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ohne tiefes Heimweh. Bei Paulus halten sich beide einander die Wage, darum sagt er: „Ich weiß nicht, welches ich erwählen soll, es liegt mir Beides hart an." Hier hast du einen Maßstab zur Beurtheilung, ob dein geistliches Leben gesund oder krankhaft ist. Wo die eine der Wagschalen stärker ist als die andere, da weicht das Gleichgewicht, da tritt Erkrankung ein, sei's, daß du durchaus heimgehen willst, sei's, daß du durchaus wirken willst, und wär's im Dienst des Herrn.

Die Verherrlichung Christi ist das Zünglein an der Wage, darum sagt Paulus V. 20: „Daß nur Christus hochgepriesen werde an meinem Leibe, es sei durch Leben oder durch Tod." In Christo liegt das Sterbenwollen, in Christo liegt das Arbeitenwollen. Das ist der Gegensatz zur fleischlichen Lebens- und Sterbenslust, denn in diesen beiden letteren regiert oder bestimmt das Ich: ich will leben oder ich will die Last des Lebens los sein. Beim Christen aber regiert Christus: Wird Christus besser gepriesen durch mein Sterben, so will ich heim, soll's durch mein Leben sein, so will ich weiter pilgern. Darüber zu entscheiden steht aber nicht bei mir, sondern beim Willen Gottes. Und wenn die Welt sagt: Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, so sagt ein Christ: Gottes guter und gnädiger Wille ist mein Himmelreich. Wo aber dieses heilige Gleichgewicht gelernt wird, da wohnt Kraft aus der Höhe zum Leben und Sterben, zum Arbeiten und Lahmliegen, zum Laufen und Stillehalten, zum Wirken und zum Leiden, wie Gott will und wie Christus gepriesen wird. Dies laßt uns lernen, wie es kurz und bündig in dem Lied ausgedrückt ist:

„Herr, wie du willst, so schick's mit mir
Im Leben und im Sterben."

Amen.

Am fünfundzwanzigen Sonntag nach Trinitatis.

1. Thessalonicher 4, 13-18.

Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht vorhalten von denen, die da schlafen, auf daß ihr nicht traurig seid wie die Andern, die keine Hoffnung haben. Denn so wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, also wird Gott auch, die da entschlafen sind durch Jesum, mit ihm führen. Denn das sagen wir euch als ein Wort des Herrn, daß wir, die wir leben und überbleiben in der Zukunft des Herrn, werden denen nicht vorkommen, die da

schlafen. Denn Er selbst, der Herr, wird mit einem Feldgeschrei und Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Todten in Christo werden auferstehen zuerst. Darnach wir, die wir leben und überbleiben, werden zugleich mit denselben hingerückt werden in den Wolken, dem Herrn entgegen in der Luft, und werden also bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.

Das Kirchenjahr neigt seinem Ende zu. Wie Feierabendglocken reden die Texte der letzten Sonntage in tiefem Ernst von dem Sterben der Menschen und dem Ende der Welt. Von dem aber, was dazwischen liegt, was dem Sterben folgt und der Auferstehung vorangeht, redet die Schrift nur in sehr sparsamer Weise. Umsomehr hat menschliche Neugier durch allerlei Fabeln und Legenden, durch Träume und angeblichen Verkehr mit der Geisterwelt den dichten Schleier zu heben versucht. Nicht nur kommt die römische Kirche mit ihrer Lehre vom Fegefeuer, mit ihren Seelenmessen und Ablässen, mit ihrer Feier des Allerseelentages den Wünschen des natürlichen Menschen entgegen, auch auf protestantischem Boden hat es nicht gefehlt an solchen, welche eine Fürbitte für die Verstorbenen forderten, ganz zu geschweigen von der Begier, mit welcher die Träume der Hellseherinnen gelesen und die Geisterbeschwörungen der Spiritisten beobachtet wurden. Das Buch, welches den Titel trägt: „Briefe aus der Hölle", ist von Tausenden verschlungen worden, von Vielen nicht ohne die Hoffnung, Aufschlüsse über das Jenseits darin zu finden. Meine Lieben, ganz ohne Aufschluß läßt uns die heilige Schrift nicht. Spricht sie auch sparsam, so spricht sie doch lautere Wahrheit, und Ein Körnlein Wahrheit ist mehr werth, als ein Centner Frrthum und Wahn. Unsere heutige Epistel ist ein Brief aus dem Himmel, geschrieben an trauernde Christen, ein Trostbrief an solche, die da glauben, lieben und hoffen auf Grund des Evangeliums von Christo, eine helle Leuchte in dunkler Nacht. So laßt mich heute den Boten sein, der den Brief euch bringt und den Auftrag ausrichtet. Nicht Menschenweisheit und Hirngespinste, nicht Träume und Schäume der Phantasie, nicht Vermuthungen und schwankende Tagesmeinungen will ich euch predigen, sondern Gottes gewisse Wahrheit, die sich gründet auf die Schrift und sich dem Glauben und Gewissen bewährt und beweist. Ich will euch predigen:

Christus, der Christen Licht in dunkler Nacht,

in der Nacht des eignen Sterbens,
in der Nacht des Grabes der Brüder,
in der Nacht des Endes der Welt.

*

Du aber, Herr Jesu, erfülle unsere Nacht mit Deinem Glanz und unsere Herzen mit dem Heimweh nach Dir, daß wir einstimmen in das Sehnen des Geistes und der Braut: Ach, komm, Herr Jesu. Ja, zeuch uns nach Dir, so laufen wir. Amen.

I.

Paulus nennt das Sterben der Gläubigen mit dem schönen Ausdruck: Ein Entschlafen durch Jesum." Nicht als ob er sich täuschte über den Ernst, welchen der Tod auch für die Christen hat, nennt er ihn doch den lezten Feind, der überwunden werden muß, sondern er darf so reden, weil er den Stärkeren kennt, der des Todes Sieger bleibt, und weil er das ewige Leben kennt, zu welchem das Sterben ihn führt.

Ohue Christum sterben ist traurig, denn es ist ein Sterben derer, die keine Hoffnung haben." Oder meint ihr, das Schwere am Sterben sei der wehmüthige Abschied von der freundlichen Gewohnheit des Daseins, jenes Zerreißen der Fäden, mit welchen der Mensch an die Stätte seines Wirkens geknüpft war, jenes Verlassen der Lieben und jener lette Kampf, mit welchem die Seele vom Leibe sich losringt, dem unentbehrlichen Werkzeug ihrer Wallfahrt hienieden? Wahrlich, so herb und schmerzvoll dies sein mag, es ist das Schwerste am Sterben nicht.

Ohne Christum sterben ist erschütternd, denn es ist der Weg vor das Flammenauge des Allwissenden allein, ohne Genossen, ohne Hülle. Die Spötter sagen: Laßt uns essen und trinken, denn morgen sind wir todt." Ihnen ist der einzelne Mensch nur wie die Welle im Meer der Menschheit, welche sich hebt und senkt und als einzelne nicht mehr ist, oder wie das Blatt am Baume des Geschlechts, das da grünt und welkt und als einzelnes vergeht; sie schäßen sich selbst nicht höher als das Thier, als ob der Mensch nur Fleisch und Bein und keine unsterbliche Seele hätte. So denkt und handelt der Selbstmörder, wenn er mit kalter Ueberlegung sich das Leben nimmt, denn er hat zuvor jenes Gefühl der Verantwortung vor dem lebendigen Gott, das im Gewissen redet, in sich getödtet, ehe er Hand an sich selbst legt, und dem Selbstmord des Leibes, wenn er nicht im Fieberwahn vollzogen wird, ist allemal ein Selbstmord der Seele und des Gewissens vorangegangen. Ohne Christum sterben ist schauerlich denn es ist der Vorhof des Gerichts. Es ist dem Menschen gefeßt, einmal zu sterben, und darnach das Gericht", und wir müssen Alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi und werden empfangen, wie

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wir gehandelt haben bei Leibesleben, es sei gut oder böse." Ohne Christus sterben heißt ohne Hoffnung sterben. Das ist die einbrechende Dunkelheit ohne Licht, das ist der Abend ohne Morgen, das ist die Mitternacht ohne Sterne.

Aber Halleluja: Christus ist der Christen Licht in der Nacht des eigenen Sterbens. Dem, der an Christo im Glauben seine Zuflucht hat, ist der Tod geworden ein Schlaf, füß wie dem Arbeiter, der sein Tagewerk vollendet, wie dem müden Pilger und Wanderer, der das Ziel erreicht, süß wie dem Kinde, das sich an der Mutter Brust lehnt und sich so sicher geborgen weiß. So redet die Schrift von der Christen Sterben nicht anders, als von einem Schlafen, weil der Morgen naht, an welchem die Ostersonne die Schläfer alle weckt.

