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von dem Nenner abhängt und deren Werth in einem bestimmten Verhältniß zu dem Ganzen steht, welches der gesellschaftliche Körper (der Staat) ist.“ Es kömmt ihm deshalb vor allem darauf an, Natur menschen zu erziehen, die zu dem Staat gar kein Verhältniß einnehmen.

„In der natürlichen Ordnung sind die Menschen alle einander gleich, ist ihr gemeinsamer Beruf, Mensch zu sein; und wer dafür gut erzogen ist, kann die Mission, die ihm übertragen wird, nie schlecht ausführen. Man bestimme meinen Zögling für den Soldatenstand, für die Kirche, für die Gerichtsstube, es geht mich wenig an. Vor der Wahl der Eltern hat ihn die Natur berufen, als Mensch zu leben. Leben ist die Kunst, die ich ihm beibringen will. Ich gestehe es, wenn er aus meinen Händen geht, so wird er weder eine Magistratsperson, noch ein Soldat, noch ein Prediger sein; aber er wird vor Allem Mensch sein; Alles, was ein Mensch sein soll, das wird er wenigstens eben so gut sein, wie jeder Andere, wer er auch sei, und das Schicksal mag immerhin ihn nöthigen, seine Stellung zu ändern, er wird stets an seinem Plaze stehen. Ich habe dich in meiner Gewalt, Schicksal, habe dich gefaßt; alle deine Zugänge sind versperrt, mir kannst du nichts anhaben!"" So soll der Mensch reden können, der nach Rousseau’scher Weise zu einem Menschen erzogen ist!

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„Unser eigentliches Studium ist die Kenntniß von der Bestimmung des Menschen. Wer das Gute und das Böse dieses Lebens am besten zu ertragen weiß, der ist, nach meiner Ansicht, am besten erzogen.“ Man denkt nur daran, sein Kind zu erhalten; das ist aber nicht genug. Man muß es auch lehren, sich als Mensch selbst zu erhalten, die Schläge des Schicksals zu ertragen, dem Reichthum und der Armuth zu troßen, wenn es sein muß, auf Jslands Gletschern oder auf dem glühenden Felsen von Malta zu leben.“

Was Rousseau im Folgenden über die Beschaffenheit des Erziehers, über das Füttern und Wickeln der Kinder, über das Sprechenlernen u. s. w. sagt, müssen wir — der wünschenswerthen Kürze wegen — übergehen; wir haben Wichtigeres anzumerken.

Jm 2. Buche bespricht er die Erziehung Emils bis zu seinem zwölften Jahre. Es heißt:

„Wenn die Kinder anfangen zu reden, so weinen sie nicht mehr so viel. Dieser Vorschritt ist sehr natürlich; es tritt eine Sprache an die Stelle der anderen. Sobald als sie mit Worten sagen können, daß sie leiden, warum sollten sie es durch Schreien thun? Es wäre denn, daß der Schmerz so lebhaft wäre, daß sie ihn mit Worten nicht ausdrücken könnten. Fahren sie aber jeßt fort zu weinen, dann liegt die Schuld an den Leuten, welche um sie sind." So kann doch nur ein Mann reden, der nie Kinder um sich gehabt hat! Von einem sündlichen Weinen der Kinder aus Zorn, Ungeduld u. s. w. weiß dieser Mann nichts; denn nach seiner Meinung kommen dieselben ganz unschuldig auf die Welt und können vollständig vor bösen Einflüssen bewahrt werden. Wahrhaft lächerlich ist, wie er die Kinder gewöhnen will,

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gar nicht zu weinen. Er sagt: So lange das Kind weint, komme ich ihm nicht zu nahe, laufe aber hinzu, sobald es ruhig ist. Bald wird Schweigen die Art und Weise sein, durch die es mich zu sich ruft, oder höchstens wird es einen einzelnen Schrei ausstoßen.“

Gleichermaßen lieblos lauten auch die folgenden Worte: „Anstatt sehr aufmerksam zu sein, daß sich Emil niemals verleße, würde es mir vielmehr unlieb sein, wenn dies nie geschähe und er aufwüchse, ohne den Schmerz kennen zu lernen. Leiden ist das erste, das er lernen muß, es ist dasjenige, was ihm zu wissen am allernöthigsten sein wird. Es scheint, daß die Kinder nur klein und schwach sind, damit sie diesen wichtigen Unterricht ohne Gefahr empfangen können."

„Ein zweiter Vorschritt macht den Kindern das Weinen noch weniger nothwendig; es ist das Zunehmen ihrer Kräfte. Sobald sie durch sich selbst mehr vermögen, haben sie weniger oft nöthig, ihre Zuflucht zu Anderen zu nehmen. Mit ihrer Kraft entwickelt sich die Kenntniß, die sie in den Stand sezt, jene zu leiten. Auf der zweiten Stufe hebt recht eigentlich das Leben als Einzelwesen an; hier ist es, wo das Bewußtsein seiner selbst beginnt. Das Erinnerungsvermögen verknüpft den Gedanken von der Einheit und Gleichheit der Person mit allen wesentlichen Vorgängen des Daseins; und so wird das Kind wahrhaft persönlich, selbständig, und somit schon des Glückes und Elendes fähig. Es ist also nothwendig, daß man hier anfange (!), es als ein sittliches Wesen der Betrachtung zu unterstellen.“

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Nach langen unklaren Auseinanderseßungen über die Gewöhnung des Kindes zur Geduld, Gleichmuth, Entsagung und Zufriedenheit" kömmt Rousseau dann wieder auf den natürlichen Zustand der Kinder zurück. Er sagt:

,,Gebt eurem Zöglinge durchaus keine wörtliche Instruction; er darf diese nur durch Erfahrung sammeln; bringt ihm keine Art von Züchtigung bei, denn er weiß nicht, was Schuld haben heißt; laßt ihn niemals um Verzeihung bitten, denn er versteht es nicht, euch zu beleidigen. Da in seiner Handlung jeder moralische Beweggrund mangelt, so kann er keine moralisch schlechte Handlung begehen, nichts, was Züchtigung oder Verweis verDiente."

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Wir stellen als unbestreitbare Grund wahrheit fest, daß die ersten Regungen der Natur immer richtig sind. Es gibt durchaus keine ursprüngliche Verderbtheit in dem mensch lichen Herzen; es findet sich kein einziger Fehler darin, von dem nicht nachgewiesen werden könnte, wie und wodurch er hinein gekommen sei. Die einzige dem Menschen angeborene Leidenschaft ist die Liebe zu sich selbst, oder die Eigenliebe im weitesten Sinne des Worts. Diese Eigenliebe an sich oder in Beziehung auf uns ist gut und nüßlich; und da sie in durchaus keiner nothwendigen Beziehung zu dem Rebenmenschen steht, so ist sie in dieser Hinsicht natürlicher Weise ohne Ve

lang: sie wird nur durch die Anwendung, die man von ihr macht, und durch die Beziehungen, die man ihr gibt, entweder etwas Gutes oder etwas Schlechtes. Bis dahin also, wo der Leiter der Eigenliebe, die Vernunft, erwacht, ist viel daran gelegen, daß das Kind nicht etwas darum thue, weil es gesehen oder gehört wird, mit einem Worte: aus Rücksicht gegen Andere, sondern einzig und allein darum, weil es die Natur von ihm verlangt; und dann wird es nichts thun, als was gut ist.“

„Ich meine damit nicht, daß es nie Schaden anrichten werde, daß es sich nie verleßen wird, daß es nicht vielleicht ein kostbares Geschirr zerbrechen dürfte, wenn es dies in seinem Bereiche vorfindet. Es kann vielleicht viel Unheil anrichten, ohne deshalb Böses zu thun, weil das Böse einer Handlung von der Absicht zu schaden abhängt, das Kind aber diese Absicht nie hegen wird. Hätte es diese Absicht ein einziges Mal, so wäre schon Alles verloren; es dürfte beinahe ohne Rettung verderbt sein.“

Wie Rousseau über die Natur des Kindes völlig im Unklaren ist, so sind nun auch seine Erziehungsmaßregeln gänzlich verfehlte. Zu dem, was über dieselben bereits gelegentlich gesagt ward, wollen wir in nächster Nummer noch einige Aussprüche hinzu fügen, die unsere Behauptung vollständig rechtfertigen werden. (Fortseßung folgt.)

