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in einer vielleicht noch fernen Zukunft, vielleicht aber auch schon im zwanzigsten Jahrhundert als eine der besten Menschheitsreligionen begriffen und verstanden wird.

Jesus sagte: er werde den Vater nicht für seine Anhänger bitten und er sagt es an vielen Stellen mit ganz besonderem Nachdruck. Er sagt mit demselben Nachdruck: „Ihr sollt nicht meinen, daß ich euch vor dem Vater verklagen werde". Er meint das erstere ohne „Parömie“, ohne Übertragung, und wenn er an andren Stellen doch von einer Rolle als Fürbitter zu sprechen scheint, so wissen wir nun, daß er dies nicht im Sinne einer Mythologie meint, im Sinne einer Christusschaft, die er im jenseitigen Leben als Mittler zwischen den Menschen und Gott ausüben werde, sondern wir wissen, daß gerade diese Mittlerschaft lediglich als eine sinnbildliche Rede aufzufassen wäre. Tatsächlich kommt aber eine solche Stelle, die auch nur bildlich in jenem kirchlichen Sinne verstanden werden könnte, überhaupt in seinem Munde nirgends vor. Die Rolle, daß er sozusagen im „Himmel" als ein überirdischer Fürbitter tätig sein wolle, lehnt er ab. Wo er „frei heraus“ redet (ohne Umschreibung, naggŋoiɑ), da sagt er: ich bin nicht der vermeintliche Richter, der als eine übermenschliche Person euch bei Gott verklagen wird, nicht der, welcher für euch bitten könnte; ihr dürft mich nicht wörtlich nehmen. Und so werden wir zum Beispiel auch das ganze große Gerichts-Kapitel beim Matthäus (Kap. 25. Vers 31—46) als ein Gleichnis anzusehen haben. Es ist Gleichnisrede, wenn er beginnt: „Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit“, wenn er schildert, wie die Böcke von den Schafen gesondert werden. All diese Vorstellungen, welche er dem populären Judenglauben entlehnt und sehr oft mit Citaten aus den altjüdischen Schriften belebt, sind Gleichnisse und Einkleidungen für einen sittlichen und einwohnenden religiösen Gedanken. So erzählt Jesus diese Bildrede von einem dereinstigen Weltgericht lediglich, um den „König“ sagen zu lassen: „Wahrlich, ich sage euch: was ihr getan habt Einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das

habt ihr mir getan." Das wollte Jesus lehren, das war das Neue seiner Lehre, aber nicht wollte er den unwissenschaftlichen Glauben predigen, er werde einst selbst kommen, um irgend ein jüngstes Gericht abzuhalten. Das sind vielmehr dem alten Judentum entlehnte Bilder, in welche er nur seinen ethischen Gedanken einkleidet. Ebenso ist die ganze Phantasie vom Erscheinen des Menschensohns (Matth., Kap. 24) eine Gedankeneinkleidung, denn Jesus selbst sagt: (Kap. 24, 32) „Nach dem Feigenbaume aber verstehet das Gleichnis".*) Es bedurfte keiner besonderen Weissage= kunst, um die Zerstörung Jerusalems vorauszusehen, es war schon öfters zerstört worden. Es bedurfte auch keiner Weissagekunst, um vom Ende der Welt zu reden. Schon die ältesten griechischen Schriftsteller tragen sich mit diesen Vorstellungen. Nicht die scheinbare Weissagung ist an einem solchen Kapitel das, was Jesus sagen will; der Zusammenhang ergibt vielmehr eine ganz andre Nußanwendung. Und die ist ja gerade eine solche, welche innerlich den Wert jeder Vorstellung vom Weltende oder vollends vom jüngsten Gericht aufhebt: „Darum wachet, denn ihr wisset nicht, welche Stunde euer Herr kommen wird." Das Gleichnis vom Knechte, der da denkt „mein Herr kommt noch lange nicht", ist die „Moral“ der ganzen Einkleidung. Wir sollen nicht auf irgend eine Zukunft, irgend ein Weltende rechnen, wir sollen stets in sittlicher Bereitschaft sein, wir sollen uns mit einem Worte aller Vorstellungen von Zeit und Zukunft entschlagen. Darum steht auch in diesem ganzen Zusammenhange das Wort: „Der Himmel und die Erde werden vergehen, aber meine Gedanken werden nicht vergehen“, weil es etwas gibt, was über allen Vorstellungen von Zeit und Ende erhaben ist. Wenn Jesus an ein wirkliches Weltende geglaubt hätte, wie hätte er dann darauf verfallen können die Nuzanwendung zu machen, daß man immer bereit sein solle? Denn ein solches würde denn

*) Dies ist die einzig richtige grammatische Construktion: μadere tŋv παραβολην begiebt fich auf δας Morbergejagte.

doch nur einmal zu bestimmter Zeit kommen. „Von dem Tage aber weiß niemand und von der Stunde, auch nicht die Engel im Himmel, sondern allein mein Vater." Nicht vom Weltende" spricht Jesus, in diesem Zusammenhange, sondern von der „Vollendung“. Das griechische Wort „telos", welches hier steht, heißt nämlich nicht nur „Ende“, sondern auch „Vollendung“. Auch das chaldäische „Kes“, welches wir in der Septuaginta bei Daniel u. A. oft mit „telos“ und „synteleia“ übersezt finden, kann so viel wie „Vollendung“ heißen. Jesus sagt: „Und dann wird die Vollendung kommen“, nämlich wenn mit dem Menschensohn, dem Geist der Mensch= heit, alles Menschliche sich erfüllt. Die Propheten Jesaia, Daniel kennen ebensowenig ein Weltende, wie Jesus. Sie kennen nur einen oder auch viele Gerichtstage Jahves, Tage der Schrecken, der Zerstörung; nach diesen Tagen aber erscheint bei Jesaia (65. 17) ein neuer Himmel, eine neue Erde, jenes Reich des Friedeus auf Erden, das der Dichter näher ausmalt. Nach Daniel aber ist dieses Reich ewig, es kann nie zerstört werden. (Dan. 7. 14). sollte unter diesen Umständen Jesus an ein Weltende denken? Nein, er sprach von der Vollendung wie sie schon Jesaia (Kap. 65) ausgemalt hatte.

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Wo

Es entspricht ganz der Eigentümlichkeit des Jesus fast mur durch Gleichnisse zu lehren, daß er über den Hauptbegriff seiner Lehre, welcher in allen seinen Reden wiederkehrt, uns eine so unzweideutige Auslegung hinterlassen hat, daß wir von ihr aus auch die gleichnismäßige Bedeutung des ganzen ferneren Zusammenhanges seiner Religionsauffassung verstehen können. Der glückliche Zufall hat zwischen allen falschverstandenen und mythisch umgebildeten Anekdoten über sein Leben und Lehren doch eine ganze Reihe von Ur-Worten überliefert, welche gar keinen Zweifel zulassen darüber, was er eigentlich mit seinen Bildern und Allegorieen gemeint hat.

Jener Hauptbegriff, den er einführt und von dem wir zuerst Kunde erhalten, gewissermaßen als vom Titel seiner Lehre, das ist der Begriff von der Königsmacht der Himmel", bezüglich von der

„Königsmacht Gottes“, ein Wort, welches Luther regelmäßig mit dem Namen „Himmelreich“ und „Reich Gottes“ falsch übersezt und damit gerade seines wesentlichen Sinnes beraubt.

Wir erfahren zuerst in den nach Matthäus erzählten Evangelien, daß Jesus die Heilsbotschaft vom „Königtum“ (vom Reiche, Matth. 4. 23) verkündete, als er in Galiläa zu lehren begann und daß er diese Lehre mit den Worten einleitete: „Wandelt euren Sinn um, denn die Königsmacht der Himmel ist nahe.“ (Matth. 4. 17) († Baoilɛía tāv ovgavāv, Basileia ton Uranon.) Im griechischen Terte steht hier die Mehrzahl: „die Himmel“ und schon diese Wendung schließt jede Vorstellung von einem sogenannten überirdischen Himmel, einem Ort, einem Jenseits aus. Eine spätere Zeit hat zwar aus diesem Plural jene jüdisch-katholische Vorstellung von verschiedenen sieben Himmelsregionen gemacht, aber wie wir sogleich sehen werden, hat Jesus diese Vorstellung und alle verwandten heidnischen, mythologischen Vorstellungen selbst auf das Entschiedenste abgelehnt. Das Evangelium nach Lukas überliefert uns folgende denkwürdige Auslegung des Begriffes, welche Jesus selbst gibt: (Luk. 17).

