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im Krieg, ein weitgehender Einfluß zugebilligt; 37 aber unter dieser Bezeichnung verbirgt sich nicht mehr die launenhafte Macht weder eines menschenähnlichen Gottes, noch des unbezwinglichen Schicksals. Die Túxn ist einfach der Rest, der verbleibt, wenn der Mensch die gegebenen Verhältnisse mit der Vernunft zu durchdringen versucht: das, was sich in Natur- und Menschenleben noch nicht auf Begriffe bringen, noch nicht erkennen läßt und das daher im Laufe des Geschehens als ein in der Rechnung unvorhergesehener Faktor sich einstellt, also zugleich der Ausdruck der Endlichkeit und jeweiligen Relativität alles menschlichen Erkennens. Daher kann dagegen auch kein anderes Mittel aufgerufen werden als eben die Vernunft selbst, 38 die ja durch ihre Endlichkeit und Unvollkommenheit jenes Problematische selbst verschuldet. Oft 37 gewinnen die schlechtesten Maßregeln gegen einen noch unbesonneneren Feind, wie auch umgekehrt, die schönsten und vernünftigsten Überlegungen an einem unvorhergesehenen Ereignis scheitern. Aber daraus folgt nur, daß man dem Glück so wenig als möglich anheimstellen soll", 38 sondern daß man durch vernünftige Entschließungen (also durch möglichst angestrengte Erkenntnis) ihm zuvorkomme; es ist also keine selbständige, alogische Macht. Es ist daher auch töricht, so urteilt Thukydides im schroffen Gegensatz zu Herodot, auf Orakel, Wunderzeichen und Wahrsager etwas zu geben; weil man dadurch nur verführt wird, die natürlichen Mittel, die noch zur Rettung vorhanden sind, zu verachten und zu übersehen. 39 Nur ängstliche und unwissende Gemüter lassen sich durch Naturereignisse erschrecken, 40 während dem Thukydides, als einem Philosophenschüler, die natürliche Erklärung derselben geläufig ist. Wird man noch fragen, was denn bei Thukydides an Stelle des altherkömmlichen Glaubens eines Herodot getreten ist? Es ist, kurz gesagt, der Glaube an die Vernunft und die Selbstbestimmung des Menschen; das Vertrauen auf den endlichen Sieg der Vernunft und eine in diesem Sinne aus der sittlichen Bestimmung des Menschen selbst folgende, ausgleichende Gerechtigkeit. So beurteilen

sich z. B. die kriegführenden Parteien selbst: die Lakedämonier, die zuerst unterlagen, schieben dies dem Umstande zu, sagt Thukydides, daß sie das Unrecht auf ihrer Seite hatten; im erneuten Kampfe hoffen sie zu siegen, weil sie für eine gerechte Sache kämpfen. 41 Es bedarf hierzu keines übernatürlichen Eingriffes von seiten der Gottheit. Die gerechte, sittlich - vernünftige Sache muß endlich siegen. Wenn dem der Lauf der Geschichte manchmal oder sogar oft nicht nur zu widersprechen scheint, sondern sogar tatsächlich widerspricht, so darf das nicht am Vertrauen auf diese ausgleichende Gerechtigkeit irre machen. Je mehr dem Menschen es gelingt, die Welt mit der Vernunft zu durchdringen, je mehr die Menschen selbst sittlicher werden, desto offenbarer wird jene Gerechtigkeit werden. Und so kann man sagen: auch Thukydides ist gottgläubig; aber sein Gott ist die Idee der sittlichen Menschheit.

Aber nicht nur durch die eigne Stimmung des Autors ist sein Geschichtswerk so interessant: es verrät auch, wie sich die religiösen und sittlichen Anschauungen namentlich Athens und der Athener damals geändert hatten. Thukydides, selbst weit über den Standpunkt sophistischer Moral erhaben, zeigt uns deutlich, wie der Geist der Sophistik Macht gewann und aufkam. Er selbst, Thukydides, hat von den Sophisten eigentlich nur das Gute angenommen; es betrifft seinen schriftstellerischen Stil, seine Ausdrucksweise, Vielseitigkeit und seinen Geschmack, seine Charakteristik. Für uns aber ist hier bemerkenswert das Bild, das er vom allmählichen Verfall der alten Sitte und Gläubigkeit, namentlich bei der großen Pestseuche zu Athen, entwirft; wie da das Volk an den Göttern irre wird, weil ihr Flehen zu ihnen keinen Erfolg hat, 42 weil die Frommen und Rechtschaffenen der Krankheit ebenso erliegen wie die Gottlosen und Schlechten. Er schildert dann in unübertrefflicher Weise, wie bei jener Gelegenheit sich alle Sitte zu lockern begann und jeder, angesichts der drohenden Verderbnis, bestrebt war, so viel Lebensgenuß und Freude zu erjagen, als ihm das dunkle Verhängnis noch

gönnte. Wir können begreifen, wie durch solche Ereignisse der Boden geebnet wurde für die Lehre der Sophisten; wie die Grausamkeiten und schlimmen Gebräuche einer Theorie Eingang verschafften, die das Recht der Macht gleichsetzte und so das Treiben der zügellosen Menge zu entschuldigen schien. In der Tat verkündigen namentlich die Vertreter Athens bei verschiedenen Gelegenheiten ganz unverhohlen das Recht des Stärkeren. 43 Der hohe sittliche Ernst, der in Thukydides zum Ausdruck kommt, läßt uns aber auch schon erkennen und gibt uns eine Gewähr dafür, daß die besten der Griechen sich bei solcher Weltauffassung, wie sie durch die Sophisten vertreten wird, nicht beruhigen werden.

Die Dichter und bildenden Künstler.

Aischylos 1 Der Name schon bedeutet eine Welt! Durch die Kraft seines Genius zaubert er vor unser Auge ein Abbild unseres Menschendaseins in seinen zahlreichen Leiden und spärlichen Freuden, in seiner Niedrigkeit und ewigen Hoheit, in seinem Abstand vom Göttlichen und seiner nie verlöschenden Sehnsucht nach dem Göttlichen. Wie Homer sang von der Menschen Geschlecht, das wie die Blätter im Walde verweht (I. G. VI 146 ff.), so weiß auch Aischylos zu sagen vom Menschenlos:

Des Menschen Glück zu trüben reicht ein Schatten hin, Des Menschen Unglück wird vergessen, schnell, schnell, Wie nasser Schwamm die Zeichnung auf der Tafel löscht. 2 Aber er weiß auch zu künden von dem unvergänglichen Teil der Seele: von dem sittlichen Selbst: ,uns zwingt die enge Satzung durch Leiden zu lernen." 3

Wenn Homer und Hesiod in gewissem Sinne den Griechengöttern ihr Dasein gaben, so ist es Aischylos, welcher vor allen anderen ihre Existenz versittlicht hat. Der erste Dämon zwar, den sich der Mensch zu eigner Last erdachte und doch auch zu eignem Glücke, barg einen Keim des Sittlichen; und das sind die Götter der Absicht nach immer gewesen: die

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sittlichen Ideale ihres Volkes, was auch sonst immer ihre Art und ihr Beruf daneben gewesen sein mag. Aber die Größe seiner Persönlichkeit und damit auch die Größe seiner Zeit und seines Volkes offenbart Aischylos, indem er mit dieser Absicht wiederum Ernst macht. Er prüft die Götter an den sittlichen Ideen; und sie bestehen nicht immer gut und müssen sich und ihr Wesen wandeln. Ja sie wandeln sich im Geiste des Dichters selbst; durch des Lebens Leid und Glück hat der Dichter selbst gelernt, und die reifere Einsicht ist seinen Göttergestalten dann zugute gekommen. An dem Beispiel des obersten der Götter, des Zeus, ist dies besonders deutlich. Im Gefesselten Prometheus" (Tpouηlevc decμútηc) ist Zeus nichts als ein Tyrann, eigenwillig, grausam, bedroht von künftigem Sturze, und zwar durch seine eigne Begehrlichkeit bedroht, auch ein Feind der Menschen".4 Hier also wird das Göttliche noch als im Zwiespalt und in Feindschaft mit dem Menschlichen empfunden; wir sehen in der Person des höchsten Gottes noch einen Rest des ursprünglich Dämonischen, des naturhaft Unfreien. Aber durch die Figur des Prometheus übt der Dichter bereits selbst Kritik an dieser Auffassung. Zeus und sein Regiment waren noch jung, als er seine Gewalt und Macht den Prometheus also fühlen ließ: Das ist gleichsam die Entschuldigung des Dichters für den Gott. Es ist nicht Zufall und von ungefähr, daß der Dichter so oft betont, wie Zeus noch ein Neuling sei in seiner Würde als Herr der Welt5 und doch dem Schicksal weichen müsse. Nun vergleiche man mit dem menschenfeindlichen Zeus des Gefesselten Prometheus" den gütigen Allvater der Orestie! Mit welcher Hingabe, mit welchem Vertrauen blickt der Dichter zu ihm auf, er verehrt in ihm den sicheren Halt und die Stütze der Gerechtigkeit, den Hort des Fremdlings (— so auch schon in den Schutzflehenden 7-), kurz: den Inbegriff der sittlichen Ideale seines Volkes. Hier ist also jener Gegensatz zwischen dem Göttlichen und Reinmenschlichen verschwunden: der Abstand betrifft nur noch die Unvollkommenheit des empirischen, zeitlichen Menschen, gegen das Ideal.

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Kinkel, Philosophie. I 1

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Durch das Ideal, durch den Glauben an das Ideal, kann sich der Mensch wieder aufrichten, wenn er von dem Leide gebeugt ist:

Zeus, Zeus.

Mit diesem Namen ruf' ich ihn,
Mit jedem, den er hören mag,
Und ob ich alles wäge,

Zu leicht befind' ich alles.

Von Sorgen und von Sinnen

Und Zweifel löst das Herze
Mir Zeus allein. 8

Durch ihn wird das Gute endlich triumphieren. Mancher glaubt, um die Menschen kümmere sich die Gottheit nicht, aber solcher Glaube ist sündig.

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Überall führt Dike, die darin nur des Zeus Gebot befolgt, ,das Recht und die Wahrheit zum endlichen Siege".10 Dieser Gott, der so das Reinste und Beste ist, was der Menschengeist ersinnen kann und vollführt, kann nicht neidisch sein, wie die Alten sagen wollen; Aischylos widerspricht dem direkt. 11

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Man ist nun aber berechtigt, anzunehmen, daß bereits im Befreiten Prometheus" die Gestalt des Zeus sich im idealen Sinne vertieft hat; denn deswegen legt ja der Dichter zwischen das erste und zweite Drama der Prometheus-Trilogie einen Zeitraum von 30000 Jahren, um anzudeuten, daß das Regiment des Zeus nicht mehr jung ist. Zeus hat sowohl Prometheus wie alle anderen Titanen gelöst, hat zu seinen Beisitzern nicht mehr bloß Kraft und Gewalt, sondern Gerechtigkeit und Pietät (Dike und Aidos), jetzt ist er der Vater der Götter und auch der Menschen." 12 So dürfen wir auch sagen: der befreite Prometheus ist zugleich der befreite Zeus, befreit aus seiner bloß materiellen Naturgewalt zu einer obersten vernunftberechtigten Gottesmacht." 13 Und wie nun Aischylos so den obersten Gott zu einer sittlichen Macht emporläutert, so hat er auch an den andern Göttern, insbesondere auch an Apollon, eine gleichsam immanente Kritik

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