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des Apostels, welcher auf der einen Seite so rastlos predigt und dem Herrn Seelen zu gewinnen sucht, die Gemeinden gründet und mit Aemtern besezt, als käme der Herr noch lange nicht, und auf der andern Seite so brennend nach der Zukunft Christi ausschaut, als stände sie vor der Thür. Denn so will sein Wort in unserm Text verstanden sein: „Weil ihr nun solches wisset, daß uns das Heil näher ist als da wir glaubten," als wollte er sagen: Der große selige Tag des Heils in der Wiederkunft Christi, um dessen Kommen der Geist und die Braut unablässig seufzen, ist uns Christen jezt schon näher gerückt, als da wir zum Glauben gekommen und zu Christo bekehrt worden sind. Pauli sehnsuchtsvoller Blick rechnet schon mit den zwanzig Jahren seit seiner Bekehrung, daß Christi Tag um zwanzig Jahre schon näher sei; wie vielmehr wird uns im Blick auf die seitdem verflossenen achtzehnhundert Jahre gelten: „Die Nacht ist vorgerückt und der Tag nahe herbeigekommen." Darum: Wach auf, du Stadt Jerusalem.

II.

Bedürfen wir denn solchen Zurufs? Hat man denn nicht mit Recht unserer Zeit nachgerühmt, daß in ihr auf allen Gebieten eine Emsigkeit der Arbeit erwacht sei und eine Anspannung aller Kräfte, wie kaum zuvor in der Geschichte unseres Volkes? O gewiß, für die Dinge dieses Lebens, für die Interessen dieser Erde, für Handel und Industrie, für Wohlfahrt und Genuß, schaft, für Politik und sociale Fragen für die Dinge der unsichtbaren Welt, für lichen Seele, für die ewigen Interessen

für Kunst und WissenEmfigkeit genug; aber das Heil der unsterbda ist's, als wäre ein

tiefer Schlaf über unser Volk gefallen, als wäre auch den Edleren darunter dies alles nur ein schöner Traum, den sie in ihrem Schlafe träumten. Dünkt ihnen nicht Pauli Wächterruf: „Es ist Zeit aufzustehen vom Schlaf", wie eine harte Rede, weil sie fortschlafen, fortträumen möchten? Die Kinder denken: Wenn ich einmal groß bin; die Jünglinge und Jungfrauen: Wenn ich einmal erst im Ehestand bin; die Männer: Wenn ich mein Geschäft, meine Stellung gemacht habe; die Frauen: Wenn ich meine Kinder erzogen habe und versorgt weiß; ja selbst die Alten denken: Wenn ich erst einmal bettlägerig werde! Was heißt das anders als: O, es ist noch lange Zeit zum Aufstehen vom Schlaf der Seele!

Aber vielleicht sprichst du zu mir in deinem Herzen: Warum schiltst du mich? Willst du nur eine dunkle Angst in meinem Herzen wecken und die Treue und Wachsamkeit im irdischen Beruf herunter

segen, willst du mich anweisen, die Hände in den Schoß zu legen und nur zu warten auf die Dinge, die da kommen sollen? Das sei ferne! Was heißt denn wachen? Lerns am leiblichen Gleichnis: Wachen heißt die Augen aufthun und sich den Schlaf aus den Augen reiben, die Fenster öffnen und an's goldne Morgenlicht treten, die Zeit erkennen, daß die Nacht im Vergehen und der Tag im Herannahen ist, die Stunde erkennen, aufzustehen und sich anzuziehen. Ohne Bild geredet und geistlich verstanden heißt wachen: Sein Leben im Lichte Gottes verstehen und seine Lebensaufgabe im Lichte der Ewigkeit erfassen. Vorhin sahen wir, daß das Leben der Kirche mitten inne liegt zwischen Pfingsten und dem jüngsten Tag, sie wartet auf Christi Wiederfunft aber unterdessen geht sie hin und predigt und tauft und absolvirt und spendet und wirbt für Christus und sein Reich. Die Kirchengeschichte liegt zwischen dem ersten Advent, nämlich dem Kommen Christi ins Fleisch, und dem zweiten Advent, nämlich dem Kommen Christi zum Gericht. Wohlan, eines Christen Leben liegt zwischen seiner Taufe und dem seligen Abscheiden. In der Taufe ist Christus zu ihm gekommen und hat seinen Advent bei ihm gehalten im seligen Sterben kommt Christus und holt ihn heim, das ist sein anderer Advent. Zwischen beiden mitten inne liegt das Christenleben. Hat ein Mensch in der Taufe Christum empfangen und im bußfertigen Glauben Christum ergriffen, so ist sein unmittelbarer Lebenszweck erfüllt, der Herr kann ihn heimholen, wann er will. Bleibt er aber im Leben, so ist seine Aufgabe keine andere als die Aufgabe der Kirche: nämlich Christum zu bekennen mit Wort und Wandel und Ihm Seelen zu gewinnen, zu wirken in seinem irdischen Beruf, was der Herr ihm aufträgt, zu leiden, was er ihm auflegt, und so Zeugnis zu geben, daß er Christo an= gehört. Wer so das Leben der Kirche auffaßt im Angesicht des jüngsten Tages, wer so sein eigenes Leben auffaßt im Angesicht des Todes, von dem sagt die Schrift, daß er wacht. Darum ergeht an uns alle des Apostels Wächterruf am Thore des neuen Kirchenjahres: Wach auf, du Stadt Jerusalem! Wisse, daß der Herr kommen wird, sei's zum Weltgericht, sei's zur Sterbestunde, und laß den Geist Gottes das an dir erreichen, daß er deine Seele so stellt, daß der Herr dich rufen kann, wann es ihm gefällt. Siehe, wer in der Buße über seine Sünde die eigene Nacht erkannt; wem im Glauben an Christum den Versöhner die Morgenröthe der Gnade aufgegangen ist; wer seine Seele in den Händen trägt und nur trachtet, daß er in täglicher Buße und täglichem Glauben er

funden werde: der wacht und ist in solcher Verfassung seiner Seele, daß der Herr, wenn er ihn abruft, zu ihm sagen kann: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein. Zu solchen spricht Paulus 1. Theff. 5, 4—6: „3hr, liebe Brüder, seid nicht in der Finsternis, daß euch der Tag wie ein Dieb ergreife; ihr seid allzumal Kinder des Lichts und Kinder des Tages; wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. So lasset uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasset uns wachen und nüchtern sein."

III.

Solchen gilt der dritte Wächterruf Pauli: Zeuch an die Waffen des Lichts! Aufwachen, aufstehen, sich anziehen, will Paulus sagen, gehört zusammen. Ehe man aber die Tagkleider anzieht, muß man die Kleider der Nacht ausziehen. Als solche stehen hier: „Fressen und Saufen“ — gemeiniglich versteht man unter Freffen und Saufen: zu viel essen oder zu viel trinken. Mit Unrecht. Denn wir gebrauchen den Ausdruck vom Vieh, das doch nicht zuviel ist noch zuviel trinkt und darin leider viele Menschen beschämt. Aber in blos sinnlicher Lust genießen, ohne Danksagung gegen Gott und ohne Erhebung der Seele Speise und Trank hinnehmen, ohne Bewußtsein die Gottesgabe verzehren das ist kein menschen

würdiges Genießen, sondern ein thierisches Essen und Trinken und darum Fressen und Saufen. Es wird zwar vielfach beschönigt und lächelnd entschuldigt als heiterer Lebensgenuß, als unschuldige Tafelfreuden; aber wo sie sich finden, es sei bei Schülern oder Studenten oder solchen, welche die Hochschule verlassen haben, es sei bei jungen Kaufleuten oder alten, es sei bei Gesellen oder Meistern, es sei bei Festen oder Banketten Fressen und Saufen sind Kleider der Nacht und Werke der Finsternis. Weiter nennt Paulus Kammern und Unzucht mag die Welt im Scherz oder gar im Ernst entschuldigen, mag sie in Romanen und Schauspielen dafür den edlen Namen der Liebe mißbrauchen oder sie mit dem Namen der Wahlverwandtschaften übertünchen Paulus nennt sie Werke der Finsternis, und ihr lichtscheuer Nachtcharakter zeigt sich schon darin, daß diese Sünden mit ihren wahren Namen nicht einmal dürfen ausgesprochen werden.. Endlich Hader und Neid auch dafür fehlt es nicht an schönen Namen wie berechtigtes Ehrgefühl und Wahrung des eigenen Rechts und Charakters; ach, für sie giebt es so viele Heimstätten, selbst unter Eheleuten und Geschwistern so manches Hadern, unter Concurrenten und Berufsgenossen so manchen Neid Paulus aber nennt sie Werke der Finsternis und Kleider der Nacht, in

welchen ihr euch nicht dürft sehen lassen, es wäre denn, daß ihr schliefet und träumtet. O, wenn ihr wachtet und glaubtet: heute noch kann mich der Herr abrufen, ihr ließet wohl euren Hader und zöget die häßlichen Nachtkleider aus und zöget an die Waffen des Lichts.