„Jesus aber ward durch die Pharisäer gefragt: ‚wann kommt das Königtum Gottes ? worauf er ihnen antwortete und sprach: Nicht kommt Gottes Herrschaft mit Anzeichen für die Sinne (μɛta лagarηońσεws), auch wird man nicht sagen: siehe, hier oder dort ist sie, denn siehe, Gottes Königsmacht ist inwendig in euch.“

Jesus entkleidet hier das, was Luther mit „Reich Gottes" überseßt, jeder äußeren Vorstellung; er weist es ab, daß das Reich des Göttlichen, daß die Herrschaft Gottes irgend einen Ort habe und durch irgend welche überirdisch-sinnliche Vorstellung sich verwirklichen könne und werde; es ist lediglich im Inneren des Menschen eine Herrschaft Gottes, eine Macht Gottes.

Im gleichen Sinne ist nicht nur die Macht Gottes, sondern auch die „Macht der Himmel“ (ý ßaoidɛía tôv ovgavāv) keine räumlich ausgedehnte, räumlich vorstellbare Sache, in die man ernst

lich hineinkommt, sondern die vielmehr umgekehrt in uns kommen soll. Denn immer braucht Jesus Wendungen wie diejenige: „die Königschaft der Himmel ist nahe“; wenige Zeilen weiter (Matth. 5) Gelig fins Sie Bettler um Geit (πτωχοὶ τῷ πνεύματι), weil ihnen die Herrschaft der Himmel gehört." Über die Kinder sagt er: (Matth. 19. 14) „Lasset die Kindlein, und hindert sie nicht zu mir zu kommen, denn Solchen gehört die Macht der Himmel.“

Immer also braucht er Wendungen, welche dieses lutherische „Himmelreich“ zu etwas machen, das man besigt, das ein inneres geistiges Eigentum ist, das uns „nahe" ist, das nicht in entfernten Zeiten oder Welten sich verwirklicht, sondern in unsrer unmittelbaren Nähe, und das demgemäß eben kein Jenseits ist, in welches etwa die Seelen hinauffliegen. Ja, es ist wie ein Amt, das man „antritt“.*)

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Diese Wendungen kann er aber auch nur brauchen und konnten die griechischen Urschriften den ältesten mündlichen oder schriftlichen aramäischen Überlieferungen nur entnehmen auf Grund des Umstandes, daß das Wort „die Himmel“ und der „Himmel“, jene Vorstellung vom Olymp, wo die Götter thronen, allmählich abgestreift hatte. Schon bei Plato wird das Wort (ō ovgavos, Uranos) der Himmel als Wort für den Begriff des Alls gebraucht. Auf einer noch weiteren Entwicklungsstufe zeigt sich der Sprachgebrauch der Septuaginta und der Jesus-Überseher angelangt, wenn sie nach hebräischer Analogie von einer Mehrzahl von Himmeln sprechen und diese als die Zusammenfassung aller Welträume, des ganzen Als brauchen. Die Macht des Alls" soll in uns kommen, sofern All“ ein anderer Name für Gott ist, will Jesus sagen. Sie soll unser Besiß werden, wir sollen, wie Goethe in einem andren Zusammenhang es ausdrückt, unser Selbst zum All erweitern“, und

*) Was Luther mit Hineinkommen“ überseßt (sloɛldnte eis. . z. B.), heißt in Wirklichkeit „antreten“, denn vom „Antreten“ eines Amtes braucht man gerade diesen Ausdruck, der sowohl „hineinkommen“ wie „antreten“ heißen kann.

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