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er bornirter Selbstüberschäzung und pedantischer Wichtigthuerei nicht entgehen, wenn er sein beschränktes Wissen nicht durch reges, fortgesettes Studium fortwährend erfrischt, durchgeistigt, berichtigt und erweitert, wenn er nicht immer durch Blicke in das große Bildungsgebiet um ihn her das heilsame Bewußtsein in sich pflegt, daß er nur in der Vorhalle des Wissens steht. Und fassen wir erst das umfangreiche Gebiet der von dem Lehrer zu leitenden Schulerziehung in's Auge: wie unzureichend erweis't sich da selbst eine gründliche Kenntniß der dafür geltenden Grundsäge und Regeln, wie unzureichend die Einsicht in die menschliche Natur überhaupt und in die kindliche insbesondere! Fortwährende individuelle Beobachtungen und Erfahrungen, einschlagende Schriften und vor allem ein immer tieferes Eindringen in Gottes Wort, in welchem das Wesen und die Erziehung des Menschen in ewig giltiger Wahrheit sich darstellen, müssen da den Blick des Lehrers schärfen, das Urtheil läutern, das Verhalten regeln, den Erfolg sichern. Und wenn bei irgend einer Thätigkeit der ganze Schwerpunkt in der Persönlichkeit liegt, so ist es hier der Fall. Aber bloßes Lernen und Studiren hilft dazu nicht; es gilt, sich leiten, regiëren und führen lassen vom Geiste Gottes.

Auch des Lehrers kirchliche Stellung macht ein reges Streben nach Fortbildung nöthig. Er soll eine gründliche Kenntniß der göttlichen Wahrheit und ein lebendiges Interesse und Verständniß haben für die tiefgreifenden kirchlichen Bewe ungen dieser Zeit, daß er zu erkennen sich bemüht, welche Stunde in der Kirche des HErrn geschlagen hat, daß er die Mächte des Lichts und der Finsterniß unterscheiden lernt, statt eine Beute des Materialismus und Indifferentismus zu werden. Und darin lernt man nie aus.

Auch in seiner Stellung als Cantor und Organist erwachsen dem Lehrer besondere Anforderungen. Die Erfahrung lehrt es ja leider zu oft, wie leicht der Cantor und Organist, selbst wenn er Tüchtiges im Seminar gelernt hat, doch gerade in seinen musikalischen Leistungen in Geschmacklosigkeit oder Leichtfertigkeit oder haltungs- und regellose Routine verfällt. Hier wie in der Schule kann er der Gefahr eines bloßen Naturalisirens nur durch angestrengteste Fortbildung entgehen.

Vergegenwärtigen wir uns zu alledem noch die Lebensstellung des Lehrers in der Gemeinde, so finden wir, daß sie von der Art ist, daß praktische Einsicht in das Volksleben, in dessen Leiden und Freuden, in die Verhältnisse der Gemeinde und in das Familien- und bürgerliche Leben überhaupt nothwendig werden, wenn seine Wirksamkeit in der Schule realen Grund und Boden unter sich haben und reelle Früchte bringen soll. Das alles lernt man bei weitem nicht ausreichend im Seminar, das muß man im Leben lernen.

Wenn wir uns fragen, ob Fortbildung, emsige, gewissenhafte Fortbildung für den Lehrer nöthig ist, so ist die Antwort klar. Und je einsamer die Stellung eines Lehrers ist, je mehr Hindernisse für die Weiterbildung

daraus und aus der Beschränktheit seiner Mittel ihm erwachsen, desto nothwendiger ist sie und desto näher liegend die Gefahr des Verbauerns und Versauerns. Die wahre Treue im Berufe macht die Fortbildung zu einer sich von selbst verstehenden Sache. Wer mit seinem ganzen Herzen im Amte steht, calculirt nicht über die Nothwendigkeit der Fortbildung.

Freilich muß auch die Möglichkeit dazu gegeben sein. Sie fehlt, wo der Lehrer mit öffentlichem oder Privatunterricht überladen ist. Es ist aber Pflicht der Gemeinde, sowie des Lehrers selbst, das Eine wie das Andere zu verhüten. Denn durch Ueberbürcung mit Unterrichtsstunden erschlafft die Kraft des Lehrers und die für den Unterricht so nöthige lebendige Frische geht verloren. Und von einem gehörigen Privatstudium kann vollends keine Rede sein.

Fragen wir nun: Wie soll die Fortbildung geschehen? Als Antwort wollen wir zunächst die Richtung bezeichnen, in welcher sie geschehen soll. Sie ist eine zweifache. Einmal muß sie auf alles dasjenige gehen, was überhaupt zur allgemeinen menschlichen Bildung gehört, so daß der Schullebrer in demjenigen Bescheid weiß, was zum Kapitel allgemeinen Wissens gehört, daß er z. B. über einen zur Zeit wichtigen Kriegsschauplaß geographisch unterrichtet ist, daß er über die bedeutenderen geschichtlichen Facta, die irgendwie in die Gegenwart hineinleuchten, Bescheid weiß u. s. w. Zweitens muß fich die Fortbildung speciell auf den Lehr- und Erziehungsberuf beziehen, so daß er, was in diesem Gebiete irgend von Bedeutung ist, kennt, mit den Fortschritten seines Faches sich bekannt macht und sich über alles dahin Einschlagende zu einem klaren, begründeten Urtheil befähigt. Die Mittel hierzu find etwa folgende:

Im allgemeinen schon bildet jeden Menschen das Leben selber fort, indem er täglich Erfahrungen macht, die ihn irgend etwas lehren, was er noch nicht wußte. Um sie zu machen, bedarf es nur der rechten Aufmerksamkeit, des Lernen-Wollens und des hellen Blickes, um, wo irgend ein Goldkorn von Wahrheit liegt, das er für sich persönlich oder für sein Amt benüßen kann, dasselbe sogleich wahrzunehmen, seinen Werth zu erkennen und es auch praktisch umzuseßen.

Eigene Erfahrung aber, so reich sie sein mag, ist doch immer beschränkt, sie muß sich daher ergänzen durch fremde. Also Umgang mit tüchtigen Collegen, mit gebildeten christlich gesinnten Menschen überhaupt! Je isolirter ein Lehrer steht, desto nöthiger ist ihm solcher Umgang. Er besuche deren Schulen und höre ihren Unterricht an, was oft sehr lehrreich sein kann.

Organisirt und in größerem Maßstab ausgeführt ist dieser Austausch der Erfahrung und des Wissens durch Lehrerconferenzen, die für die Fortbildung von äußerster Wichtigkeit sind und die deshalb von d.n Lehrein gewissenhaft benügt werden sollten.

Fortbildung ist nicht möglich ohne anhaltendes Lesen. Um aber lesen, und zwar Gutes lesen zu können, muß man Bücher haben. Auf eine gute,

wenn auch kleine, Bibliothek sollte daher jeder Lehrer bedacht sein, auch darauf, daß er sich alljährlich doch auch einige neue Bücher und zwar nicht blos solche, die er unmittelbar in der Schule braucht, sondern Bücher von allgemeiner Art, z. B. geschichtlichen, biographischen, pädagogischen 2c. Inhalts, anschaffe. Lesegesellschaften erweisen sich dazu äußerst vortheilhaft. Selbstverständlich darf über dem Neuen das Alte, und unter diesem voran das göttliche Wort nicht vernachlässigt werden, damit nicht, während die Peripherie sich erweitert, das Centrum verloren geht, in das sich immer mehr zu vertiefen eine conditio sine qua non für alle wahre Fortbildung, weil für alle wahre Bildung, ist.

Fleißige Uebung in schriftlichen Arbeiten. Dazu gehört theils das fleißige Excerpiren aus gelesenen Büchern, theils fleißige Ausarbeitung von Conferenzarbeiten, theils auch schriftliche Vorbereitung für's Amt. Es unterliegt ja keinem Zweifel, daß die eigne schriftliche Gedankendarstellung das beste, ja ein unentbehrliches Mittel ist, um der Sache mächtig zu werden. ,,Nulla dies sine linea!" ist ja ein altes Sprüchwort. In andern Dingen. ist ebenfalls die fortwährende Uebung auch die beste Fortbildung. Für Uebung im Katechisiren, im Lehren sorgt die Schule selbst, hier ist nur die gewissenhafte Vorbereitung und Ausführung jedes einzelnen Lebractes nöthig. In anderen aber, wie in Musik und Zeichnen, bedarf es der speciellen Uebung. Wer darin nicht vorwärts kommt, fommt zurück.

Ein treffliches Mittel der Fortbildung, das sich an den Unterricht anschließt, ist die sorgfältige Führung von Notizbüchern, in welchen der Lehrer sich seine beim Unterrichte gemachten Erfahrungen kurz verzeichnet. Sein Interesse an jedem einzelnen Schüler bleibt so immer lebendig; er wird genöthigt, in dieser oder jener Richtung besondere Forschungen anzustellen, und bewahrt sich dadurch Winke auf, die ihm für die Zukunft sehr werthvoll sind.

Besonders sehe der Lehrer darauf, daß ihm die Geistesfrische nicht verloren gehe. Leben soll von ihm ausströmen, Leben soll allem, was er mittheilt, inwohnen; lebendig soll es Sinn und Gemüth ergreifen. Da gilt es, einen unversiegbaren Born frischen Lebens sich zu gewinnen und zu erhalten; und das Meiste wird gewonnen sein, wenn die Liebe und Begeiste rung für den Beruf, wenn die Begeisterung für das höchste Gut und Ziel unsers Glaubens nicht erstirbt, wenn der Lehrer diese heilige Flamme zu nähren und zu läutern vermag. Der Lehrer hüte sich, sein Leben nur in die Wände seiner Schule und in den einmal gewohnten Kreis zu bannen. So sehr dies der Bequemlichkeit zusagt, so sehr fördert es dieselbe und führt damit allmählich einen Stillstand, eine Stagnation in den angenommenen Gewohnheiten herbei. Er hat mehr, als es in andern Berufskreisen nöthig scheint, seinen Gesichtskreis frei und weit zu erhalten, und muß darum von Zeit zu Zeit aus seiner nächsten Sphäre und Atmosphäre hinaustreten, um seine Lebensluft zu erneuern, neue Anschauungen zu gewinnen und seinem innern Leben neue Bewegung zuzuführen. Es wird dies viel dazu beitragen,

die Elasticität des Geistes, die mit zunehmenden Jahren leicht abnimmt, die Schärfe des Auges, die schnell erkennt, wo die Ordnung bedroht scheint, und die rasche Sicherheit zu erhalten, die mit leichten Mitteln den Anfängen steuert.

Die scharfe Bestimmtheit des Charakters kann, wenn schlimme Erfahrungen das Gemüth mit Mißtrauen erfüllt und zu einem herben Urtheil über die Menschen geführt haben, in Einseitigkeit und schroffe Härte übergehen, welche das Verständniß der Jugend verloren hat und die Motive ibres Thuns unrichtig und zu strenge beurtheilt. So kann ein an sich tüchtiger Charakter zum Lehrer untüchtig machen. Wenn es darum gilt, jenen Einflüssen mit Ernst entgegen zu arbeiten, so beobachte man ein Zweifaches: Zunächst Kenntniß des Lebens und der Menschen. Sie wird vor überspannten Erwartungen uns schüßen, die unbefriedigt am leichtesten in unbedingtes Mißtrauen umschlagen. Fortgesettes Studium besonders der Jugend wird uns zu der Ueberzeugung führen, daß des absichtlich bösen Willens vergleichungsweise wenig, der Thorheit und Schwäche unendlich viel ist, zu der Ueberzeugung, daß ein weises Vertrauen, womit man ihr entgegen kommt, nicht unbeachtet und unvergolten bleibt.

Aber das Zweite, Größere, das sich der Lehrer erringen muß, ist die Liebe, die sich nicht erbittern läßt, die alles hofft. Das ist die Waffe, die vieles überwindet, die selbst Mißtrauen und feindseliges Entgegenstreben, wenn auch nicht immer, in Vertrauen zu verwandeln vermag. Und dies führt uns zu dem, ohne welches alle Fortbildung nur Krückenwerk bleibt, zu dem Kern aller wahren Fortbildung, nemlich, daß der Lehrer in der Zucht des Geistes Gottes stehe, daß er diesen Geist, der ein Geist der Kraft ist, in sich aufnehme, in sich erhalte und in seinen lieblichen Früchten lebendig werden lasse. Das ist die Hauptsache der Fortbildung eines Schullehrers für sein Amt, besonders für sein Erzieheramt.,,Nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir!" so betet, der ihn empfangen. „Gib mir einen neuen gewissen Geist!" so betet, der ihn verloren hat, und gerne wieder leben und lebendig wirken möchte. Es muß bei jedem Lehrer heißen:

Wie die Blumen willig sich entfalten

Und der Sonne stille halten,

Laß mich so still und froh

Deine Strahlen fassen und Dich wirken lassen. *)

Die,,Nordwestliche Lehrer- Conferenz“.

Dieselbe hielt in diesem Jahre ihre Sizungen vom 30. Juli bis 2. August in Chicago und zwar in dem geräumigen Versammlungslocal der schönen, dreistöckigen, von Backsteinen erbauten Jmmanuelsschule des Herrn Pastor R. Lange. Eine ungewöhnlich große Zahl Lehrer sowie Gäste hatten sich diesmal zu den Verhandlungen eingestellt. Zugegen waren nämlich : *) Mit Benüßung eines Aufsazes von Palmer.

I. die Lehrer:

H. G. L. Paul, L. Wißbeck, C. F. Arndt, J. W. Hild, H. Timmermann, R. Abel, A. Wilde, A. Prizlaff, J. Käppel, J. P. Johnson, C. H. Nagel, D. W. Roscher, K. Seibel, W. Fickenscher, G. Kampe, F. Kringel, H. W. Hoppe, Ch. H. Brase, S. Garbisch, F. Schachameier, J. G. Röcker, F. A. Drewer, H. Bergmann, J. F. B. Neils, G. Bärlin, F. Krumsieg, W. Klünder, . Gertenbach, P. G. Schaus, B. Zismer, A. Brandenstein, W. Ganske, F. Rir, J. Brase, A. Dorn, H. Bartling, F. Milizer, H. Röder, C. Suhr, G. Hartmann, H. F. Reifert, E. Kopittke, Ph. Bonnoront, F. H. Weiß, H. Licht, C. E. Marr, J. G. Lebnigk, F. Fathauer, J. L. List, E. Homann, K. C. Fröhlich, H. Goldmann, L. Steinbach, W. Burhenn, J. S. Nüzel, A. F. Mad, Ch. Lücke, C. Köbel, W. Treide, J. Heinicke, W. Harbeck, W. Mösta, E. Fickweiler, W. Bewie, E. v. Schlichting, A. H. J. Abraham, W. H. E. L. v. Schenck, G. Tröller, W. Treiber, F. Gose, C. Weigle, L. Selle, A. Albers, G. A. Albers, A. Daake, L. Döring, L. Appelt, A. Classen, J. Dörfler, G. H. Fischer, C. H. Greve, A. G. Gruhl, C. Krüger, C. F. Milizer, A. Rose, A. Schöverling.

II. die Professoren:

C. A. T. Selle, C. E. Hänßschel, T. J. Große.

III. als Gäste die Pastoren:

A. France, R. Lange, A. Wagner, H. Ernst, J. M. Große, H. Engelbrecht, L. Lochner, J. Hilgendorf, H. H. Succop, E. Aulich.

Der Sibungen wurden im Ganzen sechs gehalten, welche mit Gesang und Verlesung eines Abschnittes aus dem Altenburger Bibelwerk begonnen und mit dem heiligen Vaterunser geschlossen wurden. Die Eröffnung der Conferenz geschah durch eine Rede des seitherigen Präsidenten, Lehrer Chr. Lüde. Hierauf brachte eine Neuwahl von Beamten das Resultat, daß Lehrer Chr. Lüde abermals zum Präses, Lehrer J. Käppel zum Vicepräses, Lehrer A. F. Maď zum Secretär und Lehrer F. Gose zum Hilfssecretär ernannt

wurden.

Als Hauptgegenstand lag der Conferenz eine Arbeit des Herrn Lehrer Albers aus der Creter Specialconferenz vor. Diese Arbeit beleuchtete die Frage: Ob ein an einer Gemeindeschule stehender Lehrer, wie das von den Landgemeinden häufig gefordert wird, den Unterricht in der Staatsschule mit übernehmen sollte?

Diese Frage rief eine lebhafte Debatte hervor, indem man anfangs getheilter Meinung war. Ein Theil der Conferenz wollte alles und jedes Schulhalten eines lutherischen Gemeindeschullehrers in der Staatsschule untersagt wissen. Doch einigte man sich schließlich dahin, daß es allerdings Notbfälle gibt, da ein lutherischer Lehrer im Lande, ohne sich selbst dabei zu versündigen, den Unterricht in der Staatsschule zugleich mit übernehmen könne. Solche Nothfälle sind da vorbanden, wo eine ganz arme oder an

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