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Denn so wird uns erzählt: Es hörten sie alle Gefangenen. Einer um den Andern erwacht und richtet sich auf seinem Lager auf über dem wunderbaren Gesang an der Stätte, wo sonst nur Flüche und Klagelieder ertönten. Pauli Lobgesang im tiefen Leiden ist zur mächtigen Predigt geworden von der überschwenglichen Gnade Gottes. Auf die Predigt hat Gott sein Amen gesprochen im erschütternden Erdbeben. Aber die Frucht, die selige, köstliche Frucht dieser ganzen Hemmung und Hinderung war die Bekehrung des Kerkermeisters. Wenige Stunden später, und der Lobgesang Pauli hatte sein Responsorium gefunden im Lobgesang des Kerkermeisters, als er zu den Füßen Pauli kniete und ihm die Striemen abwusch, als sein Haus getauft und er aus einem Gefangenen des Satans ein freies Kind Gottes geworden. Und der Lobgesang sezte sich fort im Hause der Lydia, als Paulus mit dem Kerkermeister dahinkam, um Abschied zu nehmen. Da saß der Heidenapostel zwischen der ersten Christin und dem ersten Christen in Europa, und es wird wieder geheißen haben: Sie aber lobeten Gott. Denn was wie lauter Hinderung ausgesehen, war zu lauter Förderung gerathen.

Nun geh' einmal mit diesem Text hinab in dein Haus. Ein Christenhaus soll ein Bethaus und ein Haus des Lobgesanges sein. Es kommen aber Zeiten, da will dir's aussehen wie ein Gefängnis,

wenn die Krankheit kommt und dich ans Lager fesselt und deine Füße in den Block legt. Es giebt Lagen und Verhältnisse, in die du eintreten sollst und die Thür des Eintritts erscheint dir wie eine Gefängnisthür, hinter welcher sich alle Freude und Sonnenschein des Lebens abschließt. Wohlan, wenn dein Zimmer dir als eine Gefängniszelle vorkommen will, dann höre, wie derselbe Paulus dir zuruft: Freuet euch in dem Herrn allewege und abermal sage ich: Freuet euch! Dein Haus soll ein Haus der Freude sein, denn Gott will wohnen unter dem Lobe Israels. Und ob es an Fastenzeiten im inneren Leben nicht fehlen sollte "falbe dein Haupt, wenn du fastest," spricht der Herr. Und ob du Bande und Block fühltest, auch mit gefesselten Händen lobsinge deinem Gott. Der Herr hat des Tages verheißen seine Güte und des Nachts singe ich ihm, dem Gott meines Lebens. Denn Alles, was wie Hinderung aussieht, soll dir zu lauter Förderung gerathen.

II.

Denselben großen Grundsaß zeigt uns Pauli zweites Gefängnis zu Cäsarien. Jahre liegen dazwischen, in denen Paulus unermüdlich das Evangelium predigte und Gemeinden gründete. Da plöglich,

als Paulus gen Jerusalem reist, wird ihm Halt geboten in seinem angestrengten Lauf. Er hatte selbst davon eine Ahnung, aber der helle Blick seines Auges ließ ihn nicht weich werden, auch nicht durch die Thränen der Jünger, geschweige denn durch Stimmen des eigenen Leidensscheuen Fleisches. So sagt er mit Nachdruck in seiner Abschiedsrede zu Milet: (Apg. 20, 22-24) „Und nun siehe, ich, im Geiste gebunden, fahre hin gen Jerusalem, weiß nicht, was mir daselbst begegnen wird, ohne daß der heilige Geist in allen Städten bezeuget und spricht: Bande und Trübsale warten meiner daselbst. Aber ich achte deren keins, ich halte mein Leben auch nicht selbst theuer, auf daß ich vollende meinen Lauf mit Freuden und das Amt, das ich empfangen habe von dem Herrn Jesu, zu bezeugen das Evangelium von der Gnade Gottes." Unterwegs mehren sich die Stimmen; in Thrus sagen ihm die Jünger, er sollte nicht hinaufziehen gen Jerusalem. (Kap. 21, 4.) Ja, in Cäsarien, grade in der Stadt, wo er hernach gefangen lag, begab es sich, daß Agabus, der Prophet, zu ihm trat, der nahm den Gürtel des Paulus und band seine Hände und Füße, und sprach: Das sagt der heilige Geist: Den Mann, deß der Gürtel ist, werden die Juden also binden zu Jerusalem und überantworten in der Heiden Hände. Als wir aber solches hörten, baten wir ihn und die desselben Orts waren, daß er nicht hinauf gen Jerusalem zöge. Paulus aber antwortete: Was macht ihr, daß ihr weinet, und brechet mir mein Herz? Denn ich bin bereit, nicht allein mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben zu Jerusalem um des Namens willen des Herrn Jesu. Da er aber sich nicht überreden ließ, schwiegen wir, und sprachen: „Des Herrn Wille geschehe." (Apg. 21, 11–14.) Paulus reiste getrost, und es geschah, wie seine Ahnung ihm gesagt und die Jünger ihm geweissagt hatten; in dem großen Aufstand, der sich gegen ihn erhob, entging er nur mit knapper Noth dem Tode dadurch, daß der Landpfleger Felix ihn durch bewaffnete Macht nach Cäsarien ins Gefängnis führen ließ.

Zwei volle Jahre hat Paulus da gelegen in Banden, ohne zu wissen, was nun werden sollte, ohne die geringste menschliche Hoffnung auf Erlösung. Was mag das für eine Zeit für Paulus gewesen sein! Zwar war die Gefangenschaft viel leichter, als die zu Philippi. Denn Felix hatte befohlen, daß man Paulus sollte „Ruhe haben lassen und Niemand von den Seinen wehren, ihm zu dienen oder zu ihm zu kommen." (24, 23.) Das waren seine Stunden der Erquickung, wenn die Christen zu ihm kamen und um den gefesselten Apostel saßen, und sie nun sangen Psalmen und

geistliche, liebliche Lieder und Paulus ihnen predigte vom Reich Gottes. Weil es ausdrücklich heißt: Sie kamen ihm zu dienen", so werden sie nichts unterlassen haben, ihm seine schwere Lage zu erleichtern, haben ihn erquickt mit Speise und Trank, und in mancher Christenhaushaltung in Cäsarien wird es geheißen haben: O, das wollen wir dem lieben Apostel Paulus bringen. Aber was ihn mehr erquickte, und wornach er mehr verlangte, das waren die Nachrichten über den Lauf des Evangeliums, die Kunde, daß das Wort Gottes ungebunden sei, und daß die Christen blieben im Glauben und in der Liebe. Aber trotz alledem, welch' schwere Zeit für einen Mann wie Paulus! In Philippi war's nur eine Nacht, hier in Cäsarien aber zwei volle Jahre. Vergesset nicht, welch' stürmisches Temperament, welch' energievoller Charakter, welch' ein Feuergeist in diesem Paulus lebte. Er, der nichts sehnlicher wünschte, als das gange römifle Heidi für feinen Hönig Shriftus gu erobern, er, der schon im vorgerückteren Alter stand und keine Zeit mehr zu verlieren hatte, wenn er die Aufgabe seines Lebens ausrichten wollte, er, der sich im Dienste dessen wußte, der gesagt hat: „Ich bin gekommen ein Feuer anzuzünden auf Erden und was wollte ich lieber, denn es brennete schon" - er muff hier Liegen gefeffelt, unthätig, unbrauchbar.

Wo lag denn nun aber der göttliche Zweck in dieser Lebensführung des Apostels Paulus, die ihm, menschlich geredet, so unendlich schmerzlich sein mußte? Auch hier giebt der große göttliche Grundsatz die Antwort: Was lauter Hinderung schien, mußte zu Lauter Förderung ausschlagen. Blicken wir in den Zusammenhang. Der große Weg, den das Evangelium nehmen sollte in der Welt, war in der apostolischen Zeit durch zwei Stationen bezeichnet: Von Jerusalem nach Rom. Die Apostelgeschichte Lucä, als der erhabenste Heldengesang des Kampfes des Christenthums mit dem Zudenthum und Heidenthum beginnt mit der Gemeinde in Jerusalem und schließt mit der Ankunft Pauli in Rom. Wohlan, der Weg Pauli von Jerusalem nach Rom ging nur über die Gefängnisstation zu Cäsarien. Vierzig Juden hatten sich verschworen, Nichts zu essen und zu trinken, bis sie Paulum getödtet hatten, nur die Gefangenschaft durch die Kriegsmacht des Landpflegers rettete ihn vor diesem gewissen Tode. Verklagt vor dem neuen Landpfleger Festus, berief fich Paulus auf den Kaiser, und Festus antwortete: „Auf den Kaiser hast du dich berufen, zum Kaiser sollst du ziehen." Damit waren die Würfel gefallen, so daß auch der milde und von der Predigt Pauli tief bewegte König Agrippa Nichts daran ändern

konnte, indem er sagt: „Dieser Mensch hätte können losgegeben werden, wenn er sich nicht auf den Kaiser berufen hätte." So ist die scheinbare Hemmung durch die Bande in Cäsarien zu lauter Förderung des Reiches Gottes, zur Beförderung des Apostels nach Rom, der Welthauptstadt, ausgeschlagen.

