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Die Paroimieen des 16. Kapitels, in denen bald der dichterisch personifizierte Lehrer, bald die Lehre selbst spricht! (Nr. 1, Vers 1- mit 5; Nr. 2, Vers 6-12; Nr. 3, 12-18 inkl.; Nr. 4, Vers 20-23; Nr. 5, Vers 23, von „Amen“ an bis mit 28; Nr. 6, Vers 31-33 inkl.). Die spärlichen Zwischenreden der Hörer haben wir dabei als spätere Arbeit des Legendenschreibers zu betrachten. Wie viele von diesen Dichtungen mit dem Worte „Amen, Amen, ich sage euch" beginnen, so haben andere die Einleitung „Solches habe ich euch gesprochen“, die im Griechischen noch ganz das Gepräge eines poetischen Refrains trägt.*) (Tavra heλαhyxα vμiv). Etwa: Also habe ich euch gesungen", wie denn auch im Spätgriechisch Derer, die „nach“ diesen Quellen arbeiten, dieses „lallen“ auch noch immer so viel bedeutet, wie in gehobener Weise sprechen. Im Altbuche selbst aber ist an vielen Stellen unser „singen und sagen“ die einzig richtige Überseßung.

So beginnt die erste kleine Hymne von Kap. 16 (1-5): „Also sang ich (nämlich die Lehre), daß ihr nicht Sorge fühlt. Ausstoßen werden sie euch aus dem Tempel (eigentlich aus der Synagoge), ja, es kommt die Stunde, wo jeder, der euch mordet, dem Gott Verehrungsdienst zu bringen denkt. Und solches tun sie einst, weil sie mich und den Vater nicht erkannt. Ja, das sang ich euch, daß ihr daran gedenkt, wenn seine Stunde kommt, daß ich es euch ge= sagt. Im Anfang hab ich das nicht gesagt zu euch, weil ich unter euch mich befand: nun aber verschwinde ich zum Vater und euer keiner fraget mich: Wohin verschwindest Du?!“

Wir haben dieses Gedicht wohl so zu denken, daß es die Lehre sprechen läßt, die als solche vergessen wird. Es ist gar nicht nötig anzunehmen, daß Jesus dabei das bereits bevorstehende Ende leines Lebens meint, .oder daß mit dem geheimnisvollen Verschwinden

*) So heißt bei Moschos und vielen anderen ladeı einfach „singen“, und dieser alexandrinisch-dichterische Sprachgebrauch ist in dem alten Johannesbuch eben für eine aramäisch-poetische Wendung eingeseßt. Es ist das hebräische „Malal“, das syrische „Malel“, von der Septuaginta stets mit dædɛw (laleo) übersezt und schon von Gesenius als poetischer Redeausdruck anerkannt.

der Gedanke des Todes überhaupt gemeint wäre. Es ist ein Trostgedicht und sein Sinn ist wenn die Stunde kommt, wo ihr meine Lehre nötig habt, so denkt an sie und es wird euch trösten, daß ich sie euch gelehrt", nämlich daß auch ein anderer schon sie gewußt, erprobt und ebendeshalb lehren konnte. (Luther hat übersehen, daß es heißt: wga avτwv).

Die zweite Paroimie, d. h. Prooimion, kleine Hymne, (Kap. 16, 6-12) lautet:

„Doch weil ich solches euch gesungen, hat Trauer euer Herz erfüllt. Doch sag ich euch die Wahrheit, es frommt euch, daß ich fortgehe.*) Denn wenn ich nicht fortginge, so käme der Anwalt nicht zu euch. Wenn ich aber wandern werde, werde ich ihn zu euch senden. Und kommt jener, so wird er die Welt überführen der Sünde und der Gerechtigkeit und des Gerichts (d. H. der Tatsache des inneren Gerichts). Der Sünde, weil sie mir nicht treu sind, der Gerechtigkeit, daß ich zu meinem Vater leite und ihr bedenkt mich doch nicht mehr, des Gerichts, weil der Herrscher dieser

Welt gerichtet wird.“

Der Geist der Wahrheit wird hier als Anwalt (nicht als „Tröster" etwa) der Lehre gedacht und beweisen, aus Gründen des Wahren, daß diese Lehre eine richtige war, auch wenn sie vergessen wird (d. h. fortgeht). Er wird überführen“ (wie ein Anwalt) der Tatsache der Sünde, weil man diesem Sittengeseß nicht treu ist. Denn in der Tat, das ist ja jede Sünde! Er wird die Welt der Gerechtigkeit überführen, d. h. das Vorhandensein einer solchen höchsten Gerechtigkeit beweisen, weil die Lehre, weil überhaupt etwas „zum Vater“ „leitet“, „hinabführt“ (inaɣ&, hier transitiv), auf das Metaphysische weist; und er wird das „Gericht" beweisen, d. h. den Begriff des uns bekannten inneren Gerichts, weil das, was die Welt im gemeinen, im äußeren Sinne „beherrscht", ge=richtet wird aus sich selbst.

*) Kann aber auch heißen: „daß ich wiederkehre“, da ảnɛldew auch wiederkehren" heißt.

Die dritte Paroimie (12-17):

„Noch vieles habe ich euch zu sagen, doch vermögt ihr's jest noch nicht zu denken: wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, der wird euch zu der ganzen Wahrheit führen. Denn nicht wird er aus sich selbst verkünden, sondern alles, was er gehört (er= fahren) *) haben wird, das wird er künden, und melden wird er euch, was kommen muß. Jener wird mich beglaubigen, weil er aus dem Meinen genommen wird und daraus euch meldet. Über ein Kleines,**) und ihr bedenkt mich nicht mehr, und wiederum über ein Kleines, und ihr werdet mich schauen."

Auch hier spricht die Lehre. Der Sinn ist vollständig klar. Der Geist der Wahrheit spricht ohne Begründung" nicht, sondern aus all dem, was er gehört haben wird, wobei das sinnliche Hören das Bild für „erfahren" ist. Wir sehen, Jesus begründet die Wahrheit auf die Summe des Erfahrens, er hat mit Aristoteles längst vor Bacon u. A. diese Grundsäße vorweggenommen. Wir sehen dieselbe Denkanlage, wie in der Nikodemusrede, auch hier. Diese Wahrheit aus der Summe angesammelter Erfahrung wird auch die Lehre beglaubigen, „gelten“ und zwar, weil sie aus „dem Meinen" genommen wird und aus diesem Bericht erstattet, d. H. diese Wahrheit wird selbst wieder aus dem Gesamtinhalt der Lehre mit logischer Notwendigkeit entspringen.

Die vierte Paroimie (V. 20-23):

"Amen, Amen, ich sage euch: ihr werdet weinen und heulen, die Welt aber wird sich freuen, ihr werdet trauern, aber eure Trauer wird zur Freude gedeihen. Das Weib, wenn es gebärt, hegt Trauer, daß ihre Stunde kam, wenn sie aber das Kindlein geboren hat,

*) Das syrische Wort „hören“ (Schamah, Schamehah) heißt auch soviel wie erfahren“ „verstehen“ „erfahrend verstehen“, als Zeuge hören. Vergl. Gesenius S. 1021 a. Also unser „erfahren“ im empirischen Sinne des Zeugnisses.

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**) Diese Wendung ist echt hebräisch. Wir kennen sie aus der Septua= ginta è uixqov (Jesaia 10, 25), uxoor als Überseßung von Me'ath (byp) und der entsprechenden syrischen Wendung.

gedenkt sie nicht mehr der Angst um der Freude willen, daß ein Mensch zur Welt geboren ist.*) Auch ihr nun hegt Trauer; aber ich werde euch wiederum schauen und euer Herz wird voll Freude werden und niemand wird eure Freude euch nehmen können, und einst werdet ihr mich nichts mehr bitten."

Wie schön ist dieses Gedicht, das ganz und rein spricht als ein Gedicht. Auch hier redet nur die Lehre, der poetischen Form nach. „Ich werde euch wiederum schauen," sagt sie, d. h. ihr werdet auf mich zurückkommen, und wie es dem gebärenden Weibe gegangen ist, so wird es auch euch gehen, wenn ihr mich schaut, d. h. mich voll verstanden habt bis zur Sichtbarkeit. Und so groß wird eure Freude sein, daß euch nichts mehr zu bitten übrig bleibt.

Die fünfte Paroimie:

„Amen, Amen, ich sage euch: was ihr heischen werdet vom Vater, er wird es euch geben in meinem Namen (d. H. durch mich). Bis jezt habt ihr nichts in meinem Namen verlangt: heischet und ihr werdet empfangen, auf daß eure Freude randvoll sei (πεπ).ηowμεvn). Also sang ich zu euch in Paroimieen; die Stunde kommt, wo ich nicht mehr in Sinnliedern euch singe, sondern rein heraus über den Vater euch berichte. Einst werdet ihr in meinem Namen bitten, und nicht sage ich euch, daß ich den Vater für euch bitten will, denn von selbst liebt euch der Vater, weil ihr mich geliebt habt und treu waret, weil ich beim Vater ausgegangen bin. Vom Vater kam ich und bin zur Welt gekommen; wiederum verlasse ich die Welt und wandere zum Vater hin.“

Auch hier spricht die Lehre. „In meinem Namen wird der ,Vater' geben, was ihr heischet," heißt aus der poetischen Wendung in die Sachrede „rein heraus" übersetzt: Was ihr verlangt, wird euch durch das Sittengeseß, die Weltanschauung selbst gegeben; sie ist Vertreter des unbekannten Vaters, und wir wissen, wie tief die *) Dieses Bild ist Anklang an ein altes Jesaiasgedicht, aber ganz selbstständig und neu verwertet.

Kirchbach, Was lehrte Jesus ?!

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hierin liegende Wahrheit ist. Bis jezt habt ihr das noch nicht versucht, aber versucht's, und eure Freude wird randvoll sein." Und hierauf erklärt die Lehre selbst, daß die Form, in der alles gesagt ward, die „Paroimie“ sei, wie wir sie hier nachgewiesen haben. Sie erklärt sich als etwas Unpersönliches, sie hebt die Redeform auf und meint, wenn ihr in meinem Namen bittet, so heißt das nicht, daß ich etwa wörtlich beim Vater euch bitten will", denn die Liebe des Vaters zu euch liegt darin, daß ihr mich, diese Lehre, dieses Gesamtgesetz tieferer Welt- und Daseinseinsicht liebt, befolgt und eure Treue darein gesezt. Und so, schließt die Lehre mit der Bildrede über sich selbst, sie sei vom Vater entsprungen (éx τоv лargos), nachdem eben noch durch die Wendung beim Vater ausgegangen“ (лñaqα тoν пατqos) streng festgehalten ist, daß der Sinn dieser Bildrede lediglich den Hinweis auf das Metaphysische der Natur dieser höchsten Lebensanschauung und Denkeinsicht enthält. So ist die Lehre zur Welt gekommen, verläßt sie, wie ihr Lehrer sie verläßt, wandert, wie ihr Lehrer gewandert ist, ja, wandert zum „Vater".

Denn die tiefe Schönheit dieser Paroimieen und der Bilder vom „Wandern“, vom „Weggehen“, vom „Hinabsteigen“ der Lehre liegt darin, daß sie dem lebendigen Leben und Herumwandern desjenigen entnommen sind, der diese Paroimieen aussprach, dichtete, auf offenem Mvrkte jedenfalls diese kurzen Spruchdichtungen als Einleitungen, poetisch festgestellte Einleitungen seiner Predigten und Reden benußte, um daran den Kommentar einer längeren Rede zu knüpfen. Und mit seiner Lehre ging er dann wieder weiter und wanderte seinem Gotte zu". Und diese festgestellten Paroimieen, diese Gleichnisse, diese Phantasiegleichnisse und Spruchgruppen, wie wir sie auch im Matthäus fanden, sie sind jene alten aramäischen. Lehrformen, die man in der ältesten griechischen Überseßung „Evangelien“ nannte, jene „guten Botschaften“. Erst in späterer Zeit verwischt sich diese Bedeutung, und was von Haus aus im eigentlichen Sinne eine gute Botschaft“ war, eine ethische Botschaft, wurde mit

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