossart identifizierten Citaten in 'England's Parnassus' hat Dr. Gilbert noch vier hinzugefunden, so dafs wir jetzt sechs Citate als ebenso viele Zeugen für die Autorschaft Greenes besitzen. Im zweiten Kapitel teilt uns der Herr Verfasser die von ihm aufgefundene Quelle des Stückes mit: eine Türkengeschichte von Paulus Jovius. Im dritten Kapitel kommt Dr. Gilbert auf die dichterische Leistung, Komposition, Stil und Charakterzeichnung zu sprechen und sucht die Geistesverwandtschaft des Selimus mit Greenes anerkannten Dramen nachzuweisen. Zuerst behandelt Dr. Gilbert die eigenen Zuthaten Greenes zu seiner Hauptquelle und weist dabei auf Marlowe, Seneca und auf Greenes eigene andere Dramen hin. Dann folgt eine Abhandlung über den Stil. Dieser Teil der Arbeit, der naturgemäfs weniger ergebnisvoll ist, handelt von Alliteration, Amplifikation etc., lyrischen Partien, antiken Namen, Vergleichen aus dem Tierreiche nebst Parallelen in Greenes übrigen Werken. Sodann folgt ein Abschnitt über Charakterzeichnung. Die Hauptfiguren fand Greene schon in seiner Quelle vorgezeichnet. Seine Zuthaten zwecks besserer Charakterisierung sind interessant. Die machiavellistischen Züge stammen aus Gentillets Contre-Machiavel. Auch Autobiographisches findet sich im Selimus. Im vierten Kapitel weist Dr. Gilbert auf die Abhängigkeit des Selimus vom Tamburlaine hin und sucht sodann die chronologische Reihenfolge sämtlicher Dramen Greenes festzustellen. Absolute Sicherheit ist hier meines Erachtens nicht zu erreichen. Doch sind Dr. Gilberts Ausführungen interessant und beachtenswert. Auf Fleays Theorien über den Selimus und Greenes Werke überhaupt

geht der Verfasser leider nicht ein, was um so wünschenswerter gewesen wäre, als Fleay zum Teil abweichende Ansichten entwickelt.

Dr. Gilberts Schrift, die ich mit grofsem Vergnügen gelesen, ist schon früher von Prof. Keller im Shakesp.-Jahrbuch XXXVI, p. 309 günstig beurteilt worden. Ich kann mich dessen Urteil nur anschliefsen.

Berlin.

H. Anders.

Richard Garnett, Essays of an ex-librarian. London, W. Heinemann, 1901. IX, 359 S.

Der frühere Direktor der Bücherabteilung im Britischen Museum, allen 'readers' in angenehmer Erinnerung wegen seines immer heiteren und immer hilfsbereiten Wesens, bietet ein Bündel Essays, die durchaus lesenswert und zum Teil für den Litterarhistoriker wichtig sind. Sie betreffen nicht Gegenstände, die bereits im Lichte der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen; es brauchte manchmal das abstruse Wissen eines Bibliothekars, um den Autor in diese abgelegeneren Plätzchen und Gründe der Litteratur zu führen; aber der Stil Garnetts macht sie uns durchaus anziehend und belehrend. Gleich im ersten Satz eines Essays pflegt Garnett den Accord anzuschlagen, auf den die Abhandlung gestimmt ist; wir sind sofort bei der Sache und sehen sie sofort vom Standpunkt einer Frage, die nicht plump, sondern wie im Gespräch gestellt ist, wenn der Bibliotheksdirektor einen bekannten Leser in seine Privatzimmer hinaufbat zu einer Tasse Thee und einem Kreise litterarischer Feinschmecker. Im Verlauf des Essays giebt er so viele glückliche Pointen, Vergleiche und Gegensätze, Charakteristiken von Menschen und Betrachtungen von Kunstdingen, dass man nie müde wird. Zu früh ist das Ende da und rundet das Vorgetragene mit eleganter Zusammenfassung ab. Die Bücher sind für Garnett offenbar nicht da, um ihm als Material zum Lehren zu dienen, sondern er liebt sie, schlägt sie uns auf, liest sie mit uns an.

Voran steht mit Recht der Essay 'On translating Homer', geschrieben als Vorwort zu eigenen Übersetzungsproben aus der Iliade. Garnett konstatiert die Thatsache, dafs die Homer - Übersetzung von Pope, so ungriechisch sie klingt, und so viele Rivalen ihr schon erstanden sind, noch immer als die nationale gilt. Auf den ersten Blick sind Popes fünffüssige Jamben mit paarweisen Endreimen wenig geeignet, Hexameter wiederzugeben. Aber Garnett zeigt, dafs der englische Hexameter hiezu noch ungeeigneter ist, weil 'there are hardly any spondees in the language'; und dafs auch der Blankvers nicht passe, weil er, 'if artfully solemnised with variety of cadence', zu langsam und feierlich sei und sonst in Prosa zerfalle. Darum griff Garnett selbst wieder auf Popes Metrum zurück:

Thrice did Achilles lift his voice's might,

Thrice Trojans and allies recoiled in flight,

And twelve great champions, famous in the wars,

Died, pierced by their own spears and crushed by their own cars.

Dafs der letzte Vers sechs Füfse hat, ist wohl rhetorische Absicht. Ein Urteil über solche sprachliche Feinheiten zu fällen, ist für den Ausländer

schwer. Lieber beobachte ich als unparteiischer Zuschauer, wie das Streben nach einer ganz befriedigenden Übertragung eines fremden Dichters auch in England immer neue Schwierigkeiten, Treffversuche, Rückgriffe und kritische Erörterungen hervorruft, als Parallele zu unserer deutschen Suche nach einer absolut tadellosen Verdeutschung Shakespeares.

Neues bietet der Essay über Beckfords Roman Vathek, dessen Dämonenscene in der Halle von Eblis in Byrons Manfred nachklingt. Garnett stand ungedrucktes Material von Beckford zur Verfügung, aus dem sich Andeutungen über seine Quellen ergeben und ganz andere Vorstellungen als bisher über seine Art zu schreiben. Namentlich ist aus den litterarischen Nachschlagewerken jetzt die Legende zu streichen, er habe den Roman binnen drei Tagen und Nächten in einem Zuge verfasst: über ein Jahr war er damit beschäftigt.

Die englische Litteratur des folgenden halben Jahrhunderts, bis herab zu Byrons Tod, ist als das eigentlichste Arbeitsgebiet von Garnett zu bezeichnen, obwohl es nicht die Hälfte seiner Arbeiten umfafst. Hier wurzelt der Essay über Coleridge, worin besonders der Bruch mit dem Stil des 18. Jahrhunderts, der sich in den 'Lyrical ballads' 1798 vollzog, treffend geschildert wird; vgl. Archiv C, 207 ff. 'Shelleys Ansichten über antike Kunst' zeigen den idealen Freund Byrons von einer bisher fast übersehenen Seite, während dessen liberaler Freund Thomas Moore in einem anderen Essay eine Verteidigung erfährt, die ein vorsichtiges Lob in Sammet und Seide hüllt; z. B. wenn von 'Lalla Rookh' gesagt wird, es sei weniger ein Gedicht als ein litterarisches Fest. Gewandtheit, Melodie, Farbe all das mag Moore haben, und er mag, was Garnett besonders betont, als Mensch besser sein als in poetischer Hinsicht; er kommt mir doch immer vor wie ein edles Schiff ohne genügenden Ballast, ohne gedankenhafte Tiefe. Shelleys Freund Peacock, ein schwacher Romanschreiber, wird liebevoll gezeichnet, und Beaconsfield, der im Roman 'Venetia' Shelleys Porträt etwas geschminkt, doch im wesentlichen richtig gegeben hatte, als ein guter Kenner dieses politisch ihm so fern stehenden Dichters erwiesen. Für die Periode der Romantiker ist dem künftigen Forscher die Benutzung dieser Studien unerlässlich.

Ferner ab liegen die Essays über Matthew Arnold und Emerson, über Shakespeares 'Tempest' (vgl. Shakespeare-Jahrbuch XXXV, 166 ff.), über die Liebessonette des Luigi Tansillo, über die byzantinisch-griechische Geschichte von Gyzia. Sie machen den Straufs bunt und für weite Schichten von Litterarhistorikern reizvoll, wie es bei uns selbst den Bibliothekaren und Exbibliothekaren selten gelingt.

Berlin.

A. Brandl.

O. Schmeding, Über Wortbildung bei Carlyle (Morsbachs Studien zur engl. Philologie, 5). Halle, M. Niemeyer. X, 352 S. Nur einen der vielen Punkte, die der Sprache Carlyles ein höchst eigenartiges Gepräge aufdrücken, hat der Verf. herausgegriffen und ihn

zum Gegenstand einer eingehenden Untersuchung gemacht. Die vielen und ausführlichen Citate, die gewissenhafte Würdigung jeder einzelnen Erscheinung, so geringfügig sie auch scheinen mag, hat die Arbeit zu einem stattlichen Band anschwellen lassen. Im Interesse des Buches möchte man indessen wünschen, dafs der Autor seine Ausführungen auf einen geringeren Raum zusammengedrängt hätte. Dem Fachmann werden weniger die sonderbaren Wortbildungen an sich interessieren als die historischen Betrachtungen, die sich an die Einzelerscheinung anschliefsen. Manches mufste zwar hier summarisch gefasst werden, denn abgesehen von den wertvollen Beiträgen im N. E. D., fehlt es noch gar sehr an Vorarbeiten, aber was über das einzelne Wortbildungselement nach der Lage der Dinge zu sagen war, findet man in klarer Darstellung zusammengefasst. Es ist ja zwar ganz interessant, eine Übersicht zu haben, in welchem Umfange Carlyle z. B. like als suffixartiges Element (S. 151 f.) gebraucht, und wie er es verwendet, was für freie Neubildungen mit hood er schafft (S. 232): beasthood, gianthood, flunkyhood, aber im Grunde hat eine allzu ausführliche Darstellung solcher Dinge verhältnismässig doch nur geringen Wert. Denn eine namhafte Einwirkung Carlyles auf die Sprache ist doch nicht zu erwarten. Einige seiner Schriften werden ja wohl heute noch viel und mit Interesse gelesen, aber in die breiten Massen hat er doch bei weitem nicht in dem Masse gewirkt wie z. B. Bunyan oder Ch. Dickens, von Shakespeare gar nicht zu reden. Sie haben in Hunderten von geflügelten Worten und originellen Redewendungen tiefe Spuren in der Sprache hinterlassen. Bei Carlyle kann dies natürlich nicht der Fall sein, und seine Sprachform wird auch in der Zukunft wenn es überhaupt statthaft ist, in sprachlichen Dingen etwas voraussagen zu wollen nur geringe Nachwirkung haben. Und zwar aus dem einfachen Grunde, weil sie zu unenglisch ist und was noch mehr besagen will, weil sie zu wenig national ist. Sie weicht zu stark von dem englischen Sprachideal ab, nicht nur von dem der Zeitgenossen, sondern auch von dem heutigen. Die Addisonsche Prosa übt heute ja nicht mehr die Herrschaft wie ehedem, aber als ein Muster heimischer, echt englischer Prosa gilt sie deshalb doch noch, wenn manches auch bereits archaisch klingen mag. Die reiche und üppige Entwickelung des Prosastils in der modernen Zeit, die Anerkennung der Individualität auch im sprachlichen Ausdruck und Stil, die besonders die amerikanischen Schriftsteller vielfach für sich in Anspruch nehmen, hat unsere Zeit auch gegen Carlyle gerechter und duldsamer werden lassen, aber welchen Widerspruch er bei den Zeitgenossen fand, hat der Verf. ja eingehend an der Hand von Kritiken hervorragender Litteraten, wie Jeffrey und De Quincey, in der Einleitung dargethan. Nicht nur von Feinden und Rivalen wurde seine Schreibweise abfällig beurteilt, auch nahestehende Freunde, unter ihnen Emerson, verhehlten ihr Mifsfallen nicht. Von den excentrischen Stileigentümlichkeiten, die fast allgemein Anstofs erregten, findet sich noch nichts in dem Leben Schillers, Spuren derselben treten aber schon in der Übersetzung von Wilhelm Meister hervor und zeigen sich in ihrer ganzen Blüte im Sartor Archiv f. n. Sprachen. CVIII.

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Resartus. Dieser rief geradezu einen Sturm des Unwillens und Protestes hervor. Dem abfälligen Urteil der Öffentlichkeit gegenüber erwies sich der Autor nicht ganz unzugänglich. Er sah selbst die Mängel und Absonderlichkeiten seines Stils ein, aber es lag nicht in seiner Macht, sich den Wünschen der Kritik anzupassen. Was man für Manier, Geschraubtheit und Künstelei halten mochte, war Natur bei ihm. Er arbeitete meist unter einem Druck nervöser Gereiztheit, die ihn nicht die Ruhe und das Gleichgewicht der Seele finden liefs, um den quellenden Strom seiner Gedanken mit der Fülle kühner und grofsartiger Bilder in einer stilistisch vollendeten Form zu Papier zu bringen. Dafür stand er lange Zeit zu sehr in dem Banne der Verkehrsform des Elternhauses. Von seiner Mutter besonders soll er manche Eigentümlichkeiten einer derben und originellen Ausdrucksweise angenommen haben. Schotticismen sind deshalb keine Seltenheit bei Carlyle, und sie wurden ihm auch von der Kritik, namentlich von De Quincey, vorgeworfen. Zu viele und verschiedenartige Litteraturen und Sprachen hatten in bunter Fülle auf ihn Einfluss gewonnen und störend auf die Ausbildung eines eigenen Stils eingewirkt. Bei seiner Bewunderung für deutsches Geistesleben und bei dem eindringenden Studium deutscher Litteratur ist es erklärlich, wenn er anfangs Vieles von der fremden Form und der nicht heimischen Art des Gedankenausdrucks annimmt. Ganz unverkennbar ist der Einflufs des bizarren Stils von Jean Paul. Ungünstig hat ferner Laurence Sterne auf ihn in der Jugend eingewirkt. Ausserdem ist die ältere Litteratur mit ihren absterbenden und toten Sprachformen nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Wortbildungen, die bereits der Vergangenheit angehörten, tauchen plötzlich wieder bei ihm auf. Ein Stilmuster schwebte Carlyle von vornherein bei seinen litterarischen Arbeiten offenbar nicht vor. In seiner Gedankenwelt ist er originell, und er glaubte ebenso auch eine eigene sprachliche Form für sich beanspruchen zu dürfen, wenn sie auch gegen alles Herkommen war und noch so viel Anstofs erregte. Ein Stilist ist er nicht und will es auch nicht sein. Er vertritt sogar die Ansicht, dafs es für den Wert oder Unwert eines Buches wenig darauf ankomme, ob der Stil sich dem in der Gegenwart mustergültigen anpasse. Überdies glaubt er, dafs bei dem Zusammenströmen fremder Litteraturen in seiner Zeit, bei dem Nebeneinander so vieler Stilarten der Augenblick für puristische Bestrebungen schlecht gewählt sei. Seine eigenartige Ausdrucksform erklärt sich denn auch vornehmlich aus dem Streben nach einer adäquaten Form des Gedankenausdrucks. Es handelt sich für ihn vor allen Dingen darum, die Idee, die nach Gestaltung drängt, in solch sprachliche Gewandung zu zu kleiden, dafs sie dem Leser an Gehalt und Associationssphäre unverringert vermittelt wird. Ob sein Gedankenprodukt den Beifall des Lesers finde, ob die sprachliche Einkleidung ihn anmute, ist ihm zunächst nebensächlich. Er schafft aus sich heraus, unbekümmert um das traditionelle Stilideal und ohne Rücksicht auf die ästhetischen Bedürfnisse des Lesenden. Kann er einen Gedanken kurz und scharf zum Ausdruck bringen durch eine Neuprägung, durch einen Germanismus oder eine altertümliche

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