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Dieser zweite Fall, neben welchem kein dritter weiter denkbar ist, verträgt sich aber ebenso wenig mit dem Wesen des kontradiktorischen Gegensatzes, denn da die Glieder eines solchen Gegen= sages einander gänzlich ausschließen, können sie sich nicht zugleich teilweise gegenseitig einschließen.

Demnach ist keine Art des Konkursus zwischen kontradiktorisch entgegengesetzten Dingen möglich, und wenn irgendetwas bei einer solchen Zusammenwirkung herauskommen soll, so kann es nach dem Wesen des kontradiktorischen Gegensatzes nur das sein, daß der eine Teil des Gegensaßes den andern völlig aufhebt und ganz allein übrig bleibt, weil es eben weder etwas Mittleres zwischen beiden giebt, noch auch etwas beiden Gemeinsames. Ist aber von dem andern Teil in dem Resultat keine Spur zu finden, so kann man auch nicht von einem Konkursus reden, durch welchen dies Resultat herbeigeführt worden wäre.

Es ist nun leicht zu zeigen, daß die Wahlfreiheit des Willens der Begründung desselben durch Motive auf dem bezüglichen Gebiete kontradiktorisch entgegengesett ist, d. h. daß es zwischen beiden Begriffen keine Vermittelung giebt, daß beide sich gegenseitig in ihrem vollen Umfange aufheben, daß sie also auch nicht zusammenwirken können, ohne daß die eine die andere gänzlich vernichten würde.

Um das kontradiktorische Wesen des Gegensaßes zwischen Wahlfreiheit des Willens und Begründung desselben durch Motive zu erkennen, ist es erforderlich, festzuhalten, daß es das Gebiet des Handelns ist, auf dem beide Begriffe ihr Feld haben. Nun, wissen wir, besteht das Wesen des kontradiktorischen Gegensaßes darin, daß der Begriff des einen Teiles des Gegensatzes gebildet wird lediglich durch die Verneinung des andern Teiles, und ebenso auch der Begriff des andern Teiles des Gegensatzes lediglich durch die Verneinung des ersten Teiles. Machen wir demnach die Probe mit den beiden Begriffen, um die sich's hier handelt!

„Ich handle“, durch diese Aussage wird im allgemeinen das Gebiet bestimmt, auf welchem sich beide Begriffe der Wahlfreiheit und der Begründung durch Motive bewegen, es ist das Gebiet der Willensthätigkeit. Nehmen wir nur den ersten Brgriff, also: „ich

handle wahlfrei“, und verneinen wir denselben, also: „ich handle nicht wahlfrei"; was heißt das, wenn wir die Verneinung eben nur dem Begriffe "wahlfrei", aber nicht dem des Handelns, der Willensthätigkeit zukommen lassen? Es heißt nichts anderes, als: ich handle nach Motiven, denn wenn ich der Thätigkeit meines Willens die Wahlfreiheit abspreche, ohne aber sie selbst zu verneinen, so behaupte ich damit unmittelbar die Begründung des Willens durch Motive, weil es eben für die Thätigkeit des Willens eine dritte Möglichkeit nicht giebt. Also die bloße Negation der Wahlfreiheit ist identisch mit der Begründung durch Motive, die bloße Negation des einen Teils deckt sich mit der Position des andern.

Ganz dasselbe ergiebt sich natürlich, wenn wir ausgehen von dem andern Begriff, von der Begründung durch Motive, wenn wir also zunächst sagen: „ich handle nach Motiven“, dann diesen Begriff verneinen, also sagen: „ich handle nicht nach Motiven". Was heißt dies, wenn wir wiederum die Verneinung eben nur dem Begriff der Begründung durch Motive, aber nicht dem des Handelns, der Willensthätigkeit zukommen lassen? Es kann gar nichts anderes heißen, als: ich handle wahlfrei, denn wenn ich der Thätigkeit meines Willens die Begründung durch Motive abspreche, ohne aber sie selbst zu verneinen, so behaupte ich damit unmittelbar die Wahlfreiheit des Willens, weil es eben für die Thätigkeit des Willens eine dritte Möglichkeit nicht giebt. Also die bloße Negation der Begründung durch Motive ist identisch mit der Wahlfreiheit, die Negation des einen Teiles deckt sich mit der Position des andern.

