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Allegorie vom Menschensohn und dann jene merkwürdigen Aussprüche, welche das Johannesevangelium in seinen Begründungen der Lehre von der Liebe enthält.

Jene bereits wiederholt erwähnte Allegorie, welche mit den Worten anhebt: „Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird“, darf zunächst nicht als eine wirkliche Prophezeiung aufgefaßt werden. Die Zukunftsform der Rede ist hier, wie in vielen Reden der alt= jüdischen Propheten, lediglich eine dramatische Verstärkungsform des Ausdrucks. Ein scheinbar in die Werdeform projiziertes Bild wird von dem entworfen, was ohne jede Zeit, lediglich als Gleichnis gedacht ist. Liest man den griechischen Text hier wie an vielen anderen Stellen im Zusammenhang, so ergibt sich, daß man es lediglich mit dem zu tun hat, was wir das „naive Futurum“, die dichterische Zukunftsform rein grammatikalisch nennen möchten.

Wie der Grieche, hat auch der Deutsche noch heute diese Steigerungsform der Rede. Wenn ein Mann aus dem Volke etwas sehr lebhaft erzählt, was er bereits erlebt hat, so sagt er etwa:

Und wie ich da auf einmal aus dem Walde trete, was werde ich da sehen? Ich werde einen großen Keiler auf mich zurennen sehen; er ist schon ganz nahe, und da werd' ich schnell auf ihn anlegen und werd' ihn auch richtig mit einem Schuß hinmachen.“ In ganz Sachsen und Mitteldeutschland, auch in Norddeutschland kennt jeder Bauer und Arbeiter diese Form, etwas sehr lebhaft, sehr gesteigert zu erzählen. Das bereits Gewesene wird als etwas in der Werdeform, ja scheinbar Zukünftiges vorgeführt, um eine besondere Energie des Ausdrucks zu erreichen.

Das Bedürfnis dieser Energie hat schon viele verwandte Zukunftsformen bei den alten Propheten erzeugt. Jesus hat sie benutt, und die griechischen Überseßer seiner Reden fanden auch im Griechischen diese Popularform möglichst anschaulicher Darstellung. Wer den griechischen Text liest, empfängt den unmittelbaren Eindruck, daß es sich auch hier nur um die „Sprechformen“ handelt, auf die sich ja Jesus selbst fortwährend beruft.

Kirchbach, Was lehrte Jesus?!

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Und überseßen wir nun die Erzählung in eine weniger bildliche und weniger lebhafte Sprache, so besagt diese Allegorie folgendes. Der „Menschensohn“ und „König“ ist nicht etwa Jesus selbst, es ist lediglich die Personifikation der Menschheit und Menschheitsidee. Der Mensch erscheint in seiner Herrlichkeit, d. h. wenn die Menschheit ganz ihren Begriff erfüllt, wenn alles wirkt, was ihre Macht und innere Kraft, ihren Glanz ausmacht, verwirklicht der Mensch die Menschheit in sich. Er erscheint mit seinen „Boten“ *), d. h. mit allen, welche diese Lehre verkünden. Man versammelt alle Völker um sich, und es wird eine Statistik aller bösen und guten Taten aufgestellt. Und da sagt der Menschensohn, der lediglich als der Mensch schlechthin gedacht ist, nachdem die Guten nicht wissen, was er mit der Rede meint: „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mich gespeiset“ und fragen: „Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen?": "Wahrlich, ich sage euch, soweit ihr auch nur Einem das Geringste von diesem tut, habt ihr es mir getan.“ Die Idee wird dann in negativer Form nochmals wiederholt, eben um zu betonen, daß das Schwergewicht der ganzen bildlichen Erzählung in dieser Nuzanwendung liegt.

Und was heißt das? Nun, selbst das Geringste, von all den geschilderten Guttaten, das du auch nur einem deiner Menschenbrüder tust, das tust du auch der Menschheit, du tust es dem Menschensohn. Denn die Menschheit“ als Begriff wäre ja nur ein leeres Wort, aber in jedem „Sohn der Menschen“ ist ja die Menschheit eine leibhaftige Wirklichkeit. Die kleinste Liebe, die du jedem Manne erweisest, die tust du dem Menschensohn, d. h. der ganzen Menschheit an, sofern sie in dem Andren wirklich ist.

*) Das Wort „Engel“ (Luther), entstanden aus dem griechischen „Angelos“, kannte Jesus überhaupt nicht; er kannte nur den Ausdruck „Maleach“, der einfach Bote", menschlicher Bote heißt, wie auch das griechische Angelos". Nur in ganz seltenen Fällen darf man dabei an einen Gottes - Boten denken, der aber auch dann zumeist ein Prophet ist, äußerst selten ein geflügeltes höheres Wesen.

In der Tat, es ist mehr als das „Ta twam asi“ der Inder, es ist mehr als das, was man heute den Altruismus nennt, denn da der Gute ja selbst ein Menschensohn ist, so tut er das Gute, das er dem andren zufügt, nicht nur sich selbst, vielmehr sein Selbst ist der andre und doch seine eigne Menschheit zugleich. Was die Jesus-Auffassung hierbei so hochstellt, ist, daß die Form für dieses sittliche έv zaι nav, dies sittliche „Eins und Alles“ der inneren Identität des Gegenstandes aller guten und nichtguten Taten, sich voll bewußt bleibt der wirklichen, leibhaftigen Erscheinung jedes Menschen (als Hyios tu Anthropu), als ein Menschenkind, das in der allegorischen Gesamtpersonifikation des „Königs", der die Menschheit selbst ist, zusammengefaßt bleibt. Diese Allegorie weist auf eine viel schärfere Logik, ein viel zarter ausgebildetes Denken hin, als die indisch-populäre Aufhebung des Unterschiedes der Personen. Wenn Jesus, wie wir später sehen werden, von der sogenannten „Unsterblichkeit der Seele" im persönlichen Sinne des Sokrates gar nichts hält und tatsächlich alle Fragen nach persönlicher Unsterblichkeit durch eine ganz andre Idee nämlich das ewige Leben in der praktisch dargestellten Seeleneinheit des sittlichen Weltkörpers ablöst, so beweist die Matthäusallegorie doch, daß er sich der trennenden Erscheinungsform der Individualitäten wohl bewußt bleibt. Er sagt nicht unmittelbar: das Gute, das du dem Ärmsten tust, das tust du dir selbst, sondern: dem Menschensohn tust du es, das heißt der Menschheit, sofern sie in dem andren „objektiviert“ ist, leibhaftig, im Fleische lebt.

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Wir stehen nicht an zu behaupten, daß der nazarenische Denker etwaige indische Einflüsse auch hier so selbständig und so viel tiefer verarbeitet hat, daß er auch hierin durchaus die Originalität eines besonderen Genies beweist.

Der innere Zusammenhang aller guten Taten wird hier also insofern schön hergestellt, als ein Träger, eben der Menschensohn, dieses System lebendigen sittlichen Tuns auf sich vereinigt. Dieser

Träger, die Menschheit, ist Inbegriff und leibliche, besondere Wirklichkeit zugleich in uns allen. —

Es muß hierbei bemerkt werden, daß das Wort „Menschensohn“ im Munde des Jesus wie in dem der alten Propheten ganz flüssig bleibt. Im speziellen Falle ist es lediglich Metonymie für Menschheit, in anderen Fällen hat der Hyios tu Anthropu lediglich den Sinn des „Menschenkindes“ im Sinne der Hinfälligkeit des Menschen. So viele Schattierungen wir nur selbst aus unserem deutschen „Menschenkind“, je nach dem Zusammenhang heraussehen, in so vielen verschiedenen Schattierungen braucht der griechisch redende Jesus mit der Septuaginta auch diesen übertragenen Ausdruck. Er kann bedeuten der Mensch als rein humanes Wesen, als gebrechliches Wesen, als einer, dem nichts Menschliches fremd ist, es kann auch heißen die Menschheit als Idee, der Mensch schlechthin.

Denn rein grammatisch betrachtet ist „der Sohn des Menschen“ lediglich die alte griechische Überseßung einer im alten Testament massenhaft gebrauchten hebräischen Redeform, in welcher das Wort „Sohn" so viel wie eine starke, geistige Beziehung (wie in Ben Death, Ben Belial), eine Steigerung und Abstraktion des Wortes Mensch bezeichnet. Das Griechische, „der Mensch“ (v åvdgwños) aber ist, wie im Deutschen, das Wort für „Menschheit“. Der Sohn des Menschen ist der „Sohn der Menschheit“, indem bekanntlich jeder Mensch in der Rückrechnung seiner Herkunft, die bei den alten Hebräern sehr stark gepflegt wird, tausend Ahnen, die „Menschheit“ sozusagen selbst als Urmutter hat. „Sohn“ der Menschheit ist demgemäß ein Verstärkungsausdruck, eine Personifikation der Menschheit, d. H. der Einzelmensch, in dem die vergangene Menschheit selbst lebt und die Menschheit (der Begriff) leibhaftig da ist.

Hebräisch heißt es Ben-Adam und Ben-Ha-Adam, Sohn der Menschen, wird so im 8. Psalm bereits als Bezeichnung für Menschheit gebraucht, von Ezechiel fortwährend als Name für „Mensch“ als vergänglicher Mensch angewendet und von Daniel unter der chaldäischen Wendung: Bar Aenasch als das bekannte Bild für

Menschlichkeit benußt. Auch die Wendung Ben-Adam fennt Daniel 8, 17. Ebendeshalb sprach Jesus stets von diesem „Menschensohn“ in der dritten Person als von einem objektiven Begriffe. Denn es war im Hebräischen ganz ungebräuchlich, daß ein Prophet etwa von sich selbst in der dritten Person sprach. Jeder Prophet nennt sich „Ich“, sagt: zu mir sprach der Herr, ich sah ein Gesicht. Somit meint auch Jesus mit dem Menschensohn durchaus nicht etwa sich selbst.

Wer das Wort „Menschensohn“ als einen mythisch-feststehenden Begriff etwa auffassen sollte, der würde in die erschrecklichsten dogmatischen Schwierigkeiten geraten. Das Wort ist rein philologisch, nicht theologisch zu verstehen, es ist eine Redensart, die der allerverschiedensten Sinnschattierungen fähig ist. Im Syrischen, Jesu Muttersprache, ist „Menschensohn“ gleichfalls nur das Wort für „Mensch“ (vergl. Gesenius S. 16, b.). Jesus sagte tatsächlich nur: „Wenn der Mensch in seinem Glanze kommt“, und wir haben dabei das Wort „in seinem Glanze" zu betonen, um sofort zu verstehen, daß er mit dem Menschen eben die idealisierte Menschheit meinte. Zumal das Jesus-Griechisch dabei zwischen „Mensch“ und „Menschensohn“ vielfach unterscheidet, erkennen wir, daß Jesus in lezter Wendung jedenfalls den Ausdruck des Daniel brauchte, der den Begriff als solchen besonders hervorhebt, im übrigen aber völlig dasselbe ist wie Ben-Adam. Das Wort „Sohn“ in solcher Verbindung gibt für den Syrer und Hebräer ganz das, was wir mit „Geist“ ausdrücken. Wir sagen: er ist ein „Teufelsgeist", wo der Hebräer sagte: ein Teufelssohn. Wir sagen: ein Lügengeist, wo der Semit und Araber noch heute sagt: Sohn der Lüge. Demgemäß ist ein Menschensohn ein Menschheitsgeist, Menschengeist. Und mit dem Ausdruck „Geist der Menschheit“ geben wir am besten den Sinn des Jesusworts wieder. Wir wollen ihn im folgenden beibehalten.

Das Gute also, das wir einem jedem tun, lehrt Jesus, wir tun es der Menschheit selbst, dem Menschheitsgeist, der „Brüder“

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