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Erzwungenen und Forcirten, da wir eben wissen, aus welch haltlosen Gründen sie entspringen. Es ist keine schöpferische, aus den Quellen der Natur trinkende, genial anmuthende Phantasie, die wir in diesen Werken bewundern, sondern ein klügelnder, spißfindiger Combinationsgeist, eine, wie man glaubt, mühsame Haarspalterei, Eigenschaften also, welche sonst weniger dem Künstler pflegen anzugehören. Auch der Schluß eines solchen Dramas ist nichts als Nothbehelf und wird wiederum durch Zufall, nicht durch eine inne re Nothwendigkeit herbeigeführt. Haben die Helden dieser Werke denn wirklich eine Wandlung durchgemacht? Nein, sie stehen sich am Ende gegenüber, wie am Anfang, gewißigt, aber nicht geläutert. Und dem tückischen Zufall kann man ja alles zutrauen; warum soll er den Wiß nicht zu Schande machen und durch eine noch feiner eingefädelte Intrigue noch einmal die guten Leute in ihre entsetzliche Aufregung hineinbringen können? Stückwerk überall! Der Endzweck des Intriguendramas ist nichts als Nervenerregung, Spannung und Sensation, und dem zu Liebe opfert es die Wahrscheinlichkeit und Wahrheit, die ersten Erfordernisse aller Poesie, auf; im Dienste des überreizten Geschmackes eines gewöhnlichen Publikums verräth es die keuschen Gesetze der Poesie, und damit fällt es ein für alle Mal aus dem Bereiche jeder höheren Kunst.

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Das Intriguenschauspiel ist auf dem Gebiete des Dramas das, was in der Epik der Temme'sche und Gaboriau'sche Kriminalroman, die englische Sensationsnovellistik ist. Wer aber hat es jemals ge= wagt, den Glauben an eine höhere literarische Bedeutung dieser Werke wachzurufen, wer kann in einem Wilkie Collins etwas andres sehen, als einen begabten und spannenden Leihbibliothekenschriftsteller? Das französische Kriminaldrama hingegen, ah, das wird uns angepriesen, das sind Meister- und Musterwerke, die das deutsche Publikum nach Anleitung der Lindau'schen Kritik seit zehn Jahren unendlich überschäßen gelernt hat, deren Bedeutung es abmaß nach der größeren und geringeren Anzahl der Aufführungen. Die Nachahmung der Franzosen hat uns mit der Effekthascherei, mit erlogenen Leidenschaften, mit prunkenden aber innerlich hohlen Aktschlüssen beschenkt, sie hat uns das Verständniß für das wahrhaft Dramatische geraubt und uns den theatralischen Schein

bewundern gelehrt, über der Technik wurde der innere Gehalt, das Wesen über der Form vergessen. Hat dieses Geschrei der Kritik nun unsere Bühne gerettet, hat es nicht gerade umgekehrt das Theater den undramatischsten aller Werke, denen der Lindau und Bürger ausgeliefert? Der jüngere Dramatiker hat allerdings die Technik zu lernen, mühsam vielleicht und langsam, und wenn's eine ganze volle Poetennatur ist, mag er sich auch die Werkstatt der Sardou und Dumas ansehen; aber er sei eine kräftige Natur, die der Verführung zu widerstehen, das Gute vom Bösen zu scheiden weiß, welche sich Jenes aneignet und Dieses, das unkünstlerische Raffinement aber, das Unwahre und Aeußerliche in der Technik, zurückstößt.

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Beides hat Hugo Bürger nicht gethan. Eine oberflächlich angelegte, mittelmäßig begabte Schriftstellernatur, welche eben ihrer Oberflächlichkeit wegen mehr dem äußerlichen Erfolge nachtrachtet, als einer nachhaltigen, tieferen, wenn auch stilleren Wirkung, ohne jedes gründliche Studium der dramatischen Meister, der Shakespeare, Calderon, Molière, Schiller, ließ er sein „Gabriele“ ge= tauftes Schifflein von den französischen Dampfern in Schlepptau nehmen, weil diese gerade en vogue. Gabriele" ist eine sklavische Copie nach französischen Mustern, die „Fernande" durch Seidenpapier durchgepaust. Nichts Eigenes, nichts Originelles hat Bürger an sich, und wenn wir uns bei Sardou noch für den scharfen. Verstand, die festen Linien der Charakterzeichnung und den geist= reichen Dialog interessiren können, bei dem deutschen Schüler sehen wir fast nichts als die Schattenseiten seines Meisters, wir stehen einem völligen Trümmerfelde gegenüber, aus dem sich ein paar Effektszenen, geborstene Säulen, traurig erheben. . .

