ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Alles trägt und Alles duldet und warten kann, bis der Nächste sich wieder zurechtfindet. In solcher Geduld lernt man dann auch sich vertragen, lernt schweigen und kann auch etwas auf sich sizen lassen, indem man wartet, bis Gott unsern Sinn, mit dem wir's meinen, ans Licht bringen wird.

Aber nun, meine Lieben, wo ist unter uns diese Demuth und Sanftmuth, diese Geduld und Vertragsamkeit? O, schlag an deine Brust und gestehe: Wie oft hast du gesündigt gegen die Einigkeit im Geist! Mancher sagt, wenn er seinen Zorn ausgelassen hat, mit der größten Harmlosigkeit: „Ich bin so ein Mensch, wenn ich meine Sache gesagt habe, so bin ich auch gleich wieder gut." Da fehlt die Sanftmuth. Ein Anderer spricht: „Ich thue Niemand etwas Unrechtes, aber spielen lasse ich nicht mit mir." Da fehlt die Demuth. Ein Dritter spricht: „Ich habe ja nicht angefangen, also bin ich nicht schuldig, die Hand zu bieten. Wenn ich nachgeben würde, so würde mein Gegner meinen, er habe Recht und würde mich auslachen." O, meine Lieben, wo bleibt da die Geduld und Vertragsamkeit? Wo bleibt der Zipfel vom Rocke Sauls, den David seinem Todfeinde vorhalten konnte, also daß er sprechen mußte: „Du bist gerechter als ich." Wo bleibt die feurige Kohle auf des Feindes Haupt oder auch auf des Freundes Haupt, wo bleibt das Lebenlassen für die Brüder? Da gehe hin und schäme dich und thue Buße und laß dich strafen von Paulus über deinen Unfleiß und Trägheit, wenn es gilt, die Einigkeit im Geiste zu halten.

Fragst du aber: Wo bekomme ich die Kraft her, um an meinem Theil die Einigkeit zu halten, so sage ich: Nicht aus dem Geset, nicht aus dem bloßen Vorsatz, nicht aus der Vorhaltung der Pflicht, sondern aus dem Glauben an das Evangelium kommt solche Kraft. Gerade wer recht fest und unverbrüchlich den Einen Christus im Einen Glauben erfaßt und hält, wie er sich uns dargiebt im lautern Wort und Sakrament, der trägt eben damit die wahre Einigkeit als lebendigen Trieb in seinem Herzen, der weiß sich einig mit allen wahren Christen, dem ist das Einswerden Herzenssache, der hat durch den Glauben den rechten Blick auf den Bruder gewonnen. Und dieser Blick des Glaubens auf den Bruder regiert die Hand der Liebe und die Zunge der Sanftmuth. O, daß wir lernten diesen rechten Blick auf den Bruder, seis im Haus oder in der Gemeinde: Ein Leib also ist Einer des Andern Glied; Ein Geist also laß deinen eigenen Kopf und Geist fahren und laß dich von Christi Geist regieren; einerlei Hoffnung will ich mit meinem Bruder in den Einen Himmel kommen; Ein

[ocr errors]

also

Herr also will ich mit meinem Bruder Theil haben an dem Einen Opfer; Ein Glaube also eins in der Hauptsache, so will ich nachgeben in den Nebensachen; Eine Taufe also habe ich ja nichts voraus vor meinem Bruder gleiche Güter, gleiche Rechte, gleiche Gnaden. Meine Lieben, so sieht Gott seine Christenheit an, so laßt uns lernen uns auch untereinander ansehen mit diesem göttlichen Blick, mit dem Blick auf die Ewigkeit, und das ist eben der Blick auf den Einen Leib und den Einen Geist, auf den Einen Himmel und den Einen Herrn, auf den Einen Glauben und die Eine Taufe. Summa: Gott hat uns einig gemacht in Christo Jesu, darum laßt uns einig werden untereinander. Amen.

Am achtzehnten Sonntag nach Trinitatis.

1. Corinther 1, 4-9.

Ich danke meinem Gott allezeit eurethalben für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christo Jesu, daß ihr seid durch ihn an allen Stüden reich gemacht, an aller Lehre und in aller Erkenntnis. Wie denn die Predigt von Chrifto in euch kräftig geworden ist, also daß ihr keinen Mangel habt an irgend einer Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unsers Herrn Jesu Christi; welcher auch wird euch festbehalten bis ans Ende, daß ihr unsträflich seid auf den Tag unsers Herrn Jesu Chrifti. Denn Gott ist treu, durch welchen ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesu Christi, unsers Herrn.

In den beiden legten Episteln sahen wir Paulus, den Knecht Jesu Christi, den Gefangenen in dem Herrn, seine Kniee beugen im Kerker und seine Hände aufheben in den Ketten und hörten ihn flehen für seine Ephefer. Heute hören wir ihn danken über seinen Corinthern. Und das thut er, obgleich er ihnen sehr ernste, ja harte Dinge zu sagen hat. Die Strafepistel an die übermüthigen Corinther beginnt er mit einem Lobgesang auf die Gnade Gottes. Paulus täuscht sich nicht im mindesten über die traurigen Zustände in der korinthischen Gemeinde, er ist heftig bewegt von Schmerz über sie, er schreibt unter Thränen, aber er vergißt nicht, was Gott Großes an ihnen gethan, und das erfüllt ihn mit freudigem Dank. Ist das nicht etwas Großes, so danken können wie Paulus dankt, obgleich er so tiefen Schmerz in seinem Herzen trägt? Wahrlich: „das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken und lobfingen deinem Namen, du Höchster." Haben wir vor vierzehn

Tagen von Paulus beten lernen, so wollen wir heute von ihm danken lernen, indem wir betrachten:

und zwar:

Den großen Reichthum der Christen,

den Grundstock des Vermögens,
das tägliche Auskommen,

das zukünftige Erbe.

Herr, öffne unsere Augen, daß wir sehen den Reichthum Deiner Liebe, mit der Du' uns je und je geliebt hast und uns zu Dir gezogen aus lauter Güte, und öffne unsere Lippen, daß unsere Antwort sei ein heller Lobgesang auf Deine Gnade. Amen.

--

I.

Paulus dankt. Danken können das ist eine feine Kunst und ein seliges Geheimnis zum Glücklichwerden; sagen können zu feiner Seele: „Sei nun wieder zufrieden, meine Seele, denn der Herr thut dir Gutes" darin liegt eine hohe geistliche Kraft. Als das große Haupt-Gut, als den eigentlichen Grundstock des Vermögens nennt Paulus die Gnade Gottes. „Ich danke meinem Gott allezeit eurethalben für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christo Jesu." Er blickt im Geist auf das heidnische Korinth mit seinen Sünden und Greueln, bedeckt von der tiefen Nacht des Gößendienstes, aber mitten unter den dunkeln Schatten des Todes fieht sein Auge „die Gnade Gottes zu Korinth." Paulus sieht einen goldenen Leuchter mit hellbrennender Flamme, eine Gosenhütte voll Licht in Egyptens Finsternis; er sieht einen kleinen Zug der Fremdlinge und Pilgrime Gottes, deren Haupt Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, deren Lebensodem der heilige Geist ist. Da jauchzt sein Geist und er bekennt: Das ist Gottes lautere Gnade, daß ihr Christen seid. Wo die Sünde mächtig geworden war, da ist die Gnade noch viel mächtiger geworden. Dieser Blick auf die Gnade macht allein dankbar. Gnade empfangen haben, bei Gott in Gnade sein, von lauter Gnade leben, wissen, daß man mit aller eigenen Gerechtigkeit vor Gott Bankerott gemacht und nichts als Schulden hatte und nun von Gottes Gnaden ein Kind und Erbe Gottes heißen, das ist Text und Melodie zu ewigen Dankliedern. Auf alles Anrecht verzichten, allen Anspruch und Ansprüche weit wegwerfen, staunen über die Liebe Gottes gegen uns Unwürdige, Alles, Alles nur als purlautere Gnade besigen — o, das allein macht von Grund des Herzens froh und lehrt

einen das Lied des Lammes vor Gottes Thron. Liebe Gemeinde, auch ich will heute danken über dem Reichthum der Gnade, der euch geschenkt ist, auch wenn ich einen ganzen Korintherbrief auf dem Herzen habe, und möchte euch diesen Schatz vor Augen legen, um euch Alle zu locken und zu reizen zum Dank gegen Gott und zur Schamröthe über euch selbst, zum Bekennen eurer Armuth und zum Ergreifen seines Reichthums. Um das recht überzeugend zu thun, gehe ich daran, die Urkunden vor euch auszubreiten, welche auf jenen Grundstock ausgestellt sind und von dem Reichthum der Gnade Gottes Zeugnis geben. Das ist's, was Paulus meint, wenn er fortfährt: „Daß ihr seid durch ihn an allen Stücken reich gemacht, an aller Lehre und in aller Erkenntnis."

Da ist nun vor allen Dingen das Grundbuch, worin das ganze Vermögen urkundlich eingetragen ist: die heilige Schrift. Sie enthält die große, Himmel und Erde umfassende und bewegende Geschichte, wie diese Gnade zu Stande gekommen, dieses Vermögen erworben worden ist. Sie enthält aber auch die große, Himmel und Erde umfassende Verheißung, wie diese Gnade ausgetheilt wird, was sie verspricht und mittheilt und wer an ihr Theil hat.

Es giebt aber auch einen kurzen Auszug aus diesem Grundbuch, das ist unser kleiner Katechismus. Daraus können danken lernen Große und Kleine, Lehrer und Schüler, Reich und Arm über dem Reichthum an Lehre und Erkenntnis, den wir in diesem gottgesegneten Buche haben. Da schlagen wir das erste Hauptstück auf und hören in den heiligen zehn Geboten den Willen Gottes, seine Forderung und unsere Pflicht. Schon das ist etwas Großes, davon die Heiden nichts wissen, auch ihre Weisesten nicht, daß Gott uns seinen heiligen Willen klar geoffenbaret hat. Aber jedes Gebot offenbart uns zugleich ein Gut, und jedes Verbot schüßt ein edles Gut. So redet die erste Tafel von dem höchsten Gut: von Gott, vom Namen und Offenbarung Gottes, vom Worte Gottes; die andere Tafel redet von den Erdengütern in bezeichnender Aufeinanderfolge: das vierte Gebot schüßt die Weltordnung, wie sie in der Ueberordnung und Unterordnung besteht; das fünfte Gebot schüßt das Leben des Nächsten, indem es den Mord und Haß verbietet; das sechste Gebot schüßt die Ehe des Nächsten, indem es den Ehebruch und Lieblosigkeit verbietet; das siebente Gebot schütt das Eigenthum des Nächsten, indem es den Diebstahl und Betrug verbietet; das achte Gebot schützt den guten Namen des Nächsten, indem es die Verleumdung und Lüge verbietet; das neunte und zehnte Gebot zielen auf die Zufriedenheit des Gemüths, indem sie

die böse Lust und Begierde verbieten und heißen sich genügen lassen an dem, das da ist. Und in diesem Hauptstück vom Gesetz empfangen wir Licht über unser eigenes Herz, da lernen wir unsere Sünde und Schuld erkennen und unsere eigenste Naturgeschichte studiren.

Wir kommen an das zweite Hauptstück, das uns die großen Thaten Gottes für uns offenbart: die Schöpfung, Erlösung und Heiligung. Da hören wir die Antwort auf das Woher und Wohin aller Dinge: Woher? Von dem dreieinigen Gott! Wohin? Ins ewige Leben. Halleluja. O, laßt mich reichlicher von Herzen zu euch reden von diesem euren Reichthum. Da giebt euch der erste Artikel den rechten göttlichen Blick in die Natur und in die Geschichte, einen Blick in alle die kreatürlichen Gaben, die Gott dir geschenkt, und in deine ganze Lebensführung, wie Er sie gelenkt; und der Gnadenton fehlt nicht: „Aus seiner lautern göttlichen Güte und Barmherzigkeit ohne all mein Verdienst und Würdigkeit." Der zweite Artikel giebt dir einen Blick in das Herz Gottes, der dir keinen größeren Beweis seiner Liebe geben konnte, als daß er seinen Sohn gab für uns, für dich. „Er hat seines eigenen Sohnes nicht verschonet, sondern ihn für uns Alle dahingegeben, wie sollte er uns mit ihm nicht Alles schenken?" Ist das nicht Reichthum über alle Reichthümer, dieser Blick in unser Gerettetsein vom Verderben, dieser Blick in unser Geliebtsein von Gott? und der Gnadenton fehlt nicht: „Nicht mit Gold oder Silber hat er mich verlorenen und verdammten Menschen erlöst, sondern mit seinem heiligen theuren Blut." Der dritte Artikel giebt dir einen Blick in die Werkstätte Gottes, darin der heilige Geist als Meister waltet. Da siehest du die Gnadenordnung des geduldigen, langmüthigen, bis ans Ende arbeitenden Gottes in der Berufung, Erleuchtung, Heiligung und Erhaltung. Du blickst hinein in die verborgene Gemeinschaft der Heiligen, mit Glaubensaugen schaust du die Eine, heilige, christliche Kirche aller Zeiten und Länder, wie sie Ein Leib und Ein Geist ist in Christo, wie sie lebt von dem Einen, großen, gemeinsamen Gnadengut: der Vergebung der Sünde. Und endlich der Ausblick in die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben, davon wir nachher stammeln wollen. Im zweiten Hauptstück unseres Katechismus liegt die ganze Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Christen als einheitliche christliche Weltanschauung beschlossen. Auch das dritte Hauptstück, das Vaterunser, enthüllt dir lauter Reichthümer, denn es nennt dir die Schäße, um welche du täglich beten darfst. Es sind darin lauter Aufforderungen

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »