ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

bestimmt eintreten wird, weil er sie nach gewissen Beobachtungen dahin berechnete.

Ja, wir sind auf Grund dieser unserer eigenen Zutrauenskraft überhaupt erst zur Annahme von Naturkräften und Naturgeseßen gelangt, sowie zu der von den Denkgeseßen. Denn könnte nicht auch der Sag von Ursache und Wirkung irgend wann und wo nicht gelten?

Aber unser Zutrauen zur inneren Treue der Dinge und dem was wir sonst auch wohl Notwendigkeit" nennen, triuwen und Treue, trauen und Treue sind noch im älteren Deutsch ein Wort diese deutsche und auch jüdische „Treue“ ist die „Pistis“ des Denkers Jesus, angewendet auf die leßten und höchsten Dinge und Geseze des Daseins. „Der Gerechte wird leben durch seine Treue" lehrte schon Habakuk als Zusammenfassung aller Sittengeseze wie der Talmud es auffaßt. „Treue" im vollsten Sinne sehen wir in den Bewegungen der Dinge voraus, und unser Zutrauen ist die Folge und die Kraft dieser Treue in uns selbst zugleich. Aus ihr folgt der tiefste Grundsatz des Jesus „bittet, so wird euch gegeben“ und in diesem Sinne wird er im Johannesbuche auf seine metaphysische Formel gebracht, indem die Lehre „alles" gibt, was wir in ihrem Namen heischen. „Wer da treu ist, der enthält ewiges Leben“ sagte er tiefsinnig, denn alles, was dauernd, ewig ist, seien es ewige Weltgeseze oder ewige Empfindungen, es stellt sich sittlich gefaßt als der Sinn der Treue dar.

Ein Denker, der die tiefsten Werte des Lebens in solchem Zutrauen zur inneren Treue der Erscheinungen entdeckt hatte, der mußte auf Hoffnung verzichten, denn er hat mehr, als Hoffnung und Glauben. Er hat Wissen und Zutrauen, tiefstes Zutrauen zur inneren Selbsttreue der Lebenserscheinungen und Wirkungen. Und daraus sprach er: „Klopfet an, so wird euch aufgetan, suchet, so werdet ihr finden“. Wie tief, wie wahr! Und daß er es so meinte, bestätigt Jesus selbst bei Lukas Kap. 11, 8, 9.

Indem er nun nichts aufs Jenseits gründete, hoffte er die

„Vollkommenheit" des Menschen, die Emporhebung des Menschen mit ganz besonderer Energie zu erreichen. Wie gesagt, er fürchtete nicht, daß der Mensch in seichtes Genußleben verfallen würde. Die es tun, werden schon nach wenigen Jahren körperlich regelmäßig inne, daß sie es nicht durchführen können. Sagen sie sich: Mein Gott, jezt habe ich mein Leben schon halb ausgegeben und habe nichts davon, zumal mir hinterdrein auch nichts mehr bleibt, so wird Sinnwandlung sehr bald in sie kommen und sie werden suchen den Rest von Dasein, der ihnen überhaupt gegeben ist, besser auszufüllen.

Für den Guten und den im Guten an sich schon Angelegten, für den Begabten aber entsteht ein ganz anderes Wuchern mit seinem geistigen Pfunde, wenn er nicht mehr rechnet mit den Möglichkeiten nach diesem Leben, wenn er diese ganz ausschaltet aus seinem Bewußtsein. Er lebt jeden Augenblick der Liebe, des Wohlwollens für seine Freunde und Lieben, für alles Menschliche mit ungleich größerer Energie, er ist „erfüllt“, „randvoll“ genießt er jeden edlen Augenblick seines Daseins, sei's in der Kirche, im Theater, im lebendigen Beglücken seiner Freunde. Und wenn er dem Armen materiell wohltut, und dem Freunde geistige Wohltat erweist, wie viel mehr, kraftvoller lebt er dieses Wohltun, wenn ihm der stille Gedanke vorschwebt: vielleicht wirst du nie mehr wohltun können, vielleicht wirst du nie mehr beglücken können, vielleicht wirst du nie mehr jene lezte Ahnung und ihren Wert, die Jesus „Vater“ nannte, fühlen. Er versteht, was Jesus meinte, als er sagte: „Ich werde hinfort nicht mehr trinken von diesem Gewächs des Weinstocks, bis ich es neu mit euch trinke in der Herrschaft meines Vaters.“

Der Seelenzustand, der aus solchem Verzicht auf die Jenseitshoffnung entsteht, wirkt eine viel intensivere Betätigung alles Guten und der Empfindung alles Guten. Denn wer mir wohltut, wie sehr tut der mir wohl, wenn ich fühle: es ist vielleicht zum leztenmal. Jesus kannte diese psychologische Erfahrung, die wir machen,

wenn wir zum Beispiel von Freunden Abschied nehmen und uns zum letztenmal die Hand drücken. Wie viel tiefer, energischer, kraftvoller flammt in solchen Augenblicken Freundschaft in uns auf!

Und so sollen wir das ganze uns beschiedene Leben als einen Abschied für immer leben. Tun wir es, so flammt jedes Gefühl, jedes gute Erlebnis viel heißer in unserer Seele auf und indem wir, unter treuer Befolgung des schönen Sittengesehes Jesu, die Auslese des Guten in uns üben, wie sie in den Gleichnissen gefeiert ward, wird diese Auslese mit ihren gesteigerten Wertgefühlen jedes edlen Lebenszustandes das „ewige Leben“ selbst. So leben wir ein Stück Ewigkeit auf dieser Erde, in dieser unserer vergänglichen Erscheinungsform.

Und dazu überwältigen wir, besiegen wir die gemeine Welt in uns als Trimphatoren dieses ewigen, vertieften, gesteigerten Lebens. Das ganze Kolorit des Lebens ist vertieft, prachtvoller, wärmer, glühender alle Farben des Herzens und mit ihnen der Erscheinungen.

Man begreift, daß die ersten Schüler des Jesus, wie Matthäus und Johannes und solche, die ihnen näher standen, von dieser Lehre geradezu begeistert ergriffen wurden, wie sie in diesen vertieften Zustand kamen, wie sie als selige Menschen, d. h. tiefer beseelte Menschen, unter ihren Mitmenschen wandelten. Jeder, der durch die Nebelwolken des Dogmas bis zu dieser Reinheit der Lehre vorgedrungen ist oder wenigstens wie die meisten Kirchengläubigen einmal durch einen Nebelriß, durch den praktischen Teil der Lehre eine Ahnung von dieser Reinheit bekommen hat, empfand etwas von dieser wundersamen Beseligung, die da erkannte: „Tue den Armen wohl, denn sie haben es dir nicht zu vergelten".

Das ist nicht nur Stoizismus, auch nicht im Sinne der Stoa, es ist mehr als die schöne, Jesus verwandte Lehre Epikurs,*) das

*) Epikur war nämlich das Gegenteil aller sogenannten „Epikuräer“ im heutigen Sinne.

ist die Aufhebung jeder falschen Metaphysik und der aus dieser Aufhebung gewonnene Zustand der „Seligkeit“, der Makaria.

Denn mit einer dichterisch-gefaßten Lobpreisung dieser Seligkeit und all dieser Seligkeiten in uns selbst beginnt das ganze Lehrsystem, das ja auch schon bei Matthäus in den Kunstformen der hebräisch-aramäischen Denker- und Dichtersprache durchgeführt ist in vielen Stellen.

Auch jene Johanneischen Paroimieen sind uns bereits im Matthäusbuche begegnet, welche im besonderen Sinne Gedankendichtungen sind, z. B. jenes schöne Lied, welches an Jesaias anknüpft und in den Worten gipfelt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Nehmet auf euch mein Joch, denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“ oder jene andere Paroimie, welche im Namen der Lehre sprach: „Wer in mir übereinstimmt vor den Menschen, in dem stimme auch ich überein vor meinem Vater“, diese Paroimie, welche am tiefsten jenes Zutrauen, jene Treue, jene innere „Übereinstimmung" der Dinge feiert, auf die Jesus das ganze Gebäude seiner Wahrheits- und Sittenlehre stellte. Mit Seligpreisungen begann dieses System, um in voller logischer Entwickelung, unter Ablehnung jeder falschen Metaphysik, jeder volkstümlichen Christuslehre, eine neue, gereinigte Ethik zu bringen, welche auf den Menschen und den Menschheitsbegriff sich gründete, soweit es sich um die praktische Begründung handelte. Welche dann, wo es sich um das Metaphysische handelt, diese im Menschen-Gemeinwesen (Menschensohn) erfüllte Ethik zur Form macht zum höchsten Begriff in praktischer Beziehung zu stehen, wie dieser lehte Begriff, als nicht erkennbarer, niegesehener Urgrund der Dinge unserem Wissen gegenüber nur in dieser sittlichen Wechselwirkung zur Erscheinung kommt, gedacht werden kann, nachdem ihm jede anthropomorphische Vorstellung genommen und aus der Gesamteinsicht der Raum- und Zeitvorstellungen der Saß gewonnen ist: „Der Vater ist in mir und ich in ihm". Woraus die Folgerung, daß Macht des Alls" (Macht Gottes) inwendig" (erros) ist, sich

als einziger eigentlich metaphysischer Grundsaß erweist. Und eben dieser Grundsag hebt die gewöhnliche Vorstellung von Metaphysik, von Jenseitigkeit gerade der lezten Dinge auf. Der „Vater" ist im All, er ist in mir, ich bin in ihm. Das Wort „immanent" brauch Jesus fortwährend, (èv suoi pevov, pɛivate èv éμoi), es ist ein lateinischer Kunstausdruck, den man erst nach dem griechischen Kunstausdruck Jesu in filbenwörtlicher Überseßung gebildet hat.

Wie weit Jesus wissenschaftlich an eine Fortdauer der Seele „geglaubt" hat, an Unsterblichkeit und ihre Hoffnungen, entzieht sich unserem Wissen. Schließen aber dürfen wir, daß er, wenn er auch gerade verlangt, daß wir die „Seele“ sozusagen verlieren sollen, seiner Denkweise nach, diese Hoffnungen und ihre Möglichkeit nicht geleugnet haben wird. Wir schließen es aus dem Umstande, daß, wo er sich mit dem Begriffe „Auferstehung“ beschäftigt, er stets diejenige griechische Konjunktivwendung braucht, welche die Möglichkeit des Begriffes offen läßt. Hier galt für ihn: Ignorabimus! Er begann da, wo die jüngste Wissenschaft endete.

Aber daß wir nichts darauf begründen dürfen, sagt er fort= während, am meisten in dem gewaltigen Gleichnis vom reichen Manne und dem armen Lazarus, das Dante und Homer nicht hätte großartiger erfinden können, mit seinen Tantalusbildern und seiner noch weit tieferen Nuhanwendung. Und sicher lehrte er auch keine jenseitige „Vergeltung“.

Wer da fehlt, hat den Richter selbst (exε tov xowovτα avrov) in allen feineren Fragen der Sitte, und in den gröberen hat er das Menschheitsgericht, welches ihn schon hienieden straft und dem nicht zu entrinnen ist, denn entweder kriegt die Polizei und der Untersuchungsrichter es doch heraus, oder, wenn sie den Mörder, den irgendwie gröber Schuldigen nicht früher oder später fassen, so hat dieser, je nach der Schwere der Strafe, die auf das Verbrechen gesezt ist, eine solche Angst, eine solche vernunftlose Angst vor dieser einstigen Entdeckung, daß er weit schwerer gestraft ist, als durch die Abbüßung der Strafe selbst.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »