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den Mond als Zeitmesser am Himmel. Auch der Mond ist ursprünglich als Einzelgott verehrt worden.

„Der Mond scheint in jedem Umlauf ein neuer (veoμnvía); er wächst, nimmt ab, wird alt (senium lunae) oder schwindet (poívovτoc unvóc)" (S. 288 USENER). Von dieser Vorstellung, daß der Mond stirbt und sich neubildet, haben wir in der Sprache einen Rest, wenn wir von „Monden" sprechen. Die andere Seite der Sache, daß es zuerst die alltäglichen und unentbehrlichen Erscheinungen gewesen sind, welche so durch die ursprüngliche Begriffsbildung dämonisiert worden sind, mag noch durch einige Beispiele belegt worden. Daß die Vergöttlichung des Feuers zu den ältesten Bestandteilen des indogermanischen Glaubens gehört, hat namentlich GRUPPE gezeigt, der sich freilich dadurch zu dem falschen Schluß verleiten läßt, alle religiösen Begriffsbildungen aus einem ursprünglichen Feuerdienst ableiten zu wollen. Besonders illustrativ sind auch hier die von USENER gegebenen Beispiele. Er verweist zunächst auf die römischen Götter der Indigitamenta, der liturgischen Bücher der römischen Priester, in denen die Gebote vorgezeichnet waren, die sie bei den verschiedenen öffentlichen Handlungen zu verrichten hatten. Hier werden z. B. vom Flamen Cerialis nicht weniger als 12 Götter bei der Aussaat der Feldfrucht angerufen: für jede einzelne Tätigkeit des Bauers ein besonderer. 6 Da finden wir unter anderem: den Vervactor für das erste Durchackern des Brachfeldes (vervactum), den Reparator für die zweitmalige Durchpflügung, den Inporcitor für die dritte und letzte Pflügung, den Insitor für das Einsäen, den Obarator für das Überpflügen der Aussaat, den Occator für das Bearbeiten des Ackers mit der Egge usw. So hatten aber auch die Griechen ursprünglich derartig einfache und primitive Gottheiten, z. B. die drei Töchter des Kekrops (der übrigens selbst nichts anderes ist als ein Gott der Ernte), nämlich Aglauros, die Göttin der heiteren Luft, des hellen Himmels, Herse, die Göttin des Taues, Pandrosos, die Allbeträufelnde, Allbenetzende", eine Göttin des wachstumbringenden Frühlings

regens (USENER S. 136-142); ferner Erechtheus und Erichthonios, der „Schollenbrecher", der ganz dem römischen Vervactor entspricht, Triptolemos, der Gott der dritten Pflügung (USENER S. 141, weitere Beispiele S. 242). Der Ackerbau setzt nun immer schon einen nicht zu verachtenden Grad der Kultur voraus. Dennoch ist nicht zu bezweifeln, daß auch diese Stufe noch eine Art unpersönlicher Gottheit kannte. Denn erst die spätere Zeit hat aus den Genannten Heroen und Persönlichkeiten gemacht. Und ebenso suchte sich der ursprüngliche Mensch die Erscheinungen seines eigenen Daseins, sein Leben, zu erklären.

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Die ursprünglichste Vorstellung von der Seele ist rein körperlicher Natur: Die Psyche ist der Hauch des Atems;7 denn mit dem Atem schwindet das Leben. Es wurde also auch hier ein dämonisches Wesen als Erklärungsgrund angenommen! Gleichsam ein zweites, unheimliches Ich in uns, das für uns wirkt und denkt, das uns belebt". Besonders mußten die Wahrnehmungen des Traumes der Ohnmacht, usw. zu einer derartigen Auffassung hindrängen: „Der Glaube an die Psyche", sagt ROHDE, 8, war die älteste Urhypothese, durch die man die Erscheinungen des Traumes, der Ohnmacht, der ekstatischen Vision vermittelst der Annahme eines besonderen, körperhaften Akteurs in diesen dunklen Handlungen erklärte.“ Auf diesem Glauben an diesen Doppelgänger im Menschen beruhte der Seelenkult, der bei allen indogermanischen Völkern und so auch bei den Griechen verbreitet war, und von welchem wir später noch einiges zu sagen haben werden. Denn die Wirkungsfähigkeit des Seelendämons war mit dem Tode des Menschen nicht abgeschlossen: er kann noch ins Leben der Zurückgebliebenen mannigfach eingreifen.

So sehen wir die Menschheit in dieser frühen Zeit ihrer Entwickelung in einem Zustande durchgehender Unfreiheit, d. h. Gesetzlosigkeit, dem Zufall und der Laune der Dämonen preisgegeben. Zwar sind diese die Geschöpfe seines eignen Geistes, und wenn irgend einmal, so gilt hier der Spruch des

Mephisto: Am Ende hängen wir doch ab von Kreaturen, die wir machten"; aber er erkennt sich selbst nicht darin wieder, sie sind ihm fremd, ja feindlich geworden. Sein Trachten, Sehnen und Verlangen, seine Leidenschaften und Erlebnisse,

Was vom Menschen nicht gewußt

Oder nicht bedacht,

Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht

alles stellt sich ihm sinnlich-körperlich als äußere Macht entgegen, die er nicht begreifen kann und auf die er doch angewiesen ist. Wie wird er sich dazu verhalten?

Wir müssen bedenken und haben es schon oft betont, daß auch in sittlicher Hinsicht der Mensch hier erst am Ursprung und Ausgangspunkt seiner Entwickelung ist; und da ist er durchaus Triebwesen. Hieraus ergibt sich sein Verhalten zu jenem dämonischen Wesen von selbst: „Der ursprüngliche Mensch wendet sich an die Gottheit nur, wenn er ihrer bedarf. Und er bedarf ihrer in dem Gefühl der Unzulänglichkeit seiner Kräfte, um Übel von sich und den Seinen abzuwehren oder um sich Vorteile zu verschaffen. Er unternimmt es in der naiven Überzeugung, den Willen der Gottheit zwingen und beugen zu können. Symbolische Handhabungen, die er mit der ganzen Inbrunst seines ungezügelten Willens erfüllt und durch die gebundenen Worte des Zauberspruches zu heiligen sucht, sollen ihm die Gewährung seiner Wünsche sichern." 9

Ob man, wie GRUPPE meint, 10 eine dem Opfer- und Zauberwesen noch vorausliegende Stufe annehmen muß, in welcher der Mensch seine Macht und Fähigkeit dadurch zu erhöhen suchte, daß er das Göttliche materiell in sich aufnehmen will, 11 lasse ich dahingestellt. Man würde dann allerdings im ZagreusDionysos-Kult, von dem später kurz gesprochen werden muß, ein Element urältester Religion wiederfinden.

Jedenfalls ist dies der ursprünglichste Sinn alles Opfers und aller Zaubersprüche: Man will den Dämon günstig stim

men oder ihn gar zur Dienstleistung zwingen. Das Opfer ist in diesem Stadium durchaus der Ausdruck eines Vertrages zwischen dem Opfernden und dem dämonischen Wesen. Die Leistung erfordert Gegenleistung. Und was die Zauberformeln angeht, so ist von besonderem Interesse die ursprüngliche nahe Beziehung zwischen dem Priester (hier noch besser: Zauberer) und Arzt. Denn da auch Krankheit und körperliches Übelbefinden nicht anders erklärt wurde als durch die Gegenwart fremder Dämonen im Leibe des Kranken, so mußte die wichtigste Aufgabe des Arztes hier sein, den Krankheitsdämon zu entfernen; es konnte dies aber auf zweierlei Art: entweder durch Zaubersprüche 12 oder aber durch eigentliche materielle Reinigung des Kranken, d. h. durch Waschungen oder Abreibungen (vergl. Rohde: Psyche, Bd. II S. 74—75, ferner R. Wünsch im Arch. f. Religionsw. Bd. VII, Heft 1 S. 106 ff.). So heilten die Diener des Asklepios noch in späteren Zeiten Krankheiten durch Wegwischen" des dämonischen Krankheitsstoffes: Der Arzt ist ursprünglich Reinigungspriester.

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Sind nun diese Reinigungsvorstellungen und die Zauberformeln der primitiven religiösen Begriffsbildung völlig angemessen, so verrät doch das Opfer, sofern es nicht mehr den Sinn einer Zauberhandlung, sondern den eines Vertrages hat oder sich gar an die Gnade der Gottheit wendet, bereits eine höhere Stufe des sittlich religiösen Lebens. Es setzt vor allem eine mehr oder weniger klar vollzogene Personifikation des göttlichen Wesens voraus. Besonders klar wird dies, wenn man die Opferhandlungen des Seelenkultus ins Auge faßt.

Ist doch die Seele des Verstorbenen offenbar nach ältester und uranfänglichster Auffassung noch der sinnlichen Wahrnehmung und Empfindung fähig: sie vernimmt die Totenklage, sie ist beim Totenmahl zugegen, sogar als Gastgeber gedacht. (Rohde I 231.)

Am dritten und neunten Tage nach der Bestattung brachte man dem Toten allein ein Mahl dar, welches die Seele verzehrt. Man gab den Verstorbenen Waffen und Geräte mit

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ins Grab usw. 13 Auch darf hier an die di manes und di parentes der Römer gedacht werden, welche ja auch die Seelen der Verstorbenen sind; besonders auch an die Kloßgenossen“ (sapinda) der alten Inder. Man stellte in Indien den Seelen der Verstorbenen Reisklöße zum Mahle hin, indem man das Gesicht abwendete. 14 Auch die Germanen gaben den Toten Seelengerät, das Seelteil mit; Opfer, Menschen- wie Tieropfer, waren den Germanen und Griechen gemein. Kurz, alle die vielen Gebräuche, die aus dem Seelen- und Ahnenkult, namentlich Griechenlands, bekannt sind, zeigen deutlich, daß die Seele wirklich als Person gedacht wurde. Überhaupt aber finden wir ja bei den indogermanischen Völkern, insbesondere den Griechen, bei ihrem Eintritt in die Geschichte bereits einen ziemlich großen Schatz persönlicher Gottheiten vor, die anfangs freilich noch ein mehr oder weniger schattenhaftes Aussehen haben. So sind wir denn vor die Frage gestellt, wie wir uns den Übergang von jenem Zustand des Dämonenglaubens zur Verehrung persönlicher Götter, zum eigentlichen Polytheismus, zu denken haben.

Wir dürfen nicht hoffen, diese Frage erschöpfend und in allen Punkten sicher zu beantworten; vielmehr müssen wir uns auch hier mit dem Versuch begnügen, einige Motive dieser Entwickelung anzudeuten, deren Wirksamkeit wir mehr vermuten und ahnen, als wirklich beweisen können. Ein solches Motiv liegt nun schon in der zuletzt besprochenen Erscheinung des Seelenkultus selbst. Der Seelendämon, die Psyche, konnte zwar ursprünglich auch lediglich als das belebende, übrigens unpersönliche Prinzip gedacht werden. Diese Vorstellung selbst aber drängte notwendig und von selbst zur Personifikation. Sah man doch in der Seele eben ein alter Ego, ein anderes Ich.

Was lag da näher, als die eigene Persönlichkeit, planmäßiges Handeln, Absicht usw. in ihm wieder zu finden? Dies wird noch einleuchtender, wenn wir uns jener Momente erinnern, die oben als hauptsächlichste Veranlassungen der Bildung des Seelenbegriffes genannt wurden. Im Traum schien ja die

Kinkel, Philosophie. I1

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