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Graf Schack als Dichter.

Nicht das Publikum, nicht unser Volk und vor allem nicht unsre Jugend ist es, deren Seele stumpf und lau geworden, wohl aber ist der große Haufen unsrer Kritiker und Schriftsteller wie abgestandenes Wasser. Fruchtbarer Boden breitet sich heute wie immer in weiten Strecken aus, wo jedoch ist triebkräftiges Korn, wo sind Ackerer, wo ist Egge und Pflug? Die Mittelmäßigkeit schafft und die Mittelmäßigkeit richtet, was ist natürlicher, als daß die Mittelmäßigkeit Orgien feiert und gegen jeden frischen Luftzug Mauern baut! Wir rufen den Kritikern zu: Helft uns kämpfen gegen die Thrannei der Modedichterlinge und Poesiefabrikanten, denn die spekulative Mache und das Unkraut des Dilettantismus duldet man nicht, schont man nicht, wenn sie überhand nehmen, sondern man vernichtet sie. Wir rufen: Laßt uns einig sein, laßt uns jeden Keim, der zu einem Schößling echt moderner und tief nationaler Dichtung auszuwachsen verspricht, hegen und pflegen, laßt uns nicht müde werden, das wahrhaft Große zu finden und anzupreisen. Wir rufen es und die Antwort bleibt nicht aus. Die Einen sind ungehalten, daß man sie aufweckt aus ihren füßen Dämmerungen, daß man die Kritik nicht gleich ihnen als billigen Broderwerb auffaßt, sondern als ein heiliges Amt im Dienste des lebendigen Geistes. Die Andern lachen, murmeln etwas von idealen Träumern und versichern, kein Sterblicher könne das Schiefgewordene einrenken, noch das Träge in Fluß bringen, das mache sich alles von selbst, oder es mache sich eben gar nicht. Und die Dritten werden ärgerlich und fragen: glaubt Ihr etwa irgend etwas Neues und Eigenartiges vorzubringen, alles, was Ihr hinausruft, schreien auch wir schon seit Jahr und Tag mit

unsrer Spatenstimme ins Publikum hinein. Nicht die Sache liegt diesen Leutchen am Herzen, sonst würden sie jeden Mitkämpfer freudig begrüßen, ihr einziges Ziel ist es, das eigene Persönchen in den Vordergrund zu tragen und deshalb fürchten sie die Konkurrenz. Den Freunden des Laissez faire aber sagen wir, es geschieht in menschlichen Dingen nichts von selbst, alles will erstrebt, erkämpft und gewollt sein und es wird sich einst zeigen, daß dieser Idealismus des Wollens das wahrhaft Praktische ist. Warum? Weil er aus der inneren Zuversicht des Könnens entspringt. Ja, wir wollen eine große, nationale Literatur, welche weder auf Hellenismus noch auf Gallicismus sich gründet, eine Literatur, welche, genährt mit den Errungenschaften der gesammten modernen Kultur, den Quell ihres Blutes in den Tiefen der germanischen Volksfeele hat und alles Beste, was andere Nationen geschaffen, in das eigene Fleisch und Wesen überführt, aber nicht es nachahmt und in formalen Spielereien verzettelt. Wir wollen eine Literatur, die eigenartig wurzelt und wipfelt, die dem Ernste und der Größe dieser Zeit entspricht und aus ihren Strebungen heraus geboren ist, eine Literatur, welche nicht immer wieder und wieder den ausgepreßten Ideen und Empfindungen unsrer Väter lezte magre Tropfen entfeltert, eine Literatur, welche wirkt und nicht spielt. Wir wollen eine Literatur, welche nicht dem Salon, sondern dem Volke gehört, welche erfrischt und nicht amusirt, welche führt und nicht schmeichelt. In unsren Tagen des Zweifels und der Unruhe, da die alte Religion zahllosen Seelen feinen Frieden mehr gewährt, und statt neuen Trostes nur neue Stürme drohen, in diesen Tagen hat die Poesie mehr als sonst zu leisten. Freilich nicht an die Stelle treten der Religion, diese ersetzen soll sie, wol aber muß auch sie eine Führerin sein, ein Gegenpol wider die Genußsucht und den Materialismus, nicht deren Dienerin; aus dem Leben geboren, muß sie Leben zeugen, harmonisches Leben, Gesundung und nicht Fieber. Und diesem Ziele gilt es zuzustreben durch Mahnung und That, durch Kritik und Schöpfung, diesem Ideal gilt es dienstbar zu machen alle Kräfte, so viele ihrer können und guten Geistes sind. Dieses Ideal muß aber auch, das sagen wir den Freunden, ohne Schwanken und Zweideutelei, ohne Furcht und ohne Mitleid erstritten werden. Schließt ·

