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REINHOLD BRANDIS andererseits beistimmen) hat bereits ZELLER (I. 1 S. 378 ff.) mit Recht widersprochen, wenn man auch seine, ZELLERS, eigene Auffassung nicht billigen kann. Wenn die Zahl, nach desselben Aristoteles Bericht, wie wir schon früher sahen, das Prinzip und die Ursache der Körperlichkeit ist, kann sie nicht selbst schon körperlich oder räumlich sein. Vielmehr indem die Zahl als begrenzendes Prinzip das Unbegrenzte begrenzt, entsteht das körperliche Einzelding; und indem die Zahl das Leere, den Raum, bestimmt, wird sie räumlich, entstehen die räumlichen Gebilde: wie Punkt, Gerade, Dreieck usw. Wir haben schon oft gesagt, daß die Pythagoräer die begriffliche Natur ihrer Prinzipien noch nicht erkannten; sachlich aber spielen sie durchaus die Rolle oberster Erkenntnisbegriffe. So, wenn unsere Philosophen das Unbegrenzte an die Peripherie der Welt, die sie sich nach Art einer Kugel dachten, verlegten, 28 im Gegensatz zum begrenzenden Eins, welches sich in der Mitte befindet; sieht man wohl, daß sie hiermit erstens objektiv den Gedanken des an sich noch völlig unbestimmten Substrats alles Werdens ausdrücken wollten, welches erst durch das Gesetz ins Sein erhoben wird; zweitens subjektiv, in Hinsicht auf die Erkenntnis, den Inbegriff alles Problematischen, dahin das Licht der Vernunft und der Erkenntnis noch nicht gedrungen ist. Interessant ist nun, daß die Pythagoräer den Raum, das Leere 29 (TÒ KEVÓV), und die Zeit 30 in das Unbegrenzte verlegten, von dem aus sie erst in die Welt eintreten und gleichsam eingeatmet werden sollten und so, indem sie sich mit dem Begrenzenden verbinden, die Erzeugung des Seienden mitbewirken. Aristoteles 31 freilich erschien diese Meinung so töricht, daß er sie nicht weiter berücksichtigen zu müssen glaubt; und doch sind hier die Keime tiefster Gedanken. Die Zahl selbst kann nur ins Sein treten, indem sie sich mit der Zeit verbindet: denn nur in der Zeit ist das Auseinanderhalten des Unterschiedenen möglich. Insofern sie so die Voraussetzung alles Unterscheidens und somit aller gegenständlichen Erkenntnis ist, konnten die Pythagoräer mit Recht sagen, die Dinge seien alle in der

Kinkel, Philosophie. I 1

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Zeit; was sie denn auch bildlich so ausdrückten: die Zeit sei die umfassende Himmelskugel selbst. Zum Zustandekommen des Gegenstandes gehört aber nicht nur die Zeit, sondern auch der Raum; und wenn die Zeit uns das Nacheinander zu trennen erlaubt, so der Raum das Beisammen. Eine Ahnung dieser Meinung ist wenigstens darin zu erkennen, wenn die Pythagoräer ausdrücklich sagen, daß der Raum die bestimmte Unterscheidung und die Trennung des einander Benachbarten ermögliche. Aber warum verlegten sie dann Raum und Zeit in das Unbegrenzte, wenn sie doch vielmehr als Prinzip der Unterscheidung erscheinen? Nun eben, weil sie allein machtlos sind: Erst in Verbindung mit dem Begrenzenden können sie ihre Aufgabe erfüllen. Man könnte im Sinne KANTS sagen: indem der Verstand Raum und Zeit bestimmt, entstehen die einzelnen räumlichen Gebilde; aber natürlich haben die Pythagoräer das Begrenzende noch nicht als Verstand bezeichnet. Doch stehen sich die Gegensätze bei unseren Philosophen nicht unvermittelt gegenüber. Wir sahen gleich am Anfang unserer Untersuchung, wie zugleich mit der Zahl die Harmonie entdeckt wurde. Da aber diese beiden Prinzipien (das Begrenzende und Unbegrenzte) als ungleiche und unverwandte zugrunde lagen," sagt Philolaos, so wäre es ihnen unmöglich gewesen, bereits in die Weltordnung einzutreten, wenn nicht die Harmonie dazu gekommen wäre, wie diese auch immer zustande kam. Das Gleiche und Verwandte bedurfte ja doch nimmer der Harmonie, dagegen muß das Ungleiche und Unverwandte und ungleich Verteilte durch eine solche Harmonie zusammengeschlossen werden, durch die sie imstande sind, in der Weltordnung zusammengehalten zu werden." 32 In diesen Worten zeigt sich das Bemühen, den Gegensätzen den Anschein des Kontradiktorischen zu nehmen und ihre Korrelativität ans Licht zu stellen. Wie, wenn sich das Unbegrenzte dem Begrenzenden entzöge? Wenn das Unbestimmte von Natur unvernünftig, dem Gesetze feindlich wäre? Dann wäre in gleicher Weise der Bestand des objektiven Seins, wie die Möglichkeit der Erkenntnis gefährdet.

Dieser Gedanke führt von den Pythagoräern zu Parmenides; er ist aber bereits angelegt im Begriffe der Harmonie. Man muß sich überzeugen, daß hier wirklich eine fruchtbare und tiefe Einsicht vorliegt. Wir hatten das Hauptverdienst der Pythagoräer darein gesetzt, daß sie durch die Zahl das Problem der Verschiedenheit zu bewältigen lehrten. Man kann aber das Verschiedene, das Andere nicht denken, wenn man es nicht als das Andere des Einen, zu dem es korrelativ ist, denkt.33 Völlig disparate Begriffe ließen sich gar nicht vergleichen, also auch nicht unterscheiden. So bemühen sich die Pythagoräer, die Harmonie überall als die höhere, verbindende Einheit der Gegensätze nachzuweisen. Denn sie blieben durchaus nicht bei der musikalischen Harmonie stehen, die ihnen freilich gleichsam die vollkommenste Darstellung und Erscheinung der Harmonie ist. Führen sie doch selbst die musikalische auf eine mathematische zurück.

Nunmehr dürfen wir dazu übergehen, zu untersuchen, wie die Pythagoräer den ursprünglichen Gegensatz des Begrenzenden und Unbegrenzten und den Begriff der Harmonie, als ihrer Einheit, durch den gesamten Umfang des Seienden, wie durch das ganze System des menschlichen Wissens als grundlegend und beherrschend nachzuweisen sich bemühen. Wir dürfen uns hierfür an die von Aristoteles überlieferte sogenannte Kategorientafel der Pythagoräer halten, deren Bedeutung freilich Aristoteles nicht zu würdigen wußte. Die Gegensätze lauten hier:

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Es wird unsere Aufgabe sein, zu zeigen, wie die Pythagoräer von ihrem Standpunkt aus berechtigt waren, in allen Gliedern der Tafel, welche links stehen, ihr Prinzip der Grenze, in allen denen, die rechts stehen, aber das Unbegrenzte, Unbestimmte wiederzuerkennen. Wir werden weiter sehen, wie sich in der Tafel wirklich die Begriffe auf die verschiedensten Wissensgebiete verteilen; nur stehen sie nicht gerade sachgemäß geordnet. Es gehören offenbar in das Gebiet der Mathematik die Gegensatzpaare: 2, 3, 7, 10; in das Gebiet der Physik 6, in das der Physiologie 5, zur Ethik hingegen sind zu zählen, wie wir zeigen werden, 4, 8, 9. Doch sind die Begriffe natürlich nicht durchaus auf diese Gebiete beschränkt, und der erste Gegensatz bildet gewissermaßen das durchgehende Leitmotiv und führende Prinzip.

Was zuerst den Gegensatz der Einheit und Vielheit angeht, so beruht auf ihm die Bildung der Zahl, 34 indem hierbei zugleich die Einheit sowohl die Rolle des die Vielheit der Elemente begrenzenden, als auch die des Elementes und des die Vielheit erzeugenden Prinzipes spielt. Indem die Einheit durch Addition die Vielheit erzeugt, ist sie nach dem Ausspruch des Aristoteles das Maß der Vielheit; insofern aber die Vielheit in jeder bestimmten Zahl doch begrenzt ist, ist sie das Prinzip der Begrenzung der Vielheit. Ob nun die Pythagoräer diese Überlegung schon angestellt haben, oder ob sie erst auf Kosten des Aristoteles kommt, ist ungewiß, auf jeden Fall sieht man, daß die Gegenüberstellung der Einheit und Vielheit die richtigen Bestandteile der Zahl enthält. 35

Wir haben ferner gesehen, wie Philolaos die Zahlen einteilt in ungerade, gerade und gerad-ungerade. Diese Dreiteilung, und also vor allem das Grundgegensatzpaar: Ungerade, Gerade, kehrt wieder in den von den Pythagoräern entdeckten und sogenannten Quadratzahlen, heteromeken (rechteckigen) Zahlen und Dreieckszahlen. 37 Die Quadratzahlen nämlich entstehen durch Addition der ungeraden, also begrenzenden Zahlen: 1 + 3 = 4 = 22; 1+3+5=9=32; 1+3+5+7=16=4o usf. Die heteromeken oder rechtwinkligen Zahlen werden er

zeugt durch Addition der geraden Zahlen, z. B. 2+4-6=2.3; 2+4+6=123.4 usf. Endlich die Dreieckszahlen werden gebildet, indem man alle ungeraden und geraden Zahlen bis

zu einer beliebigen addiert: 1+2+.......n

=

n(n+1)

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Dies

macht es uns verständlich, warum das Quadrat in der Kategorientafel auf seiten des Begrenzten steht, das Rechteck auf seiten des Unbegrenzten; denn diese Zahlen lassen sich alle durch äquidistante Punkte darstellen, z. B. die Quadratzahl 4 so als Quadrat, die Rechteckszahl 6 :::, die Dreieckszahl 1+2+3+4=10 so Das so gebildete Quadrat ist

aber aus dem Ungeraden, das Rechteck aus dem Geraden, das Dreieck aus beiden gebildet. Die ungeraden Zahlen bezeichneten die Pythagoräer auch als Gnomone, weil jede ungerade Zahl eine Quadratzahl zu einem Quadrat ergänzt, was sich räumlich so darstellt, daß die ungerade Zahl die gerade gleichsam wie ein Winkelmaß, ein Gnomon, (siehe Fig.) umschließt, z. B. 4+5=9; so 12+3=2o, 3o+7=4o usw. Aber auch die Harmonie durfte in der Betrachtung der Zahlen nicht fehlen.

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lischen Harmonie die arithmetische Harmonie wieder. Denn wenn 1 den Grundton, die Quinte, die Oktave be

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