ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

,über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Tier, das auf Erden kriechet', einräumt, ein sehr gründlicher Gebrauch gemacht wird; und wie tief in der jüdischchristlichen Anschauung die Tiere gestellt werden, zeigt sich am deutlichsten darin, daß der Mensch als das Ebenbild Gottes erklärt, den Tieren aber die Seele abgesprochen wird. Der tierfreundlichen Stellen im alten Testament sind recht wenige." Unter ihnen führt Weltrich den bekannten Spruch Salomonis (Kap. 12, 10) in Luthers Übersetzung an: „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes, aber das Herz des Gottlosen ist unbarmherzig."

Oft spielt der Zufall eine ganz eigentümliche Rolle, wenn ein Irrtum zu berichtigen ist. Wer in der Lage ist, die lutherische Fassung des Sages am hebräischen Original und an der griechischen ältesten Übersetzung zu prüfen, die unter dem Namen der Septuaginta seit ungefähr hundertundfünfzig Jahren vor Christi Geburt die Auffassungen aufbewahrt, welche die geistvollen Juden in Alexandrien und Jerusalem vom Wortlaut ihrer Nationalschriften hatten, der wird bei Salomo (12, 10) den folgenden Sag finden: „Der Gerechte hat Mitleid mit den Seelen seiner Tiere, der Unfromme aber ist ohne Mttleid". Im Griechischen brauchten hier die Übersezer das Wort: „Psyche", im Hebräischen steht das Wort „Näphäsch“, das genau dasselbe bedeutet wie unsere Seele, das griechische „Psyche“.

Eine Seele also, eine Psyche, haben die Tiere; und weil sie eine solche haben, sind sie auch dem Spruchdichter ein Gegenstand des Mitleids für den rechten Mann. Schon hierin gewinnt der Spruch einen viel mehr ethischen Beigeschmack, als es nach Luther scheinen könnte. Wir sehen, daß das Tier, hier zunächst das Haustier und Nußtier des Menschen, eben mehr ist als ein „Stück Vieh“, daß es ein beseeltes Wesen ist, dem unser Mitgefühl gelten soll.

Dieser Sah muß uns an sich schon stußig machen. Sollte es wirklich wahr sein, daß in der mosaischen Schöpfungsgeschichte oder irgendwo in der eigentlichen Bibel den Tieren die Seele abgesprochen wird? Dann wäre allerdings Anlaß zu der Vermutung, die Juden

(und nach ihnen das Christentum) seien die Ursache, wenn irgendwo und irgendwann die Tiere zu tief eingeschäßt worden wären von der „Barbarei des Occidents". Der Sah Weltrichs bezieht sich ja wohl nur auf späteres dogmatisches Christentum, wir aber wollen die Bibel selbst prüfen.

[ocr errors]

Ich stelle nun fest, daß es im ganzen Alten Testament nicht eine einzige Stelle gibt, wo den Tieren die Seele abgesprochen wird. In der mosaischen Lehre aber wird der aufmerksame Leser der Originalschriften sogar die überraschende Entdeckung machen, daß die Scele des Menschen und die Seele des Tieres als solche zunächst ganz dasselbe sind. Das alte Testament fennt nur einen Unterschied der Intelligenz zwischen Mensch und Tier; und dieser Unterschied wird ja wohl so lange bestehen, bis die Esel das Hebräische lesen können, troß aller buddhistisch-neumodischen Übertreibungen des natürlichen Mitgefühls mit dem Tier. Dieser Intelligenz-Unterscheidung wird man zum Beispiel bei Jesus Sirach begegnen, dem spätjüdischen Schriftsteller, der sich durch seinen hellen, klaren Lebensverstand so besonders auszeichnet. Die ursprünglich mosaische Anschauung aber ist die, daß Mensch und Tier eine Art Seele haben, daß hierin gar kein Unterschied gemacht wird.

Das zweite Kapitel (1. Mose) erzählt bekanntlich in seinem siebenten Vers, daß Gott den Menschen aus einer Erdscholle, aus Erdenstoff überhaupt bildete und ihm dann den „Hauch des Lebens" (Luther: lebendigen Odem“) einblies. Es folgt das Wort: „Und so ward der Mensch zur lebendigen Seele." Ganz diese „lebendige Seele“, dieses lebendige Wesen (Hebr.: Näphäsch chaja) bedeuten aber auch die Tiere. Schon vorher, ehe der Mensch entstanden ist, im zwanzigsten und vierundzwanzigsten Vers des ersten Kapitels, bringt die Erde hervor „beseelte Lebewesen" und diese sind „Vierfüßler und Reptilien und Boden - Tiere nach Art." Was der Mensch wird, lebendige Seele durch den Anhauch des Lebens, das sind vorher schon die Tiere, wörtlich mit demselben Ausdruck Näphäsch chaja, der auch über den Menschen gebraucht wird.

Kirchbach, Was lehrte Jesus?!

21

Die griechisch-jüdischen Überseßer aber verstanden das Wort in beiden Fällen so, daß sie es mit lebende Seele" (Psyche zosa) wiedergaben. Danach kann kein Zweifel sein, daß das mosaische Judentum noch bis etwa hundert Jahre vor Christus der Meinung war, das Tier habe genau dieselbe „lebendige Seele" wie der Mensch. Das Judentum ging aber noch viel weiter. Denn sollte jemand glauben, der Mensch sei von den Tieren etwa dadurch unterschieden, daß Gott ihm den lebendigen Odem" einblies, so straft ihn sofort die Noah-Erzählung im sechsten und siebenten Kapitel Lügen. In dem Verse siebzehn im sechsten Kapitel, in den Versen fünfzehn und zweiundzwanzig im siebenten Kapitel ist in allen Tieren, die mit Noah in die Arche gehen, und eben so in den vernichteten der „lebendige Odem“, der „Geist des Lebens“ gegeben. Und er ist, wie der Vers zweiundzwanzig zeigt, im Hebräischen ganz derselbe ‚Anhauch“ und „Geist“ zugleich, der dem Adam eingehaucht ward. Deshalb übersetzte man ins Griechische diesen „Hauch“ und „Geist" mit Pneuma und Pnoë. Den Tieren wird also nicht die Seele „abgesprochen“, sondern sie erscheinen in ihrer Eigenschaft als „beseelte" und lebende Wesen vollständig auf einer Stufe mit dem Menschen. Und zwar findet man diese Anschauung nicht nur in der Thora, in den mosaischen Büchern. Der „Prediger“ (Kohelet) sprach dieses allgemeine Bewußtsein vielmehr mit Betonung auch noch besonders scharf aus in einem Saze, den Luther so überseyte: (Prediger 3, 19) Denn es gehet dem Menschen wie dem Vieh; wie dies stirbt, so stirbt er auch; und haben alle einerlei Odem; und der Mensch hat nichts mehr als das Vieh." Diese Anschauung haben auch sonst Lehrer und Dichter der Hebräer ausgesprochen.

[ocr errors]
[ocr errors]

Doch vielleicht galt diese Anschauung bei den Juden nur theoretisch und der schöne, echt indisch-jüdische Spruch: "Der Gerechte hat Mitleid mit den Seelen seiner Tiere" war am Ende nur ein Gelegenheitswort, das für jüdische Art und Sitte nicht weiter in Frage kam? Hat das Judentum grundsäßlich eine tierfreundliche

Stellung eingenommen, die auf einer inneren Anerkennung des „Rechtes alles Lebendigen“ und der Anerkennung beseelten Lebens selbst beruht hätte? Ja, das Judentum hat es getan. Jeder kennt die Geschichte von der Sintflut und von der Arche Noah, aber wenige werden sich ihren Sinn klar gemacht haben. Die Sage als solche findet man bei allen Völkern. Der jüdische Dichtergeist aber hat ihr eine besondere Wendung gegeben, in der grundsäglich gerade das Lebensrecht der gesamten Tierwelt, ohne Ausnahme, anerkannt wird. Noah wird angewiesen, von jeder Tiergattung, auch von denen, die als „unrein“ galten, Vertreter mit in die Arche zu nehmen. Schon hierin spricht sich ein so natürlich-sittliches Verhältnis zwischen Mensch und Tier aus, daß es kaum eine Sage gibt, die so viel pietätvolle Tierfreundschaft schon im Kindergemüt erzeugen kann. Aber mit dieser allgemein-tierfreundlichen Ausmalung begnügt sich das jüdische Sinngedicht von Noah (das heißt: der „Übriggelassene“) nicht, sondern es gipfelt in einem entschiedenen Bekenntnis für das Ebenbürtigkeitsrecht des Tieres als eines belebten Naturwesens. Nachdem die Wasser sich verlaufen haben, errichtet Gott seinen Bund mit dem Menschen nicht nur, sondern (I. Mos. Kap. 9, V. 10, 12, 15, 16, 17) er errichtet auch einen besonderen Bund mit der gesamten Tierwelt, die mit im Kasten war, „an allen Tieren auf Erden bei euch"; und es heißt: „Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, daß ich ihn ansehe und ge= denke an den ewigen Bund zwischen Gott und allem lebendigen Tier in allem Fleisch, das auf Erden ist."

Gewiß hat das indische Empfinden keine liebenswürdigere Tierethik hervorgebracht als diese Anschauung, daß der Regenbogen auch ein Zeichen des Bundes ist, den der lezte Grund aller Dinge mit der gesamten beseelten Tierwelt geschlossen hat. Denn, wie wir bereits wissen, gleichbeseelt mit dem Menschen ist diese Tierwelt und darum gilt ihr eben der Bund im selben Sinn wie der Menschheit, wobei zu ermessen ist, daß es nicht etwa ein beschränkter jüdischer Nationalbund ist, sondern sowohl mit den Semiten wie

Japhetiten (von denen nach Mose zum Beispiel auch die Inselgriechen stammen) und Hamiten als geschlossen gilt. Das Interessante ist, daß hierbei eine selbständige Anerkennung der Tierwelt als eines wesensgleichen und metaphysisch gleichgestellten Lebensstammes gegeben ist. Das Judentum war also im höchsten Grade tierfreundlich. Dem widerspricht auch nicht, daß sowohl in der Noahgeschichte wie in der Schöpfungserzählung der Mensch zum „Herrscher über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vich bestellt ist." Diese Anschauung in ihrer Richtigkeit sollte nur das ausdrücken, was Sophokles mit seiner berühmten Dichtung sagen wollte: Vieles Gewaltige lebt, doch nichts ist größer als der Mensch.“ Der Mensch soll sich die ganze Natur dienstbar machen; weiter sagt auch die mosaische Urkunde nichts; er soll über die „ganze Erde“ herrschen, durchaus nicht etwa ein Tiertyrann sein. Die Kulturmission der Menschheit ist gemeint, der sich der moderne Mensch allmählich auch wieder bewußt wird. Wenn aber der Mensch nach dem „Schattenbild" Gottes geschaffen ist, so wissen wir, daß die Juden darin nicht etwa ein körperliches „Ebenbild", sondern ein „Gleichnis" sahen. Es liegt keine Herabsehung des Tieres darin, sondern lediglich eine sehr bebedingte Idealisierung des Menschen. Er soll ein „Gleichnis“ werden für den höchsten Begriff. So überseßen und verstanden es schon die siebzig jüdisch-griechischen Gelehrten zweihundert Jahre vor Jesus.

Eine populäre Religionsanschauung, die so früh von dem Recht der Schonung alles Lebens und der Tierwelt insbesondere durchdrungen war, daß ihr Gott sogar einen besonderen Bund mit den Tieren macht, kann nicht gleichgültig gegen Leben und Leiden des Tieres gewesen sein; sie wird es geschüßt haben, ja, wir dürfen daraus, daß verhältnismäßig wenig Bibelsprüche sich mit der Verhütung von Grausamkeiten gegen Tiere beschäftigen, den Schluß ziehen, daß der Spruch: "Der Gerechte hat Mitleid mit den Seelen seiner Tiere" von den Juden gerade besonders gut gehalten wurde.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »