ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

der Geschichte das (zeitlich) Nahe zugleich als das Bekannte gelten soll, so trifft das nicht zu. Denn für diese jungen Schüler, zumal Landkinder, ist die neueste und neuere Zeitgeschichte etwas ebenso Unbekanntes und also · wenn man blos quantitativ messen und urtheilen will — etwas geistig Fernes und Fremdes, wie die älteste Geschichte. Nicht zu reden von dem Gewichte des Qualitätsverhältnisses, das schon zu Anfang geltend gemacht wurde, daß nicht immer das, was uns der Zeit und dem Raume nach nahe liegt, auch der wirklichen Auffassung und dem innern Leben des Geistes ein Naheliegendes sei. Auch ist in der Geschichte das zeitlich Nahe gar vielfach viel schwerer aufzufassen.

So bliebe uns denn nur übrig, auf dem Boden des Geschichtsunterrichts den Saz „vom Nahen zum Fernen“ räumlich zu fassen, und die daraus zu ziehende Folgerung würde lauten: nach dem Grundsaß,,vom Nahen zum Fernen" hat der Geschichtsunterricht mit der Geschichte der Heimat, bezw. des engeren Vaterlandes zu beginnen und erst nach Beendigung derselben zu der allgemeinen Geschichte Deutschlands mit Einschluß bezw. Vorausschickung der alten (vorchristlichen) Geschichte überzugehen. Aber auch in dieser Anwendung des Saßes muß ich seine Richtigkeit für den Geschichtsunterricht auf's entschiedenste in Abrede ziehen.

Von einer Geschichte der nächsten Heimat kann im eigentlichen Geschichtsunterricht keine Rede sein. Hat der Heimatort oder die Heimatgegend wirklich eine nennenswerthe Geschichte oder wenigstens einzelne bedeutsame geschichtliche Erinnerungen, so sind dieselben im geographischen Unterricht bei der Heimatkunde anzubringen. Darüber sind so ziemlich Alle einverstanden. Allein auch die Geschichte des engeren Vaterlandes . . . kann nicht vor der allgemeinen deutschen behandelt werden. Es ist in der Geschichte wie in der Geographie. Wie in der leßteren eine Reihe spezieller Erscheinungen selbst der Heimat ohne Kenntniß des Ganzen der Erde gar nicht verstanden werden. können, so seßt auch eine verständige Auffassung der engeren Vaterlandsgeschichte in vielen Punkten die vorgängige Kenntniß der allgemeinen deutschen Geschichte voraus. Will man die ältere Geschichte Württembergs traktiren, so muß zur Erläuterung immer wieder vieles aus der allgemeinen deutschen Geschichte herbeigezogen, notizartig eingeschaltet werden — was nicht allein unnöthige Verschwendung der ohnehin spärlich zugemessenen Zeit ist, sondern auch die klare verständige Auffassung ungebührlich erschwert. Ich nenne beispielsweise die Verhältnisse von Kaiser und Reich, Reichsstädte, Ritterwesen, kirchliche Dinge wie Klöster, Mönchsorden, Pabst, römischkatholisch und evangelisch u. v. a.

[ocr errors]

Statt des Sages,,vom Nahen zum Fernen" würdige man einmal einen andern Saz ruhigen und nüchternen Ueberdenkens und Prüfens in Hinsicht auf seine Anwendbarkeit und unterrichtliche Bedeutsamkeit für alle vier Realfächer, nämlich den schon wiederholt angedeuteten Saß: vom Ganzen zu den Theilen. Man verlangt immer noch so ausdrücklich Anschaulichkeit

von allem realistischen Unterricht. Gut, so schlage man auch wirklich den Weg ein, der allein der wahrhaft anschauliche ist, und lasse (mit Maßen und mit Unterschied) zuerst das Ganze auffassen und dann die Theile, oder den einzelnen Theil, dem besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll und will, daß man weiß, wo dieser einzelne Theil in das Ganze sich eingliedert und in dem Ganzen seine Lebenswurzeln hat. Dieser Saß wird sich auf allen Gebieten fruchtbarer erweisen als jener, der mehr nur von der Oberfläche abgeschöpft ist.

Danksagung.

[ocr errors]

Von Herrn Lehrer R. A. Wismar wurden der Seminar - Bibliothel die Werke des Flavius Josephus, deutsche amerikanische Ausgabe, und von Herrn Lehrer W. Bad das große Webster'sche Wörterbuch, Ausgabe von 1875, geschenkt, wofür ich hiermit herzlich danke.

Addison, 4. April 1878.

J. C. W. Lindemann.

Altes und Neues.

Inland.

Der Schulrath von St. Paul ist im Begriff, den Stab über Stock, Ruthe und Lineal zu brechen und die Verabfolgung körperlicher Züchtigung in den öffentlichen Schulen ganz zu verbieten. Die zeitweilige oder gänzliche Ausweisung des Schülers von der Schule soll in Fällen, wo körperliche Züchtigung als schwerste Strafe bisher angewendet wurde, diese erseßen. Es wird damit auch gehen, aber wir wollen abwarten, wie! (Volksz. St. Paul.)

Illinois. Nach einer Entscheidung eines Superintendenten ist es in Illinois nicht gestattet, dem deutschen Unterrichte in den öffentlichen Schulen einen halben Tag einzuräumen. (Erz.-Bl.)

Ausland.

Die Gesammtbevölkerung des deutschen Reichs hat von 1871 bis 1875 eine Zunahme von 1,668,568 erfahren. (Sie betrug 1875 42,727,360.) Diese Zunahme ist ausschließlich durch einen Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle erfolgt; denn die andere Art, wie die Bevölkerungsvermehrung eines Landes zu Stande kommen kann: ein Ueberschuß der Einwanderungen über die Auswanderungen, hat nicht zur Volksvermehrung mitgewirkt; vielmehr findet sich ein Ueberschuß der Fortgezogenen über die Zugezogenen (319,750). Im Zeitraum zwischen den beiden Volkszählungen von 1871—'75 batten in Procenten ihrer Einwohnerzahl von 1871 zugenommen: Die Dörfer 0,79, die Landstädte 5, 59, die Kleinstädte 10,74, die Mittelstädte 12,41, die Großstädte 14,83 Procent. Im deutschen Reich lebten nach der Volkszählung von 1875 von je 1000 Einwohnern in Großstädten 62,40, Mittelstädten 81,63, Kleinstädten 120,26, Landstädten 125,56, Dörfern 610,15. (Juliheft der „Statistik des deutschen Reichs“.)

Druckfehler.

S. 86, Zeile 15 von unten streiche „Schreiben“ und seße statt dessen „Werk“.

[blocks in formation]

Wie kommt es nun, daß ein Mann, dessen ganzes Leben höchst unmoralisch war und der dasselbe eigenmächtig aus Verzweiflung endete, von Tausenden hoch gefeiert und als ein Wohlthäter der Menschheit gepriesen wird? Was ist es, das die sogenannten „Aufgeklärten“ bezaubert, daß sie einem Manne ihre Huldigung darbringen, von dem sich auch ein ernster Heide mit Abscheu abwenden muß?

Die Verehrung Rousseau's von Seiten der,,Gebildeten“ hat vornehmlich zwei Ursachen. Die nächste ist die Schönheit, Lebhaftigkeit und Klarheit seiner Sprache! Was der Mann dachte und seinem Volke sagen wollte, das schrieb er im schönsten Französisch, so daß auch die gelehrten Kenner dieser Sprache, Franzosen und Andere, ihn zu den vorzüglichsten Classikern der Neuzeit rechnen. Er ist von seinen Ideen durchdrungen und besitzt die schöne natürliche Gabe, dieselben nicht nur klar und eindringlich, sondern auch mit den gewähltesten Worten, in den schönsten abgerundeten Säßen, mit meisterhafter Anwendung passender Bilder und Vergleiche vorzulegen. Selbst die Ueberseßungen seiner Werke lassen das noch aufs deutlichste erkennen; ungleich mehr und herrlicher zeigt es das französische Original. Gar Mancher hat allein um Rousseau's schöner Sprache willen seine Schriften gelesen, und lobt die Meisterschaft, die Gewandtheit des Schriftstellers, ohne die vorgetragenen verkehrten Ideen zu beurtheilen und zu billigen und ohne das Leben ihres Urhebers zu kennen.

Weit größer aber ist unzweifelhaft die Zahl derjenigen, die durch Rousseau's schöne Worte bezaubert worden sind, auch seinen Grundsäßen, seinen Anschauungen, seinen Forderungen beizustimmen. Diese sind die andere und vornehmste Ursache, warum Rousseau in gewissen Kreisen ein so hoch gefeierter Mann ist. Er ist ein Revolutionär in jeder Beziehung, auf jedem Gebiete des Wissens, wie des Lebens. Mit den lieblich. sten Worten verheißt er die herrlichsten Zustände, sobald nur das Bestehende, das Hergebrachte abgeschafft ist! Unbegrenzte Freiheit, überschwängliches Glück

stellt er allen denen in Aussicht, die nur der Natur folgen würden! Er fordert für jeden einzelnen Menschen die unbeschränkteste Ausübung seiner individuellen Freiheit; er verkündet Allen völlige Gleichheit in der menschlichen Gesellschaft, und will nichts wissen von irgend einer göttlichen Ordnung und Obrigkeit!

Das hört der natürliche Mensch gern; je weiter er von Gott entfremdet ist, desto willkommener und angenehmer ist ihm diese Verkündigung vollkommenster persönlicher Freiheit und höchsten irdischen Glücks, und mit Jubel fällt er dem bei, der es ihm verkündet, stände dieser moralisch auch noch weit tiefer, als es bei Rousseau der Fall war.

Dazu weiß dieser die Richtigkeit seiner Behauptungen in einer solchen Weise (scheinbar) zu beweisen, ihre Rechtmäßigkeit aus der Natur und Vernunft so überzeugend darzuthun, aus ihnen die Consequenzen so selbstverständlich und unwidersprechlich richtig zu ziehen, daß er viele Leser geradezu bezaubert und das selbständige Urtheil gänzlich gefangen nimmt.

So nur ist es zu erklären, daß das von Gott abgefallene Geschlecht unserer Zeit, so weit es sich zu den „Gebildeten“ zählt, in dem schmußigen und grundverkehrten Rousseau einen verehrungswürdigen Apostel der „Aufklärung“ und „Freiheit“ erblickt; und so nur ist es möglich, daß die „fortgeschrittenen Pädagogen des 19. Jahrhunderts" noch immer ein Subject als Reformator und Bahnbrecher im Erziehungswesen preisen, das die Vaterpflichten nie üben wollte, sondern die eigenen Kinder dem Findelhause überantwortete.

Rousseau's viel gepriesenes pädagogisches Buch,,,Emil" betitelt, ist nichts als ein Roman, eine in sich selbst völlig unwahre Fiction, die in keiner Hinsicht dem wirklichen Leben entspricht, weder auf eigene, noch auf fremde Erfahrung gegründet ist. Dennoch müssen wir es uns etwas näher ansehen, damit wir nach eigener Prüfung ein selbständiges Urtheil abgeben können.

In fünf,,Büchern" legt Rousseau seine pädagogischen Gedanken vor. Im 1sten handelt er von Emils Erziehung von seiner Geburt an, bis er sprechen lernt; im 2ten von der Behandlung des Knaben bis zu seinem zwölften Jahre; im 3ten wird das Erziehungsverfahren bis zum fünfzehnten Jahre beschrieben; das 4te führt ihn bis in die Zeit des Heirathens, und im 5ten wird endlich Sophie, Emils Erkorene, und ihre Erziehung geschildert.

Bei Dem allen ist von einem Systeme der Erziehung, von einem bestimmten Ziele, von der Anwendung erprobter Erziehungsmittel gar keine Rede. Rousseau kennt nur den Entwicklungsgang der Natur“, und diesen will er (der ihn nie beobachtet) zur Nachahmung beschreiben. Um zu sehen, was er unter demselben verstand, müssen wir ihn selbst reden lassen. *)

*) Wir folgen dabei der deutschen Ausgabe des „Emil“ von K. Große: Leipzig 1867.

Nach einem kurzen „Vorwort“ sagt Rousseau nun z. B. über die Erziehung im Allgemeinen: „Wir kommen schwächlich zur Welt und haben Kräfte nöthig; wir werden von allem entblößt geboren und bedürfen des Beistandes; wir werden unverständig geboren und bedürfen des Verstandes. Alles nun, was wir bei unserer Geburt nicht haben und was wir brauchen, wenn wir erwachsen sind, das wird uns durch die Erziehung gegeben. Diese Erziehung erhalten wir theils von der Natur, theils von den Menschen, theils von den Dingen. Die innere Entwicklung unserer Kräfte und Sinne ist die Erziehung der Natur; der Gebrauch, welchen man von dieser Entwicklung machen lehrt, ist die Erziehung der Menschen; und der Zuwachs unserer eigenen Erfahrung über die Gegenstände, welche uns berühren, ist die Erziehung der Dinge."

„Ein jeder von uns wird also von dreierlei Lehrern gebildet. Der Schüler, in welchem ihre verschiedenen Lehren sich widerstreiten, ist schlecht erzogen und wird niemals mit sich selbst einig werden. Derjenige aber, in welchem Alle in jedem Punkte übereinstimmen und nach gleichen Zwecken streben, der allein erreicht sein Ziel und lebt in Uebereinstimmung mit sich. Er allein ist gut erzogen."

,,Unter diesen drei verschiedenen Erziehungsweisen nun hängt die der Natur gar nicht von uns ab; die der Dinge nur in gewissen Punkten; die der Menschen allein ist es, von der wir wirklich Herren sind, doch aber auch nur muthmaßlich; denn wer von uns darf wohl hoffen, die Gespräche und Handlungen aller derer, die das Kind umgeben, vollkommen zu leiten?"

„Sobald also die Erziehung eine Kunst ist, so ist es beinahe unmöglich, daß sie gelinge, weil die zum Gelingen nothwendige Uebereinstimmung von keinem Menschen abhängt. Alles, was man bei der größten Sorgfalt erzielen kann, besteht in größerer oder geringerer Annäherung an das Ziel; aber um es zu erreichen, ist Glück erforderlich.“

„Welches ist dies Ziel? Es ist das der Natur; das ist eben bewiesen worden. Weil nämlich die Uebereinstimmung der drei Erziehungsweisen zu einer vollkommenen Erziehung nothwendig gehört, so muß diejenige, über die wir nichts vermögen, die Richtung der beiden anderen bedingen."

[ocr errors]

Alle diese Säße, so inhaltsreich sie vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mögen, sind doch nur nebelhafte Phrasen, die, sobald man sie in Ruhe erwägt, weder einen klaren Begriff noch einen bündigen Beweis enthalten, weder ein Ziel der Erziehung, noch die Mittel, es zu erreichen, auch nur andeuten. Klar und bestimmt ist Rousseau, wie alle ihm gleich gesinnten Menschen, nur in der Verneinung, in der Leugnung göttlicher Werke und Worte, in der Abweisung der Sünde und einer deshalb nöthigen Erlösung. Das werden die folgenden Worte noch deutlicher zeigen. Er sagt:

„Der natürliche Mensch ist etwas an sich Ganzes; er ist die numerische Einheit, das Durchausganze, das sich nur auf sich selbst oder seines Gleichen bezieht. Der bürgerliche Mensch ist nur eine Brucheinheit, die

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »