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Abschnittes entgegengehalten wurde, die heilige Schrift bezeugt es, sondern wir selbst fühlen es auch, daß die Sünde nicht auf Gott zurückzuführen ist, sondern daß, mögen wir dabei auch noch so viele und mannigfaltige Umstände, Verhältnisse, Einflüsse und Gewalten in Rechnung ziehen, wir selbst im Gegensatz zu Gott die Sünde veranlassen, daß wir die selbsteigenen, alleinigen Urheber der Sünde sind, wie sich dieses Gefühl der Sünde gegenüber im Schuldbewußtsein ausspricht. In der Sünde trennt uns das Schuldbewußtsein von Gott, während uns doch alles, was wir in und aus Gott thun, vielmehr mit ihm verbinden muß.

Wie wir es fühlen, so sind wir auch wirklich für unsere Sünde selbst verantwortlich, und nur dadurch, daß sich das Gefühl der Selbstverantwortlichkeit mit ihr verbindet, erfahren wir sie als unsere Sünde, als unsere Schuld.

Daß es nun solche Sünde giebt, welche nicht auf den ursprünglich von Gott gegebenen Zustand unseres Geisteslebens zurückgeführt werden kann, zwingt uns zu der Anerkennung, daß wir imstande sein müssen, auch unabhängig von diesem Zustande unseres Geisteslebens, unabhängig von unserer ursprünglichen Bestimmung, unabhängig von der ursprünglichen objektiven Substanz unserer individuellen Persönlichkeit zu wollen und zu handeln; denn wenn wir dazu nicht imstande wären, würde uns ja der Widerspruch gegen das Ursprüngliche, d. h. aber die Sünde unmöglich sein.

Damit aber sind wir, wie es scheint, unmittelbar angelangt bei derjenigen Form des Willens, mit deren Widerlegung wir uns bisher so sehr abgemüht haben, nämlich bei der Wahlfreiheit des menschlichen Willens, denn worin anders sollte die Möglichkeit, unabhängig von dem ursprünglichen Zustande unseres Geisteslebens, ja demselben sogar entgegengesetzt zu wollen und zu handeln, liegen, als in der Wahlfreiheit unseres Willens? Sie ist ja eben die absolute Unabhängigkeit des Willens.

Das also, was wir aus rein psychologischen Gründen verwerfen mußten; das, was uns auch unter dem religiösen Gesichtspunkt unannehmbar schien; das, was wir sogar aus dem Gebiete des Sittlichen, wenigstens so weit es das sittlich Normale umfaßt,

verdrängen mußten, das tritt uns nun von neuem entgegen als sittliches Postulat.

Insofern nämlich unser Schuldbewußtsein, welches eine unleugbare Thatsache ist, der Sünde gegenüber bezeugt, daß dieselbe nicht auf Gott und seine Schöpfung zurückgeführt werden kann, sondern daß wir selbst im Unterschied von Gott für dieselbe verantwortlich sind; insofern es bezeugt, daß also die Sünde selbst nicht in Verbindung mit Gott, sondern im Gegensatz gegen Gott gethan ist; weiter insofern man annehmen muß, daß ein solches selbständiges, widergöttliches Thun des Menschen nur möglich ist, wenn derselbe im Besitze eines nicht von dem aus Gottes Hand gekommenen Zustande abhängigen, sondern völlig wahlfreien Willens ist, müssen wir sagen, daß unser sittliches Bewußtsein, gleichsam zu seiner eigenen Befriedigung, d. h. um unsere sittliche Verantwortlichkeit für die Sünde aufrecht erhalten zu können, die Annahme einer Wahlfreiheit unseres Willens fordert, daß also die Wahlfreiheit unseres Willens ein sittliches Postulat ist.

Als solches wird sie denn in der That auch behauptet und verteidigt selbst von denjenigen, welche sich gegen die Schwierigkeiten, die sich, sei es vom psychologischen, sei es vom religiösen Standpunkt aus gegen die Wahlfreiheit des menschlichen Willens erheben, keineswegs verschließen.

Die Sünde mit der Verantwortlichkeit, welche sie dem Sünder auferlegt, mit dem Schuldbewußtsein, welches diese Verantwortlichkeit so sicher bezeugt, ist eine Thatsache; und diese Thatsache will und muß erklärt werden. Sie kann aber nur begriffen werden aus dem Bestehen einer Wahlfreiheit des Willens und zwar der Wahlfreiheit in ihrer strengsten absolutesten Form, denn wenn eben die in der Sünde offenbar gewordene Fähigkeit des prinzipiellsten Gegensages und Widerspruches gegen das von Gott gegebene Wesen des Menschen erklärt werden soll, so bedarf man ja eines Willens, welcher imstande ist, völlig unabhängig von den vor ihm in unserem Geistesleben schon vorhandenen Elementen, völlig ungebunden durch irgendeine objektive Macht, die ja als solche ebenfalls wieder auf Gott zurückzuführen wäre, völlig frei in sich selbst und aus sich selbst zu wollen und zu handeln; man bedarf eines Wil

lens, welcher, da er die sittliche Selbstverantwortlichkeit für die Sünde erst begründen und herbeiführen soll, selbst, so weit er ein integrierender Bestandteil des Menschen als eines Geschöpfes ist, von jeglicher Bestimmtheit zur Sünde, sie mag so groß oder so gering sein, als sie will, gänzlich frei ist, ebenso aber natürlich auch frei von jeglicher Bestimmtheit zum Guten; denn wenn eine solche Bestimmtheit des Willens schon von vornherein vorhanden wäre, so würde man natürlich nicht begreifen können, wie durch einen so bestimmten Willen die Sünde, also das Gegenteil seiner Bestimmtheit sollte herbeigeführt werden können. Jedenfalls also müßte der Wille über solcher Bestimmtheit ebenso erhaben sein, wie über der Bestimmtheit zur Sünde. Das Postulat richtet sich also auf einen Willen, welcher in dem Genusse einer absoluten, uneingeschränkten, völlig selbstherrlichen Wahlfreiheit ist.`

Wir sehen, es ist dies dasjenige, was wir bisher bekämpft haben, gerade in seiner strengsten Form.

So tritt denn das sittliche Postulat, welches durch die Thatfache der Sünde hervorgerufen ist, den bisherigen psychologischen, religiösen und ethischen Erörterungen mit der denkbar größten Schärfe entgegen, und in Rücksicht auf diesen Gegensatz gesteht man es wohl auch auf gegnerischer Seite hie und da unumwunden zu, daß die Wahlfreiheit eben nur eine Bedeutung habe für das Gebiet der sittlichen Verantwortlichkeit des Menschen, daß man sie aber für dieses Gebiet unter keinen Umständen entbehren fönne.

Wenn dies lettere wirklich der Fall wäre, wenn die Wahlfreiheit des menschlichen Willens wirklich als ein sittliches Postulat der Selbstverantwortlichkeit des Menschen für seine Sünde anerkannt werden müßte, so würde auch ich keinen Augenblick anstehen, die sämtlichen Gegengründe, so treffend, so mächtig, so unwiderleglich sie auch sein mögen, niederzuschlagen und über sie hinwegschreitend die Wahrheit und Wirklichkeit der Wahlfreiheit für den menschlichen Willen zu behaupten; denn die Aufrechterhaltung jener Thatsache, nämlich der Selbstverantwortlichkeit des Menschen für seine Sünde, ist für unser ganzes sittliches Leben und Streben, wie sich's erfahrungsmäßig unleugbar gestaltet hat, von der

grundlegendsten Bedeutung; sie ist darum wichtiger als ein in sich zusammenstimmendes System psychologischer, theologischer und ethischer Gedanken, denn auch diese Gedanken sollen ja der Wirklichkeit des sittlichen Lebens und Strebens dienen, sind also abzuweisen, wenn sie dieselbe statt dessen zu zerstören drohen; ja man muß annehmen, daß die widersprechenden Wahrheiten trok ihres Scheines Irrtümer sind, und es würde dann unsere Aufgabe sein, in der Überzeugung, daß sich die wahrhafte Wahrheit nicht wirklich widersprechen kann, den vermeintlich gefundenen, aber der Wirklichkeit widersprechenden Wahrheiten weiter nachzuforschen.

Es könnte jedoch auch der Fall eintreten, daß ich mit der Annahme dessen, was die gefährdete Wirklichkeit stüßen und erklären soll, zu voreilig bin und dadurch den widersprechenden Wahrheiten Unrecht thue; es könnte der Fall eintreten, daß vielmehr Veranlassung da ist, die vermeintliche Stütze der aufrecht zu erhaltenden Wirklichkeit genauer darauf zu prüfen, ob sie denn wirklich eine solche Stüße ist. Jedenfalls wird man, so oft ein Widerspruch zwischen mehreren gleicherweise als notwendig erkannten Wahrheiten zutage tritt, gut thun, nach beiden Seiten hin mit möglichster Vorsicht zu verfahren und sie so lange als nicht sicher feststehend zu betrachten, als noch etwas an denselben unerforscht geblieben ist.

Wir müssen daher in den bisherigen Untersuchungen, welche zu dem Postulate der Wahlfreiheit des menschlichen Willens so wenig passen wollen, die dringendste Veranlassung finden, diesem Postulate näher zu treten und es daraufhin genauer zu untersuchen, ob es denn wirklich seinem Zweck, nämlich der Begründung einer sittlichen Verantwortlichkeit des Menschen für seine Sünde, um deren willen es aufgestellt ist, genügt.

Und diese weitere Untersuchung wird allerdings darthun, daß das Postulat seinem Bedürfnisse nicht genügt, da die Wahlfreiheit des menschlichen Willens keineswegs imstande ist, eine sittliche Verantwortlichkeit des Menschen, wie sie der Sünde gegenüber durch unser Gewissen bezeugt wird, zu begründen; sie wird darthun, daß das Postulat nur ein vermeintliches ist und darum

fein Recht hat, sich den unter dem psychologischen, religiösen und sittlichen Gesichtspunkt gefundenen Wahrheiten entgegenzustellen.

2) Die Wahlfreiheit des Willens und die sittliche Verantwortlichkeit des Menschen.

Wenn wir in der nunmehr alles entscheidenden Untersuchung darüber, ob die Wahlfreiheit des menschlichen Willens imstande ist, eine sittliche Verantwortlichkeit des Menschen zu begründen, jegliche Unklarheit und jegliches Schwanken von uns fernhalten wollen, so müssen wir uns vor allen Dingen die Ergebnisse der bisherigen Erörterungen beständig gegenwärtig halten: es wird das dazu beitragen, daß wir den Begriff der Wahlfreiheit, um welchen sich's hier handelt, immer scharf im Auge behalten, und daß wir dann die Konsequenzen dieses Begriffs, unbeirrt durch vorgefaßte Meinungen, welche jenen Begriff und die ganze so wichtige Frage, die wir hier zu beantworten suchen, meist so sehr ins Dunkle und Unbestimmte bringen, verfolgen können.

Ich erlaube mir, zu dem Zwecke noch einmal kurz zu wiederholen, welche Überlegungen uns zu dem Postulate der Wahlfreiheit geführt hatten.

Es war das nicht etwa die Überlegung, wie es dem Menschen möglich sei, überhaupt ein sittliches Wesen zu sein, sondern die Überlegung der sittlichen Abnormität, die sich als Sünde, als Widergöttliches in unserm Leben und Wesen vorfindet, und um deren willen eine sittliche Verantwortung, d. h. das negative Verdienst der Schuld für uns zu statuieren war; es war die Überlegung, daß diese sittliche Selbstverantwortlichkeit, diese Gotte, dem Schöpfer gegenüber selbsteigene Schuld nicht denkbar sein, ohne daß der Mensch in seiner Absonderung von Gott und von dem allen, was Gott ihm an objektivem Material des geistigen und leiblichen Lebens gegeben, einen eigenen, völlig unabhängigen sittlichen Anfang nehmen könne, d. h. sich ganz allein, ohne Rücksicht auf das, was aus der von ihm selbst unabhängigen Schöpfung für ihn hervorgegangen ist und als Motiv etwa hervorgehen könnte, sittlich be

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