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freiheit des menschlichen Willens, stieß aber mit meinen Behaup tungen auf einen fast allgemeinen, sehr entschiedenen Widerstand.

Die sehr lebhaften Verhandlungen, die sich an den so hervorgetretenen Gegensat anschlossen, führten freilich nicht zu einem alle befriedigenden Resultat, um so mehr aber nahm ich mir aus denselben den Entschluß mit nachhause, mir über meine Position nach allen den hervorgetretenen Seiten wenigstens selber recht gründlich klar zu werden. Ich wollte dies durch eine schriftliche Fixierung erreichen und dachte an einen Aufsatz von etlichen Seiten.

Unter der Arbeit aber wuchs mir der Stoff immer mehr, immer neue Beziehungen traten ein, die für die Klarlegung der Sache selbst eine Berücksichtigung verlangten; auch die anfängliche Gliederung des Inhalts wurde vielfach eine andere, bis endlich unter beständig fortgesetzten sowohl philosophischen als auch theologischen Studien und durch dieselben veranlaßten Umarbeitungen und Ausarbeitungen die Schrift im Laufe der Jahre die Gestalt gewonnen hat, in der sie hier vorliegt.

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Die günstige Beurteilung nun, welche die Arbeit von einigen befreundeten Fachgelehrten erfuhr; weiter die Aufnahme, welche einem Teil derselben vollständig, einem anderen auszugsweise in den Theologischen Studien und Kritiken" (vgl. Jahrgang 1885, 1. Heft) gewährt wurde; endlich die Zustimmung, welcher diese abgedruckten Teile der Arbeit hie und da bei zum Teil bedeutenden Persönlichkeiten begegneten; dies alles hat mich veranlaßt, die ganze Arbeit, deren Zusammenhang ja auch für das volle Verständnis jener Abschnitte gar nicht entbehrt werden kann, zu veröffentlichen, namentlich, da der Gegenstand und vielleicht auch die Ergebnisse derselben nicht nur für die Gestaltung der systematischen Theologie auf allen ihren Gebieten von großer Bedeutung sind, sondern auch das allgemeine Interesse der Gebildeten in hohem Grade beanspruchen dürfen.

Vermutlich wird es nun dem Leser der folgenden Blätter auffallen, daß in derselben, dem gewöhnlichen Brauch so ganz zuwider, jede ausdrückliche Bezugnahme auf andere Autoren in Citaten und Anmerkungen fehlt.

Es sei mir gestattet, mich über diesen Umstand hier kurz zu rechtfertigen.

Ich werde bei vielen, vielleicht bei allen Zustimmung finden, wenn ich sage, daß der Fluß und darum auch der einheitliche Eindruck einer Lektüre durch alle Anmerkungen und Citate gestört wird, oft so unangenehm gestört wird, daß man sich schließlich vornimmt, gar nicht mehr nach ihnen hinzusehen.

Nun giebt es freilich Fälle, in denen Citate nicht zu entbehren sind.

Wenn es gilt, die Anschauung eines anderen zur Darstellung zu bringen, da wird es gut sein, zuweilen, bei besonders bedeutenden Punkten, mit den eigenen Worten des andern zu reden; oder wenn der Verfasser seine Leser treiben will, die eingehendere Darlegung des Berührten bei einem andern zu verfolgen, da wird es sich empfehlen, auf denselben durch eine Probe seiner Worte hinzuweisen; oder wenn eine irgendwie historische Behauptung von besonderer Wichtigkeit und auffallender Seltsamkeit vor etwaiger Bezweiflung geschützt werden soll, so wird man auf die größere Autorität eines andern Bezug nehmen müssen.

Auch in diesen Fällen sogar hat das abgerissene Citieren etwas Mißliches. Denn in dem zuletzt genannten Fall wird der Leser durch jene Bezugnahme doch nur dann überzeugt werden, wenn er dem Verfasser überhaupt Vertrauen schenkt; denn man hat es schon erlebt, daß ein Citat in seinem ursprünglichen Zusammenhange einen ganz anderen Sinn ergab als außer demselben. In dem zu zweit erwähnten Falle wird das angebrachte Citat leicht die Folge haben können, daß der Leser dem gegebenen Hinweise gerade

nicht folgt, indem er sich an dem gelesenen Citat genügen läßt; und für den ersten Fall brauche ich nur an die ultramontane Lutherschriftstellerei zu erinnern, welche zum Teil wahre Mosaiken von lauter Citaten liefernd doch eine grundfalsche Anschauung von Luther darbietet.

Man braucht dabei noch gar nicht einmal immer böse Absichten anzunehmen. Ich erinnere mich z. B. sehr lebhaft, wie meine Vorstellung von dem Inhalte der Schrift Luthers,, De servo arbitrio", die ich mir aus durchaus wohl gemeinten Citaten gebildet hatte, eine so ganz andere wurde, als ich diese Schrift voll wunderbarer, hinreißender Geisteskraft und entzückender Glaubenstiefe selbst kennen lernte. Erst da konnte ich das recht verstehen, was Luther meinte und wollte.

