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klarzumachen. Man hat diesen Vergleich verschieden aufgefaßt: Am einfachsten scheint es, daran zu denken, wie gerade die Stärke, mit der die Arme des Bogens und der Leier voneinanderstreben, der vereinigenden Sehne, respektive Saite, ihre Kraft oder ihren Ton bestimmt. Auch scheint Heraklit seine Lehre durch viele Beobachtungen aus der Natur und der Kunst gestützt zu haben. Die Zeugung und das Leben in der Natur beruht auf dem Gegensatz der Geschlechter; die Tonkunst bringt die Harmonie der Töne durch deren Gegensatz, die Malerei durch den Gegensatz der Farben, die sie mischt, hervor. Selbst die Sprache mischt tonlose und tönende Laute, um die Worte zu bilden. 51 Es ist somit das göttliche Feuer nicht nur Krieg und Streit, sondern infolgedessen und zugleich auch glückliche Harmonie. In ihm, dem Logos, verschwinden die Gegensätze. Hier sind Verbindungen: Ganzes und Nichtganzes, Eintracht und Zwietracht, Zusammenklang und Mißklang; und aus allem wird eins und aus dem Einen wird alles." Wichtig ist, wie hier die Harmonie wieder auf den göttlichen Logos, auf das Eine, das alles aus sich gebiert, bezogen wird. Gegensätze, die eine innere Einheit verbindet oder die zu einer Einheit zusammenstreben, können nicht als logische Widersprüche gedacht sein; vielmehr drücken sie nur den Begriff des Unterschiedenen, des Einen zum Anderen, aus. Wenn wir uns ferner erinnern, daß ja auch diese Einheit, diese Harmonie dem Werden, dem Geschehen innewohnt, so kann man wohl in dem Begriff der Harmonie den fruchtbringenden und wichtigen Gesichtspunkt der Kontinuität des Seienden keimhaft erkennen. Soll das Eine aus dem Anderen entstehen können, so muß es ihm innerlich verwandt sein; es muß in dem Werden ein einigendes Gesetz liegen. Dies ist aber eben das Wesen der Kontinuität. Man darf vielleicht daran erinnern, wie auch bei LEIBNIZ, dem Entdecker der lex continuitatis, der Begriff der Harmonie eine zentrale Stellung einnimmt. Übrigens ist die Harmonie, nach Heraklit, nicht ohne weiteres dem Sinne des Menschen offenbar. Wir sahen schon, wie es der Anstrengung bedarf, um den Logos

in der Natur zu erkennen. So ist, was die Menge als Harmonie preist, nicht des Beachtens wert. Täuschen doch die Sinne die Barbarenseele, indem sie ihnen eine scheinbare Ruhe vorspiegeln. Wer noch nicht mit Hilfe seiner subjektiven Vernunft und durch die Kraft des Denkens zum Erfassen des objektiven Logos, als einer Harmonie des Werdens, gelangt ist, der kennt die rechte Harmonie nicht: Verborgene Harmonie ist besser als offenbare." 52 Der Gedanke der Kontinuität ist hier aber freilich noch recht äußerlich begriffen. Denn was hilft es im Grunde, die Harmonie als unsichtbar zu bezeichnen, wenn sie die sichtbaren Gegensätze zur Voraussetzung hat! Sie liegt doch schließlich im Sinnlichen, wenn sie auch profanen Augen unerkennbar ist. Heraklit ist eben doch noch weit von der Identität von Denken und Sein entfernt.

Seine sinnlich naive Auffassung des Geschehens hat auch den Begriff der Veränderung nicht zur Klarheit kommen lassen. Nicht Heraklit, sondern erst Demokrit hat das Mittel an die Hand gegeben, die Veränderung in der Welt wissenschaftlich denkend zu begreifen; dies Mittel heißt: Bewegung. Heraklits Veränderung ist absolutes Werden". Natürlich hat Heraklit die letzten Konsequenzen seiner Lehre noch nicht gezogen, wohl aber seine Schüler. Aber die Kritik Platos im Kratylos 53 trifft im Grunde doch auch Heraklit. Bei diesem letzteren fehlt ganz der fundamentale Begriff der Beharrung, der Substanz. Ohne diesen ist aber Erkenntnis und somit auch das Sein unmöglich. Versucht der Geist irgend etwas ,in dauernden Gedanken zu befestigen", so ist es schon zerflossen; deswegen haben auch die Schüler des Heraklit sein Beispiel vom Fluß noch überboten, indem sie leugneten, daß man auch nur einmal in denselben Fluß steigen könne. Denn während man hereinsteigt, ändert er sich. So führt denn auch von Heraklit aus ein Weg zur Sophistik und Skepsis.

Wie sieht es nun in Heraklits Welt aus? Und wie ist sie entstanden? Zuerst verwandelt sich das Weltfeuer in Meerwasser; 54 und so hätten wir hier die ursprünglichen Gegen

sätze Feuer (Wärme), Wasser (Kälte). Sogleich beginnt dann auch eine doppelte Entwickelung, dem Gesetz des Gegensatzes entsprechend, nämlich: Einerseits ist dem flüssigen Wasser die feste Erde entgegengesetzt, andererseits aber auch der warme Feuerhauch. So verwandelt sich demnach das Wasser sofort teils in Erde, teils in Gluthauch. Jedoch darf natürlich der Logos weder als Erde noch als Gluthauch ruhig verharren, sondern die qualitative Bewegung kehrt sich nun um: Die Erde wird wieder Wasser, ebenso der Gluthauch. Wir haben demnach in der bestehenden Welt zwei Entwicklungsreihen, die einander entgegengesetzt sind: 55

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Die erste Reihe bezeichnet Heraklit als den Weg nach unten, die zweite als den Weg nach oben. Da nun beide Richtungen nur Verwandlungsformen desselben Logos sind, und gemäß der Lehre von der Einheit und Harmonie der Gegensätze, erklärt Heraklit: Der Weg nach oben und nach unten ist derselbe. 56 Man muß sich denken, daß jedes Ding in jedem Augenblick völlig neu ist; daß wir dennoch den Schein des Beharrens wahrnehmen, liegt daran, daß mit der qualitativen eine Ortsveränderung verbunden ist. Die fortgerissenen Teilchen jedes Dinges, indem sie sich qualitativ verändern, wechseln auch ihre Stelle. Fliegt ein Teilchen eines aus Erde bestehenden Gegenstandes, indem und weil es sich in Wasserdunst verwandelt hat, nach oben, so kommt in demselben Momente ein Teilchen von oben, das vorher Wasser war und nun Erde wird, an seine Stelle. 57 Doch darf man sich diese Entsprechung nicht allzu genau denken, denn sonst käme uns ja gar kein Wandel und keine Veränderung in der sinnlichen Wahrnehmung zum Bewußtsein. Tatsächlich hat Heraklit z. B. ein wechselndes Überwiegen des Feurigen und Feuchten in der Welt angenommen, um daraus die Entstehung der Jahreszeiten zu erklären, 58

Über das astronomische Weltbild des Heraklit sind wir schlecht unterrichtet. Doch scheint er sich, nach den Aus

sprüchen über den Weg nach oben und unten zu urteilen, die Welt räumlich begrenzt gedacht zu haben. Einzelheiten sind uns bekannt über seine Meinung von der Natur der Sonne. Er soll von ihr gesagt haben, sie sei nicht größer, als sie uns erscheine, oder gar nur einen menschlichen Fuß breit. 59 Natürlich ist auch sie kein ruhendes Gebilde, sondern dem Fluß der Dinge unterworfen. Sie besteht im wesentlichen aus feurigen Dünsten, die in einem Nachen am Himmel hinziehen. 60 Die Dünste aber müssen sich in Wasser verwandeln und wieder erneuern, so daß die Sonne alle Tage neu ist. 61 Während der Nacht, wenn alles Sonnenfeuer in Wasser verwandelt ist, geht die leere Nachenhülse unter der Erde her nach Osten, wo sie dann am anderen Morgen sich neu mit brennenden Dünsten füllt. Was sonst Astronomisches überliefert ist, ist kaum der Erwähnung wert.

Wie nun die Welt aus dem Feuer entstanden ist, wird sie auch dereinst in dasselbe zurückkehren; und diese Weltbildung und Zerstörung wiederholt sich in periodischem Wechsel. 62 Es wird nämlich ein Zeitpunkt eintreten, wo alles wieder Wasser geworden ist. 63 Man darf wohl an eine allgemeine Sintflut denken, die der Logos geschickt hat. Dann dampft das Wasser wieder auf und kehrt in das Urfeuer zurück, und der Prozeß beginnt von neuem. Den Zustand der Weltbildung bezeichnet Heraklit als Krieg und Bedürftigkeit, den der Rückkehr in den Schoß alles Seins als Frieden und Eintracht. Man erkennt gleich in alledem den Einfluß des Anaximander wieder. Das Wiederaufgehen der Dinge im Logos wird auch als ein Gericht aufgefaßt, so daß sogar eine Spur jenes Grundgedankens des Anaximander festgehalten ist, daß der Abfall vom Apeiron eigentlich eine Sünde sei. Aber der ganze Vorgang, das ewige Werden und Vergehen in seiner göttlichen Allheit und Ganzheit, kennt den Begriff der Sünde und des Übels nicht: Es ist glückliche Harmonie; denn die Gegensätze verschwinden, wenn man auf das allwaltende Gesetz sieht. Stets sich erneuernd und stets sich zerstörend, in unerschöpflicher Kraft, herrscht das Göttliche, und das, was

Kinkel, Philosophie. I1

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uns ein Schrecknis scheint: Der Wechsel von Sein und Untergang, ist dem Logos, dem ewig jugendfrischen Kind, wie ein Brettspiel, eine sinnvolle Lust. 64 Aber nicht, als ob er willkürlich schaltete und waltete, sondern vernünftig und planvoll; wenn auch nicht im Sinne einer Vorsehung, so doch als notwendiges Schicksal und unerschütterliches Gesetz. Verschieden sind die Ausdrücke, durch welche Heraklit die Unverbrüchlichkeit des Weltgeschehens bezeichnet. Er sieht im Logos das Verhängnis (eiμapuévη) 65 und die Notwendigkeit (άvárêη), die göttliche Gerechtigkeit (díêη)66 und die regierende Ewigkeit (aiúv). Wir bemerken schon an diesen Bezeichnungen, daß die Gesetzmäßigkeit der Welt vornehmlich im Sinne einer ethisch-ästhetischen Ordnung der Natur gedacht ist, weniger im Interesse der theoretischen Erkenntnis. Denn der Gedanke des göttlichen Logos und das Gesetz der Gegensätze spielt natürlich auch bei Heraklits ethischreligiöser Weltbetrachtung eine große Rolle. Er ist, kann man sagen, der eigentliche Urheber der Theodicee. Dieselben Überlegungen zur Rechtfertigung des Übels, des physischen wie des moralischen, welche wir später bei THOMAS V. AQUINO und noch bei LEIBNIZ wiederfinden, sind schon in Heraklits Fragmenten zu finden. Es sind vornehmlich zwei Gesichtspunkte, aus denen er das Schlechte und Unangenehme in der Welt zu verteidigen unternimmt: Erstens durch den Gedanken, daß das Böse die notwendige Folie des Guten sei, damit dieses um so heller strahle, und zweitens, daß das, was uns von unserem engen menschlichen Standpunkt, der immer nur das Einzelne und die Teile, nie das Ganze überblickt, schlecht erscheint und überflüssig, sich als gut und notwendig herausstellt, wenn man aufs Weltall und die göttliche Einheit hinschaut. Zum ersten Punkt sei an folgendes Wort des Heraklit erinnert: Krankheit macht die Gesundheit angenehm, Übel das Gute, Hunger den Überfluß, Mühe die Ruhe.“ 67 Hiermit vergleiche man z. B. das Wort des THOMAS V. AQUINO: Wenn keine Übel in der Welt wären, so würde der Mensch auch viel des Guten verlieren. Denn das Gute wird besser

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