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Evang. - Luth. Schulblatt.

13. Jahrgang.

September 1878.

No. 9.

Die Lehrartikel der Augsburgischen Confession.
(Vorgetragen im Schulseminar zu Addison, JA., von C. A. T. Selle.)

Artikel 19. Von der Ursache der Sünden.

(Vergl. S. 211 f. 504 ff. 634 ff. 700.

Müller: S. 219 f. 553 ff. 704 ff. 781.)

Der Inhalt dieses Artikels ist kurz folgender:

Die Ursache der Sünde ist

1. nicht Gott, sondern

2. der verkehrte Wille

a. des Teufels

b. aller Menschen.

Ad 1. Es folgt der Artikel von der Ursache der Sünde deshalb auf den vom freien Willen, weil man leicht auf den gotteslästerlichen Gedanken kommen kann, ob nicht etwa die Unfreiheit des menschlichen Willens und seine Untüchtigkeit in göttlichen und geistlichen Dingen, wie sie der 18. Artikel bezeugt, daher komme, daß Gott den Menschen also erschaffen habe. Wäre dies nun aber so, so wäre ja Gott die Ursache sowohl der Sünde als auch der auf diese gehörenden und folgenden Verdammniß. Um diesem greulichen Frrthum vorzubeugen, wird nun hier gesagt, daß, wiewohl Gott der Allmächtige die ganze Natur geschaffen hat und erhält, so wirket doch der verkehrte Wille die Sünde“ 2. Wenn es hier heißt, daß Gott die ganze Natur geschaffen habe und erhalte, so soll damit nicht sowohl Gott als Schöpfer bekannt, als vielmehr, wie das aus den Worten wiewohl" und so" und aus der authentischen Erklärung durch die Apologie hervorgeht, das bezeugt werden, daß Gott,,nicht eine Ursache der Sünde“ sei. Es ist hier also der Gegensaß von Natur und Sünde zu betonen. Die Natur hat ihren Ursprung von Gott, deshalb ist sie an sich gut und heilig; die Sünde aber ist etwas Hinzugekommenes, das nicht zum Wesen der Natur gehört. (S. Art. 2.) So wenig der Schimmel, der sich an das Brod sez

und es ganz verdirbt, zum Brod gehört, so wenig gehört die Sünde zur Natur des Menschen. Von dem heiligen Gott kann ja keine Sünde kommen. Von Ihm heißt es Pf. 5, 5.:,,Du bist nicht ein Gott, dem gottlos Wesen gefällt." Darum auch:,,Niemand sage, wenn er versucht wird, daß er von Gott versucht werde. Denn Gott ist nicht ein Versucher zum Bösen. Er

versucht Niemand." (Jac. 1, 13.)

Ad 2. Während die Seligkeit, wie im 18. Artikel gezeigt worden, allein von Gott kommt, kommt die Verdammniß zunächst von dem, der die Sünde in die Welt eingeführt hat: vom Teufel. Hierfür beruft sich der Artikel auf Christi Wort Joh. 8, 44.: „Derselbige“ — nämlich der Teufel — „ist in Mörl von Anfang. Wenn er die Lügen redet, so redet er von seinem Eigenen." So heißt es auch 1 Joh. 3, 8.:,,Wer Sünde thut, der ist vom Teufel; der Teufel sündiget von Anfang."— Die zweite Ursache der Sünden ist des Menschen verkehrter Wille, wie der „aller . Gottlosen". Hos. 13, 9. sagt Gott: „Israel, du bringest dich in's Unglüc; denn dein Heil stehet allein bei mir", während die Vernunft es gerne geradezu umkehren möchte.

