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gewachsen ist, gebrauche sie in deinem Hause, in deinem Kreise, nicht zum Raisonniren und Kritisiren, sondern andere zu erbauen und zu erziehen. Ich bekenne frei, daß ich für jede Predigt, für jedes Buch, für jedes Gespräch dankbar bin, das mich in der Erkenntnis und Erfahrung fördert. Oder Gott hat dir einen zuversichtlichen, fröhlichen Glauben geschenkt, kannst du nicht andere dumit trösten in ihrer Trübsal und sie stärken, daß sie pilgern „als die Traurigen und doch allezeit fröhlich?" Und wenn der Apostel spricht von der Gabe gesund zu machen und Wunder zu thun, kannst du nicht Herzenswunden heilen und die stillen Wunder der Liebe verrichten, die mehr sind als alle Gaben? Und wenn er redet von Weissagung und Geisterprüfung, soll nicht, wer die Gabe dazu hat, auch Gottes Wort sagen an seinem Theil, in seinem Kreis, und andern helfen, die Geister zu unterscheiden, daß sie sich nicht wägen und wiegen lassen von allerlei Wind ungesunder Lehre? Wenn aber in deinem Kämmerlein die Seele sich ergießt im inbrünstigen Gebet, ist das nicht auch ein Zungenreden vor deinem Gott? Manchem aber ist gegeben, die Sprachen auszulegen, wenn er als Philippus zum suchenden Bruder auf den Wagen steigt und ihm nach seinem Vermögen die Schrift auslegt. Summa: Wer eine Glocke im Busen trägt, der soll sie klingen lassen andern zur Andacht, und wär's auch nur ein Glöcklein, es kann doch Manchem zum Vaterunser läuten. Wem Gott eine Fähigkeit wirkt, dem weist er auch einen Platz an, dieselbe auszuüben. Willst du den Plag finden, so blick in deinen Beruf und Stand, blick in die Haustafel, darin jeder Gabe ihre Aufgabe, jeder Fähigkeit ihr Amt oder Beruf angewiesen ist, und worin es zum Schluß heißt: „Ein Jeder lerne sein Lection, so wird es wohl im Hause stohn." Das ist Luthers Ueberseßung von Pauli Spruch: In einem Jeglichen erzeigen sich die Gaben zum gemeinen Nußen." Jede Gabe hat eine Aufgabe, dem Nächsten damit zu dienen, und jeder Christ hat die edle, hohe Aufgabe, ein Engel zu sein jedem Menschen, der ihm begegnet, ihm zu helfen und zu dienen auf dem Wege zur Heimat droben im Licht.

Gott mache durch seinen Geist unsere Gemeinde zu einem Altare Gottes und zu einer Wechselbank der Gaben untereinander, zu einem Bethause im rechten Glauben und zu einem Hause der Liebe zu allen Brüdern. Amen.

Am elften Sonntag nach Trinitatis.

1. Corinther 15, 1-10.

Ich erinnere euch aber, liebe Brüder, des Evangeliums, das ich euch verkündiget habe, welches ihr auch angenommen habt, in welchem ihr auch stehet, durch welches ihr auch selig werdet, welcher Gestalt ich es euch verkündiget habe, so ihr es behalten habt; es wäre denn, daß ihr es umsonst geglaubet hättet. Denn ich habe euch zuvörderst gegeben, welches ich auch empfangen habe, daß Christus gestorben sei für unsere Sünden nach der Schrift; und daß er begraben sei, und daß er auferstanden sei am dritten Tage, nach der Schrift; und daß er gesehen worden ist von Kephas, darnach von den Zwölfen. Darnach ist er gesehen worden von mehr denn fünfhundert Brüdern auf Ein Mal, deren noch viele leben, etliche aber find entschlafen. Darnach ist er gesehen worden von Jakobus, darnach von allen Aposteln; am lezten nach allen ist er auch von mir, als einer unzeitigen Geburt, gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, als der ich nicht werth_bin, daß ich ein Apostel heiße, darum, daß ich die Gemeine Gottes verfolget habe. Aber von Gottes Guade bin ich, das ich bin, und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet, denn sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist.

„Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel zu beten, einer ein Pharisäer, der andere ein Zöllner," so beginnt unser heutiges Evangelium. Kennst du die beiden Menschen? Suche sie nicht in der Ferne, nicht um dich her, siehe vielmehr zu, ob sie nicht Beide in dir zusammenwohnen. Wenn du vorhin von Herzen eingestimmt hast in das Sündenbekenntnis der Gemeinde: „Herr Gott, erbarme Dich, Christe, erbarme Dich, Herr, erbarme Dich," fiehe, da hat der bußfertige Zöllner in dir gerufen: „Gott, sei mir Sünder gnädig!" Aber in unserer sündigen Natur, die wir Alle an uns tragen, in unserem alten Adam, da steckt der Pharisäer. Der Pharisäer ist das Bild des natürlichen Menschen, der aus eigener Kraft gerecht sein will, der sich vermißt, fromm zu sein"; ihn verräth schon seine Sprache. Dieser Egoist in uns hat viel Selbstbewußtsein, darum fangen alle seine Säge mit „Ich“ an: „Ich danke Dir, daß ich ich faste zwei Mal in der Woche," während des Zöllners Sprache anhebt mit Gott" und Pauli Sprache lautet: „Nicht ich, sondern Christus lebet in mir; nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist."

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Ist denn aber des Christen Selbstbewußtsein nur das des Zöllners? Nein. Zwar bleibt auf allen Stufen des innern Lebens

das Kyrie eleison in seiner Kraft, es giebt keinen Tag im Christenleben, an dem er nicht im Vaterunser betet: „Vergieb uns unsere Schuld", aber ein Christ weiß im Glauben, daß Gott ihm täglich und reichlich die Sünde vergiebt und daß Gott aus seinen bußfertigen Zöllnern liebe Kinder eines lieben Vaters, aus den Schuldnern des Gesetzes reiche Erben seiner Gnade macht, also daß der Herr sagen kann: „Es sei denn eure Gerechtigkeit besser denn der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht ins Reich Gottes kommen," und Paulus frohlockt: „Ist die Sünde mächtig geworden, so ist die Gnade noch viel mächtiger geworden." Das giebt ein Selbstbewußtsein ganz anderer Art, nämlich ein Bewußtsein dessen, was ein Christ in Christo ist, wie es das Lied singt:

An mir und meinem Leben
Ist nichts auf dieser Erd,
Was Christus mir gegeben,
Das ist der Liebe werth.

Lasset uns heute von Paulus lernen, wie beides sich reimt im Christen. Wir sehen in den beiden legten Versen unsers Textes Das Selbstbewußtsein des Apostels,

und zwar:

das Bewußtsein eines Zöllners und

das Bewußtsein eines Heiligen von Gottes Gnaden.

Kyrie eleison, Gott sei mir Sünder gnädig Lob sei Dir ewig, o Jesu. Halleluja. Amen.

I.

Paulus hebt damit an von sich zu sagen, er sei der Geringste unter den Aposteln. Das sagt der Mann, den wir pflegen den größten unter den Aposteln zu nennen, ja abgesehen von dem einzig Einen, von Christo, dem wahrhaftigen Gottessohne und wahrhaftigen Menschensohne, durch welchen allein aus dem Saulus ein Paulus ward, wage ich zu sagen: Paulus war der größte Mensch, den die Weltgeschichte kennt. Frage die Blätter der Geschichte nach jenen Männern, welche den Beinamen des Großen tragen, sei's Alexander der Große, Karl oder Friedrich der Große, was sind ihre Charakterbilder gegenüber dem Bilde Pauli, und was sind ihre Werke und Wirkungen gegenüber der riesigen Arbeit Pauli, die der Typus der umfassendsten und folgenreichsten Thätigkeit bleibt und deren Wirkung durch achtzehn Jahrhunderte bis auf die Gegenwart durch alle fünf

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Welttheile fich erstreckt. Fragst du aber den Mann selbst: Wer bist du? so antwortet er dir: „Ich bin der Geringste unter den Aposteln". Und dies ist bei ihm nicht ein vorübergehender Ausspruch, eine übertriebene Bescheidenheit, die oft nur die Kehrseite eines heimlichen Stolzes ist, sondern dies ist so tief in seinem Bewußtsein gegründet, daß es mit den Jahren sich nur vertieft. Mehrere Jahre später, als er den Epheserbrief schreibt, sagt er: Mir, dem Allergeringsten unter allen Heiligen, ist gegeben diese Gnade, unter den Heiden zu verkündigen den unausforschlichen Reichthum Christi," und am Abend seines Lebens im Brief an Timotheus schreibt er: „Das ist je gewißlich wahr und ein theuer werthes Wort, daß Christus Jesus gekommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen, unter welchen ich der vornehmste bin". Horch, wie das Zöllnerbewußtsein in dem Apostel mit den Jahren nur zunimmt: erst der geringste unter den Aposteln, dann der allergeringste unter allen Christen und zulezt der vornehmste unter den Sündern. Wir wollen es von dem Apostel lernen, durch den Geist Gottes uns in die Tiefe führen zu lassen, um unser Nichts und unsere Schuld immer tiefer zu erkennen. Das ist der Weg, wie uns Christus immer größer und unentbehrlicher wird. Denn wenn wir erst erkannt haben, daß unsere eigne Gerechtigkeit vor Gott gleich Null ist und wir ergreifen Christum als das Eine, was noth ist, so wird aus dieser Eins und unserer Null Zehn. Wachsen wir aber nach Pauli Vorbild in unserer Selbsterkenntnis und wird uns unser Mangel doppelt klar und unsere Gerechtigkeit zu zwei Nullen, so wird uns Christus als die Eins davor zu Hundert; mit unserer dreifachen Null zu Tausend. So wird uns Christus immer größer, je kleiner und geringer wir vor unseren eigenen Augen werden - nach Johannis Spruch: „Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen“ und nach Pauli Spruch: „Wenn ich schwach bin, so bin ich stark."

In diesem Bewußtsein fährt er fort zu sagen: „Ich bin nicht werth, ein Apostel zu heißen". Wie innig dankbar war doch Paulus für die Führung Gottes in seinem Leben. Wie groß und hoch war doch in Pauli Augen dies selige Amt eines Zeugen Jesu Chrifti, obgleich es vor der Welt so verachtet war, daß sie ihn mit Steinen warfen und mit Lotterbuben schimpften. Paulus hatte lauter Plage und Mühsal von seinem Amt, in Fährlichkeit unter den Juden und Heiden, in Fährlichkeit zu Wasser und zu Land, in viel Arbeit und Wachen ach, Eine Freude nur kannte er auf Erden, das war die Liebe seiner Gemeinden, aber auch sie wurde getrübt durch die

Sünden und Aergerniffe, durch die Irrlehrer und falschen Brüder, daß er nur unter Thränen an seine Corinther schrieb und die Galater erinnern mußte, wie sie einst die Augen für ihn dahin gegeben und ihn einst aufgenommen als einen Engel Gottes, und nun hielten sie ihn für ihren Feind, weil er ihnen die Wahrheit sagte. So hatte er die tiefsten schwersten Leiden an Leib und Seele von seinem Amt, und dennoch strahlt es so hell und hehr vor seinen Augen, daß er es hoch über sich erblickt und bekennt: 3ch bin nicht werth, es ist mir Gnade, daß ich verkündigen darf den unausforschlichen Reichthum Christi. Wie gehen doch in dieser Aussage Pauli die beiden Dinge so enge ineinander: Die Hoheit des Amtes und die Demuth des Jüngers, das Bewußtsein des eigenen Unwerthes und der Lobpreis auf den unvergleichlichen Werth des Evangeliums von Christo. Ja, meine Lieben, es ist wahr, predigen dürfen von Christo, das ist eine unaussprechliche Freude; selbst von lauter Gnade leben und Andern die lantere Gnade Gottes predigen dürfen, sagen dürfen zu den Seelen: Kommet her zu Ihm Alle, die ihr mühselig und beladen seid, Er will euch erquicken, rufen dürfen den Verlorenen: „Jesus nimmt die Sünder an“, das ist das Größte und Seligste, was ein Mensch dem andern sagen kann, das ist der größte Auftrag, der von Gott einem Menschen auf Erden aufgetragen werden kann.

Was aber Paulus von seiner Lebensführung sagt, das gilt an seinem Theil und in seinem Maße von der Lebensführung jedes Christen. Halt einmal hier stille, liebe Seele, und frage dich: Klagst du vielleicht, oder murrst du innerlich und bist unzufrieden mit deiner Lage und Verhältnissen? warum denn wohl? bist vielleicht voll Neid gegen Andere, von denen du denkst, daß es ihnen beffer geht? warum denn wohl? bist noch voller Ansprüche ans Leben und voller Forderungen an deine Umgebung! warum denn wohl? weil du innerlich der Meinung bist: ich wäre eigentlich werth, daß es mir besser ginge! Aber das ist der Weg, sich selbst und Andere unglücklich zu machen. Pauli Weg lautet anders. Er singt uns heute wieder jene Melodie, auf welche die Lieder aller Heiligen gehen. Wiederholt sie der Text, so darf und soll sie auch die Predigt wiederholen, die schöne Melodie: „nicht werth, nicht werth!", von welcher die ganze Schrift widerhallt und welche das Herz so fröhlich und zufrieden macht. Paulus singt: „Ich bin nicht werth, daß ich ein Apostel heiße", der Patriarch Jakob singt: „Ich bin viel zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die du an deinem Knechte gethan hast"; Johannes der Täufer singt: „Ich bin

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