sich doch jenen Gruppen der Kritik, die in den Eingangssägen bezeichnet sind, noch eine vierte an, welche nicht zweifelnd, nicht gleichgültig jedem geistigen Aufschwunge gegenübersteht, sondern feindlich, hämisch und spöttisch. Dieser Gruppe wie ihren Schüßlingen gegenüber ist jede Schonung eine Flucht, denn ihr gehören an jene verlebten Alten und jene blasirten Jungen, denen die Worte Tragödie, Poesie, Ideal, national, naturalistisch ein Gräuel sind, deren Stumpfheit jede Aufregung, jede Weihe verabscheut und deren immer wiederholte Losung lautet - Nüchternheit, Conversationsschauspiel, Schlendrian, Moral und Handwerk. Das alles zu einer Formel zusammengefaßt bedeutet: sie lieben die Masse und hassen das Genie, und weil sie es hassen, darum läugnen sie es, wie der Maulwurf das Licht, wie die Schnecke den Flug des Adlers. „Die Zeit der großen Tragödie ist vorüber“, sagt Karl Frenzel, ein Typus jener Herzens- und Geistesarmen, „das Sittendrama, wie es in Gußkow's „Werner“ uns geboren wurde, ist unser Ziel, wenn auch das Publikum wieder einmal heute in Begeisterung aufflammt für Poesie und Idealismus. Das wird vorübergehn, so behaupte ich (Karl Frenzel, Schöpfer der „Berliner Dramaturgie“, der neue und größere Lessing), denn ich bin jezt zwei Jahrzehnte lang berufener Abschlachter der modernen Dramatik und ich weiß, daß immer die tragische Reaktion gegen die Komödie einen sehr kurzen Athem hatte." Das ist derselbe Frenzel, der seinem Aerger über die Waffengänge in der unglaublich dummen, alle Kritik verneinenden Frage Luft gemacht hat: warum schreiben die Brüder Hart, statt zu kritisiren, nicht lieber bessere Dramen, als Kruse, Bürger u. s. w.? Lieber Herr Frenzel, wir sind noch nicht ins Schwabenalter gekommen, warten Sie es also ab, ob wir nicht bessere Dramen, meinethalben auch beffere Romane und Gedichte, als Sie und Ihre Mithandwerker dichten werden, — vorläufig kritisiren wir besser als Sie. Uebrigens erhöht es die Lustigkeit jener Frage, wenn man den Fragesteller selbst zum Adressaten macht. Warum, Herr Frenzel, wühlen Sie nun so lange Jahre gegen das deutsche Theater, bekritteln in kleinlichster Weise jedes neue Schauspiel und belehren ohne jedes Verständniß die Schauspieler? Warum schreiben Sie nicht lieber bessere Dramen und treten selbst im Schauspielhause auf, Kahle, Ludwig

und Keßler zu beschämen? Karl Frenzel als Othello! Bisher ist die Welt ganz im Dunkeln geblieben über Ihr dramatisches wie mimisches Talent, und Sie sind doch 1827 geboren.

Und dieser Mann, der Nüchternste der Nüchternen, der nirgendwo in der Literatur ein Fest, eine Weihe, einen Hauch des Ewigen merkt, sondern nur eine „Unterhaltung“, ein „Vergnügen“, ein „Amusement“, der wagt den Propheten zu spielen und hinauszukläffen, die Zeit der großen Tragödie ist vorüber". Weshalb? weil selbst das Jahr 1870, in welchem „die Schranken des Privilegiums fielen und jeder Bühne die natürliche Freiheit, zu spielen, was ihr beliebt (?), durch das Gesez zuerkannt ward" nicht eine große dramatische Literatur eingeleitet hat. Gibt es ein Wort, das bezeichnender ist, als dieses! Für Herrn Frenzel ist das Jahr 1870 nicht das Geburtsjahr der nationalen Einheit, eines neuen nationalen Lebens, sondern der Gewerbefreiheit, er verzweifelt nicht an der deutschen Tragödie, weil die Wiedergeburt der deutschen Kraft nicht alsbald eine Neugeburt des Geistes gewirkt hat, sondern weil er ernstlich geglaubt, daß man Kunst und Kneipe nach ein und der= selben Façon glücklich machen könne. Es ist ja klar, wenn die Schenken wie Pilze aus dem Waldboden schießen dürfen, dann blüht ohne weiteres das Trinken, warum also nicht die Kunst, wenn jedermann das Recht hat, mit seiner Schenke zugleich ein Theater zu eröffnen! Mit solchen Ansichten ist nicht zu rechten. Auch uns ist 1870 ein Jahr des Heiles, aber nicht wegen, sondern troß der Gewerbefreiheit, uns gewährt es die Hoffnung auf ein großes Theater, weil es uns zu einer großen Nation gemacht hat und wir an unfrem Volke verzweifeln müßten, wenn seine Kunst im Sumpfe der Alltäglichkeit stecken bliebe. Aber wir wissen auch, daß das Große nicht über Nacht entsteht, daß es keimen, wachsen und knospen muß und daß also nach Verlauf von zwölf Jahren kleinmuthige Ungeduld bloß albern ist. Allerdings, darin hat Herr Frenzel Recht, die tragische Reaktion (nicht gegen die Komödie, diese fehlt uns nicht weniger, als die Tragödie, sondern gegen die theatralische Mittelmäßigkeit) hat nur einen sehr kurzen Athem", der Sonntag dauert eben nicht so lange wie die Woche, die Zeitalter des Perikles und des Augustus waren nur Oasen in der Wüste

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