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Paulus faßt sie alle zusammen in der Summa und ruft: Ziehet an den Herrn Jesum Chriftum. Wie ihr ihn angezogen habt in der heiligen Taufe, wie ihr ihn täglich anziehen müßt im Glauben als das Kleid der Gerechtigkeit, darin ihr allein vor Gott bestehen könnt, so zieht ihn nun auch an in täglicher Heiligung, im Wandel nach seinem Vorbild, in der Nachfolge seiner Fußtapfen. Hier gilt's, statt Fressen und Saufen die Herrschaft des Geistes zu üben, statt Kammern und Unzucht zu wandeln im Licht und in der Keuschheit, statt Hader und Neid die Liebe Christi anziehen und in diesen Gewändern Christi unter den Menschen wandeln. Wenn er aber diese Ermahnung schließt mit dem Work: Wartet des Leibes, doch also daß er nicht geil werde," so will er uns damit mahnen: Uebe, erziehe, behandele deinen Leib als Genossen und Werkzeug deiner Seele. Paulus hat zwei Abwege vor Augen: Denen, welche ihren Leib so zärtlich pflegen und ihn mit Speise und Trank überladen, ruft er warnend zu, daß sie dadurch unfähig werden, ihren Leib zu regieren; dagegen denen, welche in mönchischer Weise ihrem Leibe seine Nothdurft nicht thun und besondere Heiligkeit darein sehen, auf ihren Leib einzustürmen mit übertriebenem Entziehen der Speise, denen sagt er: Wartet des Leibes. Luther vergleicht einmal Leib und Seele mit Roß und Reiter. Giebt man dem Leibe zu viel, so wirft er den Reiter aus dem Sattel; giebt man ihm zu wenig, so kann er den Reiter nicht tragen. So sollen Christen auch hier den Weg der heiligen Mitte gehen, weder zur Rechten noch zur Linken, sondern in maßvoller Weise dem Leibe geben, was des Leibes ist und der Seele, was der Seele ist.

So ruft Paulus seinen Wächterruf an den Thoren des neuen Kirchenjahres: Der Morgen graut, der Herr ist nahe, die Stunde ist da, aufzustehen vom Schlaf. Mache deine Augen auf und siehe: es ist nahe gekommen das Ende aller Dinge; öffne die Läden deines Gemüths, daß der Strahl der Gnade Christi dich umleuchte, mache die Fenster deiner Seele auf, daß der Morgenwind der Ewigkeit deine Stirn kühle; zieh deine Nachtkleider aus und zeuch an die hellglänzenden Waffen des Lichts. Verrichte dein Tagewerk treu im Schweiße deines Angesichts und vergiß nicht das Wort deines himmlischen Meisters: Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, wachend findet." Amen.

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Am zweiten Sonntage des Advent.

Römer 15, 4-13.

Was aber zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, auf daß wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben. Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, daß ihr einerlei gefinnet seid untereinander nach Jesu Christo, auf daß ihr einmüthiglich mit Einem Munde lobet Gott und den Vater unsers Herrn Jesu Christi. Darum nehmet euch untereinander auf, gleichwie euch Christus hat aufgenommen zu Gottes Lobe. Ich sage aber, daß Jesus Christus sei ein Diener gewesen der Beschneidung um der Wahrheit willen Gottes, zu bestätigen die Verheißungen, den Vätern geschehen; daß die Heiden aber Gott loben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben stehet: Darum will ich Dich loben unter den Heiden und Deinem Namen fingen. Und abermal spricht er: Freuet euch, ihr Heiden, mit seinem Volk! Und abermal: Lobet den Herrn, alle Heiden, und preiset ihn, alle Völker! Und abermal spricht Jesaias: Es wird sein die Wurzel Jeffe, und der auferstehen wird, zu herrschen über die Heiden, auf den werden die Heiden hoffen. Gott aber der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, daß ihr völlige Hoffnung habt durch die Kraft des heiligen Geistes.

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Als die Plage der Finsternis über Egypten lag, da war es licht bei allen Kindern Israels in ihren Wohnungen. Das ist ein tief bedeutsamer Gegensatz, der in der Sprache der Natur dasselbe ausdrückt, was in der Sprache des Geistes heißt: Gericht und Gnade. Es wiederholt sich dieser Gegensatz beim Propheten Jesaias in dem Wort: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker, aber über dir, Zion, gehet auf der Herr und seine Herrlichkeit scheinet über dir." Er wiederholt sich in dem Spruche Christi: „Ich preise Dich, Vater, daß Du es den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen geoffenbaret. Ja, Vater, also ist es wohlgefällig gewesen vor Dir." Siehe, Dunkel und Nacht des Gerichts lagert über Egypten, über den Völkern, über der Welt, aber in Gosen, in Jerusalem, bei den ummündigen Kindern des Lichts ist es helle in den Wohnungen. Denn die Gnade Gottes und das Geheimnis der Offenbarung wohnt in ihren Herzen, also daß der Herr sagen kann: „3hr seid das Licht der Welt," also daß die Emmausjünger sagen, als die Nacht hereinbrach: „Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete," also daß auch in der Stunde der inneren Noth und Nacht dennoch Licht bleibt, und wär's nur der glimmende Docht in der armen Hütte eines zerbrochenen Herzens. Der Herr will ihn nicht auslöschen, sondern

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