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der Erzieher ist des Schweißes der Edelsten wert; in verflossenen Zeitläuften stand man solch schweren Fragen nicht gegenüber.

Zur Freiheit kann nur erziehen, wer selbst seinen Willen zügeln gelernt hat. Darum sollen wir unseren heranwachsenden Töchtern wahre Sittlichkeit ins Herz pflanzen. Da der Zwang der Unterordnung vielfach weggefallen ist, und die Autorität des Erziehers ihn ersetzen muß, so bedarf die Frau um ihrer erziehlichen Tätigkeit willen auch der geistigen Hebung; denn der Mensch ordnet sich nur dem willig unter, dessen sittliche und geistige Überlegenheit er spürt. Selbst in den niederen Volksschichten ist die Meinung von der geistigen Rückständigkeit des Weibes verbreitet; dieser Ansicht müssen wir im Interesse der Erziehung die Berechtigung nehmen.

Es sprechen noch andere Gründe für eine bessere Erziehung und Bildung des weiblichen Geschlechts. Zwar sollen alle Stände das reiche Maß von Freiheit recht brauchen; ganz besonders aber müssen es die Schichten lernen, die durch die Volksschule gehen. Sie traten unvermittelt aus dem Dunkel ihres politischen Daseins in helles Licht und haben ihr Auge bis zum heutigen Tage noch nicht an den hellen Strahl gewöhnt. Es fehlt ihnen die politische Reife; sie folgen blind den hochtönenden Phrasen der Parteiführer. Wenn auch die Mutter nicht politische Belehrungen geben soll und kann, so wird der Einfluß einer geistig angeregten Frau auf die Entwicklung der Urteilskraft der Kinder wohltätig einwirken und mittelbar auch dem politischen Leben zugute kommen.

Auch ein Blick auf die Stellung Deutschlands im wirtschaftlichen Wettkampfe der Völker lehrt, wie wichtig die sorgfältige Erziehung geworden ist. Neben dem hohen Stande unseres gewerblichen Bildungswesens und den allgemeinen politischen Verhältnissen ist nach der Meinung vieler die Intelligenz unserer Arbeiter eine wichtige Ursache dafür, daß wir jetzt mit der englischen Industrie in gleiche Linie getreten sind und sie an manchen Stellen überholt haben. Wie große Bedeutung man jenseits des Kanals unserer Arbeiterfrage beilegt, beweisen z. B. die Reisebriefe über die Verhältnisse der deutschen Industriearbeiter, die in letzter Zeit in den Times veröffentlicht worden sind (cf. Kölnische Zeitung, 4. Quartal 1903). Der wirtschaftliche Kampf wird immer heftiger. Wollen wir unseren Platz be

haupten und auf neue Gebiete den Fuß setzen, so mussen wir dafür sorgen, daß unserem Volke die sittliche Kraft erhalten bleibt und die Intelligenz der unteren Schichten immer mehr gepflegt wird. Hier harren der Mutter wichtige Aufgaben; sie soll nicht nur für die leibliche Notdurft sorgen und die Kinder zu allem Guten anleiten, sondern auch die Geisteskräfte bewußt entfalten helfen. Pestalozzi wollte bekanntlich einen guten Teil des Unterrichts in die Hand der Mütter legen; eins seiner Hauptwerke führt den Titel: Wie Gertrud ihre Kinder lehrt; ein Versuch, den Müttern Anleitung zu geben, ihre Kinder selbst zu unterrichten.“

Zwingt nicht auch die Klage über den Rückgang der Sittlichkeit zu erhöhter Sorgfalt in der Erziehung? Steht die Masse des Volkes tatsächlich im sittlichen Verfall? Ein rundes Urteil ist hierüber schwer zu fällen. Die Ankläger scheinen sehr zu verallgemeinern. Die Menschheit, als Ganzes angesehen, steht anscheinend höher als früher. Die Achtung vor dem Werte des Einzellebens ist gestiegen; die Volksgemeinschaft ist nicht mehr reiner Rechtsstaat, sondern verfolgt auch Interessen, die in der christlichen Liebe wurzeln. Es möchte schwer fallen nachzuweisen, daß die Individuen schlechter geworden sind; ebenso schwierig wird aber auch der Beweis dafür sein, daß sie im. Durchschnitt auf höherer Stufe der Sittlichkeit stehen. Aus der allgemein gehaltenen Anklage gegen unsere Zeit können wir die Notwendigkeit der besseren Erziehung der Mädchen nicht ableiten.

Man kann indes nicht bestreiten, daß jedes Zeitalter seine besonderen Fehler hat. So scheint sich jetzt aus dem falsch aufgefaßten Grundgesetze der persönlichen Freiheit und der Überschätzung materieller Erfolge auf manchen Gebieten ein Rückschritt zu vollziehen. Hierfür nur ein Beispiel: In den Jahren 1872/75 verhielt sich die Zahl der ehelichen Geburten zu den unehelichen bei uns wie 29,7:2,9, in den Jahren 1894/97 wie 26,7:2,9 (Handbuch der Frauenbewegung Bd. III S. 381). Hier liegt ein offener Schade vor uns. Es spielen wahrscheinlich sittliche und wirtschaftliche Ursachen dabei eine Rolle. Das Recht auf freie Liebe, das von den Dächern gepredigt wird, eine Strömung in der Literatur, die Otto von Leixner jüngst als Dirnengeist gebrandmarkt hat, die Flut von pikanten oder geradezu anstößigen Bildern, das Anschwellen der Vergnügungs

sucht, das alles spricht neben der großen Selbständigkeit der Jugend bedeutend mit. Auch wirtschaftliche Gründe sind in Rechnung zu stellen. Während in der gesamten Bevölkerung das Zahlenverhältnis zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht gleich blieb, stieg die Zahl der weiblichen Personen in den Städten in dem Zeitraum 1867/82 von 494% auf 52100 (a. a. O. S. 27). Das wird eine Folge vom Wachstum der Industrie sein; denn nach der Statistik des Deutschen Reiches ist 1882-95 die Zahl der weiblichen Personen in der Landwirtschaft nur um 9 v. H., die der Dienstboten um 2 v. H., der Mädchen und Frauen in der Industrie um 35 v. H. und im Handel und Verkehr um 94 v. H. angewachsen (a. a. O. S. 46). Diese Entwicklung wird in der vorangehenden Periode ähnlich gewesen sein. Wenn man neben diese Zahlen die Angaben hält, die Elisabeth Gnauck über die sittlichen Verhältnisse unter den Arbeiterinnen in der Berliner Papierwaren-Industrie veröffentlicht, so wird man selbst bei vorsichtigem Gebrauch solcher Statistik anerkennen müssen, daß die Sittlichkeit durch die wirtschaftliche Lage stark beeinflußt wird. Unter den Arbeiterinnen mit 6-10 M. Wochenlohn gab es 43 v. H. ledige Mütter, bei 9-12 M. Verdienst 34 v. H., bei 16- 21 M. 25 v. H. (a. a. O. S. 187). Nicht nur die Stadt zeigt solche Schattenbilder, sondern auch in den Erhebungen des Vereins für Sozialpolitik über die Landarbeiter in Deutschland begegnet man sehr häufig ähnlichen Klagen. Wir wollen diesen Erscheinungen gegenüber zwar alles daran setzen, der Genußsucht, der Lüsternheit und der falschen Einschätzung der Lebensgüter durch die Erziehung entgegenzuarbeiten, aber nicht vergessen, daß diese Bestrebungen nur dann vollen Erfolg haben können, wenn wir auf der Bahn der sozialen Fürsorge für die wirtschaftlich Schwachen unverdrossen fortschreiten.

Wollen wir unser Volk an Leib und Seele gesund erhalten, dann müssen alle Mittel aufgeboten werden, das Familienleben gesund zu erhalten und ihm heilende Kräfte einzuflößen, wo es krankt. Öttingen hat statistisch nachgewiesen, daß die Gefahr, die Strafgesetze zu verletzen, bei Verheirateten geringer ist als bei Unverheirateten; denn der heiße Schmerz über die Nahestehenden ist selbst für die Gottlosen ein bewahrendes Moment" (a. a. O. 524 ff.). Da unsere Zeit bewußt und unbewußt an den Grundfesten der Familie rüttelt, so müssen wir alles im Menschen

stärken, was als Schutzwall vor dem häuslichen Frieden lagert. Nun ist die Frau das Bindeglied in der Familie; nur im Rahmen des geordneten Hauswesens kann sie all ihre Segenskräfte entfalten. Es leuchtet ein, wie wichtig für die Erhaltung des kerngesunden deutschen Hauses die gute Erziehung des jungen Mädchens ist. Sie soll einst mit lieber Hand zusammenhalten, was auseinanderspalten will.

