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I.

Die Wahlfreiheit des Willens unter dem psychologischen

Gesichtspunkt.

Die Wahlfreiheit des Willens bietet sich unserm Bewußtsein zunächst dar als eine Thatsache der Erfahrung. Jeder Tag, den wir erleben, bringt uns genug Gelegenheit, uns nach unserm Belieben darüber zu entscheiden, was wir thun und was wir lassen wollen, d. h. unsere Wahlfreiheit zu bethätigen. Ja sogar in dem, was uns durch unsere Stellung innerhalb der menschlichen Gesellschaft als eine Pflicht auferlegt ist, dessen Leistung also nicht von unserm Belieben abhängt, sondern von einer Forderung, der wir uns fügen müssen, wissen wir unsere eigene Willensfreiheit zur Geltung zn bringen, indem wir wenigstens innerhalb der von jener Pflicht gezogenen Grenzen, gleichsam zu unserer Beruhigung unser freies Belieben walten lassen. Je weniger ich mich dagegen sträuben kann, daß ich etwas thue, desto mehr pflege ich in dem Bewußtsein zu schwelgen, daß es von meiner freien Wahl abhängt, wie ich es thue, und es gewährt mir eine hohe Befriedigung, wenn ich in meinem Thun den Fesseln des Zwanges irgendein Gebiet entgegensetzen kann, auf welchem ich meines selbst= herrlichen Beliebens desto sicherer bin. Hier sage ich im Gefühl meiner Würde: „ich will dies", oder: „ich will dies nicht“; und schon, daß ich dies sage und sagen kann, scheint ein Zeichen, ein Beweis dafür zu sein, daß ich wirklich in dem, was ich thue und

lasse, schließlich mein eigener Herr bin und frei wählen kann unter dem, was mir zugebote steht, denn indem ich so spreche, zeige ich ja, daß es von mir, nämlich von meiner freien Wahl abhängt, ob ich mich den außer mir etwa vorhandenen Beweggründen, welche mir diese oder jene von den mir gleicherweise möglichen Entscheidungen anempfehlen, anschließen oder widersetzen werde. Wäre das Verhältnis nicht so, dann könnte der Ausdruck „ich will" als ein unberechtigter Euphemismus erscheinen, an dessen Stelle der andere Ausdruck „ich muß", oder wenigstens der rein objektive „ich thue das" treten müßte.

So giebt denn die gewöhnliche Erfahrung dem Menschen, der nur auf sie achtet, das stolze Bewußtsein, in seinen Entschließungen frei nach seinem Belieben wählen zu können, d. h. ein absoluter Autokrat zu sein. Ja es scheint, als wollte die Erfahrung, damit sich die Erfahrungsmenschen in ihrem Hochgefühl der Freiheit ja nicht möchten stören lassen, dies ihr Ergebnis noch möglichst bekräftigen, indem sie für dasselbe die Stüße eines förmlichen Be= weises giebt.

Ich meine die unbestreitbare Thatsache der sogenannten Willkür.

Die Erfahrung zeigt, daß ein Mensch handeln kann so zusammenhangslos, so abrupt, so springend von einem Gegenteil zum andern, vom Sinnigen zum Unsinnigen, vom Vernünftigen zum Unvernünftigen, vom Scherz zum Ernste, ja wohl gar vom Guten zum Bösen, wenn man diese Ausdrücke einmal in objektivem Sinne will gelten lassen, mit einem Worte so unbegreiflich, daß, wenn man nach einem Grunde solchen Handelns suchen wollte, man in der That nichts als die pure Grundlosigkeit finden würde, welche gerade einmal dem Willen gefällt, und die er sich erforen hat, zum Beweise dafür, daß eben der Wille ganz allein für sich, rein als solcher, ein völlig hinreichender legter Grund zu handeln ist.

Wollten wir also dem Erfahrungsmenschen die Wahlfreiheit seines Willens bestreiten, so würde er uns eben nur ein Spiel seiner Willkür vor Augen zu führen haben, um uns dadurch das Ungerechtfertigte unserer Bestreitung ad oculos zu demonstrieren, wie denn in der That gerade diese von einem Gegenteil ins andere

überspringende Willkür das Wesen der Wahlfreiheit als eines auch anders Könnens am augenscheinlichsten macht.

Da nun das Zeugnis der gewöhnlichen Erfahrung für die Wahlfreiheit des menschlichen Willens ein so mächtiges und vielfältiges ist, so kann man sich auch nicht darüber wundern, daß die allermeisten Menschen auf dem Standpunkte dieses Erfahrungszeugnisses stehen bleiben und es wohl zugeben, daß der menschliche Wille sich freilich auch nach gewissen Beweggründen entschließen könne, wie er es ja offenbar häufig thut, aber auch behaupten, daß der Wille ebensowohl ohne solche Beweggründe, ja wider dieselben rein für sich seine Entscheidungen treffen könne.

Wie aber die Erfahrung, welche wir bisher haben reden lassen, nur eine oberflächliche ist, so kann auch der Standpunkt, welcher sich auf sie stüßt, nur ein oberflächlicher sein. Eine genauere Prüfung des Verhältnisses, in welchem sich der Wille des Menschen befindet und bewegt, läßt ihn erkennen als den Standpunkt der Gedankenlosigkeit, wenigstens wenn man unter Gedankenlosigkeit dasjenige Verhalten verstehen will, welches immer bei dem Nächstliegenden, gerade in die Augen Fallenden stehen bleibt, ohne nach dem ferner Liegenden zu fragen oder auch nur daran zu denken, und die auf dem kurz gezeichneten Erfahrungsstandpunkt stehenden Menschen halten sich doch an das, was sich ihnen unmittelbar bes merklich macht, an den Willen als solchen, und sehen in ihm die einzige oder wenigstens die letzte, eigentlich bestimmende Ursache ihrer Handlungen.

Wenn ich der bisher beschriebenen Anschauung den Vorwurf der Gedankenlosigkeit mache, so darf man mir nicht entgegenhalten, daß die Gedankenlosigkeit ganz andere, der Anschauung von der Wahlfreiheit vielmehr entgegengesetzte Annahmen machen würde, wie ja auch wirklich dem Standpunkt, auf welchem man von einer Wahlfreiheit des Willens redet, geschichtlich ein anderer Standpunkt vorausgegangen ist, auf welchem man in, wenn wir so sagen wollen, gedankenloser Naivität noch nichts wußte von einer solchen Wahlfreiheit. Und es ist nicht zu leugnen, die Idee der Wahl= freiheit lag dem Kreise des antiken Denkens fern, und obwohl sich bei Plato und Aristoteles wenigstens Spuren dieser Idee finden,

so kam man doch im allgemeinen auch in der ethischen Selbstbetrachtung nicht über jene naive Objektivität hinaus, mit der man sich eben nur als ein Glied in der Kette der Gesamtheit fühlte; und daß der Gedanke der Glückseligkeit die auf Platos und Aristoteles Systeme folgende Philosophie der Griechen und Römer so ausschließlich beherrschen konnte, ist ein Beweis dafür, daß man sich über dem praktischen Bedürfnis des Selbstgefühls noch nicht hatte erwecken lassen zu einer theoretischen Erforschung der Struktur, durch welche wir überhaupt erst befähigt sind, zu handeln.

Diese Erweckung brachten erst die durch das Christentum in die Welt gebrachten Ideen; erst dadurch, daß der einzelne Mensch aus dieser Kette der Gesamtheit herausgelöst wurde, freilich um in einem höheren Sinne wieder in sie aufgenommen zu werden, erst dadurch, daß er mit seiner absoluten Bedeutung als Persönlichkeit auf sich selbst gestellt wurde, konnte das Nachdenken des Menschen von dem praktischen Bedürfnis des Selbstgefühls zurückgeführt werden auf die in ihm selbst als Person liegenden Bedingungen für dessen Befriedigung; erst dadurch konnte man veranlaßt werden, sein Augenmerk in bewußter Weise auf das zu richten, was man vorher unbekümmert, unbesehen, unerkannt vorausgesetzt oder auf sich hatte beruhen lassen. Mit der Wichtigkeit, welche unter dem Einfluß des christlichen Geistes die Person erlangte, entstand natürlich auch der Gedanke ihrer Verantwortlichkeit, und durch solche Ideen wurde das psychologische Interesse erweckt, welches alsbald gegenüber dem praktischen Bedürfnis des Selbstgefühls, dessen Befriedigung in dem Heiland ja so gewiß war, die Herrschaft auf dem Gebiete des Denkens erlangte. Was diesen Punkt betrifft, ist das Denken damals wirklich von der naiven Gedankenlosigkeit des antiken Standpunktes fortgeschritten zu einer bewußteren und gründlicheren Selbstbetrachtung.

Aber auf der von dem christlichen Geiste gewonnenen Unterlage wiederholt sich ein ähnlicher Gang. Ist das persönliche Leben der Seele einmal in den Kreis unseres Bewußtseins getreten, ist dieses Gebiet einmal unserem geistigen Auge aufgethan, so bietet uns der Augenschein zunächst eine dem oben beschriebenen Standpunkt ents sprechende Anschauung, und erst eine gründlichere Durchforschung

des neueröffneten Gebietes läßt es uns erkennen, daß wir bei dieser Anschauung nicht stehen bleiben dürfen, weil sie eben nur auf dem gedankenlos hingenommenen Augenschein beruht.

Wie kommt man nun zu der Erkenntnis, welche dem Ergebnis der oberflächlichen Erfahrung so sehr widerspricht?

Ich habe nicht die Absicht, in eine ausführliche Erörterung der geschichtlichen Entwickelung einzutreten, welche das philosophische Erkennen von jenem gedankenlosen Standpunkt der öberflächlichen Erfahrung weitergeführt hat zu dem Standpunkt, dessen verschie= dene Nüancierungen man unter dem gemeinsamen Namen des Determinismus zusammenzufassen pflegt; denn aus einer solchen Erörterung würde ich für die Klarheit des kritischen Geschäftes, welches ich mir vorgenommen habe, wenig Nußen ziehen können, weil jene geschichtliche Entwickelung wegen beständiger Einwirkung der verschiedenartigsten, sowohl philosophischen, als religiösen, als auch praktisch sittlichen Motive zu einer sehr verwickelten, oftmals abwechselnd vor und rückwärts schreitenden geworden ist, soweit ich wenigstens sehe; und so interessant die Verfolgung dieser schwer zu überschauenden Entwickelung um ihres Gegenstandes willen an und für sich auch ist, für unsern gegenwärtigen Zweck wird es ersprießlicher sein, wenn wir uns einfach auf den Standpunkt der zu kritisierenden Anschauung stellen, um sie von da aus durch den schrittweise fortgesetzten Nachweis ihrer Unhaltbarkeit zu überwinden.

Wir wenden uns zunächst gleich gegen die Instanz, welche den klarsten und bestimmtesten Beweis für das absolute Wahlvermögen des menschlichen Willens zu liefern scheint. Es ist die Thatsache der Willkür, wie wir sie vorhin kurz beschrieben haben.

Diese Instanz verliert sofort alle Beweiskraft, wenn man sich daran erinnert, daß dieselbe Willfür mutatis mutandis auch in dem Leben der Tiere beobachtet wird. Auch da bemerken wir, während es sonst wohl nicht bestritten wird, daß die Tiere in ihrem Verhalten nicht durch die Entschlüsse eines wahlfreien Willens sondern durch die Triebe eines natürlichen Instinktes geleitet werden, nicht selten ein Gebahren, welches auf seinem niederen Gebiete dem der menschlichen Willkür ganz analog ist; derselbe un

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