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Sind das aber nicht nur schöne Worte, welche wie die Todtenkränze den Sarg mit seinem Weh verhüllen? Ist's nur ein schönes Bild, wie auch der Grieche den Tod als einen Bruder des Schlafs darstellte und glaubte doch seinem eigenen schönen Traume nicht? Woher haben wir die Gewißheit, daß für die Gläubigen der Tod nur die Thür zum Leben ist? Paulus sagt es klar in unserm Text: "Denn so wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, also wird Gott auch, die da entschlafen sind durch Jesum, mit ihm führen." In unserm Glauben an Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, wurzelt unsere ganze Gewißheit des seligen Sterbens. ,,Der Tod ist der Sünde Sold, aber die Gabe Gottes ist das ewige Leben in Christo Jesu, unserm Herrn." Die Sünde bringt uns um alle Hoffnung, denn sie macht uns schuldig vor Gott, vor den wir doch kommen müssen im Gericht des Todes. Aber Vergebung der Sünde um Christi willen bringt uns alle Hoffnung, denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist Leben und Seligkeit, da ist ein versöhntes Gewissen, da ist ein offener Zugang zum Abbaherzen Gottes, da ist Freudigkeit auch auf den Tag des Gerichts. Am Sterbebette eines Christen steht Christus und spricht: „Fürchte dich nicht. Ich bin der Erste und der Lezte und der Lebendige. Ich war todt, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüffel der Hölle und des Todes." O, wer Ihn da stehen sieht im Glauben als seinen Mittler und Retter, wie er seine Hand über ihn ausreckt und ihn reinigt vom Aussat der Sünde, wie er ihm zeigt seine Nägelmale und seine Seite, wie er ihm reicht seinen Leib und sein Blut und spricht: „Für dich gegeben und für dich vergoffen zur Vergebung der Sünde; fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöset, du bist mein" der kann auch im Sterben

frohlocken: „Ich weiß, an wen ich glaube, ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und ob ich schon wanderte im dunkeln Thal, fürchte ich lein Unglück, denn du bist bei mir." Das heißt wahrlich mit unserm Text zu reden: durch Jesum entschlafen. Merke aber wohl die Gewalt des Schlusses, welchen Paulus im Glauben macht. Denn er will sagen: Der Glaube verbindet die Christen mit Christo dem Gekreuzigten und Auferstandenen so unzertrennlich, so gliedlich, so unauflöslich, daß Gott muß die, welche durch Jesum entschlafen sind, auch mit Jesu denselben Weg durch Leiden zur Herrlichkeit, durch Sterben zur Auferstehung führen, den er Jesum geführt hat. Er der König und sie sein Volk; Er das Haupt und sie die Glieder; Er der Bräutigam und sie seine Braut. So ist es ja ganz unmöglich, daß sie könnten im Tod oder Grabe bleiben, daß sie sollten traurig sein ohne Hoffnung. Nein, Christus ist unsere Hoffnung; wer an ihn glaubt, der gehört zu seiner Krone, seinem Reich, seinem Leib, seiner Braut, seinem Erbtheil, um das er gerungen, und das ihm bleiben soll in Ewigkeit. Die Gemeinschaft mit Christo, in die er uns nach Leib und Seele gesezt hat, die Gewißheit, daß Er uns nicht lassen kann, wie wir Ihn nicht lassen können — das ist Gottes Leuchte und der Christen Licht in der Nacht des eignen Sterbens.

Sterben rüsten, indem wir Sterben ist selig, wenn wir der Weg zum Schauen Gottes

Darum wollen wir uns auf's Christum ergreifen als unser Leben. durch Jesum entschlafen. Denn es ist und der Vorhof des ewigen Lebens. Wer im Glauben an Christus den Gekreuzigten und Auferstandenen entschläft, der geht auch den großen Weg weder allein, noch ohne Hülle. Ihn deckt das Kleid der Gerechtigkeit Christi und der Rock des Heils, den Christus ihm gewoben am Kreuz mit den durchgrabenen Händen, ihn schmückt die Palme des Ueberwinders und die Krone des Lebens; ihn geleiten die Lazarusengel durch das dunkle Thal und tragen ihn auf ihren Händen empor in Christi Schoß. Wohl kann auch solchen die Sterbestunde noch schwer werden, welche von Herzen Christum ergriffen haben als ihren einzigen Retter, es können ihnen dunkle Stunden der Anfechtung kommen, sei es durch Anhänglichkeit an das Sichtbare, oder durch Ungewißheit über das Unsichtbare. Meine Lieben, Christen können sich das Sterben leichter oder schwerer machen. Wohl dem, der sein Haus bei Zeiten bestellt und sich innerlich lösen läßt von Menschen und Dingen dieser Erde, der seine Lampe brennend hält als kluge Jungfrau, dem Herrn entgegen zu gehen, sobald er ihn ruft. Wohl dem, der durch den verborgenen Umgang

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