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Der junge Techniker Oliver Lasar hat sich durch seine Energie und seinen Geist zum ersten Direktor der Arnsdorff'schen Fabriken emporgeschwungen und bildet die wesentlichste Stüße seines etwas mißtrauischen und neidischen Prinzipals. Trozdem wünscht der Lettere die bedeutende Kraft des Mannes für alle Zeit an sein Geschäft zu indem er ihm die einzige Tochter Gabriele zum Weibe geben und da nun Oliver Lasar Gabrielen im Geheimen liebt und Gabriele den Oliver Lasar, so ist alle Aussicht vorhanden,

daß beide, Geschäft und Liebe, ihr schönes Ziel erreichen werden. Wenn es nur nicht gar so bösartige, heimtückische Wesen gäbe, die in Gestalt von verschmähten Liebhaberinnen alles Unglück über das Haupt des früheren Geliebten heraufbeschwören. Z. B. diese Frau Delberg! Ein niederträchtiges Weib, welches Fächer und Herzen mit gleicher Gemüthsruhe zerbricht! Sie weiß Oliver in den Verdacht eines kalten berechnenden Menschen zu bringen, der auf das Unglückt seines Prinzipals spekulirt, Gabriele fährt auf in beleidigtem Stolze und Oliver bricht über seinen getäuschten Hoffnungen zusammen. Erster Akt, der Vorhang fällt und man gönnt sich eine Pause! Die Voraussetzungen, die Einem da zugemuthet wurden, nehmen sich gleich beim ersten Anhören ganz sonderbar aus, und solch eine Ruhe dürfte gut sein, die kühle Ueberlegung zum Worte kommen zu lassen.

Auf welche Weise gelingt es Frau Delberg, den Ruf Oliver Lasar's zu vernichten?

Arnsdorff will einen Vertrag mit einem Herrn van der Naeff, einem Industriellen der Rheinprovinz, abschließen, der für die Fabriken des Ersteren sehr wichtig zu werden verspricht. Alle Lieferungen sollen fortan gemeinschaftlich übernommen und das Geschäft an dem Tage, an welchem das Drama beginnt, zum Abschluß gebracht werden. Herr van der Naeff ist zu dem Zwecke im Arnsdorff'schen Hause, wo gerade ein Ball abgehalten wird, anwesend. „Niemand weiß den Grund seines Hierseins und die Sache muß geheim bleiben, weil es, wie bei all solchen Dingen, Interessen giebt, die das Zustandekommen verhindern möchten.“

Während sich in den Sälen die Gesellschaft zerstreut und unterhält, bereiten in einem Nebenzimmer Arnsdorff, Oliver und der Fremde die Unterzeichnung des Contraktes vor, und Frau Delberg, welche das Treiben mit scharfen Augen beobachtet, möchte vor allem Gewißheit haben, ob wirklich bei der geheimnißvollen Zusammenkunft geschäftliche Intereffen zur Sprache kommen. Ist das der Fall, so wird sie einen Brief schreiben, aus dem hervorgeht, daß einer der drei Betheiligten eine Indiskretion begangen, und sie hofft, daß der Verdacht alsdann auf Oliver fällt. Folge desselben wird der Bruch Olivers und Arnsdorffs fein, Oliver wird nicht Gabriele heirathen,

und siehe, das ist ihr Zweck. Um sich jene Gewißheit zu verschaffen, redet sie Gabrielen, deren Liebe zu Oliver ihr bekannt, ein, daß man in dem Nebenzimmer ihre Heirath mit einem Sohne van der Naeffs plane, beängstigt geht das Mädchen in das gerade von den Männern verlassene Zimmer, sieht dort die Geschäftspapiere und kehrt in Folge dessen mit einer heiteren sorglosen Miene zurück! Aus dieser Miene schließt Frau Delberg das Richtige. Sie läßt durch einen Verbündeten den beabsichtigten Brief schreiben, van der Naeff will aus Vorsicht den Abschluß des Geschäfts bis auf den anderen Tag verschieben, Arnsdorff erklärt das für eine Machination Olivers, dem eine Verzögerung des Abschlusses zum Vortheil gereichen würde, es kommt zu harten Worten und Oliver nimmt seine Entlassung. Der fremde Geschäftsmann, dem früher alles an Ge= Heimhaltung des Geschäftes zu liegen schien, scheint plößlich dieses sein Interesse ganz zu vergessen, und schließt mit Oliver allein ab. Erstes Stadium!

Welch ein weitschichtiger Apparat, wie viel Unglaublichkeiten, was für Widersprüche !

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"Die Sache muß geheim bleiben, weil es Interessen giebt, die das Zustandekommen verhindern möchten." Also die Sache soll geheim bleiben, bis der Contrakt unterschrieben! Später wird das Geschäft ja doch an die Oeffentlichkeit treten müssen! Als der Brief eintrifft, ist die Sache nun wirklich schon weit genug gediehen, die Leute stehen da, die Federn in der Hand, um zu unterschreiben, es liegt nur an ihrem guten Willen, wie, in dieser einen Minute sollen noch fremde Interessen das Zustandekommen hindern können?! Das Geschäft ist schon lange kein Geheimniß mehr. Rodeck, einer der Verbündeten der Frau Delberg erzählt: „Vor einigen Monaten war Herr Lasar lange Zeit in der Rheinprovinz. Nachrichten, die ich erhalten, in Verbindung mit dem geheimnißvollen Thun jener Drei lassen mich vermuthen, daß es sich um den Abschluß eines wichtigen Geschäfts handelt..." Jene Drei müssen also wissen, daß man in Kaufmannskreisen wenigstens eine Ahnung von ihren Absichten hat. Der Brief, den Frau Delberg schreiben läßt, ist ganz nichtssagend:

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Verzögern Sie den Abschluß des Vertrages, da sich Ungünstiges

vorbereitet." Jeder von den Dreien mußte sich also sofort sagen, daß jener Brief von Jedermann geschrieben sein konnte, der nur eine ganz blasse Ahnung von ihren Absichten hatte, daß also eine Indiscretion gar nicht vorzuliegen brauchte. ...

Nun aber erklärt Oliver, daß er allerdings mit einem unbetheiligten Freunde, einem Maler Alberti, ganz kurz über die Sache gesprochen habe; dieser sei sofort an dem Abende abgereist, doch Liege die Möglichkeit vor, derselbe könne noch vor der Abfahrt des Zuges in seinem Club ahnungslos über die Angelegenheit gesprochen haben. Arnsdorff läßt sich aber nicht von dem Gedanken abbringen, daß Oliver gegen ihn intriguire, er empfindet die Ueberlegenheit desselben an Geist und Charakter als eine Demüthigung, bricht in heftige Schmähungen gegen den Mann aus, so daß dieser sich gezwungen sieht, die Verbindung mit seinem früheren Prinzipal zu lösen.

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Geht man der Sache auf den Grund und der dreizehnte Auftritt des ersten Aufzuges macht das Ganze klar so ist die Indiscretion Olivers nicht die eigentliche Ursache seines Zwistes mit Arnsdorff, sondern nur das Steinchen, welches die Lawine ins Rollen bringt. Der wirkliche Grund liegt in der kleinlichen Gesinnung Arnsdorff's und da haben wir uns nun einen Ausbund von Dummheit, Eigensinn, Kleinlichkeit und Undankbarkeit vorzustellen. Welche Unwahrscheinlichkeiten birgt nicht dieser Charakter! Er entläßt Oliver, obwohl er ihn doch seit Jahren als einen treuen Mitarbeiter kennen muß, dem er sogar seine Tochter zur Frau geben will, den er schon aus Geschäftsinteresse zurückhalten sollte, diesen Oliver entläßt er wegen der Verzögerung des Contraktes um 24 Stunden. Oliver erklärt mit Recht, daß jener Brief den Abschluß des Geschäftes durchaus nicht hindern könne, der vorsichtigere van der Naeff will den Abschluß des Geschäftes bis auf den anderen Tag verschieben und diese Verzögerung von 24 Stunden soll einen irgendwie vernünftigen Menschen zu dem Vorwurf drängen, Oliver habe sie herbeigerufen, um sich dadurch einen Vortheil zu verschaffen, darin bestehend, daß Oliver, die Leitung der Arnsdorff'schen Fabriken während der Dauer des Vertrages behält“. Ehrlich gestanden, verstehe ich die Tragweite dieses Vortheils nicht

eben

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