Hier ist besonders auch in's Auge zu fassen die scheusliche Lehre der Calvinisten von der Gnadenwahl (Prädestinationslehre). Nach derselben foll Gott von Ewigkeit her den größten Theil der Menschen unbedingt zur Verdammniß bestimmt und erwählt haben. Aus diesem Lehrsag folgt mit Nothwendigkeit, daß Gott die von Ihm zur Verdammniß angeblich erwählten und verordneten Menschen auch zur Ursache der Verdammniß, d. i. zur Sünde erwählt, verordnet und geschaffen habe. Zwar übergehen einige der reformirten Bekenntnisse diese Schlußfolgerung ganz, ja einige derselben lehnen sie sogar entschieden ab; indessen desto bestimmter wird sie gezogen und ausgesprochen von den reformirten Dogmatikern, mit Zwingli und Calvin an der Spize. (S. Populäre Symbolik von Günther, Seite 91 f.) Welche Gotteslästerung! - Der schreckliche Irrthum von der Erwählung zur Verdammniß wird auch sonderlich von den älteren reformirten Dogmatikern so scharf betont, daß sie wohl sagen, wenn ein Mensch auch von Kindheit auf ein gottseliges Leben geführt habe und sein leßtes Wort ein Seufzer zu Gott um Gnade um Christi willen wäre, so müßte noch im leßten Augenblick der Glaube erlöschen und der Mensch verdammt werden, falls er zu den zur Verdammniß Erwählten gehöre, während dagegen ein zur Seligkeit Erwählter nicht allein sein ganzes verflossenes Leben in allen Sündengreueln zugebracht haben möge, sondern auch sein leßtes Wort ein Fluch oder eine Gotteslästerung sein könne: Gott gebe ihm dann noch im leßten Momente den Glauben und er werde selig. Freilich widersprechen sich hierbei die Calvinisten selbst, wenn sie, wie es von vielen geschieht, doch auch wieder behaupten, daß ein wirklich gläubiger, bekehrter Christ nie mehr abfallen könne. Nicht auszusagen ist es, welchen entseßlichen Schaden die calvinistische Gnadenwahllehre schon angerichtet hat: wie viele schon wahnsinnig darüber geworden

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wie viele sich in der Verzweiflung wegen derselben selbst das Leben genommen, - wie viele sie schon in die Hölle gestürzt hat. Damit wir nun vor diesem greulichen Frrthum bewahrt bleiben, müssen wir den Unterschied wohl merken und festhalten zwischen der Vorsehung" (hier gleich Vorhersehung) Gottes und der Gnadenwahl. Nach der Vorsehung weiß Gott alle Dinge von Ewigkeit her zuvor, also auch wer selig und wer verdammt wird; in Betreff der Wahl aber gibt es nach der Schrift nur eine, die auch wirklich eine Gnadenwahl ist: die Wahl zur Seligkeit, und zwar um Christi willen, derer, die an Christum glauben und bis an's Ende im Glauben verharren. Unsere Seligkeit steht allerdings allein in Gottes Wahl, die von Ewigkeit getroffen ist, wie es z. B. Röm. 9, 16. heißt: „So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen" und Eph. 1, 4.:,,Wie Er uns denn erwählet hat durch denselbigen (Christum), ehe der Welt Grund gelegt war." Christus ist das Buch des Lebens; wer in dem geschrieben stehet, der ist ein seliges Kind Gottes. In diesem Buche des Lebens sind aber alle, die an Jhn glauben. „Von diesem (Christo) zeugen alle Propheten, daß durch Seinen Namen alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden empfahen sollen." (Apost. Gesch. 10, 43.) „Also hat Gott die Welt geliebet, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." (Joh. 3, 16.),,Wer aber beharret bis an's Ende, der wird selig." (Matth. 24, 13.) — Von einer Wahl zur Verdammniß reden, ist eben so widerfinnig als gotteslästerlich, da alle Menschen ja schon von Natur nach der Erbsünde unter dem Urtheil der Verdammniß sind. Daß aber die meisten Menschen unter demselben bleiben, ist ihre eigene Schuld: Israel, du bringest dich in's Unglüd." (Hos. 13, 9.) Gott ruft alle Menschen zur Buße und will sie selig machen. So wahr, als ich lebe, spricht der HErr HErr, ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daß sich der Gottlose bekehre von seinem Wesen, und lebe." (Hof. 33, 11.),,Der HErr . . . will nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß sich jedermann zur Buße kehre." (2 Petr. 3, 9.) — Die Gewißheit, zur Seligkeit erwählt zu sein, ist Sache des Glaubens, vom Heiligen Geiste im Herzen gewirkt. Sie macht den Gläubigen keineswegs sicher, da er weiß, daß nur selig wird, wer bis an's Ende im Glauben beharret. Die Glaubensfreudigkeit, daß ich erwählet bin, gründet sich auf Gottes Treue, daß Er mich, dem Er den HErrn Christum geschenkt, dem Er Sein Wort gegeben, in dem Er den wahren Glauben gewirket hat, dem Er diesen Glauben auch im Herzen versiegelt, nicht wird versuchen lassen über mein Vermögen, sondern machen, daß die Versuchung so ein Ende gewinne, daß ich es könne ertragen. (1 Cor. 10, 13.) Christus spricht von Seinen Schafen: „Niemand wird sie Mir aus Meiner Hand reißen." (Joh. 10, 28.) D, was sind wir Christen für selige Leute, und wie können und sollen wir doch alles in der Welt für Koth halten gegen der überschwänglichen Klarheit und Herrlichkeit in Christo, unserm HErrn!

