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Verfassung Jesu wiedererkennen, ist zweifellos echt. Zu seinem Verständnis bedürfen wir nur der Nuzanwendung so manches bisher Gesagten. Wenn wir im selben Johannesevangelium (Kap. 15, 7) lesen: „Wenn ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren," so haben wir auch den Schlüssel zur richtigen rednerischen Auffassung dieser Säße und Gegensprüche und ihres Sinnes.

Es handelt sich jedenfalls nicht um irgend eine mystische Vereinigung und dergleichen, sondern lediglich um eine sittliche Wechselwirkung, um die Wechselkausalität der sittlichen Einheit. „Ich bin in euch" heißt nur: „meine Worte (und ihre Wirkung) sind in euch“. „Ich“ ist die Personifikation für die Lehre als ein körperlich dargestellter Inbegriff. Jesus löst in seinen Reden diese Personifikation fortwährend in den Begriff seiner Lehre und Darstellung auf. && ist eine Abkürzung, eine Abbreviatur der Rede.

Also: meine Lebensanschauung ist in euch, und wenn sie das ist, seid ihr auch in mir, d. h. in der sittlichen Erscheinungsform des Daseins, die ich als Einheit meiner Lebensanschauung darstelle, und wiederum bin ich, eben diese Erscheinungsform vollendeten ethischen Lebens, im Urgrund", d. h. in der einzigen denkbaren Form, in welcher man zum Göttlichen ein Verhältnis hat.

Wir werden später sehen, wie aus dem Bewußtsein solch ethischer Wechselwirkung und des inneren Zusammenhangs der ethischen Güter „in Gott“, „im Vater“, d. h. „Urgrund“ die weitere Jesusidee wächst: werdet ihr bitten, es wird euch widerfahren. Eine Zusammenhangsidee, welche in den verschiedensten Formen bei Matthäns u. A. wiederkehrt, z. B.: „Bittet, so wird euch gegeben," „klopfet an, so wird euch aufgetan“.

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Sie muß ein Hauptgrundsah des Jesus gewesen sein, er muß diesen Gedanken der zunächst ja höchst parador erscheint — sehr oft ausgesprochen haben, und die Quellen, aus denen alle vier Evangelisten schöpfen, müssen ihn alle enthalten haben. Bei Johannes sehen wir diese Idee der Selbsterfüllung der sittlichen Bitte

in den unmittelbaren Zusammenhang der inneren Einheit der Lehre gestellt, abermals ein Grund, diese Jesussprüche sehr zu beachten.

Dieser von seinen Zuhörern mißverstandenen Bittidee zu Liebe ist augenscheinlich eine ganze Reihe von Wundererzählungen entstanden. In vielen Legenden finden wir einen ganz bestimmten Typus; er ist mit der Nuzanwendung: „Weib, deine Treue hat dir geholfen," charakterisiert. All diese Wunder stellen, oft sogar mit der idealen Nuzanwendung, die „Moral" des Wortes dar: „Klopfet an, so wird euch aufgetan,“ oder, wie es bei Johannes gefaßt ist: „Werdet ihr bitten, was ihr wollt, es wird euch widerfahren."

Im Johannes aber ist auch die ethische Begründung für diesen ursächlichen und natürlich rednerisch ausgedrückten Zusammenhang: „Wenn ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben."

Der Leser beginnt zu verstehen, was der Rabbi Jesus sagen wollte, wenn er so oft sagt: „Bittet, so wird euch gegeben." Der Leser durchschaut auch, wie eine so paradore Idee, eine Idee, die zunächst der gemeinen Welterfahrung widerspricht, als „geflügeltes Wort“ in die Welt verbreitet, allerhand Wundererzählungen hervorrufen mußte, mit denen man gewissermaßen sich die „Moral“ dieses Sabes leibhaftig darzustellen suchte. Die meisten Wunder, wo nach Luthers Übersetzung der bloße Glaube, es werde Einem durch Jesus geholfen werden, auch die Heilung vom Blutgang und von andren Gebrechen bewirkt, sind zweifellos auf das Bedürfnis zurückzuführen, die Bitt- und Erfüllungsidee des Jesus aus einem wörtlichen Mißverständnis anschaulich zu machen.

