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kann niemand geraubt werden; niemand kann dem All verloren gehn, im unendlichen Urgrund ist alles geborgen. Und so folgt weiterhin die tiefe Idee aus verwandten logischen Erwägungen „der Vater ist in mir und ich bin in ihm". Daß es sich hier nicht nur um irgend eine Gemütseinigkeit mit Gott oder sonst etwas handelt, lehrt der Gebrauch des alten philosophischen Kunstausdrucks „Ev“ von seiten des Schülers Johannes oder eines Überseers für das, was Jesus auf aramäisch sagte, bezüglich seine Lehre sagen ließ. Dieser Kunstausdruck aber ist ein ganz anderer, als etwa die nachplatonischen Kunstausdrücke des Gnostikers. Wir können ganz deutlich zweierlei Philosophensprachen im jeßigen Johannes unterscheiden; diejenige des alten und die des neuen Buchs.

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Und unmittelbar auf diese Abweisung der Christuslehre berichtet nun das alte Johannesbuch auch die schon so vielfach erörterte Einschränkung des Gottesjohnsbegriffs (Joh. 10, 32-38). Jesus gibt hier selbst die einschränkende Deutung, die uns in allen unseren Untersuchungen geleitet hat und nachdem er bescheidentlich sich auf den alten Wortgebrauch „ihr seid Götter" berufen hat, verlangt er, daß man statt dessen lieber seinen „Werken", und seine Werke" sind hier vor allem seine Gotteslehren („Werke meines Vaters") vertrauen solle, damit ihr erkennt und begreift (yvore xai zivóoxyte),*) daß ich im Vater und er in mir“.

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Gerade dieser Zusaß, diese Schlußfolgerung weist die Vorstellung, die die Frager mit dem „Gottessohn“ verknüpfen, am Schärfsten zurück. Sie verstanden ihn, als ob er hätte sagen wollen, er sei vom Vater so zu sagen besonders erzeugt, ein Gottessohn_im_kirchlich-wörtlichen Sinne, was im Griechischen heißen würde nach dem Sprachgebrauche des Johannes selbst: „aus dem Vater". (ex rov лаrgos). Dem sett er den ganz anderen Gedanken entgegen, sie sollten begreifen, daß er im Vater und der Vater in ihm.

*) Ich folge hier der Lesart Cod. Vaticanus B.

Was er aber damit meinte, weiß der einsichtsvolle Leser dieses Buches bereits. Es ist nicht spinozistischer Pantheismus, es ist in dieser besonders geprägten Denkweise eben die spezielle Gotteslehre des Jesus von Nazareth selbst, ein höchst tiefsinniges Stück Denkarbeit, welches das Gottdenken (und dann auch die Ethik) auf eine ganz andere logische Grundlage stellte, als alle anderen. Nur ein Denker, der frei war von jedem Anthropomorphismus des Gottdenkens, konnte sagen: „Der Vater ist in mir und ich in ihm" in dem Sinne der Denkverrichtung, welche man „Wechselwirkung“ nennt. Nicht sagte er etwa: Gott ist in mir und ich in ihm", sondern der „Vater".

Nun, „Vater" ist für Jesus ungefähr etwas Ähnliches, wie „Pram Brahm“, zum Unterschied von „Brahm“ oder „Brahma“ u. A., auch eine solche verfeinerte Denkbeziehung und Gottbeziehung für den Brahmanen ist, ohne daß Jesus deshalb etwa zum Indertum Beziehung gehabt hätte. Wäre das der Fall gewesen, so würden wir sicher indische Wortreste in seinen Reden finden. Er griff aber in den heimischen Wortschat und suchte sich bei Jesaia und Maleachi das Wort „Vater", um es zur Bezeichnung einer Denkgruppe zu machen, die wir am besten mit „Urgrund" wiedergeben.

Erkennen und Begreifen (nicht wie Luther sagt: „Glauben“) sollen wir, daß der „Vater in mir und ich in ihm“. Schon diese Aufforderung beweist, daß es ein philosophischer Allgemeinsay sein soll. Und der Leser dieses Buches hat es bereits begriffen.

Das elfte Johanneskapitel bringt im Anschluß an die Erweckungslegende von Lazarus nur das Altwort Jesu, welches er der Vorstellung der Martha entgegenstellt, daß Lazarus am jüngsten Tage auferstehen werde: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer mir getreu ist, wird leben, auch wenn er stürbe und jeder, der da lebt und mir getreu ist, wird in Ewigkeit nicht sterben." Der Saß ist uns ohne weiteres verständlich, da wir wissen, daß lediglich die Lehre als Gesamtlehre spricht nach der Redeform. Sie

tritt an Stelle der alten Auferstehungshoffnung, um jenes bereits bekannte „ewige Leben“ im neuen Sinne zu schaffen.

Jesus muß oft ausgesprochen haben: „Der Menschensohn muß erhöht werden“, es war sein Lieblingsgedanke, daß der Mensch auf eine höhere Stufe emporgebracht werden müsse. Man fragt ihn (Joh. 12, 34), da man allmählich merkte, dieser Menschensohn könne nicht der sogenannte „Christus“ sein: „Was meinst du denn damit, der Menschensohn muß emporgehoben werden. Wer ist denn dieser Menschensohn."

Jesus antwortet nach dem alten Johannesbuch: „Das Licht ist erst seit kurzer Zeit in euch. Wandelt, damit ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht ergreife, denn wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht wo hinunter er geht. Damit ihr das Licht habt, seid treu dem Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet."*)

Das heißt also: Dieser Menschensohn seid ihr selbst, wenn ihr erst Söhne" des Lichts werdet und so euren Lebenswandel führt. Das Licht aber ist hier im Munde Jesu selbst, der noch gar nichts von dem Lichtbegriff wußte, zu dem ihn der späte Gnostiker macht, das einfache Allerweltsbild vom Lichte**) sofern es eben die Erkenntnis, die Wahrheit bedeutet und im besonderen Falle die Lehre Jesu, die erst kurze Zeit in ihnen" wirkt. Auch hier sehen wir, aus der Spiße der ganzen Antwort, daß der „Menschensohn" nichts anderes ist, als die Menschheit selbst. Sie ist „emporgehoben“, wenn ihr „Söhne des Lichts“ seid d. h. in der stärksten Beziehung zur Wahrheit steht.

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*) Luthers Überseßung ist grammatisch hier ganz unmöglich. 'Er heißt nicht nur soviel wie „noch“ in Zukunft, sondern auch unser „erst“.

**) Dieses „Licht" ist ganz und gar nicht „gnostisch“, sondern wie alles bei Jesu den Jesaiabegriffen entnommen. Jesaia 49, 6 wird vom „Hur Gojim“ 3. B. gesprochen, dem „Licht der Völker“ und dieses Licht ist hier bei Jesaia soviel wie ein Wahrheitslehrer, eine Wahrheitslehre. Ebenso sehen wir in all diesen Stellen bei Jesus, daß das Licht die einfache Wahrheit, im sittlichen und intellektuellen Sinne ist. Vergl. Gesenius unter Hur. „Sohn des Lichts“ ist Ben-Hur.

Im selben einfachen bildlichen Sinne überliefert das alte Johannesbuch (Joh. 12, 44-50) auch sonst das Lichtwort, wenn Jesus folgende Aufklärungen gibt als Personifikation der Lehre. „Wer mir (der Lehre) treu ist, ist nicht mir treu, sondern dem, der mich (die Lehre nämlich) gesandt hat und wer mich überdenkt, überdenkt (betrachtet), den, der mich gesandt“, .d. h. im Durchdenken und Durchleben des Allgesetes überdenken wir auch den „Urgrund".

„Ich bin als ein Licht (eine Wahrheitslehre) in die Welt ge= kommen, damit nicht in der Finsternis bleibe, wer mir treu ist. Sollte aber jemand meine Worte hören und nicht beobachten, ich richte ihn nicht, denn ich kam nicht, daß ich die Welt richte, sondern daß ich die Welt rette. Wer mich aufhebt (d. h. nicht gelten läßt) und meine Worte nicht annimmt, der hat den Richtenden an sich: der Sinn, aus dem ich geredet habe, der richtet ihn am fernsten Tag". — Jesus sagt auch hier mit aller Bestimmtheit, daß jeder schon den Richter in sich selbst hat und zwar ist die neue Begründung des Sittengeseßes, der Vernunftssinn (λoyos, óv laInoɑ), welcher auf Gesamteinsicht der inneren logischen Notwendigkeit und Verknüpfung des Jesusgesetes beruht, dieses Selbstgericht. Denn habe ich einmal die Grundsäge erkannt und begriffen, die wir aus dem alten Matthäus schon kennen, so bin ich mir tatsäch= lich fortwährend der eigene Richter. Diese Menschheitslogik, diese Vollkommenheitslogik ist so ungeheuer zwingend, diese Einsicht des Urgesehes, welches alles Gute und Nichtgate bestimmt, ist so entscheidend, daß ich in jedem Momente des Bewußtseins mich z. B. ganz entseßlich schäme über jede Lüge, die ich etwa mich besinne gesagt zu haben. Jesus brauchte für seine Lehre gar kein „jüngstes Gericht", überhaupt kein Jenseits mehr, weil er die zwingende Kraft der Einsicht erkannt hatte, die jedes vernunftbegabte Wesen durch sich selbst richtet. „Wäret ihr blind, hättet ihr keine Sünde; nun aber sagt ihr: wir sehen: deshalb bleibt eure Sünde" hat Jesus Kap. 9, 41 aus demselben Sinne gesagt, nachdem er die

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Lehre erklären ließ, sie sei als ein Richtmaß, ein Urteilsmaß, ein Maßstab (xqua) des Sittenurteils in die Welt gekommen. Keine Höllenstrafe, vor allem keine Angst vor derselben, erreicht die Kraft der Selbstscham, die derjenige über sich empfindet, der sich sagen muß, er hat mit seiner hellen, klaren Vernunft den ganzen Sinn und Zusammenhang dieses Sittengesehes verstanden und doch dagegen gefehlt. Ihn "richtet" dieser Sinn und Verstand (20yos) fortwährend selbst, ja, noch am „fernsten Tage“ sozusagen. Wenn die Kirche glaubte es nötig zu haben sozusagen aus volkspädagogischen Gründen troy Jesu Lehren die „Vergeltung“ wieder in die Hölle zu verlegen, so war das nur der Ausdruck, daß Jesus Lehre ihr viel zu streng war. Die Angst vor der Hölle ist nämlich schon deshalb gar nicht so schlimm, weil es ja noch immer einige Zeit bis dahin ist und man unterdessen ja auch noch durch Verschiedenes sich die Sache sehr erleichtern kann, ja, dadurch, daß es nur „Glaube“ bleibt, ist es überhaupt immer nur Gewissensspiel geblieben und all diese Androhungen haben die Menschheit, so lange sie unter dieser Zucht stand, nicht um ein Haar besser gemacht, sondern das Sittengeseh hat in sehr wüsten Zeiten der Geschichte nur sehr wenig Macht gehabt.

Eine ganz andere Zucht ist die Selbstzucht der Vernunft, der Lehre unseres großartigen Sittenlehrers Jesus, die selbst der innere Richter ist auf Grund der tiefsten psychologischen Beob= achtungen.

Die Tiefe dieser Psychologie aber ist es, die Jesus abermals bescheiden schließen läßt mit dem Hinweis auf Gründe, die außerhalb unseres Erkennens liegen: „Weil ich nicht aus mir selbst*) geredet habe (richtet nämlich der Sinn meiner Lehre an sich schon),

*) Die Redensart „aus mir selbst“, „aus sich selbst reden“ verrät abermals die syrische Unterlage der Johaneischen Jesusworte. Sie ist bei den Rabbinern des Talmuds wohlbekannt und heißt so viel wie „ohne Begründung“ (aus mir selbst).

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