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abzuschätzen“ (S. LXXXVI f.). Er hat eine Philosophie geschaffen, die allein imstande ist, das religiöse Leben des deutschen Volkes zu retten, weil sie auf deutschem Boden gewachsen und dem deutschen Geiste verwandt ist.

II.

1. In klarer, anziehender Sprache bietet Drews in seinem zweiten Werke: „Die Religion als Selbstbewußtsein Gottes" eine Darstellung der „Zukunftsreligion" der „Germanen' Er will damit, sowenig wie sein Meister oder Hegel, als Religionsstifter auftreten; es ist nicht Aufgabe der Religionsphilosophie, unmittelbar praktische Zwecke zu verfolgen, sie will als Wissenschaft, durch theoretische Untersuchung des religiösen Problems, das religiöse Leben der Mitwelt beeinflussen, um „als keusche Vestalin die heilige Flamme der Religion auch in solchen Zeiten zu pflegen, wo der Sturm des Unglaubens durch die Lande tobt und die leere Spreu veralteter Glaubensmeinungen vor sich herfegt". „Sie bietet damit nicht bloß denjenigen einen einstweiligen Ersatz für den verlorenen Glauben, welche ohne einen solchen ihr Leben als schal und wertlos empfinden würden, sondern bereitet auch zugleich einer neueren höheren Stufe des religiösen Bewußtseins den Weg und erleichtert ihr die Schmerzen der Geburt, ohne welche nun einmal auch auf geistigem Gebiete kein neues Leben in die Erscheinung tritt" (S. 13 f.). Der christliche Theismus ist es, an dem das deutsche Vaterland krankt, und die krampfhaften Anstrengungen der liberalen protestantischen Theologie, die Überbleibsel des alten Besitzstandes zu retten, vermögen nur das Siechtum hinzuhalten. Mit gewaltigen, wuchtigen Schritten tritt unser Religionsphilosoph die letzten Trümmer des Christentums, welche der fortschrittliche Flügel noch zu erhalten sucht, in den Staub und hofft, den Kranken durch einen operativen Eingriff zu neuem Leben zu führen.

2. Wir verzichten hier darauf, auf die Angriffe gegen den christlichen Theismus, auf das vernichtende Urteil über die liberale Theologie des Protestantismus des näheren einzugehen, und begnügen uns, kurz den Standpunkt des Verfassers zu kennzeichnen. Für den Katholizismus fehlt dem Verfasser jedes Verständnis; und das ist begreiflich. Wäre das Christentum ein philosophisches System, mit dem man in kurzer Zeit fertig ist, dann hätte es längst

einen Platz auf dem Friedhof sovieler menschlicher Irrtümer, die über die Erde dahinzogen und höchstens noch in der Geschichte eine klägliche Rolle spielen. Eine Religion, die wirklich ist, was sie sein soll, muß imstande sein, den ganzen Menschen zu erheben, sie muß ihm Tag für Tag neues Leben spenden. Es ist nur die katholische Religion, welche dem Menschen Ziele steckt und Aufgaben eröffnet, die einen ganzen Mann, ein ganzes Leben fordern; sie allein hat auch Religiosen im vollen Sinne des Wortes hervorgebracht. Drews hat allerdings unbeschadet seines ,,Altruismus" die Stirne, die Wahrheiten, die einem gläubigen Christen das höchste Leben vermitteln, einen „Spott auf die Vernunft" zu nennen, und der Glaube an sie ist ihm seiner Natur nach gar kein wahrer lebendiger innerlicher Glaube, überhaupt gar keine religiöse Funktion, sondern ein bloßes äußerliches Aufnehmen und blödes Nachsprechen dem Geiste fremder Dinge" (S. 192); woher weiß er das? Glaubt denn der Herr Professor trotz seines ,,Altruismus“, daß wir unserem Herrgott dienen, um Bauch und Beutel zu füllen? Oder sind wir Tölpel, die nicht wissen, was sie tun? Er hat allerdings die Freiheit, zu behaupten, daß der Wunder- und Offenbarungsglaube genau dieselbe Bedeutung innerhalb der Religion habe, ,,wie der Weihnachtsmann und Storch in der Kinderstube, d. h. sie dienen wesentlich dem Zwecke, den Sinn des frommen Menschen möglichst lange im Stande der Unschuld, nämlich auf einer tieferen Stufe des Bewußtseins zu erhalten" (S. 195). Wenn wir arme Kinder ,,Egoisten" wären, könnten wir ruhig sagen: Retorqueo argumentum. aber die Wahrheit das höchste Gut des Menschen, so ist der wissenschaftliche" Egoismus, wie ihn Drews vertritt, die allerkrasseste Verleugnung des ,,Altruismus", die sich denken läßt.

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3. Die Kritik der liberalen protestantischen Theologie ist, vom historischen Standpunkte betrachtet, eine konsequente Durchführung des gegebenen Prinzipes und als solche vollauf berechtigt; aber unheilvoll ist die konsequente Durchführung eines falschen Prinzipes: über den großen Zerfall, den Drews fortsetzen und vollenden will, hilft auch die Phrase der Entwicklung nicht hinweg; hier brennt die Frage, ob die Erscheinung, die man ,,Entwicklung" nennt, ein Aufblühen oder eine Zersetzung des Lebens darstellt. Es sind die letzten heiligen Reste

vom Erbe der Väter, welche die liberale Theologie zu erhalten sucht; auch der „,fortgeschrittene" Teil des deutschen Volkes ist zu ehrlich und zu treu, um mit roher Hand gar diese letzten Trümmer seines alten Glaubens zu zerschlagen; solange deutsches Blut in seinen Adern fließt, wird auch unser Herrgott nicht entthront in seinem Herzen. Metaphysisch gewertet leidet Drews' Kritik an allen unheilbaren Schwächen des ,,Unbewußten". Es ist hier nicht der Ort, unseren Standpunkt zu rechtfertigen; wir wollen vielmehr sehen, was die neue Religion uns bietet.

III.

1. Das „,religiöse Bewußtsein" entspringt nach Drews aus dem Gefühle der Abhängigkeit von der Natur und ist das Bewußtsein eines Verhältnisses des Menschen zu einem der Natur übergeordneten und sie beherrschenden Wesen, Gott, um durch die Vermittlung des letzteren die Freiheit von der Natur, d. h. vom Übel und der Schuld, zu gewinnen" (S. 62). - Die ursprünglich gegebene Tatsache, welche allem religiösen Bewußtsein zu Grund liegt, ist der Wille zur Erlösung. „Der Mensch will erlöst werden; das ist die psychologische Unterlage, auf welcher das gesamte religiöse Leben sich aufbaut. Warum der Mensch dies will und wovon er erlöst werden will, mit der Entwicklung dieser Momente hat jede religionsphilosophische Unternehmung notwendig zu zu beginnen. Der Umstand jedoch, daß er erlöst werden will, bildet die unumgängliche Bedingung für die Entfaltung der religiösen Funktionen sowohl, wie für die wissenschaftliche Erkenntnis derselben, und diese bezieht sich lediglich auf den vom Erlösungswillen gesetzten Inhalt des religiösen Verhältnisses" (a. O.).

2. Wir könnten uns mit diesem Ansatze des religiösen Problemes ganz gut einverstanden erklären, wenn Drews nicht von vornherein seinen einseitig übertriebenen Pessimismus in die Fassung der ursprünglich gegebenen Tatsache" aufgenommen hätte. Es ist einfach eine unerwiesene Behauptung, eine willkürliche Voraussetzung, wenn Drews ohne weiteres in der Abhängigkeit des Menschen von der Natur ein Übel sieht; diese Abhängigkeit schließt gewiß eine Unvollkommenheit des Seins ein, aber nicht jede Beschränktheit des Seins ist ein Übel im vollen Sinne des Wortes. Hätte Drews bei den Scholastikern, für die

er nur Verachtung kennt, sich um den Begriff des Übels umgesehen, so hätte er die ebenso tiefe als feine Unterscheidung des malum metaphysicum, physicum, morale gefunden. Es ist allerdings recht bequem, derartige Begriffe und Unterscheidungen, von denen man keine Ahnung hat, als „,lächerliche Spitzfindigkeiten" hinzustellen, um seine Unwissenheit zn decken; aber selbst der gemeine Menschenverstand huldigt dem alten scholastischen Axiom: Qui bene distinguit, bene docet, wenn er einen derben Volksredner mit dem Bemerken abweist: Der Mann weiß nicht zu unterscheiden. Warum pocht denn Drews gar so sehr auf Logik und Metaphysik, wenn schließlich doch ,,Intuition" die Quelle der Weisheit ist; oder gibt es auch eine Logik der Intuition? Wenn jeder sein eigenes philosophisches Organ hat, ist allerdings eine Verständigung unmöglich.

So sehr die Natur in mancher Hinsicht den Menschen einschränkt, so trägt sie auch in reichstem Maße zu seiner Vollendung bei; sie ist nicht nur eine Schranke, welche die Freiheit des Geistes hemmt, sie ist auch die erste Quelle, aus welcher der menschliche Geist sein Leben schöpft. Gerade die Tatsache der behaglichen DiesseitsPhilosophie, die an sich die einseitige Übertreibung der optimistischen „Naturauffassung" darstellt, spricht laut gegen den einseitigen Pessimismus der Philosophie des „Unbewußten". Es ist der Vorzug der aristotelisch-thomistischen Philosophie, gerade die Verbindung des Menschen mit der Natur seiner leiblichen Seite nach in ihrem Verhältnis zum Geiste aufs tiefste durchdrungen zu haben; sie sieht hier nicht a priori einen Widerspruch, sondern sucht die im Menschen tatsächlich gegebene Einheit von ,,Natur" und Geist in ihrer wunderbaren Harmonie zu begreifen. Hätte Drews die in der menschlichen Natur als Einheit von Stoff und Geist gelegene Beschränkung in ihrem wahren Wesen als malum metaphysicum erkannt, so hätte er das in dieser Natur liegende Streben, die angeborne Beschränktheit zu überwinden, die Vollendung der gegebenen Lebensanlagen zu suchen, wohl nicht einfachhin als Erlösungswillen hingestellt. Nur weil ihm eine positive Lösung des „Pessimismus“ von vornherein unmöglich erscheint, und weil er ohne weiteres den Glückseligkeitstrieb in notwendiger Verbindung mit einer egoistischen Moral sieht, nur aus diesen unerwiesenen

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Voraussetzungen kam er zur Annahme der „ursprünglich gegebenen Tatsache" eines „Erlösungswillens".

3. Daß auf dem Boden dieses Hartmannschen Pessimismus auch das „Freiheitsgefühl", das im geistigen Wesen des Menschen wurzelt, einseitig überspannt werden muß, ist klar; der Erlösungswille geht hier notwendig auf andere Ziele als die positive Vollendung des eigenen Wesens, die von den Pessimisten eins gesetzt wird mit unmoralischem Egoismus. In gewissem Sinne ist die aristotelisch-thomistische Ethik freilich sowohl egoistisch als altruistisch, in ihrer letzten Wurzel aber keines von beiden, sondern theistisch. Das menschliche ,,Ich" und ,,Nicht-Ich" sind gleichberechtigt und finden in Gott Quelle und Ziel all ihres Seins und Lebens. Nach Drews gibt sich der Mensch nicht einfach in dumpfer Resignation mit seiner Naturbedingtheit zufrieden, sondern sucht durch freie Selbstbetätigung sich über dieselbe zu „Gott" zu erheben, welcher der gemeinsame Träger der „Natur" und des,Geistes" ist. „Die Religion ist sonach, psychologisch angesehen, das praktische Verhältnis des Menschen zu Gott, um durch die Vermittelung des letzteren die Freiheit von den Naturschranken zu gewinnen" (S. 24). Diese Erhebung muß den ganzen Menschen, sein Erkennen, sein Fühlen, sein Wollen erfassen. Das Gefühl bildet den Ausgangs- und Zielpunkt des religiösen Verhältnisses. Das relative Abhängigkeitsgefühl von der Natur wird zum absoluten, führt zum religiösen Erheben, indem es durch das Erkennen auf ein höheres der Natur übergeordnetes Sein, von welchem diese abhängig ist, bezogen wird. Diese Überwindung der relativen Abhängigkeit von der Welt durch die absolute Abhängigkeit von Gott ist als solche auch zugleich ein Akt des Willens. Sie entspringt dem freien, nur mit seiner geistigen Natur in Übereinstimmung befindlichen Entschlusse des Menschen, sich über die Schranken der Natur zu überheben, und ist nichts anderes als die Äußerung seines wesenhaften Freiheitstriebes. Sie ist ein Wollen nicht der Abhängigkeit, sondern der Freiheit, nicht des Bestimmt werdens durch die Welt, sondern durch Gott, der auch die Welt bestimmt, und folglich ein Wollen der göttlichen Bestimmungen, in denen sich die Herrschaft und die Überlegenheit Gottes über die Welt bekundet, um dadurch an diesen teilzunehmen" (S. 26 f.). Seine äußere Gebundenheit an Raum und Zeit kann der

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