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Haushalter über Gottes Geheimnisse, als wären es viele. Denn es ist Ein Geheimnis und doch viele Geheimnisse. Wir fassen den Reichthum Christi nicht mit einem Male, und die ganze Tiefe, Länge, Breite und Höhe der Liebe Gottes wird uns nicht auf ein Mal klar, sondern bei jedem Blick hinein wird uns wieder ein Geheimnis offenbar. Dabei zielt Paulus auch auf die Gnadenmittel, in welchen Christus sich uns mittheilt und über welche ja gerade die Prediger zu Haushaltern gesetzt sind. Das Wort des Evangeliums ist Geheimnis, die Taufe ist Geheimnis, das Abendmahl ist Geheimnis, und darum ist das Predigtamt solch herrlich Amt, weil es lauter Geheimnisse Gottes zu erzählen hat.

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Aus diesem Amtsbewußtsein heraus fährt numn Paulus fort: Nun suchet man nicht mehr an den Haushaltern, denn daß sie tren erfunden werden.' Daran will er seine Corinther gewöhnen, daß sie nicht glänzende Gaben oder hervorragende Leistungen an ihren Predigern suchen, sondern die treue Verwaltung dessen, was ihnen anvertraut ist. Wie er selbst diese Worte geredet in der tiefsten Abhängigkeit von Christo, seinem Herrn, so will er, daß auch seine Gemeinde vor allem diese Abhängigkeit von Christo an seinen Dienern suche. Das ist vor allem die Treue eines Predigers, daß er ein Diener Christi an deiner Seele sei, daß er mit all seiner Arbeit, mit seinem Wort und Wandel, mit seinem Predigen und Ermahnen, mit seinem Vorbild und mit seiner Fürbitte dich bei Christo haben will, daß er dich allezeit von dir und deiner eigenen Vernunft und Kraft hinweg und auf Christi Weisheit und Gerechtigkeit allein hinweise. Siehe, dann wird er dir, dir ein Diener Christi. Und das ist die erste Treue eines Haushalters, daß er die geheimnisvolle Botschaft richtig und unverfälscht ausrichtet; daß er das Wort richtig austheilt, das Gesetz mit seiner Strafe und Fluchpredigt über die Sünde und das Evangelium der Vergebung für den bußfertigen Sünder; daß er die unaussprechliche Liebe Gottes preist, die für dich Mensch geworden, für dich die Sünde getragen und am Kreuz geblutet hat, und die nun die Arme nach dir ausstreckt, um dich zu retten. Siehe, so wird er dir, dir zu einem Haushalter über Gottes Geheimnisse.

II.

Nachdem der Apostel seine völlige Abhängigkeit von Christo ausgesprochen und in dieser tiefen Demuth die Hoheit seines Amtes gepriesen, so fährt er nun fort, seine Freiheit und völlige Unabhängigkeit von menschlichem Urtheil zu preisen. „Es ist mir ein

Geringes, daß ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Tage, auch richte ich mich selbst nicht. Ich bin mir zwar nichts bewußt, aber darin bin ich nicht gerechtfertigt."

Das ist eine wahrhaft erhabene Stimmung und Stellung der Seele und die männliche Sprache eines starken Herzens und eines freigewordenen Gewissens. Paulus weiß sich unabhängig von dem Urtheil seiner Corinther. Nicht im kalten Stolz eines einsamen Egoisten, der von der Höhe seiner Weisheit auf die thörichte Menge herabsieht oder in der Einbildung seiner Ueberlegenheit und Selbstzufriedenheit der Liebe und Anerkennung Anderer nicht bedarf oder im verlegten Stolz seinen Weg allein zieht wie sollte das stimmen

zu dem warmen Herzen Pauli, der seine Thränen weint über die geliebten Corinther, dem alles daran gelegen ist, von ihnen recht verstanden zu werden, und der so bittend um ihre Liebe wirbt. Nein, Paulus ist unabhängig von der Corinther Urtheil, weil er ihnen die Fähigkeit abspricht, seine Wirksamkeit zu beurtheilen und abzuwägen. Dafür liegt sie ihnen zu hoch, als daß sie darüber zu Gericht sizen könnten. Ebensowenig vermag ein menschlicher Gerichtstag ein solch Urtheil zu fällen; es fehlt viel, daß die sogenannte öffentliche Meinung, sei's die Presse oder der Klatsch, im Stande wäre, die Wirksamkeit eines Dieners Christi zu beurtheilen und abzuschätzen. Ja endlich, Paulus will auch unabhängig bleiben von seinem eigenen Urtheil, weil Niemand Richter sein kann in eigener Sache. Zwar weiß Paulus, daß die gegen ihn vorgebrachten Anklagen grundlos sind, aber er appellirt an einen höheren Richterstuhl.