Daraus folgt, daß diese Begriffe, Wahlfreiheit des Willens und Begründung desselben durch Motive, auf ihrem Gebiete einander kontradiktorisch entgegengesetzt sind. Also: ich handle nach Wahlfreiheit, das heißt eben: ich handle nicht nach Motiven, und umgekehrt: ich handle nach Motiven, das heißt eben: ich handle nicht nach Wahlfreiheit. Das sind je zwei ebenso identische Urteile, wie schwarz und nicht nicht-schwarz identische Begriffe sind.

Es hat also keinen Sinn, zu sagen: „ich gebe dies Almosen aus Mitleid und zugleich nach meiner Wahlfreiheit“, denn eins hebt das Meyer, Die Wahlfreiheit des Willens 2c.

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andere auf; wenn ich sage: „ich gebe dies Almosen aus Mitleid", so ist damit zugleich ausgesprochen, daß ich es nicht nach meiner Wahlfreiheit gebe, denn die Wahlfreiheit würde dem Mitleid nach unserer obigen Erörterung jede motivierende Bedeutung nehmen, da sie sich mit dem Motiv als ihrem kontradiktorischen Gegensatz nicht verträgt; und anderseits, wenn ich sage: ich gebe dies Almosen nach meiner Wahlfreiheit, so ist damit zugleich ausgesprochen, daß ich es nicht aus Mitleid gebe, denn das Mitleid als Motiv würde der Wahlfreiheit jede Bedeutung nehmen, da sich das Motiv mit der Wahlfreiheit als seinem kontradiktorischen Gegensaße nicht verträgt.

So ist denn also eine durch irgendwelche Beweggründe als solche irgendwie bedingte Wahlfreiheit etwas Undenkbares, ebenso wie auch eine durch irgendwelche Wahlfreiheit als solche irgendwie bedingte Mitwirkung durch Beweggründe. Es liegt eben in dieser Verbindung von Wahlfreiheit und Motivierung eine contradictio in adjecto, nicht geringer, nicht erträglicher als die, wenn ich rede von einem viereckigen Dreieck, und wie ein Kreis durch die geringste Ausbuchtung seiner Kreislinie aufhört, ein Kreis zu sein, so hört demnach auch die Wahlfreiheit des Willens durch die geringste Bei mischung einer anderweitigen Motivierung auf, Wahlfreiheit zu sein.

Ist nun um der dargelegten Gründe willen die Annahme eines Konkursus von Wahlfreiheit und Beweggründen unstatthaft, so darf man den Widersprüchen eines solchen Konkursus doch auch nicht dadurch ausweichen, doß man den individuellen Eigenheiten des Geistes und dem, was sich gerade in dem Bewußtsein vorfindet, die eigentlich motivierende Kraft und Bedeutung wieder nimmt und dieselbe wieder ausschließlich auf die Wahlfreiheit des Willens selbst zurücküberträgt. Wir würden ja damit nur wieder zurücktreten auf einen Standpunkt, den wir schon genötigt waren zu verlassen, wir würden wieder behaupten müssen, daß der Wille als ein absolutes, selbständiges, unbeschränktes Vermögen über dem sonstigen Inhalt unseres geistigen Lebens und Bewußtseins frei schwebt, schaltet und waltet, woraus sich die Konsequenzen ergeben, welche wir oben schon zurückgewiesen haben; denn wenn man einwenden wollte, daß nun doch dieses Vermögen nicht wie vorher

als ein isoliertes, sondern als ein an das Jch geknüpftes zu denken sei, so würde man doch nicht einsehen können, welchen Regulator dieses pure Vermögen von dem Jch, dem es anhaftet, hernehmen sollte, da das Ich doch von allen den Eigenheiten, welche das Individuelle der Persönlichkeit ausmachen, abgetrennt ist und nur das Bewußtsein als ihm selbst zugehörig zurückbehalten hat. Da wir aber das Bewußtsein in diesem Falle als ein rein formales aufzufassen haben, so muß dasselbe für die Wirkungsart des Willensvermögens völlig irrelevant sein. Irgendwie von Bedeutung für die Wirkungsart des Wollens kann ja das Bewußtsein immer nur dadurch werden, daß es seinem eigenen Inhalte den Zugang verschafft zu der Werkstatt des Willens, um da mitwirken zu können. Dieses lettere aber dürfen, wie wir gesehen haben, diejenigen nicht zugeben, welche für die Wahlfreiheit des Willens eintreten wollen, weil auch durch die geringste Mitwirkung von Motiven die Wahlfreiheit des Willens nicht bloß gehindert und gestört, sondern völlig aufgehoben würde.

So sehen wir uns denn auf allen Seiten von psychologischen Unmöglichkeiten umringt, die es uns auf keine Weise gestatten, an der Theorie von der sogenannten Wahlfreiheit unseres Willens fest= zuhalten.

Aber spricht nicht doch das Zeugnis der thatsächlichen Erfahrung, auf welches man sich zugunsten der Wahlfreiheit beruft, lauter und mächtiger, als alle psychologischen Deduktionen? Muß man nicht trotzdem an der besagten Theorie festhalten, so lange die tägliche Erfahrung so bestimmt für dieselbe eintritt?

Nun, wem sich infolge der bisherigen Erörterungen diese für die Wahlfreiheit des Willens, wir können nur sagen scheinbar eintretende Erfahrung noch nicht in ihrer Oberflächlichkeit enthüllt hat, dem wollen wir nunmehr auch auf dieses so sehr betonte Gebiet der Erfahrung folgen. Wir dürfen das getrost, denn auch hier giebt es Thatsachen, welche mit der Theorie von der Wahlfreiheit des Willens nicht zu vereinigen sind; und ich weiß nicht, ob man sich dem Zeugnis dieser Thatsachen ebenso leicht wird entziehen können, wie dem, welches die Erfahrung zugunsten der Wahlfreiheit abzulegen scheint.

Schon oben mußten wir die Erfahrung, welche so ohne weiteres zum Beweise der Wahlfreiheit des menschlichen Willens ins Feld geführt wird, als eine oberflächliche bezeichnen. Freilich hat man, wenn man etwas will, das Gefühl oder das Bewußtsein, in seinem Entschlusse frei zu sein; aber wenn man dies Gefühl und Bewußtsein genauer prüft, so wird man in demselben doch nur das Zeugnis finden für eine solche Freiheit, welche allerdings die Vorstellung des äußeren Zwanges, aber keineswegs eine strikte Motivierung durch Beweggründe ausschließt, sondern die letztere vielmehr einschließt. Solche Freiheit ist aber, wie wir gesehen haben, keine Wahlfreiheit mehr, welche den Anspruch erhebt, über die ganze Summe der sogenannten Beweggründe frei verfügen zu können.

So oft wir nämlich etwas wollen, im wahren Sinne des Wortes, so oft werden wir uns auch des Grundes oder der Gründe bewußt sein, oder wenigstens leicht bewußt werden können, welche uns zu diesem Wollen bestimmt haben. Ja nur das Wollen, welches aus klar bewußten Gründen hervorgeht, hat Anspruch auf den Namen eines ordentlichen, vernünftigen Wollens, während dasjenige Wollen, bei welchem sich der Wollende der Gründe des Wollens nicht bewußt ist und werden kann, entweder sich dem tierischen Instinkte nähert und gar mit demselben identisch ist, also unter die Sphäre des Wollens hinabsinkt; oder auf den Drang des Genies, auf eine höhere Inspiration zurückzuführen ist, also sich über die Sphäre des menschlichen Wollens erhebt. In beiden Fällen aber ist es kein eigentliches Wollen mehr.

Aber die Erfahrung legt noch viel bestimmteres und kräftigeres Zeugnis dafür ab, daß der Mensch nicht einen Willen hat, welcher ein selbständiges, wahlfreies Regiment in dem Leben des Geistes führte, sondern einen solchen, welcher zu diesem Geistesleben in dem Verhältnis einer Abhängigkeitsverbindung steht. Dies Zeugnis liefert die Thatsache, daß es Charaktere giebt, ja daß alle Menschen in gewissem Sinne Charaktere sind und es im Laufe ihres Lebens immer mehr werden.

Wir brauchen das Wort Charakter hier nicht in seinem spezifischen Sinne zu nehmen, in welchem es auf einzelne ganz besonders

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