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vollendete oder dauernde Handlung (Imperfektum) ist keine besondere vorhanden. Perfektum könnte man sie mit mehr Recht nennen, weil sie sprachgeschichtlich dem lateinischen und griechischen Perfektum entspricht; die passende Bezeichnung ist Präteritum. Nach Wustmann ist sie die Zeitform der Erzählung; das mit haben oder sein umschriebene „Perfekt" bezeichne dagegen ein Ereignis der Vergangenheit, das mit der Gegenwart in Beziehung stehe, indem es eben erst eingetreten sei oder indem seine Wirkung fortdauere. So gelten ihm als fehlerhaft Zeitungsmeldungen wie „Gestern starb in Heidelberg Professor N. N", Anzeigen wie „Ich verlegte mein Geschäft in die Schillerstraße“, „In Turin erschien ein merkwürdiges Buch" u. s. w; hier müsse überall das „Perfekt“ stehen.

Die Sache verhält sich so: In ältester Zeit brauchte das Deutsche für alle Arten derVergangenheit das einfache Präteritum. Im 9. Jahrhundert entstanden, vielleicht durch Einfluß des lateinischen (rem cognitam habeo) die umschreibenden Formen, aber neben diesen bestand zu allen Zeiten der Gebrauch des einfachen Präteritums fort. So für das eben erst Vergangene. Soll der Hausfrau verwehrt sein, zu dem Dienstmädchen, das an der Straßenecke geplaudert hat, zu sagen: „Wo warst du denn so lange?" Muß es durchaus heißen: „Wo bist du so lange gewesen?" Ist etwa Schiller zu tadeln, wenn er sagt: „Madame sprach ein verständig Wort" und unmittelbar vorher „Die Königin hat ein kluges Wort geredet"? Eine vergangene Handlung mit dauernder Wirkung liegt vor: Wunderseliger Mann, welcher der Stadt entfloh" (Hölty); „Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, gab mir ein Gott zu sagen was ich leide" (Goethe). Beide Formen können auch einen scharfen Gegensatz zur Gegenwart ausdrücken: so bei Schiller „Wir waren Troer, Troja hat gestanden". Weitere Beispiele gibt Erdmann, Grundzüge S. 101. Auch die Stelle des Plusquamperfekts vertritt das Präteritum, namentlich in Nebensätzen der Zeit: Caesar cum in Galliam venisset, übersetzen wir „Als C. nach G. kam".

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Das Englische bewahrt, wie in so manchem den altertümlichen Gebrauch des einfachen Präteritums in ausgedehnterem Maße als wir; daß er sich durch dessen Einfluß in neuester

Zeit bei uns mehr ausgebreitet habe, halte ich für unbegründete Annahme Wustmanns, wie überhaupt eine solche Verbreitung nicht erwiesen ist. Somit wird wohl das Präteritum, welches uns die Vorfahren überlieferten, auch außerhalb der eigentlichen Erzählung bestehen bleiben dürfen, und können wir dasselbe in bisheriger Weise anwenden.

Ich glaube nachgewiesen zu haben, daß Wustmann in Bezug auf die Inversion nach und, auf derselbe, welcher und das „Imperfekt" dem Sprachgebrauch willkürliche, in der Geschichte der Sprache nicht begründete Beschränkungen auferlegt. Aber ich wiederhole ausdrücklich, daß ich in den allermeisten Dingen mit ihm übereinstimme und sein großes Verdienst durchaus anerkenne. Mag auch zuweilen an Stelle des von ihm vorgeschriebenen ein anderer Ausdruck berechtigt sein, wer sich nach seinen Weisungen richtet, darf sicher sein nicht unrichtig zu schreiben und zu sprechen, und seine Weisungen werden noch lange nicht genug befolgt. Dies will ich nun an einer Reihe sprachlicher Fehler und Verirrungen des Geschmacks beweisen, die mir im Laufe der letzten Jahre beim Lesen der Zeitungen besonders aufgefallen sind.

I. Zu Wustmann S. 151.

Wir lesen fast in jedem Zeitungsblatte von stattgefundenen oder stattgehabten Versammlungen und dgl.; dies ist ein grober sprachlicher Fehler. Den ersten Teil dieser Zusammensetzungen bildet der Accusativ des Hauptworts die Statt; stattfinden oder statthaben bedeuten in der älteren Sprache „Raum oder Gelegenheit finden oder haben, um vor sich zu gehen“, jetzt einfach vor sich gehen"; vgl. „von Statten gehen“, „Statt geben". Gefunden und gehabt sind passive Partizipia, gefunden ist, was gefunden worden ist, z. B. „gefundene Sachen", eine „stattgefundene" oder „stattgehabte Versammlung" ist also ebenso falsch, wie wenn man sagen wollte der den Schlüssel gefundene Knabe“, „das die Masern gehabte Kind". In gleicher Weise sind u. a. „teilnehmen“ und „standhalten" gebildet, aber die an dem Aufruhr teilgenommenen Leute" oder „die wackerstandgehaltene Besatzung“ ist Unsinn.

Allerdings werden von alter Zeit her manche passive Participia der Vergangenheit in activem Sinne, mehr oder weniger

adjectivisch gebraucht: trunken ist einer, der getrunken hat; wir sagen „ein gelernter Jäger“, „ein studierter Mann", aber nie kann ein Accusativ zu solchen Wörtern treten: wir können nicht sagen „ein das Weidwerk gelernter Jäger"; ebenso falsch sind jene stattgefunden und stattgehabt.

Beiläufig erwähne ich, daß namentlich in der alten Sprache manche mit un zusammengesetzte passive Participia scheinbar activen Sinn haben, z. B. „Ungefraget schied von dannen". So noch bei Schiller Ungefrühstückt ging ich hin". Hier liegt eine Art absoluter Participalconstruction vor; „ungefragt" bedeutet ohne daß gefragt worden war". Noch heute sagen wir ,,ungescheut etwas tun".

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Aehnliche Fehler wie die oben gerügten enthalten Sätze wie Einige sich eingefundene Personen", „Die sich auf der Wanderschaft befindlichen Leute". Vgl. Paul. Mhd. Grammatik § 291, Erdmann, Grundzüge § 133.

II. Zu Wustmann S. 209.

Gegen das Gesetz, daß die Apposition in demselben Casus stehen müsse, wie ihr Bezugswort (der Tod Friedrichs, des großen Königs), scheint es zu verstoßen, wenn geschrieben wird „Am (d. h. an dem) Donnerstag, den 4. Juni; Wustmann verlangt dem 4. Juni", oder in beiden Worten den Accusativ der Zeit, also „Donnerstag den 4. Juni". Man wendet dagegen ein, „den 4. Juni“ sei nicht als Apposition zu „Am Donnerstag“, sondern als selbständige adverbiale Bestimmung zu fassen, habe sich also nicht nach „Am Donnerstag" zu richten. Das läßt sich hören; besser aber tut man in jedem Falle zu schreiben ,,Donnerstag den 4. Juni". Ich habe auch gelesen „Vom Donnerstag den 4. Juni"; dies ist entschieden falsch.

III. Zu Wustmann S. 37.

Vor kurzem las ich in einer Zeitung: „Nach Meldungen Berl. Blätter". In unserer Stadt sieht man einen Wagen fahren mit der Inschrift: „Verein Erfurter Wirte". Hier ist das Genitivverhältnis nicht ausgedrückt, wie es richtig der Fall ist in Meldung englischer Blätter". Zur Bezeichnung desselben müßte es heißen „Meldungen von Berliner Blättern", „Verein von Erfurter Wirten". IV. Zu Wustmann S. 41.

Nicht selten begegnet man falschen Genitivformen, wie „Der Quell allen Uebels", „Die Meinung manchen Besitzers",

„Im Anfang jeden Jahres"; es müßte stehen alles, manches, jedes.

Unser Sprachgebrauch fordert, daß bei fehlendem Artikel ein vorhandenes Adjectiv die Endungen des Artikels annehme und den Casus kenntlich mache, also „der gute Wein", aber "guter Wein" u. s. w. Nun ist allerdings seit dem 17. Jahrhundert eine Abweichung von diesem Gesetze aufgekommen, indem der Genitiv des Masculinums und Neutrums, wenn das dabei stehende Hauptwort die Endung es hat, auf en ausgeht: guten Weines anstatt gutes Weines. Luther schreibt noch „Selig sind, die reines Herzens sind“, „Sie sind voll süssen Weines". Die Klassiker des 18. Jahrhunderts schwanken; der mit feinem Sprachgefühl begabte Klopstock hat überall die richtige Endung es: „Sie sind auch deutsches Stamms", „Da kamest du, Freude, volles Maßes auf uns herab". Goethe hat in der Ausgabe letzter Hand seiner Werke überall die richtigen Formen auf es hergestellt (S. Erdmann, Grundzüge § 95). Wir sagen noch heute gutes Mutes", „gerades Weges". Mit Recht dringt Wustmann darauf, daß man, wo es der Sprachgebrauch gestattet, die alten richtigen Formen auf es bewahre; bei all, mancher, jeder ist dies entschieden der Fall.

V. Zu Wustmann S. 386.

Unter der Ueberschrift „Schwulst" bespricht Wustmann die vielfach hervortretende Neigung einfache Wörter, namentlich Zeitwörter durch neu gebildete Zusammensetzungen oder durch weitläufige Umschreibungen zu ersetzen. Vorzüglich dem amtlichen Stil sind eigen verausgaben und vereinnahmen, für ausgeben und einnehmen; bei vereinnahmen ist das Präfix ver sinnlos. Auch beschlagnahmen ist eine wenig geschmackvolle Bildung, doch durch das Fehlen eines einfachen Wortes zu entschuldigen. Zu unnützen und gesuchten Umschreibungen dienen besonders die Zeitwörter ziehen (in Berücksichtigung ziehen), bringen, kommen, gelangen. Bauten werden nicht ausgeführt, sondern „gelangen zur Ausführung“, „Die Thomaskirche ist zum Abbruch gelangt". Hier erwähne ich auch verzeichnen, z. B. „Es war ein voller Erfolg zu verzeichnen", als wenn die Muse der Geschichte mit dem Griffel in der Hand dabei gestanden hätte. Wie ansteckend solche Redensarten sind, bewies mir einst der Aufsatz eines Secundaners, der schrieb: „Eumaios, der göttliche Sauhirt, hatte 360 Schweine zu verzeichnen“.

VI. Zu Wustmann S. 284.

Sehr oft begegnet unlogischer Zusatz von können, wollen, dürfen, müssen nach Hauptwörtern, welche die Begriffe des Könnens, Dürfens, Wollens, Müssens schon enthalten, wie „die Möglichkeit tun zu können“, „die Erlaubnis tun zu dürfen“, ,,das Versprechen tun zu wollen", „die Notwendigkeit tun zu müssen“. In allen diesen Fällen genügt der einfache Infinitiv zu tun.

VII. Zu Wustmann S. 291.

Geschickter Aufbau längerer Satzgebilde gehört in allen Sprachen zu den Aufgaben, in deren Lösung sich der Meister des Stils zeigt. In Folge gewisser Eigenheiten unserer Wortstellung sind wir Deutsche dabei in Gefahr in den Fehler der sogenannten „Einschachtelung“ zu verfallen, wie ihn der folgende berühmte amtliche Erlaß aus den Fliegenden Blättern aufweist: „Derjenige, der den Täter, der den Pfahl, der an der Brücke, die an dem Wege, der nach Worms führt, liegt, stand, umgerissen hat, anzeigt, erhält eine Belohnung." Wenig übersichtlich ist der folgende, einer Zeitung entnommene Satz: „Im Pariser Palais Bourbon rief am späten Nachmittag am Donnerstag eine von einem Abendblatte veröffentlichte Depesche aus Rom, worin es hieß, der Papst weise die in dem letzten Zirkular des Cultusministers an die Präfekten bezüglich des Nutznießungsrechtes an den Kirchen erteilten Instruktionen als unannehmbar zurück, große Aufregung hervor". Nicht mustergültig ist auch folgende richterliche Bestimmung des Begriffs Eisenbahn. „Eine Eisenbahn ist ein Unternehmen, gerichtet auf wiederholte Fortbewegung von Personen oder Sachen über nicht ganz unbedeutende Raumstrecken auf metallener Grundlage, welche durch ihre Consistenz, Construction und Glätte den Transport großer Gewichtsmassen, bezw. die Erzielung einer verhältnismäßig bedeutenden Schnelligkeit der Transportbewegung zu ermöglichen bestimmt ist, und durch diese Eigenart in Verbindung mit den außerdem zur Erzeugung der Transportbewegung benutzten Naturkräfte (Dampf, Elektrizität, tierische oder menschliche Muskeltätigkeit, bei geneigter Ebne der Bahn auch schon durch die eigne Schwere der Transportgefäße und deren Ladung u. s. f.) bei dem Betriebe des Unternehmens auf derselben eine verhältnismäßig gewaltige, je nach den Umständen nur in bezweckter

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