Die Lehrartikel der Augsburgischen Confeffion.
(Vorgetragen im Schulseminar zu Addison, Jl., von C. A. T. Selle.)

Artikel 15. Von Kirchenordnungen.

(Vergleiche S. 42 ff. 45 ff. 52 ff. 196 ff. 313. 503 f. 628 ff. 58 ff. 65 ff. 206 ff. 325. 551 ff. 697 ff.)

Müller: S. 55 ff.

Das Wort „Kirchenordnungen“ bezeichnet hier Anordnungen, Kirchengebräuche, oder kirchliche Ceremonien. Von diesen wird hier gehandelt mit einer Einschränkung, da, wie die Anfangsworte des Artikels ergeben, nur die Rede ist von solchen Ceremonien, die von Menschen gemacht sind, nicht aber von solchen, die der HErr selbst geordnet hat. Im Alten Testament hatte Gott alle einzelnen Ceremonien vorgeschrieben; im Neuen Testament ist dies nur bei sehr wenigen in Betreff der Verwaltung der heiligen Sacramente der Fall. Als Ceremonien von Menschen gemacht führt unser Artikel auf:,,gewisse Feier, Feste und dergleichen". Dergleichen“ find aber unter Anderem: Stehen, Knieen oder Händefalten beim Gebet, Kreuzschlagen, Singen am Altar, Orgelspielen, Glockenläuten 2c. Im siebenten Artikel ist auch schon von solchen Ceremonien von Menschen gemacht die Rede gewesen, und zwar dort als nicht nöthig zur wahren Einigkeit der Kirche, da zu dieser allein nöthig ist, daß da einträchtiglich nach reinem

Verstand das Evangelium gepredigt, und die Sacramente dem göttlichen Worte gemäß gereicht werden". Wenn aber gleich nicht nöthig zur wahren Einigkeit der Kirche, ist Gleichförmigkeit der Ceremonien in allen rechtgläubigen Gemeinden doch gewiß wünschenswerth und anzustreben, damit so auch der böse Schein der Uneinigkeit vermieden werde, wie uns hierzu ermahnt 1 Theff. 5, 22.: „Meidet allen bösen Schein." Ganz ohne Ceremonien von Menschen gemacht kann es auch nicht beim Gottesdienste abgehen, und wenn manche Schwärmer von ihren Gottesdiensten behaupten, in denselben würden keine derartigen Ceremonien beobachtet, so täuschen sie sich selbst, da ja z. B. auch das Nichtfalten der Hände, die man dann etwa aufstüßt, eine Ceremonie ist.

In Betreff der Kirchengebräuche von Menschen gemacht wird nun in unserem Artikel

1. gelehrt, welche derartige Kirchengebräuche zu halten sind, nämlich

a. unsündliche,

b. die zu Frieden und zu guter Ordnung dienen;

2. eine zwie fache Einschränkung gemacht, nämlich

a. die so zu haltenden Bräuche sind nicht nöthig zur Seligkeit,

b. sie sind nicht verdienstlich.

Ad 1. a. Die erste Anforderung, die wir an Ceremonien machen, welche zu halten find, ist, daß sie ohne Sünde mögen gehalten werden“. Ein Christ entseßt sich vor jeder Sünde. Lieber, als mit einer einzigen vorbedachten Sünde Gott zu beleidigen, will er den Augenblick sterben. Sobald es bei Jemanden anders steht, ist er kein Christ; denn durch jede muthwillige vorfäßliche Sünde fällt der seitherige Christ aus seinem Glauben und Gnadenstande. Allermeist sind einem Christen aber billig solche Sünden ein Greuel, bei denen es auf Erbauung im Glauben abgesehen sein soll. In erster Linie find nun aber solche Ceremonien sündlich, die stracks wider Gottes Wort sind, 3. B. die Enthaltung von gewissen Speisen oder Getränken sc. als Gottesdienst; denn betreffs derselben sagt Gottes Wort, Col. 2, 16.: „So laffet nun Niemand euch Gewissen machen über Speise oder Trank"; ferner: die Anbetung der Heiligen, da Gott sagt, Matth. 4, 10.: „Du sollst anbeten Gott, deinen HErrn, und ihm allein dienen“; oder die Entziehung des Kelches beim heiligen Abendmahl, da der HErr Christus ausdrücklich befohlen hat betreffs desselben:,,Trinket alle daraus." (Matth. 26, 27.) — Sündlich find aber zum Andern auch solche Ceremonien, die, obwohl an sich frei, zur Stüßung falscher Lehre dienen sollen, wie z. B. die Reformirten von uns begehren, daß wir das Brod beim heiligen Abendmahle brechen sollen, damit so ihrer falschen Lehre Vorschub geleistet werde, das Brod sei ein bloßes Bild des Leibes Christi und dieser selbst gar nicht gegenwärtig.

b. Die zweite Anforderung an Ceremonien von Menschen gemacht, die wir stellen, ist, „daß sie zu Frieden, zu guter Ordnung in der Kirchen dienen“. Dies fordern Stellen wie Röm. 14, 19.:,,Lasset uns dem nachstreben, das zum Frieden dient, und was zur Besserung unter einander dient“, oder Ebr. 12, 14.:,,Jaget nach dem Frieden gegen Jedermann“, und 1 Cor. 14, 40.: ,,Lasset Alles ehrlich und ordentlich zugehen." Welches derartige Ceremonien für eine betreffende Gemeinde seien, hat diese nach ihrer besten Erkenntniß in ihrer christlichen Freiheit, und zwar durch die Majorität ihrer Glieder, selbst zu bestimmen. Durch Majorität müssen die der christlichen Freiheit überlassenen Ceremonien bestimmt werden, weil die Vernunft dies fordert, da ja in keinem Gemeinwesen mit gleichen Rechten Aller Friede und gute Ordnung bestehen können, wo in solchen Sachen, die Gott weder ge- noch verboten hat, die Majorität nicht gelten soll. Doch soll in einer christlichen Gemeinde die Majorität vorsichtig sein, daß durch ihren Beschluß keine Schwachen geärgert werden, eingedenk des apostolischen Wortes 1 Cor. 6, 12.:,,Ich habe es alles Macht; es frommet aber nicht alles", oder 1 Thess. 5, 14.: Traget die Schwachen, seid geduldig gegen Jedermann", oder Röm. 14, 1.: „Den. Schwachen im Glauben nehmet auf, und verwirret die Gewissen nicht.“ Den Schwachen soll man eine Zeitlang nachgeben, bis sie genugsam belehrt und nun auch so stark geworden sind, daß sie keinen Anstoß mehr nehmen. Halsstarrigen aber, die nur ihren eigenen Willen durchseßen wollen, soll man nicht weichen. Sie sind von den Schwachen meist leicht zu unterscheiden, besonders daran kenntlich, daß sie alle Belehrung in der Sache von sich weisen, während diese sich gern belehren lassen.

Ad 2. Im zweiten Theil unseres Artikels wird eine zweifache Einschränkung gemacht:

a. die so zu haltenden Bräuche sind nicht nöthig zur Seligkeit. Der Artikel sagt dies mit den Worten:,,Doch geschieht Unterricht dabei, daß man die Gewissen, nicht damit beschweren soll, als sei solch Ding nöthig zur Seligkeit." In Betreff der Erlangung der Seligkeit also find solche Kirchengebräuche nicht nöthig und das Gewissen bindend; damit ist aber nicht gesagt, daß die von einer Gemeinde einmal eingeführten Ceremonien keinerlei Verbindlichkeit hätten. Die Feier des Sonntags 3. B. ist ein unsündlicher Brauch, der keineswegs nöthig zur Erlangung der Seligkeit ist. Wenn nun aber etwa Einige aus der Gemeinde nicht den Sonntag, sondern irgend einen anderen beliebigen Tag anstatt desselben feiern wollten, so richteten sie damit Unordnung in der Kirche an, während doch, wie gehört, der Heilige Geist 1 Cor. 14, 40. spricht: „Lasset Alles ehrlich und ordentlich zugehen." Um der Ordnung und Liebe willen muß sich der einzelne Christ dem Beschluß der Gemeinde fügen, vorausgeseßt, daß die betreffende Ordnung ohne Sünde mag gehalten werden. Es haben also solche Gebräuche allerdings Verbindlichkeit für das Gewissen; nöthig aber zur Seligkeit sind sie nimmermehr.

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