Aber trotz der nicht zu verkennenden Mißlichkeiten der mehr oder minder abgerissenen Citate wird man derselben für die oben genannten Zwecke nicht wohl entraten können.

Wenn sich's jedoch, wie in der vorliegenden Schrift nicht darum handelt, allgemein über den Stand einer Frage bei den Hauptbesprechern derselben zu instruieren, sondern lediglich darum, eine spezielle eigene Gedankenentwickelung zu geben, so können Citate und Anmerkungen eben nur störend wirken, sie können dann vernünftigerweise nur den Zweck haben sollen, dem Leser das beständig in der Erinnerung zu halten, daß der Verfasser die einschlägliche Litteratur genügend kennt. Das aber, meine ich, wird der kundige Leser viel bestimmter und sicherer aus dem Inhalte der Schrift selbst beurteilen können, als aus den hie und da eingeworfenen Citaten, die vielleicht wer weiß woher zusammengesucht sind.

So würde denn die Bedeutung dieser Citate für solch eine Schrift herabsinken auf die Stufe eines bloßen sogenannten gelehrten Anstriches, der an sich gar keinen Wert hat. Der ist es aber gerade, was ich für meine Schrift eben nicht haben will. Ich will durchaus

nicht gelehrter erscheinen, als mich der Inhalt meiner Arbeit zeigt, ich habe überhaupt kein gelehrtes" Buch schreiben wollen, sondern für jezt eben nur eine Darstellung geben wollen, in der ich zeige, wie sich mein Gedanke durch alle die Hindernisse und Einwendungen, welche nicht bloß der Fachmann, sondern auch der allgemein Gebildete zu machen geneigt ist, mit möglichster Konsequenz hindurch arbeitet und entwickelt zur Klarheit und Gültigkeit. Der einheit liche glatte Gang dieser Entwickelung, aus der sich eben nur der besonders veranlaßte Abschnitt über die biblische Anschauung herausstellt, duldete eine hie und da allerdings mögliche Beziehung auf fremde Gedankengänge nicht.

Ich konnte mich durch solche Beziehungen auch keineswegs mit den Vertretern anderer Meinungen auseinanderseßen, wenn ich irgend gerecht gegen dieselben verfahren wollte, denn dazu gehört etwas mehr, als daß man in die eigene Entwickelung zuweilen den Gedanken eines anderen, sei es abweisend, sei es annehmend, einflicht; dazu gehört, daß man in die Entwickelung des andern, in deren Zusammenhange seine einzelnen Gedanken erst ihr rechtes Licht und ihre eigentliche Bedeutung empfangen, eintritt und nun in dieser Entwickelung die etwaigen Inkonsequenzen, Mißgriffe und Fehlgänge nachweist.

So genußreich nun diese Aufgabe den philosophischen und theologischen Hauptvertretern anderer Meinung gegenüber für mich sein würde, und so sehr sie mich reizt, so mußte ich schon wegen des zu fürchtenden Umfanges der Schrift und aus anderen Gründen für jezt auf dieselbe verzichten.

Sollte aber jemand die Angaben und Gedanken der vorliegenden Schrift selbst weiter vergleichen wollen, so erlaube ich mir, ihn auf das Verzeichnis zu verweisen, welches Dr. 3. H. Witte in seiner gediegenen, mich freilich nicht befriedigenden Schrift über die Freiheit des Willens, Bonn 1882, von der betreffenden Litteratur, wie

er meint, wesentlich erschöpfend gegeben hat. Freilich hat er dort mehr die philosophische Abteilung der betreffenden Litteratur berüc sichtigt, obwohl doch das, was auf theologischem Gebiete in dieser Frage geleistet ist, auch der eingehenderen Beachtung wert ist; und da möchte ich neben den verschiedenen „theologischen" oder „christLichen" Ethiken und neben dem außerordentlich anregenden und reichen, aber auch viel gelesenen Buche Müllers über die Sünde namentlich das umfassende, freilich nicht gleichmäßig ausgeführte Geschichtswerk Luthardts über die Lehre vom freien Willen nennen, in welchem auch an den betreffenden Stellen die Speziallitteratur angegeben ist.

So möge denn die vorliegende Schrift, deren Inhalt, als kämpfend in dem Interesse der Wahrheit, scharfe Kritik; deren Verfasser, als Neuling in der litterarischen Öffentlichkeit, milde Nachsicht erbittet, in der Form, welche sie nun einmal hat, ihren Dienst thun und diejenigen, welche sie nicht gewinnen kann, wenigstens zu neuer Durchforschung des Themas bestimmen.

Niedergebra, Kreis Nordhausen, den 3. Februar 1885.

W. Meyer, Pastor.

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