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meine Brüder, der Gedanke an die Ewigkeit, an den Weltuntergang und die Weltauferstehung, die Versenkung in die große Zukunft, das Messen der Dinge mit dem göttlichen Maßstab, das Beurtheilen der Zeit vom Standpunkte der Ewigkeit aus hat eine tiefe und scharf durchläuternde Macht für das Gewissen des Christen. Dies läßt Einem vieles Große klein und vieles Kleine groß erscheinen, dies macht Einem manches Schwere leicht und manches scheinbar Leichte schwer. Darum übet euch in solchem heiligen Warten.

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So wohnt denn Beides zusammen im Herzen der Christen: Eilen und Warten, wie Petrus es so schön zusammen geschrieben hat. Eilen denn Alles vergeht; warten denn Alles ersteht neu und herrlich, wie es uns verheißen ist. Weltuntergang in Aussicht das ist des Christen Pessimismus; Weltauferstehung in gewisser Hoffnung das ist des Christen Optimismus. Eilen aus Sodom das lehrt ihn seine tägliche Buße; warten auf Jerusalem, die hochgebaute Stadt, und das himmlische Zoar das lehrt ihn sein täglicher Glaube. Wir aber wollen beten mit dem Psalm: Herr, lehre doch mich, daß es ein Ende mit mir haben muß und mein Leben ein Ziel hat, ein Ende in der Welt hienieden, aber ein Ziel in der ewigen Welt droben im Licht. Herr, lehre du uns eilen und warten durch deinen Geist.

Eins ist noth, ach, Herr, dies Eine

Lehre mich erkennen doch,

Alles Andre, wie's auch scheine,

Ist doch nur ein schweres Joch,

Amen.

Darunter das Herze sich naget und plaget
Und dennoch kein wahres Vergnügen erjaget.
Erlang' ich dies Eine, das Alles ersetzt,
So werd' ich mit Einem in Allem ergeßt.

Seele, willst du dieses finden,
Such's bei keiner Kreatur,
Laß, was irdisch ist, dahinten,

Schwing' dich über die Natur.

Wo Gott und die Menschheit in Einem vereinet,

Wo alle vollkommene Fülle erscheinet,

Da, da ist das beste, nothwendigste Theil,

Mein Ein und mein Alles, mein seligstes Heil.

Amen.

Am ßebenundzwanzigßen Sonntag nach Trinitatis.

Offenb. Johannis 21, 1-7.

Und ich sahe einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist nicht mehr. Und ich Johannes sahe die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, zubereitet als eine geschmückte Braut ihrem Manne. Und hörte eine große Stimme von dem Stuhl, die sprach: Siehe da, eine Hütte Gottes bei den Menschen, und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Thränen von ihren Augen; und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Stuhle saß, sprach: Siehe, ich mache Alles neu. Und er spricht zu mir: Schreibe; denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß. Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A ́und O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird es Alles ererben; und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.

Es ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Hinter uns alle die Sonntage, die der Herr uns im vergangenen Jahre geschenkt mit all den Worten seines Mundes, mit all den Zügen seines Geistes, mit all den Stunden der Erquickung vor seinem Angesicht; aber vor uns der Blick aufwärts, heimwärts vom letzten Sonntag hinüber auf den ewigen Sonntag, dem kein Werktag mehr folgt, aus dem Vorhof hienieden hinüber und hinein in das Allerheiligste droben.

Unser Text enthält das letzte Gesicht im letzten Buch der ganzen Schrift. Der Baum, dessen Wurzel die Schöpfung ist, hier treibt er seine herrliche Krone: Auf dem ersten Blatt der Bibel die Geschichte der Schöpfung der Welt, schließend mit dem Sabbath, da Gott ruhete von allen seinen Werken, die Er gemacht hatte und auf dem letzten Blatt der Schrift die Weissagung von der Vollendung der Welt, schließend mit dem Weltenfabbath, mit der Ruhe, die noch vorhanden ist dem Volle Gottes. Es ist ein glänzendes, erhabenes, majestätisches Gemälde, vor dem wir ahnungsvoll, sehnsuchtsvoll stehen, es ist das Geheimnis Gottes, das er seinen Knechten und Kindern geoffenbart hat und das sie wie ein güldenes Kleinod im Busen tragen.

Ich habe einst als Knabe in stiller Nacht bei meinem Lehrer auf der Sternwarte gestanden und durch ein großes Fernrohr hinauf

zu den Sternen und in den Mond geschaut und war erstaunt, wie Vieles ich da sah, wovon ich keine Ahnung hatte, Gebirge und Seen im Monde, die das unbewaffnete Auge nicht erblickt. Meine Lieben, unser Text dünkt mich so ein großes, wundervolles Fernrohr zu sein, an welches wir in der Nacht hienieden, welche der Morgenröthe des jüngsten Tages vorhergeht, unser sehnendes Auge anlegen und schauen hinein in die Pracht und den Strahlenglanz der ewigen Welt, und unser Herz reckt seine Schwingen auf, hinauf zu seiner Freude und singt: „Eia, wären wir da, eia, wären wir da!" Laßt uns auf den Flügeln unsers Textes miteinander thun Den Flug der Seele zur Herrlichkeit,

einen Flug der Schwalbe in die ewige Heimat, einen Flug des Adlers der Sonne und Wonne entgegen.

Du aber, o Herr, gieb uns Flügel des Geistes, daß wir Deine Herrlichkeit im Lichte Deines Wortes schauen, und als Deine Pilgrime laufen und nicht müde werden, wandeln und nicht matt werden. Amen.

I.

Und ich sahe einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde verging und das Meer ist nicht mehr." St. Johannes hat Bild um Bild der Zukunft geschaut in der Offenbarung, als er entzückt ward im Geist. Nun schaut er anbetend und frohlockend hinein in den Sabbath einer neuen Welt. Er hat im Gesicht den alten Himmel und die alte Erde entfliehen sehen, verklungen sind die sieben Posaunen, von deren erschütternden Klängen das Jericho der alten Welt und seine Mauern zusammenstürzten, verklungen die sieben Donner und was sie geredet, verloschen sind die sieben Schalen des göttlichen Zornes und verstummt die drei Wehe, gebrochen sind die sieben Siegel und vollendet das Geheimnis Gottes, vorüber sind die anderen Bilder alle, das Bild der Ernte, weil eingeheimst sind die Seelen der Erlösten wie reife Garben, das Bild der Kelterung, weil gerichtet sind die Gottlosen in der Kelter des Zornes Gottes, vorüber ist der Weltenbrand, da Himmel und Erde aufflammten als Hochzeitsfackel zu der Hochzeit des Lammes; es ist stille geworden, und Johannes sieht zum Schluß aller Gesichte die heilige Stadt, das neue Jerusalem. Alle vorhergehenden Kapitel der Offenbarung schilderten das große Trauerspiel am Schluß der Weltgeschichte, die Schlußaufführung des Riesenkampfes zwischen Gut und Böse, zwischen

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Himmel und Hölle, wie er auf Erden spielt, und worin die Ge= meinde der Gläubigen durch das Feuer der Trübsal der letzten Zeit hindurchgeführt wird zum ewigen Halleluja. Menschliche Sänger singen von vergangenen Tagen und wecken die Helden der Geschichte auf; aber ihr Gesang, wenn er am großartigsten wird, ist erschütternde Todtenklage um die Herrlichen, die durch die Schuld, sei's die eigene oder die Gesammtschuld des Geschlechtes, dahinsanken. Gottes Propheten weissagen von den kommenden Zeiten, sie führen die leuchtenden Gestalten der Zukunft vor unserm staunenden Auge herauf, sie singen auch von Tod und Grauen und Weh, aber hindurch durch den furchtbaren Untergang sehen die Thurmwächter Zions auf das Ende, und das Ende ist Sabbath und um den Abend wird es licht sein." So schaut hier der größte unter den Propheten, St. Johannes, der neutestamentliche Seher, den Verlauf des göttlichen Weltgerichts, aber hindurch durch den Weltuntergang schaut er die Weltauferstehung in einem neuen Himmel und einer neuen Erde, und vor seinem entzückten Auge steht die heilige Stadt, das neue Jerusalem, wie sie Abraham und alle Patriarchen und Propheten im Geiste erblickt, die Stadt, die einen Grund hat, deren Baumeister Gott ist. Es ist die Stadt, da hinein gezogen sind Jahrtausend um Jahrtausend alle heiligen Kinder Gottes, alle Bürger und Gottes Hausgenossen, alle Ueberwinder mit ihren Palmen, von welchen in Wahrheit gilt, was Israels Pilgerlied von dem Vorbild sang: Jerusalem ist gebauet eine Stadt, da man zusammenkommen soll." Mit Einem Wort: Johannes erblickt als Schluß aller Gesichte, weil als Schluß aller Geschichte: die Gemeinschaft der Heiligen sie ist das Ende der Wege Gottes mit der Menschheit, sie ist der Schmerzenslohn des Gekreuzigten, sie ist die Garbenernte des heiligen Geistes. Die Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, das Reich der geretteten, geheiligten Persönlichkeiten, das vollgewordene Haus des Vaters droben, das ist der tiefste und höchste Liebesgedanke Gottes, dessen Länge und Breite, Tiefe und Höhe Niemand ausmessen kann; hier steht vor Johannes Auge der ausgeführte Plan, der göttliche Bau, die Vollendung des Geheimnisses, da Gott uns erwählt hat vor Grundlegung der Welt, daß wir sollten sein heilig und unsträflich vor Ihm in der Liebe, die Kirche ist der Triumph Gottes in der erlösten Menschheit die Kirche in ihrer Vollendung als die heilige Stadt, sie ist die Hütte Gottes bei den Menschen. Darauf hat es hinausgewollt mit der ganzen Weltgeschichte, dies zeichnete im Umriß das Paradies, da Gott wandelte und redete mit dem

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Menschen im Garten Eden, das verkündeten die schwachen Vorbilder von der schwimmenden Arche über der schäumenden Sündfluth, von der Stiftshütte und dem salamonischen Tempel; denn hier ist die Hütte Gottes bei den Menschen. Darauf hat es hinausgewollt in der Fülle der Zeiten mit der Menschwerdung Gottes in Christo, da in ihm die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte, und so der heilige Leib Jesu eine Hütte Gottes bei den Menschen war, also daß Johannes von ihm sagte: das ewige Wort „zeltete unter uns“ und Jesus von seinem Leibe redet als von dem Tempel, den er abbrechen und in drei Tagen wieder aufbauen werde. Hier ist es zur wunderbaren Vollendung gewachsen, also daß die Gemeinde der Heiligen zum großen Leibe geworden, daran Christus das Haupt ist, seine Kirche ist geworden zu der Fülle deß, der Alles in Allem erfüllet." Wie schon hier die unsichtbare Gemeinde der Heiligen genannt wird von Paulus der Tempel des heiligen Geistes, so erscheint nun dort am Ziele sichtbar und offenbar die Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen als der große Tempel, als die Hütte Gottes bei den Menschen. Auf diesem Anblick haftet das Auge des Johannes, da ruht er aus, daran weidet und erlabt sich sein thränenvolles Auge, als er auf Patmos saß in der Verbannung, einsam und ferne von seinen geliebten Gemeinden, da klärt sich sein forgenvoller Blick, dem die schweren kommenden Zeiten nicht entgingen, da er schon das Geheimnis der Bosheit zu seinen Zeiten sich regen sah und es aussprach, daß Viele Widerchristen seien, da schwelgt er in seligem Entzücken, nachdem er erschüttert die furchtbaren Gerichte vernommen, die vorhergehen müssen. Er sieht die Stadt Gottes, da alle Kinder Gottes zusammenkommen, er sieht die Hütte Gottes, da Gott mit uns zusammenkommt: Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, Gemeinschaft der Erlösten untereinander

siehe da das Ende der Wege Gottes, Halleluja. Stadt Gottes, Hütte Gottes, was ist es anderes als die Erfüllung des hohepriesterlichen Gebets im anschaulichen Bilde: „Ich in ihnen und du in mir, auf daß sie vollkommen eins seien in uns." Das ist die Vermählung Gottes mit der Menschheit, die durch Christum erlöst ist, es ist die Hochzeit des Lammes mit seiner Braut. Weil sie das ist, darum sieht nun Johannes die heilige Stadt, die Gemeinschaft der Heiligen herabfahren vom Himmel auf die Erde als eine geschmückte Braut ihrem Manne. Johannes sieht als Ziel der Geschichte den Himmel auf die Erde kommen: Der Himmel wird auf der Erde und die Erde wird im Himmel sein; der erste Vers der Bibel lautet: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde;

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