Droht unserem Familienleben Gefahr? Blicken wir auf Bebels Buch über die Frau! In wievielen unreifen Menschen mag dies und eine ähnliche Literatur schon Verwirrung angerichtet haben, und wieviele wird es noch verderben! Die freie Liebe, der darin das Wort geredet wird, würde die Kulturvölker in die Zustände vorgeschichtlicher Zeiten zurückschleudern, in Lebensverhältnisse, auf die unsere Vorstellung von Sittlichkeit nicht mehr paßt. Nur Hunger und Brunst würden die Triebfedern des Menschen sein. Voll prächtiger Laune schreibt Riehl: „Der Teufel ist selber gleichfalls nicht verheiratet. Er hat nicht einmal eine Mutter, sondern bloß eine Großmutter. Die alte Zeit war viel zu tief überzeugt von der sittlich veredelnden Kraft des Hauses, als daß sie sich den Teufel en famille hätte denken können“ (a. a. O. 202). Nicht ohne Befriedigung will Bebel beobachtet haben, daß die Gefühle der Pietät und die Bande der Familie sich schwächen und weniger Einfluß auf die Handlungen der Menschen ausüben. Er bezieht sich auf den belgischen Nationalökonomen Laveleye, der diese Erscheinung der fortschreitenden Zivilisation zuschreibe. Darf die letzte Behauptung gegen die Erhöhung der Bildung unserer Frauen bedenklich stimmen? Den Vorwurf, die Kultur lasse den Menschen entarten, erhebt bekanntlich schon Rousseau. Wenn unter Kultur nur die verfeinerte materielle Lebensweise verstanden wird, dann steckt in jenem Urteil Wahrheit. Zugeben muß man auch, daß bei bloßer Pflege des Intellekts,,die unsittliche Gesinnung den Pferdefuß abgelegt hat und im Frack geht". Wer möchte aber bei den Begriffen Kultur und Zivilisation vergessen, daß wir nur dem Zeitalter in vollem Sinne diese zusprechen, das die Hebung der Sittlichkeit auf sein Banner geschrieben hat? Die Behauptung Bebels über den Rückgang des Familienlebens darf uns nicht zu tief erschrecken; er gibt einzelnen betrübenden Erscheinungen mit Unrecht eine allgemeine Fassung. Wir müssen eingestehen, daß hier und da sich Anfänge von einer Zersetzung des Familienlebens zeigen. Schon in

Stärkung der wirtschaftlichen

kleineren Städten kann man beobachten, daß der Mann in die Fabrik geht und die Frau tagaus tagein als Verkäuferin in einem Laden tätig ist. Erst abends kehren sie in die Wohnung zurück; die Kinder sind dauernd bei Verwandten untergebracht. Paßt auf solches Beisammenleben, das nur dem Erwerb und dem Geschlechtstrieb zu dienen scheint, der hergebrachte Begriff der Familie? Der Feststellung, daß 1876 42,9 v. H. der gerichtlich verurteilten weiblichen Personen verheiratet waren, 1878 aber 52,9 v. H., wollen wir nicht allzu große Bedeutung beilegen. Zufällige Ursachen können den auffallenden Unterschied in dem kurzen Zeitraum veranlaßt haben (Öttingen S. 524). Mehr Beachtung verdient es, daß Paulsen in dem System der Ethik die modernen Ansprüche an die Lebenshaltung und das Großstadtleben als die Feinde der Familie hinstellt. Die Schließung der Ehe werde teils erschwert, anderenteils durch die Bequemlichkeit der Großstadt anscheinend überflüssig. Zwar dürfen wir gegenüber den drohenden Feinden des deutschen Hauses uns dessen trösten, daß nur kleine Gebiete bisher den Angriffen erlegen sind; doch wollen wir nicht unterlassen, in guter Zeit gegen weitere Verwüstung Dämme zu bauen. Wir wollen den Familiensinn stärken, die Frau sittlich und geistig kräftigen, damit sie des Hauses Bindeglied bleibe, ihre Tüchtigkeit für den häuslichen Beruf heben und das Wort einprägen: „Wer am wenigsten bedarf, ist der Gottheit am nächsten." Die Mutter, die vom frühen Morgen bis zum späten Abend ihrer Familie durch Lohnarbeit entzogen ist, wird natürlich ihrer eigentlichen Aufgabe nicht gerecht werden können. Hoffen wir, daß die starke Strömung noch mächtiger werde, die alle Frauenarbeit außerhalb des Hauses beseitigen möchte, wodurch die Mutter von ihren Kindern getrennt wird! Für gewisse Betriebe ist sie schon verboten; der Fortschritt kann sich nur langsam vollziehen. Möchten zunächst wenigstens die Bestrebungen, für die Frauen in Industriebezirken höchstens zehnstündige Arbeitszeit festzusetzen, Frucht tragen!

Schon in unseren Tagen ist man an vielen Orten bemüht, Tuchtigkeit. die Töchter unserer Arbeiter für die eigene Hauswirtschaft vorzubilden. Man verkennt die hausbackene Weisheit nicht, daß die Kochkunst der Frau eine starke Stütze für die Liebe des Mannes ist. Wenn wir diese Behauptung dahin erweitern, daß die wirtschaftliche Tüchtigkeit der Hausfrau eine unerläßliche Grundlage für das Wohlergehen der Familie ist, so treffen wir mit dem

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