Aber wir glauben nicht fehlzugreifen, wenn wir auch für das innere Leben Pauli eine Förderung durch die Gefangenschaft annehmen. Nach so rastloser Thätigkeit zwei Jahre tiefer Stille, nach jahrelanger, unausgesetter Fahrt, zum Theil unter Sturm und hohen Wogen, hier nun das Schifflein vor Anker, wartend, bis der Herr sie wieder lichtet, nach ununterbrochenen Ausgaben hier eine Pilgerstation zum inneren Einnehmen. Liegt es nicht nahe, zu denken, daß die Pause, die für Paulus eintrat, ihm gedient hat zur Förderung in der Erkenntnis, zum Reifen aller der Gottesgedanken, wie sie uns in seinen späteren Briefen vorliegen, und an die ganze, riesige Gedankenarbeit, die sie vorausseßen. So gefaßt, hatte das Gefängnis in Cäsarien die Gestalt einer Studirstube, einer Sakristei und eines Gebetkämmerleins, darin der Apostel sich versenkte in die Tiefe der Geheimnisse Gottes, deren Haushalter er geworden. Es ist nichts Seltenes, daß Gott seine Kinder und seine Knechte beiseit nimmt und in die Stille führt. Hat nicht Johannes sein Patmos gehabt, wo er gefangen lag, getrennt von seinen getiebten Gemeinen in Kleinasien, und hat nicht Gott ihm sein Patmos gesegnet durch die Offenbarungen und Gesichte, welche ein Schatz für die ganze Kirche geworden sind? Hat nicht Luther sein Patmos auf der Wartburg gehabt, auch eine Gefangenschaft für diesen Feuergeist nach den großen Tagen zu Worms, und doch zur Klärung seiner selbst und zum Segen für die ganze Reformation? Denn die Wartburg hat uns die deutsche Bibel gebracht. Hab' ich nicht Recht zu sagen: Alles, was wie Hinderung aussah, ist nur zur Förderung gerathen?

Man erzählt vom seligen Hiller, daß er bald nach Antritt seines Pfarramts seine Stimme dergestalt verlor, daß er nur noch Krankenbesuche machen und, über das Ohr der Kranken gebeugt, den Trost des Evangeliums ihnen flüstern konnte. Wie schwer mag jenem treuen Knechte Gottes diese Hemmung geworden sein! Und doch ist auch sie zu lauter Förderung ausgeschlagen. Denn da Hiller nicht mehr predigen konnte, so fing er an zu singen und verfaßte für seine Kranken und seine Gemeinde jenes Schaßkästlein“, das in tausenden und aber tausenden von Exemplaren verbreitet ist, das ein wahrer Schaß in vielen, vielen Häusern geworden, so daß

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Hiller nach hundert Jahren noch zeugt bis auf den heutigen Tag. Ja, ich sage getrost: Der heisere Hiller hat lauter gepredigt, als wenn er die gewaltigste Stimme gehabt hätte.

So laßt mich denn die Nuzanwendung für uns alle daraus ziehen: Bist du in einer Lage, die dir noch so unbequem und widerwärtig, noch so hemmend und hindernd vorkommt, sei gewiß, es ist eine Förderung darunter verborgen, sei's für dich oder für Andere. Bist du in Verhältnissen, wo du dich kaum regen kannst, halt' aus, wenn deine Füße im Blocke liegen, und warte still, wenn deine Stellung dich ein Cäsarien dünkt. Wohnst du auf Wartburg, erscheint dein Leben dir trüb' und die Sonne deiner Freude untergegangen, wird es Nacht um dich her o vergiß es nicht: Um die Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobeten Gott. Israel hat dennoch Gott zum Trost, wer nur reines Herzens ist. Aber den Blick laß dir schärfen, daß du in jeder Hemmung durch den Glauben auf eine sichere Förderung hoffen kannst.

III.

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Dies soll uns endlich Paulus in seinem dritten Gefängnis in Rom zeigen. (Apg. 28, 16) „Da wir aber gen Rom kamen, überantwortete der Unterhauptmann die Gefangenen dem obersten Hauptmann. Aber Paulo ward erlaubt zu bleiben, wo er wollte, mit einem Kriegsknechte, der seiner hütete." Nach römischem Brauch trug Paulus eine Kette, welche wieder angeschlossen war an den Arm eines Kriegsknechts, so daß, wo Paulus hinging, mußte der Soldat mitgehen und umgekehrt. Der Kriegsknecht wurde täglich abgelöst, aber der Apostel blieb gefesselt. Darum nennt er sich einen Gebundenen in dem Herrn“ und „einen Boten des Evangeliums in der Kette", das war eine neue Art der Gefangenschaft. Aber die Schrift erzählt ausdrücklich, daß er „predigte das Reich Gottes und lehrte von dem Herrn Jesu mit aller Freudigkeit, unverboten." (Apg. 28, 31.) Von diesem Gefangensein gerade schreibt Paulus unsern Text an die Philipper: „Ich lasse euch aber wissen, liebe Brüder, daß, wie es um mich stehet, das ist nur mehr zur Förderung des Evangelii gerathen.“

Wunderbares Apostelauge, das in den Ketten lauter Flügel und in dem begleitenden Kriegsknecht einen Engel Gottes sieht! Ist das Schwärmerei und Uebertreibung? Weit entfernt, und wir wollen uns anschicken, den Beweis dafür zu liefern.

Da unter den Kriegsknechten täglich Ablösung war, jeder Kriegsknecht aber den Apostel überallhin begleiten mußte, so mußte

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