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nicht gebessert." Es war Chorazin, das da gesessen hatte am Ort und Schatten des Todes, und über ihm war aufgegangen die Herrlichkeit des Herrn, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Es war Bethsaida, das da gesehen die Werke und Wunder des Herrn, vor dessen Augen der wunderbare Fischzug Petri geschah, vor dessen Ohren er seine Predigten gehalten, gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten. Es war endlich Kapernaum, welches Ihn in seiner Mitte haben durfte, das Er zur Wohnstatt erwählt, darin er vor ihnen einund ausging, umgeben von den Blinden, Lahmen, Tauben und Ausfähigen, die er heilte; darin Jairi Töchterlein umherging als ein wandelndes Zeugnis von seiner Lebensmacht über des Todes Gewalt. Zu Kapernaums Bürgern konnte es heißen: „Zeuch deine Schuhe aus, denn das Land, darauf Jesus steht, die Stadt, da Jesus wohnt, ist eine heilige Stätte." Kapernaum ist die Stadt, die bis an den Himmel erhoben ist, denn da hat Der gewohnt, der vom Himmel gekommen ist und dem der Preis der himmlischen. Heerscharen gilt.

Aber siehe, Chorazin hat stille gesessen, und Kapernaum blieb schlafen liegen; sie blieben, die sie waren, und ihr Sinn war nach wie vor: Sie aßen und tranken, sie bauten und pflanzten, sie kauften und verkauften, sie freiten und ließen sich freien; es war das alte Leben, die alte freundliche Gewohnheit des Daseins, sie wollten nicht anders werden - und das war ihre Sünde. Der Himmel offen über ihnen und die Gnade so nah, so nah "und hatten sich doch nicht gebessert", das entlockte dem Herrn den scharfen Pfeil seiner Rede, der so glühend in's Herz fährt. Denn Jesu Werke sehen und Jesu Worte hören und sich doch nicht bessern, das ist die Sünde aller Sünden, das ist im tiefsten Grunde die Sünde des Unglaubens, von welcher der Herr sagt, daß sie allein verdammt.

Aber sind wir denn zu vergleichen den Städten Galiläas? Allerdings. Denn auch zu uns ist Jesus gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Auch bei uns hat Er sich niedergelaffen und bei uns Wohnung gemacht. Seine Stimme läßt er uns hören in der Predigt des Evangeliums, und seine wunderbarsten Werke läßt er uns sehen im Sakrament der Taufe und des Abendmahls; wenn wir uns in seinem Namen versammeln, so ist er mitten unter uns, und wenn wir seinem Altare nahen, so ist er gegenwärtig mit seinem Leib und Blut. O wahrlich, wir kennen Ihn wohl, Er ist uns Allen begegnet, Er hat einen Jeden von uns gegrüßt mit seinem holdseligen Friedensgruß, von Jugend auf haben

wir seine Worte gehört und seine Thaten gesehen. Wir wissen, daß Er die kranke Seele heilt, die Betrübten tröstet und spricht zu den Trauernden noch heute: Weine nicht!" Nein, wir haben mehr als jene Städte Galiläas. Was sie von Worten und Werken Jesu nur vereinzelt hörten und sahen, das sehen und hören wir Wort um Wort, Werk um Werk, als Ein großes Wort, das im Anfang war und Fleisch ward und wohnete unter uns, und als Ein großes Werk, gründend im Rathschluß der Ewigkeit und vollendet im Sabbath der Ewigkeit. Darum sage ich: Christen haben mehr empfangen denn Chorazin und Bethsaida, und eine Christengemeinde ist reicher begnadigt als Kapernaum. Gerade darum aber wendet sich des Herrn Stimme so ernst an unser Herz, und unser Text läutet so herzerschütternd den Klang der Bußglocke mit der Frage an uns: Wird denn der Herr anheben, auch uns zu schelten? Wird er zu uns sagen: „Wehe dir, du Stadt Celle, wären solche Thaten zu Thrus und Sidon geschehen, sie hätten in Sad und Asche Buße gethan, und du Gemeinde, die du das lautere Wort und Sakrament hast, wäre solches zu Sodom und Gomorra geschehen, sie stünden noch heutigen Tages?"

Aber ich höre dich zu mir sagen: „Du übertreibst! Wir sind doch kein Sodom und Gomorra!" Meine Lieben, gerade so wird Chorazin und Bethsaida auch gesagt haben, die stillen, ehrbaren Fischerstädtchen am See Genezareth und doch rollt der Donner Denn gerade das war und seine Worte hörten

des sanftmüthigen Herrn über sie dahin. ihre Sünde, daß sie Jesu Werke sahen und nicht Buße thaten, sondern bleiben wollten, wie sie waren. Und das ist die Frage an uns Alle am Bußtage: Will Celle anders werden oder nicht? Willst du anders werden oder bleiben, wie du bist?

II.

Ich will nicht übertreiben, sondern die Wahrheit sagen, darum wandelt sich des Herrn Weheruf über die Sünde, die er straft, in einen Rath, den er uns giebt.

Das Wort Buße hat für die Ohren unserer Zeit einen finstern, düstern, mittelalterlichen Klang, nicht blos in den Ohren der Leichtsinnigen und in den Ohren derer, welche den krassen Aberglauben an die Vortrefflichkeit der menschlichen Natur haben, sondern in unser aller Ohren, weil die Forderung, Buße zu thun, ein göttlicher Angriff auf einen Jeden ist. Die Predigt von der Buße ist unserm Fleisch und Blut nur deshalb so widerwärtig, weil Buße thun nichts anders heißt als: anders werden.

Anders werden

ist das denn nicht der Ruf, der durch unsere ganze Zeit hindurchgeht? Hört man's denn nicht auf der Gaffe und in den Zeitungen, in den Gesprächen und in den stillen Seufzern, bald wehmüthig, bald drohend: Es muß anders werden! O ja, durch alle Stände und durch alle Lebensalter, durch die politischen Parteien der Fortschrittsmänner und der Rückschrittsmänner, durch die Reihen bankerotter Protestanten und fanatischer Katholiken geht der Ruf: Es muß anders werden! Und der tausendstimmige Ruf durchhallt so manches Herz und Haus und endet in dem Seufzer: Ach, hätt' ich einen andern Beruf, eine bessere Gesundheit, hätt' ich eine andere Frau oder einen befferen Mann, hätt' ich nur mehr Vermögen und eine andere Stellung! Es ist im Grunde derselbe Ruf der Sehnsucht nach Veränderung, des Mißbehagens an den Zuständen, der durch die ganze Welt geht: Es muß anders werden.

Meine Lieben, der Christ und die Kirche kennen diesen Ruf auch, und täglich dringt er aus ihrem Herzen, aber er lautet: Bei mir muß es anders werden, ich selbst muß ein anderer werden! Der Christ läßt zunächst Alles um ihn her bleiben wie es ist, er weiß, daß es nicht in seiner Macht steht, die Dinge um ihn her, die Verhältnisse, in denen er lebt, die Welt, die ihn umgiebt, zu ändern; auch traut er es sich nicht zu, die Personen um ihn her durch eigene Vernunft und Kraft anders zu machen, hat er es doch an sich selbst erfahren müssen, daß dem nicht so ist aber das weiß er, daß er selbst anders geworden ist, täglich anders werden muß und anders werden kann, daß sein alter Mensch täglich muß ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten und täglich wieder herauskommen ein neuer Mensch, der in Ge= rechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe. Das heißt aber nach der Schrift Buße thun: einen andern Sinn, andere Gedanken annehmen, ein anderer Mensch werden, und in diesem Sinne foll das Christenleben eine stete Buße auf Erden, eine tägliche Aenderung und Erneuerung der Gesinnung sein. Das heißt Bußtag feiern, wenn eins hier zu der Erkenntnis kommt, wie Vieles an ihm verkehrt noch ist, und mit dem Entschluß zur Kirchthür hinausgeht: Kyrie eleison. Mach mich anders, Herr.

Aber es wollen nicht Alle anders werden. Warum denn nicht? Weil sie ganz verwundert entgegnen: Warum denn anders werden? Sind wir denn nicht gute, brave Leute, so wie wir sind? Was willst du mehr? Wohlan, denen, die so sprechen, denen ruft der Herr in unserm Texte zu: Wehe dir, Chorazin, und

wehe dir, Bethsaida! Gerade dieser Geist der Selbstzufriedenheit, des gemüthlichen Behagens in der Gewohnheit des natürlichen Menschen, dies heimliche Wohlgefallen an sich selbst, gerade dies ist die Gesinnung, mit welcher der Herr nichts anders anzufangen weiß, als sie zu schelten und ihr das Gericht zu drohen; das ist der Pharisäer, welcher spricht: „Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie andere Leute", das ist der Mann aus Laodicea, zu welchem der Herr vom Thron seiner Majestät sagt: „Du sprichst: Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß. Weil du aber weder kalt noch warm bist, so will ich dich ausspeien aus meinem Munde."

, lerne doch am Bußtage heute: Du, du mußt anders werden, denn so wie du von dir selbst bist, bist du ein armer, verkehrter, sündiger und verlorener Mensch, und deine alte Adamsnatur ist träge zu allem Guten und lustig zu allem Bösen. Siehe, wer das erkennt aus dem hellen Spiegel des heiligen Gesezes Gottes, der weiß auch: ich, ich muß anders werden, der flieht zu Christo, weil er Vergebung seiner Sünden braucht, wodurch er anders wird vor Gott, und in der Vergebung allein findet er die Kraft zu einem Wandel im Licht und in der Liebe, wodurch er anders wird in ihm selbst und gegen den Nächsten; der klammert sich an den Einen, der da heißt Jesus Christus, und weiß, daß er ohne Christum nicht leben und nicht sterben kann, und nimmt aus seiner Fülle Gnade um Gnade; der weiß, daß er muß täglich seine Sünde, seinen Mangel und Schuld erkennen und abbitten und täglich die Vergebung suchen. Er weiß, daß es täglich zu ihm heißt: „Verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes" und „erneuert euch im Geist eures Gemüths." Aber er weiß auch, daß das Evangelium von Christo ein unerschöpflicher Springquell des Lebens ist, weil es täglich wieder neue Kraft giebt, und Gottes Gnade alle Morgen neu ist, daß es immer wieder neue Anfänge fezt, und es bei Christen immer heißt: Heute, heute. Darum klage keins über die vergangene Zeit der ersten Liebe, sondern thue Buße und thue die ersten Werke; verzage keins an den gegenwärtigen kümmerlichen Zeiten, sondern wisse, es ist doch derselbe Gott wie vor Alters und derselbe Heiland, Jesus Christus gestern und heute und derselbe in Ewigkeit, und dasselbe Wort und Gottesbrünnlein, das Wassers die Fülle hat. Komm und siehe Jesu Werke, komm und höre Jesu Worte für dich, so wird Er dich täglich anders werden laffen, als du von Natur bist.

Es ist Bußtag heute. Tyrus und Sidon find gefallen, Sodom und Gomorra sind vom Feuer verzehrt, Chorazin und Bethsaida sind in Finsternis und Kapernaum ist verworfen im Gericht. Wir aber wollen uns strafen lassen von seinem Geist und Leid tragen über unsere Sünde, wollen fliehen zu seinem Kreuze auf Golgatha, da will Er sich von uns finden lassen, da will Er rufen: Hie bin ich, hie bin ich! So schrecklich es ist, zu fallen in die Rachehände des lebendigen Gottes, so selig ist es, anbetend zu sinken in die durchgrabenen Hände Jesu und aus innerster Seele zu rufen: Herr, laß uns deine Werke sehen und deine Worte hören. Kyrie eleison, ach, Herr, mach' uns anders Amen.

Am zweiten Buhtag.

Wir feiern heute Buß- und Bettag am Schluß des Kirchenjahres. Zwar ist alle Tage Bußtag und alle Tage Bettag für Christen, so ist auch uns Predigern alle Sonntage geboten, zu predigen Buße und Vergebung der Sünden. Aber heute feiern wir Bußtag mit unserm Lande, wo Alle sich demüthigen wollen vor unserm Gott, wo auf den Kanzeln es heißen soll: Rufe getrost, schone nicht! Erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige deinem Volk ihre Uebertretungen und dem Hause Jakobs ihre Sünde, wo aus der Gemeinde der Zöllnerruf tönen soll: Gott, sei mir Sünder gnädig!

Mag auch ein solcher Bußtag wie ein fremder Gaft Vielen erscheinen, mag es in der Zeitrichtung liegen, die Stimme der Kirche aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen, als gehörte dasselbe allein dem Staat und der Presse, immerhin bezeugt ein solcher allgemeiner Landesbuß- und Bettag noch immer, daß die Kirche Christi noch ihres Prophenamtes unter unserm Volk walten soll, daß das Bewußtsein noch nicht erloschen ist von der Aufgabe der Kirche, das öffentliche Gewissen des Volkes zu sein. ,,Du sollst zu ihnen sagen: So spricht der Herr, fie gehorchen oder lassen es. Es ist wohl ein ungehorsames Haus, dennoch sollen sie wissen, daß ein Prophet unter ihnen ist." (Ezechiel 2, 4. 5.) Was der Herr hier zum Propheten Ezechiel

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