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möglich war. Bis dahin wird auch die ganze | Bewegung für das Frauenstimmrecht wie die leider auch diesmal wieder von Frauen unterstüßte Gegenbewegung in all ihren Konsequenzen besser zu übersehen sein.

*Stimmrecht und Wählbarkeit für öffent liche Ämter ist den Frauen des Kantons Zürich gesichert worden. Am 4. Juli nahm der Kantonsrat einen Zusatz zur Staatsverfassung an, der es ermöglicht, den Frauen durch Gesetz Stimmrecht und Wählbarkeit für öffentliche Ämter zu gewähren.

Persönliches.

* Fran Curie in Paris, die Entdeckerin des Radiums, die unablässig ihre so lange mit ihrem gleich hervorragenden Gatten ausgeführten Forschungen fortsetzt, hat eine in wissenschaftlichen Kreisen hochbewertete Auszeichnung erhalten, nämlich die von der Londoner Gesellschaft der Künste zu verleihende goldene Albert| Medaille. Schon 1903 hatte die Royal Society und die englische Gelehrtenakademie den beiden Curics zusammen ihre Davy-Medaille zuerkannt. Die Albert-Medaille besißt außer Frau Curie nur noch die Königin von England.

Versammlungen und Vereine.

Der Allgemeine Deutiche Frauenverein hielt am 10. Juni zu Leipzig eine außerordentliche Generalversammlung ab, um eine Satzungsänderung von besonderer Tragweite vor= zunehmen. Die Vorsitzende, Fräulein Helene Lange, begründete zunächst eingehend die Notwendigkeit dieser Satzungsänderung, die sich auf die vom Verein besonders zu pflegende kommunale Arbeit der Frau bezieht. Gerade die Tatsache, daß der Allgemeine Deutsche Frauenverein die älteste Organisation der deutschen Frauenbewegung, daß er ein Verein mit starken Traditionen sei, lege ihm die Pflicht nahe, sein Programm und seine Arbeitsweise dauernd weiter zu bilden. Die Entwicklung innerhalb der deutschen Frauenbewegung weise den Allgemeinen Deutschen Frauenverein darauf hin, dieses Spezialgebiet ganz ausdrücklich zu betonen und mit Nachdruck auch nach außen hin zu vertreten. Die Entwicklung der praktischen Mitarbeit der Frauen in der Gemeinde und die Bedeutung der Rechte, die teils dadurch erworben werden, teils den Frauen weiter errungen werden müssen, mache eine Zentralisation der Arbeit auf diesem Gebiet zu einem praktischen Bedürfnis. Der Allgemeine Deutsche Frauenverein sei sowohl durch die von ihm begründete Auskunftsstelle, wie auch durch die von seinen Vereinen auf kommunalem Gebiet geleistete Arbeit in der Lage, einen solchen Mittelpunkt für die Frauenarbeit und die Frauenrechte in der Gemeinde zu bilden. Es sei aber not= wendig, dann diese seine Aufgabe auch in den Satzungen und im Titel ausdrücklich hervorzuheben, um ihn auch außerhalb seiner eigenen Kreise zum Repräsentanten dieses Arbeitsgebietes zu stempeln. Selbstverständlich wolle der Allgemeine Deutsche Frauenverein durch die vor= liegende Satzungsänderung seine Arbeit durch= aus nicht auf dieses eine Gebiet einschränken, vielmehr werde er nach wie vor ebenso wie seine Ortsgruppen das ganze von ihm angenommene Programim und alle Aufgaben, die es einschließt,

vertreten. Es handele sich nur darum, eine im Augenblick dringende Arbeit, für die noch keine nationale Organisation da sei, auch mit be sonderem Nachdruck zu pflegen und zu betonen.

Die vorgeschlagenen Satzungsänderungen,1) die die planmäßigen Bestrebungen des Vereins zur Erweiterung der Frauenrechte und Frauenarbeit in der Gemeinde hervorheben, wurden dann ohne Debatte einstimmig ange= nommen. Ein zweiter Antrag des Vorstandes auf Erweiterung des Namens des Vereins, der in Zukunft lauten soll: Allgemeiner Deutscher Frauenverein (zugleich Verband für Frauenarbeit und Frauenrechte in der Gemeinde) wurde gleichfalls mit allen gegen zwei Stimmen angenommen. Sodann wurde Frau Dr. Altmann - Gottheiner= Mannheim für den Vorstand kooptiert im Hinblick darauf, daß es notwendig sei, das Arbeitsgebiet, das durch die Beschlüsse der Generalversammlung in den Vordergrund geschoben sei, durch eine akademisch gebildete sachverständige Frau auch im Vorstand vertreten zu lassen. Zur Durchführung der Beschlüsse wurden auf Antrag des Vorstandes 500 M jährlich für die Zwecke der Auskunftsstelle in Frankfurt a. M. bewilligt. Zur Deckung der Unkosten wird außerdem von den nicht dem Allgemeinen Deutschen Frauenverein angehörenden Vereinen eine kleine Gebühr bei der Auskunfterteilung erhoben werden. - Es wird ferner beschlossen, in Form eines Flugblattes ein Anschreiben an die Frauenvereine zu richten, in dem der Zweck der Auskunftsstelle, die von ihr bearbeiteten Gebiete, die Möglichkeiten der Erweiterung ihrer Leistungen durch die Mitarbeit anderer an ihrem Arbeitsgebiet interessierter Vereine dargelegt werden sollen. Es soll die Bedeutung und der Wert einer solchen Zentrale für die kommunale Frauenarbeit ausgeführt und insbesondere dar

1) Sagungen und Programm des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins werden auf Wunsch von Frau Gertrud DumstreyFreytag, Leipzig, Nicolaistraße 17, zugesandt.

gelegt werden, welches Interesse die Frauenbewegung an einer Entwicklung der kommunalen Frauenarbeit hat, durch welche diese eine Vorbereitung und das beste Agitationsmittel für die verantwortliche und gleichberechtigte Beteiligung der Frau am öffentlichen Leben werden könne. Durch dieses Flugblatt sollen insbesondere alle in der kommunalen Praris arbeitenden Frauenvereine sowie die beruflichen Organisationen auf diesem Gebiet (Armenpflegerinnen, Watsenpflegerinnen usw.) aufgefordert werden, sich dem Verband für Frauenarbeit und Frauenrechte in der Gemeinde anzuschließen. Es wird der Wunsch ausgesprochen, daß dieses Anschreiben noch vor den Herbstkongressen, vor allen Dingen vor der Tagung des Bundes Deutscher Frauenvereine, ausgefandt werde.

Der Zentralverband zur Durchführung der preußischen Mädchenschulreform (Vorsitzende Dr. Gertrud Bäumer) schreibt uns:

Auf die Bestimmung der Regierung, daß Studienanstalten für Mädchen nur dort gegründet werden dürfen, wo Frauenschulen bereits bestehen, ist es zurückzuführen, daß mit der Gründung von Frauenschulen so sehr geeilt wird, auch dort, wo kein nennenswertes Bedürfnis danach vorliegt, während umgekehrt die Gründung der Studienanstalten hinter dem bestehenden Bedürfnis zurückbleibt. Den 77 im letzten Jahr an= erkannten Frauenschulen ist es 3, T. sehr schwer geworden, eine genügende Zahl von Schülerinnen zu bekommen. Wenn Eltern ihre Töchter einen zwölfjährigen Bildungsgang durchmachen lassen, so wollen sie ihnen in der Regel doch wenigstens eine Zukunft damit sichern und das konnte durch die Frauenschule, die nur eine Fortbildungsschule sein wollte, nicht geschehen. Taraufhin haben schon etwa 10 Frauenschulen angefangen, Vorbereitung zu Berufen, so zu dem der Haushalt- und Handarbeitslehrerin, der Kindergärtnerin, Bibliothekarin, Apothekerin mit in ihr Programm aufzunehmen. Sie wollen also Fortbildungs- und Berufsschulen zugleich sein, den doppelten Zweck einer allgemeinen und fachlichen Ausbildung in kürzester Zeit erreichen, und dies sehr oft unter Leitungen, die den betreffenden Berufsgebieten ganz fernstehen.

Während z. B. ein gutes Kindergärtnerinnenseminar zwei Jahre ausschließlich der Berufsausbildung widmet, will manche Frauenschule in einem Jahr, und zwar nebenbei, dasselbe erreichen, ja sogar ihren Absolventinnen noch ein Zeugnis ausstellen, wonach sie befähigt sein sollen, Kindergärten einzurichten und zu leiten. Es ist sehr zu hoffen, daß die Gründung von bloß weiterbildenden“ Frauenschulen mur dort erfolgt, wo ein wirkliches Bedürfnis vorliegt, daß aber denjenigen Frauenschulen,, welche Berufsschulen sein wollen, feste Bestimmungen durch die Regierung auferlegt werden, die sie hindern, Dilettantismus auf dem Gebiet weiblicher Berufsarbeit großzuziehen, wozu fie jetzt auf dem besten Wege sind.

Im Gegensatz zu den Frauenschulen sind die 28 im Jahre 1909/10 anerkannten Studienanstalten sogleich von zusammen 2012 Schülerinnen besucht worden, was für Anstalten, die 3. T. erst eine oder zwei Klassen führen, eine sehr große Frequenz bedeutet. Von diesen Schülerinnen sind etwa 600, also fast ein Drittel, Auswärtige, die also den größten Teil, da in ihrer Heimat keine Studienanstalt_existiert, in einer fremden Stadt in Pension leben müssen. Die rheinisch-westfälischen Städte Cöln, Bonn, Münster und Essen zählen allein 131 auswärtige Schülerinnen an ihren Studienanstalten, die Charlottenburger Studienanstalt zählt 73, die neue Studienanstalt der Stadt Berlin 51, die Studienanstalt Hannover 46 auswärtige Schülerinnen. Wenn man bedenkt, daß alle diese Mädchen schon vom 13. Jahre ab das Elternhaus entbehren, so wird die Notwendigkeit vermehrter und zweckmäßigerer Fürsorge für die höhere Schulbildung der Töchter ganz besonders einleuchtend.

Weltkongreß für freies Chriftentum und religiölen Fortschritt.

Gelegentlich dieses Kongresses, der vom 5.-10. August in Berlin tagt, findet am Sonnabend, den 6. August, abends 8 Uhr, in der Großloge Royal York zur Freundschaft, Berlin, Dorotheenstraße 27, unter dem Vorsitz von Fräulein Dr. Gertrud Bäumer eine Sonderkonferenz,,Die Religion und die Frau“ statt. Das Programm ist vorläufig folgendermaßen festgestellt:

Fräulein Oberlehrerin Marie Martin in
Berlin: Christentum und Frauenbe-
wegung."

Frau Oberin Helene v. Dungern aus
Darmstadt: Mitarbeit der Frau in der
Gemeinde."

Fräulein Hedwig Winnecke aus Straß-
burg: Das kirchliche Stimm- und Wahl-
recht der Frau".

Frau Professor Krukenberg aus Kreuz-
nach: Religiöse Erziehung im Hause".
Frau Professor Weinel aus Zena: „Reli-
gionsunterricht“.

Fräulein Pastorin Effie M. Jones,
Doktorin der Theologie, aus Waterloo,
Jowa.

Fran Clara T. Guild, Vorsteherin der
Bostoner Schule für Gemeindegehilfinnen.
Fräulein Marie B. Westenholz aus
Kopenhagen.

Das Kongreßprogramm ist erhältlich bei Herrn Pastor Dr. Fobbe, Berlin N 20, Badstraße 62.

Über verschiedene Vereinsversammlungen, die im Juni und Juli stattfanden, wird in nächster Nummer berichtet werden. Die Redaktion.

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BÜCHERSCHAU

Dichtung, Romane ufw.

Biel

,,Das Leben des Grafen Federigo Confalonieri." Bon Ricarda Huch. Insel-Verlag Leipzig 1910. Aus den Gestalten ihres Risorgimento" hat Ricarda Huch hier eine in den größeren Rahmen eines Romans gestellt. Das Schicksal des jungen Grafen Confalonieri in den drei großen Etappen seiner politischen Laufbahn, feiner Gefangenschaft auf dem Spielberg und seiner Rückkehr in die Welt gestaltet sich zu einem historischen Roman von ganz besonderer Geschlossenheit. Wenn in den Garibaldi-Geschichten die bewegte und wechselnde Umgebung des Helden in ihrem verwirrenden Gestaltenreichtum zuweilen die Linie undeutlich machte, auf der die Entwicklung des Helden verlief, so bleibt hier der Aufbau des Romans streng der Aufgabe treu, ein Einzelschicksal zu gestalten. Die Nebenfiguren bleiben dauernd als solche in einer Beziehung der Abhängigkeit vom Helden. Dieser Vorzug des Romans vor den Garibaldibüchern ist nun aber keineswegs durch eine Einschränkung der Bilderfülle, durch eine Verarmung der Gestaltungsfreude zustande gekommen. mehr leuchtet in der einfacheren und strengeren Fassung der Glanz dieser unerschöpflichen Phantasie um so tiefer und üppiger. Das Buch gibt wieder einen stärksten Eindruck der elementaren schöpferischen Kraft der Ricarda Huch, einer Kraft, der in der Literatur unserer Gegenwart kaum etwas gleichkommt. Und ebenso stark wirkt hier die wunderbare Vornehmheit des Stils. Es ist charakteristisch für Ricarda Huch, daß fie stets den unmittelbaren, naheliegenden Effekt vermeidet und caschiert, um eben dadurch einen viel stärkeren zu erzielen. Über die Höhepunkte gleitet die Erzählung einfach, mit verhaltener Bewegung hin, alles Mächtige wird nur ganz schlicht, mit ciner Herben Objektivität berichtet. Und erst, nachdem Zeit und Ereignisse dahingegangen sind, zeigt ein plötzliches Aufquellen leidenschaftlicher Erregung, daß von damals her ein heißer Unterstrom unter der Decke scheinbarer Gleichgültigkeit hinströmte. Ricarda Huch hat durch ihre legten Bücher cinen neuen Stil des historischen Romans geschaffen, für den der Naturalismus ebenso unmöglich ist wie der Impressionismus. Sie hat den Stil Goethes getränkt mit dem stärker nuancierten Empfindungsleben unserer Zeit und einer spezifisch weiblichen Hingerissenheit des Gefühls, das eine sichere historische Bildung schützt und umhegt.