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Halten wir hier noch etwas inne, um von Paulus eine Sache zu lernen, die uns alle angeht und zu Zeiten uns zu schaffen machen kann. Es gehört zu den Leiden und Anfechtungen eines Christen und eines Predigers, daß er durch das Urtheil der Menschen hindurchgehen muß: durch gute Gerüchte und böse Gerüchte". Je öffentlicher das Wirken, desto getheilter das Urtheil in Anerkennung und Tadel. Gilt dies schon von jedem Beruf, der ins öffentliche Leben eingreift, wie das der Beamte, der Arzt, der Lehrer an seinem Theil erfährt, so gilt es im höchsten Maße vom Predigtamt, weil gerade in diesem Beruf Mann gegen Mann steht und das Wirken des Predigers nur dann erfolgreich sein kann, wenn er sich eine Einwirkung auf die Persönlichkeit der Zuhörer und Glieder der Gemeinde zum Ziel sett. Es giebt in jeder Gemeinde Leute, welche eine Meisterschaft besigen im Beurtheilen der Prediger, die sich nicht entblöden, ins Innere der Persönlichkeit hineinzugreifen und über die Motive und Beweggründe eines Mannes zu Gericht zu sigen, und die in diesem

sauberen Geschäft sich noch sehr weise dünken. Welcher Prediger hätte es deshalb nicht erfahren müssen, daß er theils überschäßt, theils unterschätzt wird. Auch Panlus weiß davon zu erzählen: in Lystra wird er erst als Merkurius verehrt, und die Leute wollen ihm einen Stier opfern, als einem auf die Erde herniedergestiegenen Gotte in demselben Lystra wird er gleich darauf gesteinigt; auf der Insel Melite wird er erst für einen Mörder gehalten, welchen das Rachegericht Gottes verfolgt, und eine Stunde darauf sprechen dieselben Leute, Paulus sei ein Gott. Das kommt daher, daß die Welt keinen Maßstab hat für die Treue eines Knechtes Gottes, darum ist sie maßlos in Lob und Tadel. Sie hat auch vollends die Akten nicht, um sich ein richtiges Urtheil zu bilden, denn diese Akten hat und kennt nur der, der ins Verborgene sieht. Aber wie mit dem Urtheil Anderer, so ist es auch mit unserem eigenen Urtheil über unser Wirken bestellt. Darum schätzt ein Paulus nicht einmal sich selbst ab, wie viel er gilt oder wirkt im Reiche Gottes; er würde fürchten, sich zu überschäßen oder zu unterschäßen und gerade durch solche Stimmungen und Verstimmungen an seiner Treue gehindert zu werden.

III.

Paulus ringt auch hierin nach dem heiligen Gleichgewicht der Seele. Er ist losgekommen von den unsicheren Schwankungen, in welche das Urtheil einer in Lob und Tadel übertreibenden Welt, oder das Urtheil des eigenen troßigen und verzagten Herzens das Gemüth verseßen kann. In seiner Abhängigkeit von Christo ist er unabhängig geworden von den Menschen. Paulus kann warten. Denn er wandelt unter dem Auge Gottes, der Herzen und Nieren prüft. Paulus arbeitet für die Ewigkeit, und sein Wirken dauert noch heute fort und kann deshalb gar nicht mit zeitlichem Maßstab gemessen werden. Darum appellirt er an einen höheren Richterstuhl, wenn er spricht: „Der Herr ists, der mich richtet." Er, der Allwissende allein, der nicht nur die Worte und Werke, sondern auch die Gedanken. und Triebfedern kennt, wird das. Wirken seiner Knechte beurtheilen und sein Urtheil am jüngsten Tage öffentlich abgeben.

Dieser Blick auf das Schlußgericht hebt die Seele auf einen Standpunkt, welcher erhaben ist über kleinliche Maßstäbe und frei macht von Menschenlob und Tadel, und füllt die Seele mit Kräften der zukünftigen Welt; dies Warten auf das Urtheil aus dem Munde seines Herrn giebt dem Apostel das heilige Gleichgewicht und die Hoheit seiner Seele bei der tiefsten Demuth. Denn in seiner Brust

trägt er das Zeugnis des Geistes, daß er mit all seinem Wirken Christo hat dienen und seine Geheimnisse tren verwalten wollen. Wenn sein Herr ihn fragt: „Paulus, hast du mich lieb?" so kann auch er freudig antworten: „Herr, Du weißt alle Dinge, Du weißt, daß ich Dich lieb habe." Paulus wartet auf den großen Advent, da der Herr wiederkommen und im Gericht zu ihm sprechen wird: „Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über Wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel seßen." Abhängig von diesem Schlußurtheil des großen Tages geht er dahin, unabhängig von der Beurtheilung menschlicher Tage.

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Liebe Gemeinde, auch wir wollen an euch arbeiten nicht für einen kurzen menschlichen Tag, für ein kurzes menschliches Leben, nein, auch wir wollen arbeiten für die Ewigkeit. Vor Gottes Thron wollen wir mit euch hinaus, um dort einst mit euch zu knieen und sagen zu dürfen: „Siehe, ich und die, die Du mir gegeben hast." Hier liegt der tiefe Ernst unseres Amtes, hier liegt das hohe, heilige Band, das der Herr zwischen Prediger und Gemeinde geschlungen hat: wir wollen uns einst begegnen vor dem Richterstuhl Christi, und der Herr wird zu uns sagen: Thue Rechnung von deinem Haushalten", und er wird zu euch sagen: „Was seid ihr herausgegangen, an euren Predigern zu sehen? Wolltet ihr ein Rohr sehen, das der Wind hin und her weht, der den Mantel nach dem Winde hängt und predigt, nach dem euch die Ohren jücken? Oder wolltet ihr einen Menschen sehen in weichen Kleidern, der aus Menschenfurcht sich scheut, die Sünde zu strafen, um Niemand wehe zu thun, oder aus Menschengefälligkeit sich scheut, die volle Wahrheit von Christo zu reden, um nur nirgends anzustoßen? Oder was seid ihr herausgegangen zu hören? Wolltet ihr einen Propheten hören? Ja, der wohl ein herrlicheres Evangelium hat, als alle Propheten hatten, der den Engeldienst an euren Seelen thun und einem Jeden unter euch zurufen darf von Christo: „Dieser ists, der da kommen sollte, ihr dürft wahrlich keines Anderen warten.“ Das wird der Herr uns fragen am jüngsten Tage. Wir werden Rechenschaft geben müssen von jeder Predigt, die wir gehalten, und ihr werdet Rechenschaft geben von jedem Worte Gottes, das ihr gehört habt. Hier liegt die ungeheure Verantwortlichkeit für Prediger und Gemeinde, von der wir Alle heute ein tiefes Bewußtsein mit heim nehmen sollen. Denn „Er wird den Rath der Herzen offenbaren“. Wohlan, im Blick auf den großen Advent wollen wir predigen, im Blick auf den großen Advent wollet ihr hören. Amen.

Am vierten Sonntage des Advent.

Philipper 4, 4-7.

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermal sage ich: Freuet euch! Eure Lindigkeit lasset kund sein allen Menschen. Der Herr ist nahe. Sorget nicht, sondern in allen Dingen lasset eure Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden. Und der Friede Gottes, welcher höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!

Advent neigt sich zu Ende und Weihnachten ist vor der Thür. Sollen wir wahrhaft seiern, so muß es stille in uns werden, die Gedanken und Stimmen drinnen müssen schweigen und sich neigen vor dem König der Ehren, der seinen Einzug halten will, die Saiten der Harfe inwendig müssen gestimmt werden, wenn das Lied gelingen soll, von dem es heißt: „Gott man lobet dich in der Stille zu Zion." In dieser Adventsstimmung tritt Johannes der Täufer im heutigen Evangelium zu uns als Thürhüter, hebt die Hand auf und ruft: „Der ist's, der nach mir kommen wird, welcher vor mir gewesen ist, deß ich nicht werth bin, daß ich seine Schuhriemen auflöse." Paulus aber in unserer Epistel läutet als Glöckner im Heiligthum die hellen Adventsglocken mit starker Hand und ruft: ,,Freuet euch in dem Herrn, und abermal sage ich euch: freuet euch." Solchen Johannesdienst und solchen Paulusdienst laßt mich heute unter euch thun, daß der stille Glanz, der über unserer ganzen Epistel liegt, in eure Herzen hineinleuchte tief und warm und euch erfülle mit heiliger Freude.

Wir hören in unserm Text:

Das Adventsgeläute: der Herr ist nahe.

Darum trauert nicht, sondern freuet euch.
Hadert nicht, sondern seid gelinde.

Sorget nicht, sondern betet.

Friede über Israel.

Zu Dir aber, lieber Vater, rufen wir:

O, Herr Gott, mach auch mich

Zu Deines Sohnes Krippen,
So sollen meine Lippen

Mit Ruhm erheben Dich.

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