Wir verraten schon hier, daß wir der Ansicht leben, sämtliche Jesusreden in den Kapiteln des Evangelium Johannis mit Ausnahme von Kapitel 17 müssen auf eine Quelle zurückgehen, welche eine Sammlung der tiefsten Sprüche des armen, zum Kreuzestode verurteilten edlen Rabbi enthielt. Wir haben gar keinen wissenschaftlichen Grund, da es heißt: (xara Iwavvyv) „nach Johannes“, zu bezweifeln, daß der Freund und Schüler Johannes diese Aus

sprüche des Jesus und vielleicht auch einige geschichtliche Daten aufgezeichnet hat.

Denn ohne Zweifel tragen die Ideen und Aufzeichnungen aller Johanneskapitel das Gepräge, daß sie Worte, Aussprüche eines tiefen Metaphysikers sind. Man sieht durch die ganze gnostische Übermalung, durch die Arbeit des späteren Bearbeiters mit seinem Kunstmonolog und andren Ausschmückungen einen Typus der Reden und Ausführungen, wie sie nur Jemand gibt, der seine lezten Gründe vorträgt. Er gibt das sittlich Beste, was er in sich hat. Er findet Fassungen für früher schon ausgesprochene sittliche und menschliche Ideen, welche die Genialität der Wehmut, der leßten Aussprache haben. Es sind die tiefsten Sprüche und vielleicht einige Abschiedslieder des Meisters, in einer Verteilung allerdings, welche bunt wie alle Evangelisten Aussprüche durcheinander mischt und an Wundergeschichten, historische Erzählungen und Anekdoten verteilt, wie es gerade mit den besonderen Zwecken des späteren Jahrhunderts passen mochte.

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Wer aber nicht gerade ganz blind ist, sieht doch, daß hier in der Hauptsache die „legten Worte" vorwalten, sofern Jesus selbst redet und sofern diese Reden in ihren Bildern, ihren bald paradoren oder gegensäglichen Fassungen, in ihrer ganzen Ideenwelt und Drastik des Ausdrucks dasselbe Gehirn verraten, welches auch die Matthäussprüche so köstlich beweisen. Nur daß in den Johannisbruchstücken noch eine Stimmung hinzukommt, die Stimmung des Abschiednehmens, des nahen Sterbens, neben einer allgemeineren poetischen Stimmung, in der ein Mann, welcher sein „Ich“ zur Darstellung der sittlichen Erscheinungsform des Daseins zu machen gesucht hatte, im Sinne des Wesentlichsten seines „ethischen Monismus" denn als das werden wir die Jesuslehre mit einem modernen Wort bezeichnen dürfen sehr wohl sagen konnte über dieses sein Prinzip: „Ehe denn Abraham ward, bin ich.“ Zumal er den Zeitbegriff längst in den des Aion, des Ewigen, aufgelöst hatte und unter „Ewigkeit“, „ewigem Leben“ nichts Andres verstand

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als das Dasein in dieser sittlichen Erscheinungsart, sofern es die Gegenwart der Ewigkeit, die Ewigkeit des Gegenwärtigen ist. Auch hierin stand er auf altmosaischem Boden. Denn merkwürdigerweise wird gerade derjenige Psalm, welcher sagt: „Tausend Jahre sind vor ihm wie ein Tag“ dem Moses zugeschrieben. (Vergl. dessen Schöpfungsgeschichte.) Schon hier also sehen wir den gewöhnlichen Zeitbegriff in die Ewigkeit des Gegenwärtigen (d. H. des einen Tages) aufgelöst. Und wir sehen daraus, daß eben dieser Begriff nicht etwa ein späteres gnostisches Fabrikat ist, ganz abgesehen davon, daß wir ihn aus Daniel 12, 2 kennen, wo das „ewige Leben“ (zoë aionios) die Überseßung von Chaje Olam d. i. Leben der Ewigkeit ist, zum Unterschied von der Schmach der Ewigkeit.

Die vergleichende Logik aller persönlichen Aussprüche des Jesus ergibt, daß er von der „Zukunftsewigkeit“, von der Zukunftsprojektion der Zeiterscheinung nichts hielt. Das Ewige, das ewige Leben war ihm eine Gegenwart, die in uns wirken soll, eine Erscheinungsart unsres Daseins innerhalb unsres leibhaftig durchgelebten Menschenlebens, welche wir durch die „im Urgrund“ verwirklichte Darstellung des höchsten Sittenseins werden. Diese Gegenwart und Wirklichkeit der höhern ethischen Erscheinungsform, in der wir sind, die in uns ist, nennt er die „Wiedergeburt“, die „Auferstehung". Den Volks-Judenglauben vom Auferstehen der Toten" bob er auf; sie (ἀναστασις ἐκ των νεκρων) 2lnaftafis et ton nefron wurde ihm mit Daniel zu einer rein übertragen-geistigen Sache.

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„Lasset die Toten ihre Toten begraben!" "Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen!" "Ich bin die Auferstehung und das Leben!" und viele, viele andre Reden und ihre Anregungen, Zusammenhänge ergeben, daß die „Toten“ für Jesus bildlicherweise diejenigen sind, die noch nicht jene sittliche Erscheinungsart des verwirklichten Sittengeseßes sind. So ist Gott nicht ein Gott derer, die lediglich dem Ursachgeseß ihrer materiellen Erscheinungsform unterworfen sind, der „Toten“, ja, in diesem Zustand des gewöhnlichen Lebens ist Gott selbst sozusagen noch

gar nicht; Gott ist ein Gott der Lebendigen, d. h. derer, die durch Darlebung der Vollkommenheitsideen selber erst „Gottes Söhne“ sind und erst dadurch das Recht haben, von einem „Vater“, einem Gott zu reden.

Abermals finden wir die allgemeine Jesusidee der Vervollkommnung des Menschengeschlechtes, die ja auch durch leibliche Vererbung eine viel höhere Rasse, die Rasse der „Gottes Söhne“ auf die Dauer schaffen müßte in logischen Zusammenhängen, welche ergeben, daß Jesus nicht nur von dunklen Gottesgefühlen und einer großen persönlichen Liebenswürdigkeit bewegt war, sondern sicher ein großes ethisches System in sich ausgebildet hat. Auf Schritt und Tritt verfolgen wir die Spuren desselben. Es hat übrigens, wie schon bemerkt, gar nichts mit dem Gnostizismus zu tun, mit neuplatonischen Lehren, es geht, wie wir sehen, überall mit Riesenschritten über das Judentum hinaus, ist zwar entfernt verwandt mit einigen brahmanisch-buddhistischen Lehren, hat aber die ganze logische Entwickelung des gebildeten Griechentums und griechisch ge= bildeten Judentums dazu gebracht. Ebenso oft, wie es manchen sokratischen Lehren geradezu feindlich ist, steht es auch in starkem Gegensah zu vielen indischen Auffassungen.

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Es scheint sich um einen Denker zu handeln, der was auch ganz seinem historischen und örtlichen Auftreten entspricht - mitten in dem Zusammenfluß der griechischen, jonisch-persisch-indischen und phönizisch-egyptisch -semitischen Philosophieen stand, wie ihn der Welthandelsverkehr an den Küsten Kleinasiens hervorbrachte. Wir sehen, daß Lehren Epikurs, Sokrates', Aristipps via Alexandrien ebenso gut wie aus dem fernen Osten importierte Weisheiten in den Synagogen zur Sprache kamen und sehen nun unsren Denker zu all diesen Fragen sehr oft ganz bestimmte Stellung nehmen auf Grund einer ganz besonderen Verfassung seines Geistes und eines ganz besonderen logischen und sittlichen Zusammenhanges seiner Lebensanschauung.

Unfre Betrachtung hat uns diesem Zusammenhange in vielen

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