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den Mitgliedern deines Geschlechts in den mannichfältigsten Gestalten wiederfindest; denn auch hier erfolgt Alles nach festen, unwandelbaren Geseßen, die zur Verherrlichung der göttlichen Weisheit und zum Wohl der Sterblichen dienen; auch hier kann nie völlige Ruhe herrschen, wenn die Menschen ihre Bestimmung erreichen und sich dem Ziele der Vollkommenheit nähern sollen. Da wünscht, versucht, unternimmt gemeiniglich ein Jeder etwas Anderes, und sehr oft gerade das, was mit den Wünschen, mit den Versuchen, mit den Unternehmungen der Uebrigen nicht bestehen kann. Da durchkreuzen sich die entgegengeseßtesten Absichten, die verschiedensten Wege und Mittel, und ihr Zusammentreffen erschwert fast immer jes dem Einzelnen sein Werk. Da fällt die Hoffnung des Einen in dent Grade, in welchem die frohe Erwartung des Andern steigt, und der Verlust, welchen dieser leidet, wird hinwiederum Gewinn für jenen. Da schränkt ein Kopf den andern, eine Hand die andere, ein Stand den andern, ein Volk das andere ein. Und wie kämpfen nicht uns aufhörlich Licht und Finsterniß, Wahrheit und Irrthum, Lugend und Laster, Vernunft und Schwärmerei, Religion und Aberglaube, Recht und Unrecht, Freiheit und Knechtschaft mit einander! Welche Heere von Streitern stehen da nicht einander gegenüber! Welche Waffen werden da nicht versucht, welche Künste gebraucht, welche Kräfte in Bewegung geseßt! Wie sichtbar kann da nicht unter ges wissen Umständen die Erbitterung und Feindseligkeit werden; Und allerdings lehrt die Erfahrung, daß aus diesen offenen oder geheimen Kriegen Neid und Haß, Druck und Verfolgung enstehen, daß die schändlichsten Leidenschaften bisweilen ihr verderbliches Spiel dabei treiben, daß manche unsrer Brüder Ehre und Ruhe, Glück und Freude, Gesundheit und Leben dabei verlieren. Allerdings können wir diese traurigen Folgen Uebel nennen; aber sie kommen in keine Betrachtung und verdienen kaum diesen Namen, wenn sie mit der unermeßlichen Summe des Guten verglichen werden, wels ches ganz gewiß daraus entspringt. Denn diese Verschiedenheit der menschlichen Gedanken, Wünsche und Absichten, dieser Wettstreit unter denen, die nach demselben Ziele laufen, diese Kämpfe unter Solchen, die ganz unvereinbare Zwecke verfolgen, machen es noth wendig, daß nun Jeder, der sich einigermaßen hervorthun will, seine Kräfte gebraucht und übt, seine Anlagen entwickelt, seine

Vernunft ausbildet. Dadurch werden schlummernde Fähigkeiten ges weckt und mittelmäßige gestärkt. Dadurch werden Fleiß und Bes triebsamkeit, Erfindungen und Fortschritte, gemeinschaftliche Ents würfe und vereinigte Thätigkeit befördert. Dadurch gewinnen selbst Weisheit und Zugend, wie viel sie auch bei dem ersten Anblicke das bei zu verlieren scheinen, weil nun Jeder desto sorgfältiger über sich wachen und an sich arbeiten muß, je strenger er von denen, die ihn zu besiegen streben, beobachtet und beurtheilt wird. Daraus erwachsen gegenseitige Bedürfnisse, daß Keiner des Andern ganz entbehren, daß auch der Niedrigste im Volke dem Höchsten, auch der Schwächste dem Mächtigsten, auch der Aermste dem Reichsten noch immer nüßlich werden kann. Auf diese Weise findet eine Mis schung von Ueberfluß und Mangel, von Diensten und Gegendiens sten, von Vollkommenheit und Unvollkommenheit unter den Mens schen Statt, die jedem Einzelnen bestimmte Schranken seßt, eine gewisse Gleichheit unter ihnen allen erhält, und die zahlreichen Glieder der Gesellschaft, bei aller Verschiedenheit ihrer persönlichen Absichten und Ansprüche, zu einem festen Ganzen verbindet. Und was den Kampf des Guten mit dem Bösen bètrifft, so wissen wir aus der heiligen und weltlichen Geschichte, daß die gerechte Sache, weil sie unter dem Schuße der Vorsehung steht, doch zulezt noch immer gesiegt hat und auch in Zukunft siegen wird. So wohlthätig demnach der Kampf im Reiche der Schöpfung ist, so heilsam ist auch der Kampf in der Menschenwelt; und wer jenen mit Aufmerksamkeit beobachtet, den kann dieser unmöglich befremden.

Nein, Alles in der Natur führt uns auf uns selbst und auf unser Leben zurück; und darum zeigt sie uns auch drittens, wels cher Denkart und Gesinnung wir uns befleißigen müssen. Denn die Schönheit der Natur, das Echte und unverfälschte ihrer Reize erinnert uns an die Pflicht, uns nur durch wahre und ungekünftelte, nur durch schickliche und aus gemessene Vorzüge auszuzeichnen. Schön ist Gottes Himmel, wir mögen das Schauspiel der auf- und niedergehenden Sonne, oder das sanfte Licht des Mondes, oder den milden Schimmer der Sterne, oder den majestätischen Bliß, oder den herrlichen, das Auge ergößendenden, Friedensbogen betrachten. Schön ist Gots

tes Erde, und was darauf wächst, und was darauf wohnet. Berge und Thäler, Wälder und Auen, Flüsse und Seen, das Land und das Meer, Alles hat seine vielfachen, eigenthümlichen, ihm ange= messenen Reize. Und schön hat Gott das Thier gekleidet, das Thier auf dem Felde, und den Vogel in der Luft, und den Fisch im Wasser. Und schöner noch, mit emporgerichtetem Haupte, mit zum Himmel erhabenem Blicke, mit dem bewundernswürdigsten Gliederbaue hat er den Menschen gebildet. Schön ist jede Jahress zeit, jede in ein festliches, gefälliges, ihrem Charakter entsprechen des Gewand gehüllt, jede ein Herold der göttlichen Weisheit, Macht und Güte; schön ist vor allen der Frühling in seiner jugendlichen Kraft und in seinem feierlichen Grün: bezaubernd ist der Anblick der wieder auflebenden Schöpfung, der Anblick der ers frischten Saat, der geöffneten Knospen, der ersten Blüthen, der lachenden Gefilde, der rückkehrenden Thätigkeit auf Feldern und Fluren. Betrachten wir jedoch diese Schönheiten der Natur ges nauer, so finden wir hier zwar Pracht und Reichthum, Mannigfaltigkeit und Fülle; aber nirgends üppige Verschwendung, nirgends überhäuften, zwecklosen Puß, nirgends eiteln und leeren Land. Die Natur verziert; aber ihre Zierden sind immer jedem Geschöpfe unentbehrlich. Die Natur schmückt; aber ihr Schmuck ist immer dem Gegenstande angemessen, der ihn trägt. Die Natur verschönert; aber sie belastet keines ihrer Werke durch Prunk und Flitterstaat. Nein, alle ihre Schönheiten nüßen, und selbst ihre Pracht ist Bedingung der Fruchtbarkeit. Sie erreicht Alles auf dem kürzesten Wege, bewirkt Alles durch die leichtesten Mittel, vollendet Alles durch die einfachsten Werkzeuge, und weicht nie von dem Geseße der Ordnung und einer weisen Sparsamkeit ab. Sie sucht nichts zu erkünsteln, nichts zu erzwingen, nichts fälschlich vorzuspiegeln, nichts zu scheinen, was sie nicht ist. Sie erhält und schont, wo sie es nur irgend vermag, und läßt nur untergehen, was zum Besten des Ganzen nicht länger bestehen kann.

Und damit giebt sie dir, o Mensch, eine sehr wichtige Lehre, dir, der du nach Auszeichnung, nach Vorzügen strebest und dich theils an Ruhm und Ehre, theils an Schmuck und Zierde ergöz Ja, ringe immerhin nach Ehre; denn deine Bestimmung

zeft.

für die Gesellschaft fordert dich dazu auf: aber folge auch dem Vorbilde der Natur und ihren deutlichen Winken. Bediene dich der zweckmäßigsten, der unschuldigsten, der menschlichsten Mittel, um dir Achtung zu erwerben. Suche das nicht außer dir und in der weiten Entfernung, was du in dir selbst oder doch in der Nähe weit gewisser findest. Mache nie solche Zurüstungen, die größer sind, als was du dadurch beabsichtest. Verschwende nie deine Zeit, deine Kräfte, dein Vermögen, um dich bloß mit einem leeren Schimmer zu umgeben, oder um da Ruhm zu erzwingen, wo dir dein Stand, dein Alter, dein Geschlecht, deine Verhältnisse denselben verweigern. Opfere das größere Gut, opfere deine Gesundheit, dein häusliches Glück, deine Freunde, deine Pflichten, dein gutes Gewissen nie dem geringern Vortheile auf, und siehe zu, daß du bei deinem Streben nach Auszeichnung diejenigen Eigenschaften nicht in Gefahr seßest, mit welchen, wenn du sie verlierst, zugleich die wahre Ehre verloren geht. Ja, schmücke dich immerhin; denn du bist das einzige Geschöpf auf dem Erdboden, das für Schmuck und Schönheit Sinn hat: aber bleibe nur auch in diesem Stücke der Natur getreu. Hoheit und Adel ruhen auf deiner menschlichen Gestalt; und was diese erniedrigt, beleidigt, schändet, sei es einheimische oder ausländische Sitte, betreffe es deine Kleidung oder deine Geberden, verleße es die Würde, welche du behaupten, oder die Bescheidenheit, welche du zeigen sollst, — das streitet mit deiner Bestimmung und bringt dir nicht Ehre, sondern Schande, weil es dich zum Sclaven der Eitelkeit, zum verächtlichen Thoren erniedrigt. Nein, je öfter du die Schönheiten der Natur genießest, desto mehr müsse es herrschender Wunsch und Grundsaß bei dir werden, dich in Ansehung deiner Vorzüge der Wahrheit und Schick lichkeit zu befleißigen und nach einer echten und unverfälschten, nach einer stillen und bescheidenen Größe zu streben.

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Doch nicht bloß unsre Pflichten, sondern auch unsre Erwartungen versinnlicht uns die Natur, und beruhigt uns dadurch über unser zukünftiges Loos. Das immer wiederkehrende Leben der Natur, auch wenn sie erstorben scheint, ers innert uns an die Hoffnung, daß der Tod auch für uns nur Uebergang zu einem neuen Dasein ist. Denn

reiche Natur! Nimm uns zu deinen Zöglingen, zu deinen Freunden und Verehrern auf, und beseele uns mit dem Geiste der Wahrheit, mit dem Sinne der Liebe. Noch stehen wir nur in deinem Vorhof; noch knieen wir erst an der Schwelle deines Heilig, thums: aber einst sehen wir deine tiefern Geheimnisse, und mit ihnen das Räthsel unsrer höhern Bestimmung enthüllt, und ers kennen im Licht, was uns hier dunkel war. Amen.

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