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geistiger Halbheit und der Moser und Frenzel gibt es mehr, denn der Shakspeare und Wagner. Aber das schreckt nicht ab, das ermuntert uns, denn wenn wir stets das Höchste auch nur wollen, das Beste auch nur erstreben, so sind wir doch in der Bannmeile jener Dasen, und da bildet sich immerhin Größeres, als auf dem Sumpfland, wo sich die faule Gemächlichkeit der Gegner wohlfühlt. Die große Tragödie ist übrigens kein Gegensatz zum Sittendrama, auch in ihr soll der Geist der Zeit sich spiegeln; allerdings mein' ich einen andern Geist, als ihn Herr Frenzel träumt und ein gewaltigeres Sittendrama, als es Herr Frenzel ersehnt. Doch genug davon, diese Frage mag ein späterer Waffengang entscheiden! Der heutige soll nicht der Bekämpfung, sondern der Vertheidigung ge= widmet sein, denn unsre Sache vertreten und fördern wir nicht allein, wenn wir die Feinde, die Afterpoeten entlarven, sondern ebenso sehr, wenn wir eintreten für die Freunde, die wahren und großen Dichter unsrer Zeit! Einer dieser Großen ist Adolf Friedrich von Schad. Jene Kritik der Grabeswächter-fie hüten das Todte, das Morsche

trägt vor allem die Schuld daran, daß unserm Publikum noch immer der Name Schack weniger geläufig ist, als all die kleinen Tagesgrößen, die auf unsrer Literatur schmaroßen, gleich jener lieblichen Thierspezies, welche die Blüte des Weinstocks unmöglich macht. Gerade deshalb war es nöthig, den Geist jener Kritik mit einigen Hieben zu kennzeichnen. Sie hat entweder Schack als Dichter todtgeschwiegen oder ihn gepriesen als ein anziehendes Formtalent, mit anderen Worten als ein Objekt für literarische Gourmands. Warum auch nicht? Die Zeit der großen Dichter ist ja vorüber, bilden wir Dante-, Shakspeare- und Goethegesellschaften und seien wir zufrieden, wenn die Literatur der Gegenwart in den Namen Lindau, Ebers, Moser gipfelt. Es ist ja klar, daß unsere Epoche, welche die innersten Kräfte der Natur dem Menschen dienstbar, welche die Erde gangbar macht von Pol zu Pol, welche die Himmel aufrollt wie ein Buch mit räthselhafter Schrift, deren Lösung Zeichen für Zeichen tausend Freuden gewährt, daß unsre Epoche, welche einen ungeheuren Wettstreit der Völker in Frieden und Krieg geboren hat, welche in Italien, in Deutschland das Sehnen zahlloser Geschlechter erfüllte, welche drei germanische Weltreiche beruft, das Höchste der

Menschheit zu leisten, welche nicht müde wird, Wunder um Wunder zu thun, es ist ja klar, daß eine solche Epoche „jeder Poesie ermangelt", daß sie keine gewaltigen Dichter zu erzeugen vermag. Warum sollten wir erröthen über der Schmach solcher Verzagtheit, wir sind ja so klein, so klein!

Wie viel besser stünde es um mich, wenn ich auch solch ein Kleiner wäre, voller Demuth und froh Epigone zu sein! Aber ich bin ein Keßer und die Konkurrenz aller Klassiker der Vergangenheit, mit welcher Karl Frenzel den heutigen Dichtern mahnend droht, schreckt mich nicht aus meinem Glauben an die unzerstörbare Schöpfungskraft der Poesie heraus. Was sie auch Herrliches und Göttliches hervorgebracht, die Altmeister von Homer bis Shakspeare und Goethe herauf, wie auch der Hauch des Ewig Menschlichen über ihren Werken ruht, eines fehlt ihnen doch, das Fleisch und Blut unsrer, gerade unsrer Zeit. Mit ihren Dichtungen geht es uns, wie mit der Bibel; zu allen Zeiten ist diese dem Christen der edelste Schat gewesen, aber dennoch hat sie ihm niemals zu seiner Erbauung genügt, er bedurfte immer neuer Hymnen, Lieder, Gebete und Breviere. Die Poesie ist die Blüthe einer Weltanschauung, und ich meine, unsre Anschauungen von heute treiben einer so neuen, eigenen Richtung zu, daß unsrem Empfinden in seinen lezten Verzweigungen kein Dichter der Vergangenheit voll Genüge leistet. Deshalb sehnen wir uns nach einer modernen, in unserem eigenen Leben wurzelnden Dichtung. Wol werden unsere Dichtungen, wer wäre so vermessen, anders zu denken, nicht an absolutem Werth die eines Shakspeare, eines Sophokles erreichen, aber dennoch wird unsere Tragödie an Gewalt der Konflikte dem Drama der Meister gleichkommen, in Form und Sprache ihm nacheifern und an geistiger Idealität es übertreffen. Auch unsere Lyrik ist mit Goethe nicht erschöpft; all die Zweifel, die in uns toben, all die Träume von dem Einssein der Kreatur, all die Stürme, mit welchen das braufende Treiben, Kämpfen und Wandern der gesammten Menschheit uns überrauscht, all die Hoffnungen und Strebungen unserer wiedererwachten Nation, so wie wir, hat sie noch Nie

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mand empfunden und also noch Niemand in Dichtung umgegossen. Und das Gleiche gilt von der Epik, vom Roman. Ein moderner Dichter wird zugleich ein Prophet sein, er wird den ringenden und müden Mitlebenden voranschreiten wie ein Thrtäus, und das Ziel ihnen sichtbar erhalten, damit sie nicht erlahmen und erkalten. Er wird ein Denker sein, der alle Regungen der Zeit in sich zusammenfaßt, ein Charakter, der niemanden fürchtet und dem Gotte seines Inneren unwandelbare Treue hält, ein Helfer, der nicht aufhören wird, von Liebe zu künden und Liebe zu wecken, göftliche Liebe. Wenn die Epoche nach Goethe, welche durch Rückert und Geibel begrenzt wird, ihre hauptsächliche Bedeutung darin findet, daß sie Formen und Sprache ausgefeilt, bereichert und bis zum Zerfließen biegsam gemacht, so haben wir die Aufgabe, diesen Besit durch großen ideal-realistischen Gehalt zu einem lebendigen zu machen. Das faustische Ringen der Kleist, Immermann und Ludwig, die mitten in ihrer Laufbahn zusammenbrachen, weil sie nur eine Gesellschaft fanden, nicht ein Volk, für das sie dichten konnten, wir müssen es zur Wirklichkeit gestalten, denn wir haben ein Volk, und an uns liegt es, nicht um kleinlicher Mißstände willen an der nationalen Wiedergeburt zu verzweifeln, sondern auf dieser Grundlage fortzubauen, auf die Nation uns zu stüßen, damit durch wechselseitiges Vertrauen, wechselseitiges Durchdringen wir uns und sie befestigen. Nur dann wird es uns gelingen, die endlose Mittelmäßigkeit zu überwinden, welche, wie natürlich, in einer Zeit, wo die Form alles ist und die Sprache selbst für den Skribenten dichtet, üppig ins Kraut geschossen, denn ein mächtiger Gehalt gährt nur in mächtigen Geistern, ein gewisses Sprach- und Formtalent jedoch, wenn auch nicht der höchsten Art, wird anerzogen. Diese Anerziehung hat uns nicht allein den ganzen Schwall von Lyrikern, Novellisten und Romanwasserspeiern bescheert, nein, sie hat auch in die Literatur ein widerliches Geschäfts- und Fabrikantenthum verpflanzt. Ihr verdanken wir es, daß das Princip von der Theilung der Arbeit im literarischen Leben die lächerlichsten Verhältnisse herbeigeführt hat, daß es Dichter gibt, welche nur in Spielmannsweisen oder nur in Geschichten aus Byzanz, Memphis, Athen, vielleicht auch aus Italien machen, Lyriker, welche keinen vernünftigen Prosasaß zu Stande

bringen und Prosaiker, denen der Vers ein Noli me tangere ist. Ihr verdanken wir überdies die Flut der Phrasenleierei und der hohlen Spielerei mit Worten, ihr schließlich jene Kritik, welche den dürren Leib ihrer ästhetischen Unwissenheit mit den Flittern un verstandener Lektureweisheit oder kindlicher Wize verhüllt. Eine Herzensfreude ist es, solchen Erscheinungen gegenüber auf Männer wie Schack zu blicken, auf Männer, welche eine Welt der Phantasie und der Ideen in sich tragen und deshalb gleich der Allmutter, der Natur, einer Welt von Formen und Ausdrucksweise bedürfen. Und gerade jenen Erscheinungen gegenüber ist es mir ein Bedürfniß, in Schack einen jener Dichter hinzustellen, welche von modernem Geiste erfüllt in nationaler Begeisterung und Zuversicht an unsres Volkes und unfrer Dichtung Triebkraft glauben, welche ebenso allseitig wie ideenmächtig an der Schwelle einer neuen Blütezeit zu stehen scheinen.

Graf Schack gehört zu jenen Lieblingen Gottes, denen es vergönnt ist, die Keime des Großen, die in sie hineingelegt sind, stetig langsam, geschützt vor Stürmen und Frost, an der Sonnenseite des Erdenlebens ausreifen zu lassen. Dieser Vorzug kann freilich für den Dichter zum Nachtheil werden. Nur zu oft verhindert eine glückliche äußere Lage, die Menschheit in ihrer Tiefe und Breite kennen zu lernen, die herbsten, bittersten Kämpfe der Zeit zu verstehen, mit einem Worte, die Seele des Volkes zu erfassen. Und was wäre ein moderner Dichter, der nicht aus der Seele des Volkes heraus dichtet und schafft. Gottlob, Graf Schack ist keiner jener Poeten des Salons oder der Akademie, welche unberührt vom Hauche des Jahrhunderts im Fette ihrer Phantasie ersticken, seine Dichtungen bezeugen das in jeder Strophe. Entrückt allen äußeren Sorgen und dem kleinen Elend des Alltagskampfes ums Dasein besuchte er schon früh die Länder des Orients, durchwanderte Italien und Spanien, lernte allerlei Menschen kennen, den bedeutenden wie den gewöhnlichen Schlag und gewann auf solchen Wegen wie spielend eine Fülle poetischer Anschauungen, Liebe zur Kunst, Neigung zur Geschichte und einen tiefen Einblick in das Getriebe der heutigen

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Welt. In dieser Lust am Wandern in die Ferne offenbart sich der= selbe Trieb, welcher die Poesien Schacks durchädert, der Trieb nach Abenteuern, Gestaltenfülle, Farbenschimmer und Mystik, einer Mystik jedoch, welche die Welt verklärt. Es ist, als ob der Dichter, an den flammenden Sonnen Spaniens und Persiens seine Phantasie zu Heißerem Brande entzündet, als ob er an den schlanken Minarets der arabischen Kunst, an den Palmen Syriens seinen Blick für klare, Lautere Form gebildet und in den endlosen Wüsten des Sinai, unter den Trümmern von Ninive und Persepolis das Weben von Natur und Weltgeist belauscht und nachempfunden habe. Aber die Erkenntniß hat ihm weder Muth noch Glauben geraubt, jener Blutquell deutschen Humors, den all unsre besten Männer, Kaiser Karl, Luther, König Friedrich, Goethe, Bismarck in sich tragen, hat auch Schack vor jeder Einseitigkeit und Verknöcherung bewahrt, hat auch seinen Genius gestärkt zum Ueberflug über alles Kranke, Quälende empor. Hinter uns liegt jene Zeit des selbstzerstörenden Grübelns, der Blasirtheit, der Genußsucht ohne Zaum, des nervösen Wollens ohne Ziel, hinter uns jene Zeit der Byron, Musset und Heine, des jungen Deutschlands und der problematischen Naturen, hinter uns, wenn auch ihr Athem dann und wann pestbringend von neuem herüberschlägt. Was uns noththut, das ist Gesundheit der Seele, Gesundheit des Geistes und Gesundheit der Phantasie, nur wenn wir Eisen im Blute haben, vermögen wir den eisernen Mächten der Gegenwart unfren Plaß und unsren Lorber zu entringen.

In Mecklenburg geboren (den 2. August 1815) erwählte Schack nach Beendigung seiner ersten Reisen als Erbe eines bedeutenden Vermögens München zu seinem ständigen Wohnsiß und ward durch Begründung einer umfassenden Gemälde-Galerie einer der eifrigsten Schagheber moderner Kunst, einer der treuesten Freunde moderner Künstler. Genelli, Lembach, Böcklin und wer weiß wie viele andre haben unter seiner Aegide zuerst ihre Schwingen frei und mächtig entfalten können, und deshalb ist der Name Schack verwoben in die Geschichte der neueren Kunst, gleich unaustilgbar, wie die Namen der großen Adelsgeschlechter Italiens in die Geschichte der Renaissance. Dieser Einfluß, welchen der hochsinnige Mann auf die Entwicklung unsrer Malerei ausübt, diese Förderung ihrer Talente bildet

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