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Wer aber noch zweifelt, ob er erwählet sei, der soll ja nicht forschen wollen in dem heimlichen verborgenen Willen Gottes, sondern in dem geoffenbarten Willen, und nur darauf sehen, daß er in Christo erfunden werde und bleibe.

Artikel 20. Vom Glauben und guten Werken.

(Vergleiche S. 212 ff. — Müller: S. 220 ff.)

Dieser Artikel zerfällt in drei Haupttheile. Diese sind:

I. die Einleitung, worin angegeben wird:

a. die Veranlassung zur Verabfassung dieses Artikels;

b. der Nußen, den unsere betreffende Lehre den Widersachern gebracht hat:

1. sie rühmen ihre unnöthigen Werke nicht mehr so hoch, wie vor Zeiten;

2. sie haben nun auch vom Glauben reden gelernt;

II. die Abhandlung. Sie enthält folgende Punkte:

a. Gott versöhnen und Gnade erwerben fließt nicht aus unsern Werken, sondern allein aus dem Glauben;

b. die Nothwendigkeit unserer Lehre vom Glauben;

c. die Beschaffenheit des wahren Glaubens;

d. die Nothwendigkeit der Werke;

III. der Schluß: unsere Lehre vom Glauben ist nicht zu schelten, sondern zu rühmen.

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Ad 1. a. Die Veranlassung zur Verabfassung dieses Artikels gibt er an mit den Worten: „Den Unsern wird mit Unrecht aufgelegt, daß fie gute Werke verbieten." Es ist dies dasselbe Geschrei, was die Papisten noch fort und fort wider uns anstimmen. Weil wir lehren, daß der Glaube allein gerecht mache und daß auch der größte Sünder selig werden kann und gewiß selig wird, wenn er Christum im Glauben ergreift, so sagen die blinden Papisten: Die Lutheraner halten gar nichts von guten Werken. In dasselbe Geschrei stimmen Schwärmer und offenbare Weltmenschen ein. So bestätigt sich auch hier, und hier ganz besonders, Luther's Ausspruch, daß alle Feinde des reinen Wortes seien wie Simson's an den Schwänzen zusammengebundene Füchse. Um die falsche Beschuldigung der Papisten 2c. abzuweisen, verweis't unser Artikel zunächst auf die Schriften der Unsern: ,,denn ihre Schriften von zehn Geboten und andere beweisen, daß sie von rechten christlichen Ständen und Werken guten nüßlichen Bericht und Ermahnung gethan haben sc." Mögen wir aber nun schon über dreihundert Jahre unseren Gegnern gesagt haben: Steckt doch eure Nasen in unsere Bücher und seht, was wir lehren, ja, schaut in unsere geförderteren Gemeinten, wie da auch Zucht geübt wird: sie wollen nicht sehen, und fahren fort, fahren muthwillens fort in ihrem Geschrei wider uns. Gerade bei uns wird von den wahrhaft guten Werken gelehrt, während von den Gegnern ,,allermeist in allen Predigten auf kindische, unnöthige Werke... getrieben

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wird". Nicht allein vor und zu Luther's Zeit wurde von den Papisten gar wenig gelehrt von solchen Werken, die Gott geboten hat, desto mehr aber von elenden Menschensaßungen; sondern so steht es bei ihnen und anderen unserer Gegner vielfach, wenn auch nicht ganz in gleichem Maße, jezt noch.

Ad I. b. Unsere Lehre hat den Widersachern selbst Nußen gebracht; denn 1.:,,Solche unnöthige Werke rühmet auch unser Widerpart nun nicht mehr so hoch als vorzeiten“, so daß daneben doch jezt auch etwas von den zehn Geboten Gottes gelehrt wird, was früher nur mehr ausnahmsweise geschab; und 2.: „dazu haben sie auch gelernet, nun vom Glauben zu reden, davon sie doch in Vorzeiten gar nichts geprediget haben; lehren dennoch nun, daß wir nicht allein aus Werken gerecht werden vor Gott, sondern sezen den Glauben an Christum darzu, sprechen, Glaube und Werk machen uns gerecht vor Gott." Dies ist ja freilich immer noch die schändlichste Verleugnung Christi. Wenn aber unsere Väter in dieser Lehre etwas Besseres sehen, als in der früheren der Papisten, so hat dies seinen Grund darin, daß es jezt doch einem armen Sünder in der römischen Kirche eher möglich ist, selig zu werden, sofern, wenn er nun an allen seinen eigenen Werken verzweifeln muß, er doch wenigstens gehört hat vom Glauben, und deshalb nun der Heilige Geist Raum gewinnen mag, daß ein solcher Sünder, wenn auch vielleicht erst auf seinem Sterbebette, sich ganz seinem Heilande zuwende und so selig werde. Darum heißt es hier von der betreffenden papistischen Lehre: „welche Rede mehr Trostes bringen möge, denn so man allein lehret auf Werke zu vertrauen".

Ad II. a. Hier wird wieder zunächst bezeugt, daß uns unsere Werke nicht mögen mit Gott versöhnen und Gnade erwerben, sondern solches ge= schieht allein durch den Glauben 2c.“ „Wer nun vermeinet, solches durch Werke auszurichten und Gnade zu verdienen, der verachtet Christum, und suchet einen eigenen Weg zu Gott wider das Evangelium“; denn es bleibet bei Christi Wort, das er von sich sagt Joh. 14, 6.: „Ich bin der Weg, und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch mich." — Als Schriftbeweis dafür, daß Gott versöhnen und Gnade erwerben allein aus dem Glauben fließt, bringt der Artikel Eph. 2, 8. 9.: „Aus Gnade seid ihr selig worden durch den Glauben; und dasselbige nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus den Werken, auf daß sich nicht jemand rühme", und beruft sich dafür dann auch noch auf Augustin.

Ad II. b. Die Nothwendigkeit unserer Lehre vom Glauben führt uns der Artikel vor mit den Worten: „Wiewohl nun diese Lehre bei unversuchten Leuten sehr verachtet wird, so befindet sich doch, daß sie den blöden und erscrockenen Gewissen sehr tröstlich und heilsam ist, denn das Gewissen kann nicht zu Friede und Ruhe kommen durch Werke, sondern allein durch den Glauben, so es bei sich gewißlich schleußt, daß es um Christus willen einen gnädigen Gott habe." Beweis: Röm. 5, 1.: „Nun wir denn sind gerecht worden durch den Glauben, so haben wir Friede mit

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