,,Die heilige Einfalt." Novellen von Klara Biebig. Egon Fleischel & Co. Berlin 1910. Die neue Sammlung, zu der Klara Biebig sieben Novellen vereinigt hat, zeigt wieder ihre bewundernswerte Vielseitigkeit. Die drei Milieus, die sie so gut beherrscht: Berliner seleinbürgertum, die Ostmark und die Eifel, sind auch hier vertreten, die Eifel am reichsten und wohl auch am besten. Wenn man nicht doch der Titelnovelle mit ihrer hinreißenden Darstellung eines Dorfbrandes, mit ihrer packenden Psychologie primitiver Leidenschaften den Vorzug geben will. An Marie Ebners Totenwacht" erinnert die Novelle von dem Eifelmädchen, das die vernichtete Scele der Mutter an dem Mann rächt, der sie zugrunde richtete; freilich ist hier au einzelnen Stellen, vor allem in der Auseinandersetzung des Mädchens mit seinem Vater wohl ein wenig über die Wahrscheinlichkeiten bäuerlicher Gefühlsaussprache hinausgegangen zugunsten des sentimentalen Effekts. Ebenso sicher wie die Psychologie der Frau zeichnet Klara Biebig - und das ist ein für sie besonders charakteristischer Vorzug den Mann. In der Novelle von den beiden Wilddicben beweist sie das auch hier wieder an einem glänzenden Beispiel. Bei Klara Viebig fühlt man sich oft in Versuchung, in die üble Gepflogenheit der literarischen Stritik der weiblichen Leistung gegenüber zu verfallen, und sie mit dem Charakteristikum männlich" im Sinne einer höchsten Anerkennung zu bezeichnen. In Klara Vicbigs Können ist allerdings cine männ liche Nuance, sofern sein Wesen eine gewisse derbe Kraft und Sicherheit ist, in der sie von keiner weiblichen Künstlerin erreicht wird.

,,Ebba Hüsing." Roman von Willrath Dreesen. Verlag von L. Staackmann in Leipzig. (Preis 4 Mark, geb. 5 Mark.) Heide, Wald und See als Hintergrund. Feste und knorrige Menschen, wie sie die nordwestdeutsche Tiefebene noch zeitigt. Und in ihrer Mitte, in der gleichen Eigenart wurzelnd und doch voll instinktiven Verständnisses für ein weiteres, freieres Leben, als es die kleine Küstenstadt kennt, ein Heranwachsendes Mädchen: Ebba Hüsing. Zwei Männer treten in ihr Leben, der weiche, verträumte Menno Ryter, der ihre Seele einspinnt und alle ihre mütterlichen Instinkte zu fesseln weiß, und der blonde, blauäugige Onno Raske, der Mann der Tat, dem sie in all den Augenblicken ihres Lebens angehört, wo die Sehnsucht in die Ferne, nach einem reichen, ausgefüllten

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Leben sie übermannt. Und diese zwiefache Liebe führt fie in zwiefache Irrung. Aber sie zerbricht sie nicht. Eine mütterliche Freundin hat den Sinn in ihr groß gezogen, der sie im entscheidenden Augenblick jagen läßt: 3ch will was zu tun haben; ich will nicht bloß eine unnütze Haustochter sein! Arbeiten will ich, nicht bloß mit den Händen, auch mit dem Kopf, und will aus einem vollen Herzen weggeben, wie die Frau da hinten mit ihren dreizehn Kindern." Und sie sucht und findet die Arbeit, die gerade ihr mit dem warmen Herzen liegt: den freudlosen Kindern gibt sie, was sie eigenen nicht geben kann. So wird sie „Moder Ebba“ für die Schar der verlassenen Kleinen, die sie um sich gesammelt hat. Nicht immer füllt das ihr Herz. Es kommen Tage, da erwacht die Sehnsucht, der süße, unwillkommene Gast. Dann zicht es sie hinaus ans Meer: Dann sang das Mädchen in die tief treibenden Wolken und in die pressende Luft hinein, ohne von den Worten zu wissen. In ihr lebte die Lust der Männer und Frauen, die in Sturm und Hagelschlag über die Meere gefahren waren und davon starke Glieder und leuchtende Augen bekommen hatten. Oh, es war ihr eine Lust, so hinzuschreiten und ihrer Gesundheit froh zu sein. Stamps! Fertig werden mit dem Leben! Das war es, was ihre höchste Freude schien in viesen Tagen. . . . Sie wußte, daß die Stunde der Not wiederkehren, und daß sie noch oft hier stehen würde, wie jetzt, müde vom Kampf mit der Sehnsucht ihrer jungen Jahre; aber auch, daß fic genesen und beruhigt heimkehren würde an ihre Arbeit." Das ist der gesunde und mutige Geist, den das Buch atmet. Aber es ist nichts weniger als ein Tendenzwerk. Die Ebba Hüfing ist eine Individualität, wie sie hineinpaßt in das Land, das mit zäher Hartnäckigkeit dem Meer wieder und wieder abgerungen werden mußte, dessen herbe und doch so tiesinnerlich reiche Natur der Dichter in meisterhaften, echten Schilderungen uns schauen und nachempfinden läßt. Und in ihrer Kraft und Eigenart liegt nichts Schablonenhaftes, nichts Gemachtes, kein vom Dichter gewolltes „Vorbild". Daß aber eine so urkräftige Frauengestalt von einem Manne unserer Tage gestaltet und in unsere Romanliteratur hineingestellt werden konnte, das zeugt von einem Verständnis für die tiefe Sehnsucht der modernen Frau nach einem Leben, in dem sie Werte schaffen kann, auch wenn das cigenste Glück fich ihr versagt, einem Berständnis, das am wirklichen Leben gewonnen wurde und darum Wirkliches schaffen konnte.

,,Für Dich.“ Roman von Rudolf Straß. 11.-15. Auflage. (Preis 4 Mark)

,,Herzblut." Roman von Rudolf Strat. 13. Auflage. (Preis 4 Mark.) Stuttgart und Berlin. J. 6. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger.

Beide Romane, deren Auflagenzahl schon anzeigt, einen wie großen Leserkreis sie finden, sind der Sphäre entnommen, in der Straß am heimischsten ist: den Lebenskreisen des höheren Offiziers und Beamten. Er beherrscht nicht nur ihren äußeren Lebensstil, sondern auch ihre

Psychologie mit verblüffender Sicherheit. Auch daß sich im Grunde alles, was an individueller Innerlichkeit zum Vorschein kommt, um Beziehungen zwischen den Geschlechtern dreht, daß tein tieferes geistiges Problem den Kernpunkt eines der Lebenskämpfe bildet, die uns hier vorgeführt werden, entspricht dem Wesen dieses gesellschaftlichen Milieus. Persönliche Beziehungen und persönliche Opfer wie es die Worte Für Dich" und Herzblut“ ja auch schon andeuten darüber hinaus gibt es nichts, auch keine auf dem Boden eigener seelischer Kämpfe gewonnene hemmende oder fördernde Weltanschauung. Und die Art, wie durch diese beiden Faktoren: die konventionell festgelegten Standesbegriffe und die persönliche Leidenschaft, das Leben bestimmt und seine Probleme einseitig gelöst werden, kommit in feiner Charakteristik zwingend zum Ausdruck. Die starke Spannung in Handlung und innerer Bewegung, der Charaktere tun das ihre, um dem Erzähler bis ans Ende aufmerksame Leser zu sichern.

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An

Worauf wartest du?" Roman von Arthur Holitscher. S. Fischer Verlag. Berlin 1910. Etwas Gespenstisches liegt über diesem wie über allen Romanen Holitschers. Menschenschicksale, über die in irgendeiner Weise „das Willenlose" Herr wird, die nicht von den aktiven Kräften des Menschen gestaltet werden, sondern dadurch, daß das Leben mit einer frankgewordenen Empfänglichkeit und Reizbarkeit spielt. einem solchen Roman bewundert man vielleicht die Kunst, mit der all diese zerflatternden Stimmungen, diese ganze seelische Atmosphäre der sensitiven Hilflosigkeit erfaßt sind, man besolche Fülle verschiedenartiger graufiger Senwundert vielleicht auch die Erfindungsgabe, die sationen hinzustellen vermag. Aber damit dürfte sich das Interesse erschöpfen. Denn zum Kunstwerk fehlen die Gegengewichte, die allein aus dieser Welt kranker und überreizter Seelen ein Bild der wirklichen Welt machen würden. Ohne diese Gewichte wirkt diese Kunst wie eine geist= reiche Berzerrung.

„Franenherzen. Ein Briefwechsel. S. Fischer Verlag, Berlin. (Geh. 2,50 Mark, geb. 3,50 Mark.) Das Buch ist von einer Frau geschrieben, heißt es, die aber ihren Namen nicht hergibt. Zwei Frauen enthüllen einander ihr Liebesleben, das für beide schmerzvolle Enttäuschung nach bitteren Kämpfen bringt, für die eine in einem von Tradition umhegten Lebenskreis, die andere in allen Wirbeln mondäner Abenteuerei. Aber dieses Liebesleben, in dem sich moderne Aufgeregtheit und Lust am nervösen Effekt genugtut, entbehrt des stetigen Tiefgangs, der uns an Leidenschaft glauben läßt. Die Liebe ist hier eine Laune; die mag zeitweise auch erschüttern und vernichten in dieser Sphäre ruhelofen, auf Sensation eingestellten Daseins, aber es fehlt ihr das tief-menschliche Interesse. Niemand, der etwa daneben andere Frauenbücher — Ricarda Huch oder Helene Böhlau liest, wird von diesem Buch den Eindruck einer tieferen Überzeugungskraft bekommen.

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Grete Lenz“, Leben und Erlebnisse eines Großstadtkindes von Heinrich Sohnrey. Verlag von W. Baensch. Dresden 1909. Wie bei allen Büchern Sohurchs, so wird man auch bei diesem hin und her gerissen zwischen Zustimmung und Ablehnung sowohl was die künstlerische Seite als was den sachlichen Inhalt betrifft. Sicher enthält auch dieses Buch, in dem Sohnrey, der Dorfschriftsteller", sich einem Großstadtmotiv zuwendet, vieles menschlich Wahre und deshalb Packende und einiges künstlerisch Eindrucksvolle. Im ganzen aber kommt man über den Eindruck von Gemachtheit nicht hinweg, der um so stärker ist, je naturalistischer und treuer die Darstellung des Berliner Volkslebens aus der Seele eines jungen Mädchens heraus in vielen Partien ist. Literarisch angesehen teilt das Buch die Geschmacksunsicherheit, die Sohnrey bei aller Kraft und Kernigkeit vielleicht gerade durch sie bewirkt immer zeigt. Fühlbar bleibt überall das starke und ehrliche soziale Interesse, und wenn das Buch einen Wert hat, so beruht er vor allem darin.

Max Eyth's gesammelte Schriften. (6 Bände, Preis geh. 30 Mark) Band 4 und 5. Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt. Von den beiden neu herausgekommenen Bänden dürfte der fünfte insofern das meiste Interesse erregen, als er ein Quellendokument zu einem großen Teil der spannenden Erzählungen aus dem Ingenieurleben bildet, die Eyth's Besonderheit ausmachen. Unter dem Titel: Im Strom der Zeit" gibt er uns als „Wanderbuch eines Ingenieurs" Briefsammlungen, die außer dem hohen kulturellen Wert, der ihnen als Dokumenten aus der ersten Zeit der Dampftechnik zugesprochen werden muß, in ihrer großen Frische und Ursprünglichkeit einen nicht unbedeutenden literarischen Wert beanspruchen dürfen. Der vierte Band: „Feierstunden" zeigt den Verfasser von einer ganz anderen Seite. Ein historisch = romantisches“ Gedicht: Volkmar", sowie eine Erzählung aus dem Bauernkrieg: Mönch und Landsknecht“ sind ein ausgesprochener Tribut an die Romantik; andere Erzählungen reihen sich an, ohne besonders fesselnde Eigenart. Ein Lustspiel: Der Waldteufel", dessen erste beiden Aufzüge der Dichter ,,malaria- und heimwehkrank in einer Lehmhütte am versumpften Ufer des Burlossees im Nildelta" schrieb, wobei ihm ein Paket für Zuckerhüte bestimmten Umschlagspapiers die materielle Grundlage lieferte, und die charakteristischen „Lieder am Schraubstock“ bilden den weiteren wesentlichen Zuhalt des Bandes.

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Briefe, Biographisches usw.

„Briefe Theodor Fontanes.“ Zweite Sammlung. Herausgegeben von Otto Pniower und Paul Schlenther. 2 Bände. F. Fontane u. Co. Berlin 1910. Den Familienbriefen Fontanes läßt der Verlag nun eine Auswahl von Briefen an Freunde folgen. Wenn sich Fontanes Persönlichkeit in ihnen ebenso deutlich und lebendig ausspricht wie in der ersten Sammlung, so geben diese Briefe nach zwei Seiten hin darüber hinaus Interessantes: fie zeigen Fontane in einer Fülle bedeutsamer Beziehungen zu hervor

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ragenden Zeitgenossen, in feiner eigentlichen Stellung zum geistigen, Stellung zum geistigen, geschichtlichen und künstlerischen Leben. Und ferner: sie geben eine Menge interessanter Selbstzeugnisse über seine Dichtung, über Motive, künstlerische Absichten, Arbeitsweise. Auf die Entstehung von Effi Briest", von Vor dem Sturm", "Der Stechlin“, auf die Arbeit an "Stine", "Irrungen, Wirrungen fällt Licht. Urteile Fontanes über seine Kritiker zeigen seine eigentümliche, zwischen Sicherheit und Empfindlichkeit schwankende Selbst= einschätzung und beweisen zugleich, daß sich Fontane auf die Kritik der Kritit" ebenso gut verstand wie auf die Kritik selbst. Demgegenüber stehen merkwürdige Urteile Fontanes über Bismarck, Richard Wagner, Goethes Wahlverwandtschaften, die von der starken Einseitigkeit einer kräftigen Natur sprechen und die Grenzen seiner kritischen Anpassungsfähigkeit zeigen. Allerdings muß dabei beachtet werden, daß das BismarckUrteil in einem Brief an Philipp Eulenburg steht, und daß Fontane Wagner nach den Textbüchern des Rings einschäßt. über die Wahlverwandtschaften äußert sich Fontane, im Anschluß an einen für die Rundschau bestimmten Aufsatz von Spielhagen, der Effi Briest mit den Wahlverwandtschaften vergleicht und Fontane in diesem Fall höher stellt als Goethe. Das sind nur ein paar Stichproben aus der Fülle des Interessanten, das die beiden Bände – besonders der letzte bieten. Schöner noch als diese Fülle von geistvollen Einzelheiten ist die Einheitlichkeit, der kräftige Stil der Persönlichkeit, der auch in diesen Bänden wieder so ungemein ausdrucksvoll zur Geltung kommt.

,,Der junge Schumann.“ Dichtungen und Briefe. Herausgegeben von Alfred Schumann. Leipzig, Inselverlag. (Preis in Pappband 2 Mark, in Halbleder 3,50 Mark.) Das hübsch ausgestattete, von einem Urenkel Schumanns herausgegebene Buch bringt die Florestan- und EusebiusDichtungen und eine Auswahl der Jugendbriefe. Der glückliche Optimismus des jungen Schumann, dem die Reise von Leipzig nach Frankfurt „wie ein Flug durch Hunderte von Frühlingshimmeln" erscheint, der in dem mit sechs Passagieren vollgestopften Postwagen ein lebendiges, lustiges Hogarthsches oder holländisches Gemälde" sieht, fommt mit der rührenden Genügsamkeit jener Tage in diesen Briefen zum Ausdruck. Die schönsten darunter sind an die Mutter gerichtet; der Schlußbrief an Clara Wieck berichtet von ihrem Tode, der ihm das innigste Verhältnis seines jungen Lebens zerstört. Hinter allem Dunkeln steht aber immer Dein blühend Bild, und ich trag alles leichter" mit diesem Wort ist die zweite große Periode seines Lebens cingeleitet.

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