ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

sorgfältigste alles vermeiden soll, was nicht von den sogenannten exakten Wissenschaften allein an die Hand gegeben wird; man sett sogar hohe Preise aus, um diese Aufgabe möglichst vielen recht verlockend zu machen.

Ob man damit der absoluten Autonomie des kategorischen Imperativs endlich zu ihrer vollen, in die Wirklichkeit hinein ausge= stalteten Geltung verhelfen will? Eine Ähnlichkeit der Anschauung und des Strebens liegt ja in gewisser Beziehung vor; und doch, wie ganz anders ist die Stellung des Sittlichen hier als in der von Kant geforderten Autonomie unserer Sittlichkeit! Bei Kant haben wir eine Autonomie der sittlichen Idee, hier dagegen haben wir eine Autonomie der sensualistischen Erfahrung.

Und wie seltsam ist der Gang, welchen die Auffassung des Sittlichen von Kant her nahm bis zu der, welche in der oben angeführten Aufgabe ausgesprochen ist, sofern wenigstens ihre Lösung für möglich gehalten wird!

Der Philosoph mußte wenigstens Postulate anerkennen, welche auf Grund jener sittlichen Idee über das Gebiet des spezifisch Sittlichen selbst hinausführten in ein Gebiet religiöser Gedanken und Vorstellungen. Sofern nun auf dieses Vorgehen des Philosophen unverkennbar das seine Zeit beherrschende Christentum einen bestimmenden Einfluß übte, konnte sich doch der christliche Gedanke weder mit der Art, noch mit dem Grade, in welchem er hier zur Geltung kam, befriedigt erklären. Wenn diesem Gedanken einmal die Thür der philosophischen Spekulation geöffnet wurde, dann mußte er auch aus der obendrein so karg bemessenen Stellung eines bloßen Postulates mit seiner Wucht in das System selbst vordringen.

Hegel war es, der unter dem Einfluß der christlichen Wirklichkeit stehend sich anheischig machte, nicht bloß die trockenen Begriffe „Gott", "Freiheit“ und „Unsterblichkeit“, sondern den gesamten wesentlichen Inhalt der christlichen Wahrheit in seinem System zu verarbeiten; und er war der festen Überzeugung, dies wirklich geleistet zu haben.

Aber er hat mit dieser seiner modernen Scholastik dem Christentume, ja der Religion und der Religiosität überhaupt einen sehr

schlechten Dienst geleistet, denn, während er die christliche Wahrheit, weil ihm das System über alles ging, nur durch wesentliche Alterierung, Verdünnung und Verflüchtigung ihres eigentlichen Inhaltes verwendbar machen konnte, hat er in dem trügerischen Hochgefühl, alles, auch die höchsten Wahrheiten in das Gefüge des Systems eingegliedert zu haben, gerade am allermeisten das Denken der „Denker" daran gewöhnt, alles, was über, oder sagen wir in dem Hegelianischen Sinne treffender: unter den Horizont des Systems geht, hochmütig zu verachten und einfach als nicht existierend zu betrachten.

Es zeigte sich sehr bald, wie die von Hegel selbst begonnene Verdünnung und Verflüchtigung der christlichen Wahrheit immer weiter fortschritt, weil man ihre Divergenz im System immer deutlicher erkannte; und indem sich das Verduften der christlichen Wahrheit zum Teil mit großer Schnelligkeit bis in das allgemein religiöse Gebiet fortsette, kam man zu einer immer entschiedeneren und bewußteren Leugnung alles Übernatürlichen, da man ja den Standpunkt der Kantschen Postulate mit Hegels Hilfe längst überwunden hatte.

Naturnotwendig mußte diese Richtung in ihrer letzten Konsequenz zum philosophischen Materialismus führen, welchem dann der naturwissenschaftliche Materialismus, eigentlich eine logische Monstruosität, aufs beste sekundierte.

Dies Verhältnis hat sich heutzutage in gewissen Kreisen in großartigem, ängstlichen Gemütern sehr imponierendem Maße herausgestellt; und die für alle wahre Religion und Religiosität durchaus tödliche Tendenz und Wirkung dieser Richtung leuchtet jedem unbefangenen Beurteiler sofort ein, nicht so ihr wirkliches Verhältnis zur Sittlichkeit.

"

Man kann es nicht leugnen, daß gerade unter den sogenannten Gebildeten, welche das nicht religiös, aber sittlich", oder gar das nicht religiös, sondern sittlich" zu ihrem Grundsatz machen, sehr viele eine dem Materialismus wenigstens, wenn auch nicht immer ganz bewußt, zuneigende Weltanschauung vertreten. Aber ohne weitere Strupel wissen sie mit der Leugnung alles dessen, was nicht den Gebieten der sensualistischen Empirie, der exakten Wissen

schaften, der fünf Sinne angehört, oder wenigstens mit einer völligen Gleichgültigkeit gegen alles Übernatürliche die Behauptung des Sittlichen in Forderung und Verhalten als etwas ganz Selbst= verständliches zu verbinden. Ja es bringt sie sogar in Harnisch, wenn man ihrer Auffassung der Sittlichkeit auch nur von ferne so etwas wie Oberflächlichkeit vorwerfen wollte.

Uns ist es klar, daß diese Leute mit solchem Verhalten nur wieder ein Beispiel liefern zu dem Worte von dem Völkchen, welches den Teufel nie spürt, und wenn er sie beim Kragen hätte; uns ist es klar, daß die eigentliche, natürliche, notwendige Konsequenz dieser über das Natürliche hinaus nichts anerkennenden Richtung das ist, was auch rücksichtslos praktisch werdende Vertreter des Materialismus oft in rohem Cynismus aussprechen, nämlich der Tod aller Sittlichkeit.

Hier haben wir die schrille Dissonanz, in welcher die vielen so ansprechend und gemütlich tönende Musik der sogenannten modernen Weltanschauung endigen muß, wie sie uns ja hin und wieder schon im voraus gellend in die Ohren klingt.

Wer diese Konsequenzen erkannt hat, der wird mit allen Mitteln gegen die Richtung ankämpfen, welche ihnen entgegenführt, weil es sich um so viel Wohl und Wehe, um so viel Leben und Tod handelt; und damit es nicht zu diesen verderblichen Folgen fomme, wird er insonderheit schon denen den Star zu stechen suchen, welche die Religiosität desto gründlicher meinen verachten zu dürfen, je stolzer sie sich auf den Standpunkt der autonomen Sittlichkeit stellen.

In allen diesen Verhältnissen tritt wieder einmal das recht klar zutage, was Goethe das tiefste Thema der Weltgeschichte genannt hat. Es ist eben der Kampf zwischen Glauben und Unglauben, der wieder mit größerer Lebhaftigkeit und ausdrücklicher Schärfe geführt wird; und es gewährt neben dem Schmerz über das, was ihn wieder in solcher Heftigkeit entzündet hat, doch auch eine hohe, heilige Freude, ihm zusehen, ihn mit erleben zu dürfen, denn wenn man auf gegnerischer Seite die ungescheuteste, rücksichtsloseste Negation zuweilen bis zur Frivolität fortschreiten sieht, so wird doch auf der Seite, zu der wir uns halten, nicht bloß eine Gelehrsam

keit, eine Gründlichkeit, ein Geschick, eine Klugheit und Tüchtigkeit sondern noch mehr hie und da eine Geisteskraft und ein Geistesfeuer entwickelt, dem man sogar schon rein menschlicherweise den sichersten und wirksamsten Erfolg vorhersagen kann.

Sieht man es aber in diesem so ernsten und wichtigen Kampfe wirklich auf dauernde Erfolge ab, so wird man vor allem anderen den eigenen Standpunkt recht gründlich zu prüfen haben. Die Tüchtigkeit und Haltbarkeit der eigenen Operationsbasis muß zunächst untersucht werden, denn in dem Kampfe der Geister kann ein auch nur einigermaßen dauernder, geschweige ein endgültiger Erfolg nicht erzielt werden mit blühender Rhetorik, oder mit betäubenden Schreckbildern, auch nicht mit schlangenglatter Dialektik und überrumpelnden Kunstgriffen, sondern allein mit einer unantastbaren Wahrheit.

Es hilft auch gar nichts, die anfechtbaren Seiten des eigenen Standpunktes verhüllen zu wollen, als könnte man hoffen, sie werden dem Gegner verborgen bleiben und unseren Angriffen auf denselben nichts schaden. Auf dem Schlachtfelde der Bajonnette und Kanonen mag das unter Umständen klug sein, ja vielleicht schon manchen den Sieger selbst überraschenden Vorteil gebracht haben; auf dem Schlachtfelde aber, auf dem es hier zu kämpfen gilt, ist es unter allen Umständen das klügste Verfahren, die schwachen und überwindlichen Positionen von vornherein zu verlassen, um nicht dem Gegner Gelegenheit zu erfolgreichem Angriff zu geben, während man ihn selbst anzugreifen denkt. Hin und wieder ergiebt sich hier gerade durch solches Zurückgehen unmittelbar eine viel günstigere Situation, ja sogar ein bedeutender Erfolg.

Die Operationsbasis nun, auf welcher die Angriffe gegen die oben kurz gekennzeichneten destruktiven Tendenzen insonderheit von den Vertretern des positiv gläubigen Christentums geführt zu werden pflegen, zeigt in der That eine solche Schwäche, welche den Angriffen nur zum Schaden ausschlagen kann, ich meine die, welche in dem Begriff der menschlichen Willensfreiheit liegt; und je wesentlicher dieser Begriff für die Sittlichkeit ist, je mehr derselbe überhaupt erst die Möglichkeit aller menschlichen Sittlich

teit trägt, desto notwendiger ist es, ihn von allen Schwächen zu reinigen und durchaus widerstandsfähig zu machen.

Man wird zunächst zugeben müssen, daß sich gerade dieser Grundbegriff, ohne den das ganze Gebäude der Ethik zusammenstürzen würde, noch immer in ziemlicher Dunkelheit befindet.

Die Vorstellungen, welche man mit dem Worte „Willensfreiheit" verbindet, sind so verschiedenartig, ja zum Teil einander so entgegengesetzt, daß man sich wundern muß, wie dies eine Wort das alles umfassen kann, ohne zu bersten.

Der eine reklamiert das Wort für eine Art von Notwendigkeit, der andere nimmt es für das entgegengesetzte Verhältnis der Zufälligkeit in Anspruch; dieser denkt bei dem Worte an ein rein formales Vermögen, jener dagegen hat bei demselben die innersten Wesensbeziehungen im Sinne; dieser meint mit dem Worte die Bedingung der Sittlichkeit sine qua non, jener dagegen versteht unter demselben die letzte und höchste Vollendung der Sittlich feit u. s. w. Ja man kann noch nicht einmal sagen, dieser versteht das Wort so, jener versteht es so, sondern in einem und demselben Munde nimmt das Wort bald diese, bald jene Bedeutung an, so daß man in den einzelnen Fällen der Anwendung von vornherein eigentlich niemals wissen kann, in welcher Bedeutung es gerade gemeint sei, sondern das oft erst mühsam aus dem Zusammenhange erschließen muß, und auch dann noch nicht sicher ist, ob man im Sinne des Autors richtig geschlossen hat.

Daher kommt es denn, daß man sich oftmals, wenn man die bezüglichen Auslassungen selbst in namhaften Werken bedeutender Verfasser liest, vorkommt, als befände man sich in einem dämmerlichen Halbdunkel, in welchem alles verschwimmt und nebelhaft unfaßbar wird. Mir wenigstens ist es bei meiner Lektüre häufig so ergangen, und ich konute das doch nicht ganz dem Mangel meiner Fassungskraft schuld geben, sondern lernte es immer klarer erkennen, daß es eben an der Behandlung lag, welche man dem Begriff der Willensfreiheit angedeihen ließ.

Der Mangel an scharfer und reinlicher Sonderung dessen, was sich nun einmal in dem Worte Freiheit" so Verschiedenartiges, ja Widersprechendes zusammengefunden hat, muß ja notwendiger

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »