ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

wieder verlassen. Auch die dritte Periode, die der nacharistotelischen Philosophie, kann nicht ohne weiteres mit dem Schlagwort: Dogmatismus abgetan werden; denn wenigstens Proklus, Plotin und andere zeigen, daß sie einen Hauch des echten platonischen Idealismus gespürt haben. Dennoch ist der Versuch, die drei Abschnitte nach der geübten Methode des Philosophierens zu trennen, nicht schlechterdings zu verwerfen. Das Berechtigte darin tritt vielleicht klarer hervor, wenn wir gleichzeitig den jeweiligen Ausgangspunkt und das Gebiet der Untersuchungen mit in Betracht ziehen. Wir dürfen dann mit einigem Recht sagen, daß die erste der von uns unterschiedenen Perioden das Bestreben zeigt, die gesamte Welt einseitig von der Natur aus zu verstehen: mag man nun die Natur in einer sinnlich gedachten Substanz oder im Denken begründen. Es fehlt freilich nicht an den Versuchen, auch die sittliche Welt zu erobern; namentlich Demokrit müßte hier rühmlich genannt werden. Aber doch darf man sagen, daß erst Sokrates den Blick vom Sein der Natur auf das sittliche Sein hingelenkt hat, und die großen Systematiker Plato und Aristoteles umspannen mit ihren Gedanken in gleicher Weise Natur und Sittlichkeit; nachdem nun aber einmal die Sonne der Sittlichkeit im philosophischen Bewußtsein aufgegangen war, vermag sich das Auge von ihrem Glanze nicht mehr abzukehren; der dritte Zeitabschnitt in der Entwickelung der griechischen Philosophie steht durchaus unter dem Zeichen der Ethik.2 Die Physik und die Logik, soweit sie berücksichtigt werden, treten in den Dienst der Ethik; und nicht nur das: sie werden gleichsam von der Ethik aus konstruiert; indem aber so Logik und Physik an Würde einbüßen, wird auch die Welt der Sittlichkeit enger und unbedeutender, das Individuum und seine täglichen Sorgen treten in den Vordergrund; daher ist es begreiflich, daß selbst in den letzten großen Systemen der Neuplatoniker die Ethik nicht mehr zu selbständig reiner Entwicklung gelangt, sondern teilweise wenigstens dem mythisch-religiösen Interesse untergeordnet wird.

ERSTE PERIODE.

EINSEITIGE BEMÜHUNGEN, DIE WELT VON DER NATUR AUS ZU VERSTEHEN.

EINLEITUNG UND NÄHERE GLIEDERUNG.

Der Mensch ist, wie wir schon sagten, von Hause aus Sensualist; selbst die Begriffe und Hypothesen, die er ersinnt, um sich in der Welt zu orientieren, verdinglicht und versinnlicht er. Ein Rest von jener Meinung, daß man nur die Augen aufzuschlagen habe, um die Erkenntnis fertig von außen überliefert zu bekommen, geht auch in die Anfänge der Philosophie über. Die ersten griechischen Philosophen nahmen die Welt durchaus als etwas fertig Gegebenes. Sie waren noch weit davon entfernt, die Erkenntnis als ein spontanes Erzeugen aufzufassen, sondern sie sahen darin günstigstenfalles ein Nachbilden des Gegebenen. Der Fortschritt gegenüber dem Mythos besteht aber darin, daß man sich nicht mehr an das unmittelbar Empfundene hält, daß man ferner beginnt, die Welt als ein Ganzes, als eine in sich geschlossene und in sich ruhende Einheit zu betrachten; kurz, daß man sie als Kosmos zu begreifen sucht. Die Sinne zeigen ihn nicht; sie führen uns ein ewiges Entstehen und Vergehen, einen dauernden Wechsel, Gegensätze und Widerstreit der Vorstellungen zu. Nur das Denken kann zu dieser Einheit führen. Freilich sucht es sie zuerst durchaus außerhalb seiner selbst, in einer unabhängigen Dinglichkeit. Die Philosophie mußte schon einen langen beschwerlichen Weg zurückgelegt haben, ehe sie durch Parmenides belehrt werden konnte, daß die Einheit des Kosmos eben die Einheit des Denkens ist. Und selbst dann wurde sozusagen das Denken in die Welt, nicht die Welt in das Denken verlegt. Man begreift, warum das Verhältnis des

Kinkel, Philosophie. I1

4

Geistes zur Natur verkannt werden mußte, wenn man bedenkt, daß das sittliche Sein noch nicht entdeckt, oder wenigstens noch nicht genügend erforscht war.

[ocr errors]
[ocr errors]

Der erste Gegenstand, an dem sich der menschliche Forschungsgeist versuchte, war von jeher das Universum." 1 Wir haben aber schon den Fortschritt (und damit den Einteilungsgrund) in diesen ersten Bemühungen der ersten Philosophen angedeutet. Zuerst sucht man die Einheit der Welt in der Einheit der Natur; später in der Einheit des Denkens. Die jonischen Naturphilosophen (Thales, Anaximander, Anaximenes, auch bis zu einem gewissen Grade noch Heraklit) bemühen sich, einen naturhaften Stoff, ein sinnliches Substrat aufzufinden, das allen Dingen zugrunde liegt. Darin sehen sie die Bürgschaft, den Zusammenhang des Kosmos, darin das vereinigende Band des Seins. Prinzipiell braucht hierbei der Standpunkt des Sensualismus noch nicht verlassen zu werden. Denn dieser stoffliche Urgrund der Welt muß sich doch irgendwie den Sinnen darstellen. Man wird also nur unter den Daten der Sinne zu wählen haben, und die eigentlich philosophische Aufgabe wird hier nur darin bestehen, den Urstoff in allem Seienden wiederzuerkennen, wiederzufinden. Der einzige Anaximander macht hier eine Ausnahme; denn mag sein Unendliches, das er zum Prinzip erhob, auch noch stofflich gedacht sein, es ist nicht mehr unmittelbar sinnlich wahrnehmbar. Den Weg zur definitiven Überwindung des Sensualismus bahnten die Pythagoräer an; denn die Zahl, welche sie. als Substanz des Seins proklamierten, kann man füglich nicht mehr den Sinnen anvertrauen; zu deutlich verrät sich in ihr die Kraft des Geistes; erst die Eleaten aber führten das Denken zu sich selbst zurück. Jedoch auch sie blieben bei dem naturhaften Sein stehen; 2 der Kosmos der objektiven Welt, nicht das Reich der Sitten, findet hier seine vorläufige Begründung. Empedokles und Anaxagoras suchen beide Standpunkte zu vermitteln, was, namentlich bei dem ersteren, nur zugunsten des Sensualismus geschehen konnte. Die Atomisten, also besonders Demokrit, bringen dem gegenüber den Idealis

mus wieder zu Ehren. Demokrit ist es auch, welcher der Entdeckung des Sittlichen zumeist vorgearbeitet hat. Am wenigsten scheinen die Sophisten, nach unserem Einteilungsgrund, in die erste Periode zu passen; denn freilich haben die Sophisten sich vornehmlich den praktischen Fragen des täglichen Lebens gewidmet und in der Kritik der bestehenden Sittlichkeit ihre Hauptaufgabe gefunden. Aber sie sind dennoch nicht zum wahrhaft sittlichen Sein durchgedrungen, sondern mit allen ihren Bemühungen in der objektiven Natur befangen geblieben. Der Wortlaut ihrer Lehren scheint, wie gesagt, unserer Behauptung zu widersprechen, ließen doch die Sophisten gerade die Sittlichkeit durch das Subjekt und seine Willkürsatzungen (vóμw und Oéce) im Gegensatze zur Natur (púce) entstehen. Aber wir werden zu zeigen haben, daß die Sophisten gerade das Subjekt in seiner sinnlichen Natürlichkeit genommen haben, und daß das, was sie unter dem Namen der Natur als Quell der Sittlichkeit leugnen, vielmehr gerade das Sittengesetz selbst, die ungeschriebenen Gesetze (arpaqo vóμoi), also recht eigentlich das sittliche Sein ist. Wo sie aber selbst an die Natur appellieren, um ihre Grundsätze der Sittlichkeit zu rechtfertigen, meinen sie die sinnliche Natur des Individuums. Mag also ihr Interesse der sittlichen Welt sich nähern, ihr Standpunkt ist noch durchaus der der objektiven Natur; nicht sie haben, sondern Sokrates hat die Ethik begründet.

DOGMATISCHE VERSUCHE, DIE EINHEIT DER WELT IN EINEM STOFFLICHEN SUBSTRAT ZU BEGRÜNDEN.

Thales.

Als den ersten unter den Denkern, welche dem Ursprung alles Seins nachsannen in einer nicht mehr rein mythologischen Weise, nennt Aristoteles den Thales von Milet; er suchte die άpxn, das heißt eben den Ursprung, das Prinzip der Welt, er ist ὁ τῆς τοιαύτης ἀρχηγὸς φιλοσοφίας, der Urheber einer derartigen Philosophie. 1 Ob Thales selbst sich schon des Wortes άpxń zur Bezeichnung seines Prinzipes bediente, ist fraglich und wohl unwahrscheinlich. Als Urstoff der Welt sah er nach des Aristoteles Zeugnis das Wasser an.2 Wie er zu dieser Annahme gekommen sein mag, darüber sogleich; zuerst wollen wir uns über die prinzipielle Bedeutung einer derartigen Lehre klarzuwerden versuchen. Der philosophische Trieb verrät sich hier zunächst in dem Verlangen, von der Vielheit der Erscheinungen zu der Einheit des Kosmos vorzudringen. Noch Plato konnte seine Idee charakterisieren als die Zusammenschau des Vielen in das Eine. Wir haben gesehen, wie das mythische Denken die sachlich gedachten Ursachen unmittelbar in die Erscheinung hineinverlegt; wie es sich demnach in die Vielheit des Dämonenglaubens zersplittert. Von solcher Zerrissenheit hat zuerst Thales das Denken befreit; nicht mehr eine schier unerschöpfliche Menge von Göttern und Dämonen, ein einziges Prinzip muß die Welt verbürgen und tragen. Nun war es mit der mythischen Personifikation vorbei; und erst in dieser, wenn auch noch so mangelhaften Einheit war der Übergang vom Chaos zum Kosmos vollzogen. Zwar dachte sich auch Thales seinen Stoff beseelt. Es wird von ihm berichtet, er habe gesagt: das Weltall sei belebt und voll Dämonen, 3 und nach Aristoteles schrieb er dem Magnet

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »