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die kräftigste Sprache zeigt, die kurz und gut eine der stärksten Seiten Kruse's bildet.

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Heinrich Kruse hat sich in der Verwerthung des RosamundenStoffes ziemlich streng an Gibbon gehalten, der im elften Theile seiner History of the decline and the fall of the Roman empire" die kurze Siegeslaufbahn des ehrgeizigen Longobardenkönigs Alboin und seinen rauhen Tod durch die Hand des eignen Weibes in glänzenden Farben und lebhaftem Style geschildert hat. Voll unbezwinglichem Muthes und heißer Ehrbegier, schlau und verschlagen hatte dieser Fürst schon früh die Augen seines Volkes auf sich gelenkt, als er den Sohn des Gepidenfürsten Turisund in der Schlacht mit der Lanze durchstochen und bald darauf, unerschrocken mit vierzig Begleitern an den Hof des Feindes gezogen und von ihm als Gastgeschenk den Panzer des Besiegten gefordert und erhalten hatte. Auf dieser seltsamen Reise mag Alboin zum ersten Male das wunderbar schöne Weib erblickt haben, dessen Name schon eine Schmeichelei für seine körperlichen Reize enthielt, und in seinem heißen sinnlichen Blute heftig von ihrer Anmuth erregt worden sein. Als daher der Vater Rosamundens, Cunimund, später den Thron der Gepiden bestieg, und der junge Longobarden-Fürst vergebens in stürmischer Weise um die Hand der Tochter angehalten, kam es zum blutigen Krieg, aus welchem jedoch mit Hülfe der Römer die Gepiden als Sieger hervorgingen. Alboin brütete Vergeltung für die doppelte Schande; der verschmähte Liebhaber stachelte den überwundenen Helden, der überwundene Held den verschmähten Liebhaber an, Liebesbegierde und Durst nach Ruhm entzündeten in seinem Herzen eine gewaltige Flamme. Nachdem er mit den Avaren Vertrag und Bündniß geschlossen, brach er von Neuem verheerend in das Land der Feinde ein, schlug dieselben furchtbar auf's Haupt in einer Schlacht, in welcher der König selber getödtet und das Gepidenvolk völlig unterworfen wurde. Aus dem Schädel Cunimunds ließ der Sieger einen Trinkbecher formen, vielleicht um seinen Durst nach Rache zu stillen, vielleicht nur, wie Gibbon hervorhebt, um sich der barbarischen Sitte des Landes zu fügen, die z. B. Strabo, Ammianus,

Marcellinus und Plinius bei den Schthen erwähnen. Die Tochter des gefallenen Herrschers wurde jedoch durch Zwang oder Ueberredung Alboins Weib.

Nach diesem glücklichen Erfolge richtete der junge König seine Augen auf die herrlichen Gefilde Italiens und die unermeßlichen Reichthümer der römischen Städte, die Eroberungslüste regten sich mächtig in seiner Seele und vielleicht war es eine heimliche Einladung des früheren Exarchen Narses, die ihn ermuthigte, den Zug über die Julischen Alpen anzutreten. Ohne Widerstand zu finden, die feindlichen Haufen wie Schafheerden vor sich hinscheuchend, alles verheerend, mit List und Gewalt die Städte unterwerfend drang Alboin vor, und nur Pavia leistete erbitterten und hartnäckigen Widerstand; drei Jahre lang lagen die Longobarden vor der Stadt, ohne etwas ausrichten zu können, und Alboin schwur, alles ohne Unterschied des Alters, des Geschlechts und der Würde niederzumezzeln; endlich ergaben sich die ausgehungerten Bewohner. Ein Zufall rettete den Unglücklichen das Leben. Beim Einzuge in die Stadt, am Thore stolperte Alboins Pferd und einer der Begleiter, vielleicht von Mitleid bewegt, ließ den abergläubischen Arianer darin ein himmlisches Zeichen erblicken, welches von ihm Milde und Nachsicht für Pavia fordere.

Nach diesem Siege ergab sich der König einem schwelgerischen, üppigen und ausschweifenden Leben. Sein Palast in Verona hallte wider von dem Klirren der weingefüllten Becher, vom Geschrei der trunkenen Longobarden, die weiche, üppige Luft, die Fruchtbarkeit des Bodens, die Schäße des Landes, - alles diente dazu, die sinnlichen Lüste des rauhen Volkes zu wecken. Bei einem dieser Gelage kam es zu der bekannten Scene. Der König, aufgeregt vom Wein, trunken, und vielleicht erbittert über die Verachtung, die ihm Rosa= munde gegenüber an den Tag legte, ließ den Schädelbecher bis zum Rande füllen und ihm der Königin darbringen, daß sie sich an dem „Blute ihres Vaters" laben könne. Rosamunde schauderte, aber sie trank, von Todesfurcht ergriffen, und aus Angst vor dem Manne, der nicht immer seine wilden Leidenschaften im Zügel hatte. Seit diesem Tage war jedoch ihr alleiniges Sinnen auf Rache, auf die Ermordung des Königs gerichtet. Seit längerer Zeit schon pflegte

sie vertraulichen Umgang mit einem der vornehmsten Gefährten Alboins, Helmichis, einem Manne, der ebenso vorsichtig und behutsam, wie gewissenlos war. Auf den Plan seiner königlichen Buhlin einzugehen, trug er natürlich nur wenig Bedenken, aber die Ausführung selber in die Hand zu nehmen, davor bangte er in Erinnerung an die große Gefahr furchtsam zurück. Er erinnerte sich eines Waffengefährten von riesenhafter Stärke und unerschrockener Verwegenheit, Peredeus mit Namen, der in eine Hofdame Rosamundens verliebt war und vielleicht durch List zur Ermordung Alboins bestimmt werden konnte. Es gelang, den Unglücklichen zu verstricken. Bei einem zärtlichen Stelldichein im Zimmer der Geliebten hatte die Königin die Rolle mit dieser letteren vertauscht und die Liebkosungen des rauhen Bären entgegengenommen. Dadurch war er ihrer Gewalt verfallen, denn das longobardische Recht bestrafte sein Vergehen mit dem Tode und es blieb ihm nur die Wahl zwischen dem eigenen Untergange oder dem König Alboins über. Was Wunder, daß das Menschliche in ihm siegte und er zum Mörder seines Fürsten ward. Am 28. Juni des Jahres 573 überfiel er den Unglücklichen, den Rosamunde vorher durch zärtliche Liebkosungen eingeschläfert hatte. Wohl fuhr der schon blutende Alboin noch einmal zu seinem Schwerte hin, aber dasselbe war von seinem treulosen Weibe in der Scheide festgebunden und der Verzweifelte griff umsonst nach einem Stuhl, die Streiche des Peredeus abzuwehren. Aus zahlreichen Wunden blutend, stürzte er an den Boden und starb. Kurze Zeit waren die Longobarden eingeschüchtert, dann aber rafften sie sich wieder auf und forderten laut Bestrafung der Mörder. Rosamunde hielt sich im Palaste nicht mehr für sicher und floh mit ihrer Tochter, Helmichis, Peredeus und reichen Schäßen die Etsch und den Po nach Ravenna hinab, wo sie den Exarchen Longinus um Hülfe und Rettung anflehte. Dieser, nach den Reichthümern und nach der Schönheit der Schußflehenden lüstern, überredete sie leicht, ihren Liebhaber zu tödten, und als daher Helmichis aus dem Bade zurückkehrte, bot sie ihm einen Becher vergifteten Weins wie zur Stärkung dar. Helmichis verspürte nur zu bald die Wirkung des Trankes. Den Dolch hervorreißend stürzte er sich auf Rosamunde und zwang ihr den Rest des Weins auf, beide

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endeten in kurzer Zeit, während Peredeus noch lange Zeit durch seine außerordentliche Stärke den kaiserlichen Hof von Constantinopel ergözte und dort den Spaßvogel machte . . . .

Kruse hat sich, wie gesagt, ziemlich streng an die Geschichte gehalten, d. h. an ihre äußeren Thatsachen, und kaum ein Faktum vergessen, nicht einmal den Stuhl, mit dem Alboin den Mörder abwehrt, ja nicht einmal das stolpernde Pferd, welches den Einwohnern von Pavia ihr Leben erhält. Geschichtlich ist er gewesen, aber er hätte philosophischer sein sollen.

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Der Rosamundenstoff ist einer der heikelsten und gefährlichsten Vorwürfe, die sich ein moderner Dramatiker erküren kann. Das ist leicht einzusehen, wenn man sich einen Begriff macht von dem, was die Tragödie soll und worauf ihre furchtbaren Wirkungen beruhen. In der Tragödie sieht der Zuschauer sich selbst wie in einem Spiegel, aber nur das rein Menschliche in seinem Selbst, losgelöst von aller Convenienz und Lüge, die Nerven und Bänder seines Handelns wie unter dem Secirmesser bloßgelegt und über all dies hinaus wirft er einen ahnungsreichen Blick in das ewige Gesetzbuch der Welt, in das geheimnißstrenge Antlitz der Gottheit, wie ein elektrischer Strom durchdringt ihn das Gefühl der Einheit aller Wesen (Aristoteles bezeichnet dasselbe Gefühl durch die Worte „Furcht und Mitleid“) und einer gemeinsamen unendlichen Schuld und Sühne. „Erkenne dich selbst!" mahnt die Tragödie und je größer die poetische Gewalt des Dichters ist, desto mehr wird er die Zuschauer, auch gegen ihren Willen, zur Einschau in ihr Inneres zwingen. Die Tragödie übt damit eine Wirkung aus, wie sie sonst nur Religion und Mystik im Gefolge haben, dieselbe Wirkung, aber nicht auf dieselbe Weise. Die errungene Selbsterkenntniß erzeugt Selbstbefreiung und Läuterung der Affekte, wie der Himmel nach einem stürmischen Gewitter nur um so klarer erscheint, alle Leidenschaften ebben sich und die niedere Sinnlichkeit weicht vor dem Ekel, den sie einflößt. Deshalb wird eine Tragödie um so stärker wirken, je tiefer der Dichter das menschliche Herz und seine Abgründe erforscht hat, je mehr die Leidenschaften, die er darstellt, den Zuschauer im

Innersten berühren und packen, je mehr sie auf dem ewig Menschlichen beruhen. Mit einem Worte also, der Tragiker hat Leidenschaften und Ideen zu concipiren, welche in unsrer Seele vollen und lauten Widerhall finden. Diese Leidenschaften und Ideen nun können allgemein sein, d. h. sie haben die Menschheit zu allen Zeiten und in allen Ländern bewegt, wie Liebe und Rache, Eifersucht und Ehrgeiz in einer Gestalt, die durch sich selbst verständlich ist, oder sie sind zeitlich, national und beruhen auf bestimmten singulären Voraussetzungen. Das Drama, das auf erstere sich gründet, kann als das philosophische, das Drama, das sich auf Darstellung der letteren beschränkt, als das rein historische oder sociale bezeichnet werden; Uebergänge zwischen beiden sind möglich. Es liegt in der Natur der Sache, daß der Dichter des Historischen und Socialen das Feld seiner Erfolge enger abstecken muß, als der philosophische Poet, da er in wahrhaft lebendiger Weise nur für ein Volk, ein Publikum, eine Zeit zu dichten vermag; auf dieser Unterscheidung basirt denn auch die verschiedenartige Wirkung, welche der Schöpfer des Heinrich V. und VI. und der Schöpfer des Hamlet, des Macbeth, des Lear heutzutage erzielt. Gäbe es ein feuerländisches Drama, gäbe es einen feuerländischen Dichter, stelle sich denselben nur nicht allzu lebhaft vor, — der vom Geiste der Civilisation und Humanität ergriffen seinen Landsgenossen in einer erschütternden Tragödie das Entsetzliche des Kannibalismus vorgeführt hätte, er mag der feuerländische Dramatiker par excellence fein, aber wird er es auch für uns sein, wird seine Tragödie in Berlin mehr als Heiterkeit hervorrufen können? wiß nicht.

man

Ge=

Nun, Heinrich Kruse in seiner „Rosamunde“ scheint nach dem Lorbeer eines Longobardischen Poeten zu geizen, doch König Alboin ist tødt, und sein Reich ist verschwunden, was nun? Die Rosamunden-Tragödie wurzelt in einer barbarischen Sitte jenes Volkes, auf einer socialen Voraussetzung, die uns nicht im mindesten mehr berührt. Erkenne dich selbst! Aber wahrhaftig, unser Volk mag nach Erforschung seines Innern dürsten, so heiß wie man will, eine besondere Begier nach Schädelbechern dürfte es schwerlich in sich entdecken; unsre Curiosität kann jene Sitte erregen, aber den räthsel

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