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gefährliche Irrthum ist, wenn man es nicht für große Sünde hält, den Geboten der Eltern c. ungehorsam zu sein. Dadurch wird alle und jede Ordnung unseres HErrgottes, die er im vierten Gebot gemacht hat, untergraben und ein wüstes, teuflisches Regiment auf Erden angerichtet. Man sieht daraus, wie wichtig es für uns Lehrer ist, daß wir uns mit Gottes Hülfe darüber immer klarer zu werden trachten, was für ein Unterschied denn eigentlich stattfindet zwischen den zehn Geboten Gottes und den eigenen Geboten. Dazu sollen nun die nachfolgenden Thesen ein wenig aufmuntern und die Hand bieten.

Wir Lehrer sollen hier ein Stück unserer Lection lernen. Wir wissen oft recht gut, wie sich die Kinder gegen uns verhalten sollen, vergessen aber nur zu leicht, was Gott von uns unsern Kindern gegenüber fordert. Darum sagt Dr. Luther auch im Großen Katechismus: „Es wäre auch wohl zu predigen den Eltern, und was ihr Amt führet, wie sie sich halten sollen gegen denen, so ihnen befohlen sind zu regieren. Welches, wiewohl es in den zehn Geboten nicht ausdrücklich stehet, ist es doch sonst an vielen Orten der Schrift reichlich geboten. Auch will es Gott eben in diesem Gebote mit eingebunden haben, als er Vater und Mutter nennet, denn er will nicht Buben und Tyrannen zu diesem Amt und Regiment haben, gibt ihnen auch nicht darum die Ehre, d. i. Macht und Recht zu regieren, daß sie sich anbeten lassen, sondern denken, daß sie unter Gottes Gehorsam sind, und vor allen Dingen sich ihres Amtes herzlich und treulich annehmen, ihre Kinder, Gesinde, Unterthanen nicht allein zu nähren und leiblich zu versorgen, sondern allermeist zu Gottes Lob und Ehre aufzuziehen. Darum denke nicht, daß solches zu deinem Gefallen und eigener Willkühr stehe, sondern daß Gott strenge geboten und aufgelegt hat, welchem du auch dafür wirst müssen antworten."

Der erste Irrthum ist, wenn man (und wohl gar noch in all und jeder Beziehung) seine eigenen Gebote den zehn Geboten Gottes gleich macht.

Hierzu wurde in der Conferenz noch bemerkt:

Es ist ein gar wichtig Stück und wohl zu merken, daß ein großer Unterschied ist zwischen den zehn Geboten Gottes und den Geboten der Eltern 2c., insofern die Gebote der Letteren den ersteren untergeordnet sind. So groß der Unterschied ist zwischen Gott und den Menschen, so groß ist auch der Unterschied zwischen Gottes Geboten und den Geboten der Eltern. - Aus der Gleichstellung der Gebote Gottes und der Gebote der Eltern entspringt jener schändliche Mißbrauch, den viele Eltern, und die ihr Amt führen, mit ihrer elterlichen Gewalt treiben, daß sie nämlich meinen, sie seien unumschränkte Herren über ihre Kinder, könnten mit denselben machen, was sie wollten. Dem ist aber nicht so! Eltern sind blos die Stellvertreter Gottes an ihren Kindern. Sie sollen an denselben handeln, wie Gott an uns handelt. Gott handelt aber nicht tyrannisch an uns. Deswegen sagt

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auch Luther in einem Beispiel: Wenn ein Vater seine Tochter einem unbescholtenen Manne, der um dieselbe anhielte, aus Geiz vorenthielte, um sie noch länger in seinem Dienst zu behalten, so sollte man denselben in's Loch stecken, die Tochter aber dem Manne geben. Eltern sollen ihren Kindern nicht, so zu sagen, die Zwangsjacke anlegen, daß sie keinen Finger rühren können nach eigenem Willen, sondern denselben auch ein gewisses Maß von Freiheit lassen. Sie sollen nicht viel befehlen, denn wer viel befiehlt, muß viel fordern und strafen, sondern die Kinder an Gehorsam gewöhnen. Solches wird aber nicht erreicht, wenn man Gebote gibt, die auf lange Zeit, vielleicht auf Jahre Geltung haben sollen, sondern wenn den Kindern jeden Tag geboten wird, was sie thun sollen. Kinder vergessen gar leicht, was befohlen wurde, deswegen ist das Gebot immer und immer wieder zu wiederholen. Wie denn auch Luther sagt, daß Eltern und Lehrer sollten ein mütterlich Herz haben, sich ein Beispiel an einer Mutter nehmen, wie die ihrem Kinde so lange etwas vormacht und vorsagt, bis dasselbe es nachmachen und nachsagen kann.

Der zweite gefährliche Irrthum ist, wenn man es nicht für große Sünde hält, den Geboten der Eltern c. ungehorsam zu sein.

Dazu wurde bemerkt:

Eltern und Lehrern soll es ja nicht gleichgültig sein, wenn ihre Kinder und Schüler ihren Geboten ungehorsam sind. Warum? Weil die begangene Sünde nicht kurzweg darin besteht, daß gerade nicht das gethan wurde, was befohlen war, sondern im Ungehorsam gegen Gott; denn Gott hat gesagt: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren."

Wenn daher Eltern und Lehrer ihren Kindern auch die gleichgültigsten Dinge befehlen und dieselben gehorchen vorsäßlich nicht, so begehen die Kinder ebenso schwere Sünde, als mit Lügen und Stehlen, denn es ist Ungehorsam gegen Gott. Man soll darum auch nie an den Kindern strafen, daß sie dies oder jenes Gebot der Eltern oder Lehrer übertreten haben, sondern daß sie gegen Gott ungehorsam gewesen sind. Darum man immer darauf zu sehen hat, die Kinder zu der Erkenntniß zu führen, daß sie gegen Gott sündigen, auch wenn sie das unscheinbarste elterliche Gebot übertreten. Denn es ist ja Hauptsache der christlichen Erziehung, daß sie das Kind in Beziehung zu Gott sett und es zu wahrer Gottesfurcht anleitet, indem sie dasselbe anleitet, gehorsam zu sein um Gottes willen.

Thesis 1.

Die Gebote Gottes und die Gebote der Eltern 2c. sind sich darin gleich, daß Gott den Gehorsam gegen die Gebote der Eltern fordert, wie er fordert, den Feiertag zu heiligen. Wie Kinder schuldig sind, den Feiertag zu heiligen, so sind sie auch schuldig, den Geboten der Eltern zu gehorchen.

Schriftstellen.

Ephef. 6, 1.: „Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem HErrn; denn das ist billig."

Col. 3, 20.: „Ihr Kinder, seid gehorsam den Eltern in allen Dingen; denn das ist dem HErrn gefällig.“

Ebr. 13, 17.:,,Gehorchet euren Lehrern und folget ihnen; denn sie wachen über eure Seelen, als die da Rechenschaft dafür geben sollen,

auf daß sie das mit Freuden thun und nicht mit Seufzen; denn das ist euch nicht gut."

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Tit. 3, 1.: Erinnere sie, daß sie den Fürsten und der Obrigkeit unterthan und gehorsam sein."

Luther: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unsere Eltern und Herren nicht verachten noch erzürnen, sondern

fie in Ehren halten, ihnen dienen, gehorchen, sie lieb und werth halten."

Anmerk. 1. Was den Gehorsam betrifft, so sind sich darin die zehn Gebote Gottes und die Gebote der Eltern, wenn sie nicht wider Gottes Wort und die Liebe des Nächsten sind, gleich.

Luther: „Laß sehen, ob sie irgend eines herfür bringen könnten, das größer und edler sei, denn Vater- und Muttergehorsam, so Gott nähest seiner Majestät Gehorsam geseßt, und befohlen hat, daß, wenn Gottes Wort und Willen gehet und ausgerichtet wird, soll keiner mehr gelten, denn der Eltern Willen und Wort, also, daß er dennoch auch unter Gottes Gehorsam bleibe, und nicht wider die vorigen Gebote gehe. Derhalben sollst du von Herzen froh sein, und Gott danken, daß er dich dazu erwählet und würdig gemacht hat, ihm solch köstlich, angenehm Werk zu thun. Und halte es nur für groß und theuer, ob es gleich das allergeringste und verachtetste angesehen wird, nicht unserer Würdigkeit halben, sondern, daß es in dem Kleinod und Heiligthum, nämlich Gottes Wort und Gebot, gefasset ist und gehet."

Anmerk. 2. Dr. Luther nennt deßhalb auch, weil die Gebote der Eltern in dem Kleinod und Heiligthum des Wortes Gottes und Gebot gefasset sind, ihre Gebote: göttliche Gebote.

„Sonst, wo es der ersten Tafel nicht widerstehet, da ist der Eltern Befehl wahrhaftig Gottes Gebot, weil er es selbst befohlen hat, daß man den Eltern gehorchen soll.... Derowegen, wenn die Gebote der beiden Tafeln gehalten werden (denn wider diese haben die Eltern nichts zu befehlen), und die Eltern oder die Obrigkeit gebieten nachgehends etwas, es sei auch, was es wolle, so muß man selbiges thun. Und alsdann sind ihre Gebote nicht menschliche, sondern göttliche Gebote. Denn Gott hat ihnen die Gewalt zu befehlen gegeben. (Keyl's Kat. Bd. I. Fr. 49.).

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„Wenn das Wort zum Element oder natürlichen Wesen kommt, so wird ein Sacrament daraus, d. i. ein heilig, göttlich Ding und Zeichen. Darum lehren wir allezeit, man solle die Sacramente und alle äußerliche Dinge, so Gott ordnet und einseßt, nicht ansehen nach der groben äußerlichen Larven, wie man die Schalen von der Nuß siehet, sondern wie Gottes Wort darein geschlossen ist. Denn also reden wir auch vom Vater- und Mutterstand und weltlicher Oberkeit. Wenn man die will ansehen, wie sie Nasen, Augen, Haut und Haar, Fleisch und Bein haben, so sehen sie Türken und Heiden gleich, und möchte auch jemand zufahren und sprechen: Warum sollt ich mehr von diesen halten, denn von Andern? Weil aber das Gebot darzu kommet: Du sollst Vater und Mutter ehren, so sehe ich einen andern Mann, geschmückt und angezogen mit der Majestät und Herrlichkeit Gottes. Das Gebot (sage ich) ist die goldene Kette, so er am Halse trägt, ja die Krone auf seinem Haupt, die mir anzeigt, wie und warum man dies Fleisch und Blut ehren soll." (Großer Kat. Von der Taufe.)

Zu dieser Thesis 1. wurde bemerkt:

Was den Gehorsam anbetrifft, so sind sich darin die zehn Gebote Gottes und die Gebote der Eltern, wenn sie nicht wider Gottes Wort und die Liebe des Nächsten sind, gleich. Es könnte nun jemand meinen: Sind fich die Gebote Gottes und die Gebote der Eltern gleich, so ist auch kein Unterschied zwischen ihnen da. Das ist jedoch ein Irrthum. Es sind sich viele Dinge in vielen Beziehungen gleich, und dennoch herrscht ein Unterschied zwischen ihnen. So sind sich Engel und Menschen insofern gleich, daß sie beide geschaffen, beide unsterblich sind. Aber dennoch ist ein großer Unterschied zwischen ihnen da. Ja, Gott und die Engel sind sich gleich darin, daß Beide Geister sind. Es wird aber deswegen Niemand behaupten können, daß sie nicht himmelweit von einander verschieden seien. Gerade so ist es auch mit dem Moral-Geseß und der Eltern Gebot. Zwischen beiden herrscht eine Gleichheit, nämlich die, daß Gott für der Eltern Gebot denselben Gehorsam fordert, den er fordert für seine zehn Gebote. Und zwar thut er solches darum, daß das elterliche Gebot in dem Kleinod und Heiligthum, nämlich Gottes Wort und Gebot, gefasset ist und gehet. Luther nennt deßhalb auch der Eltern Gebote göttliche Gebote, wie man überhaupt sehr häufig ein Ding nach dem Herrlichsten nennet, das es an sich hat. So wird ein Goldring, in den ein Diamant gefasset ist, ein Diamantring genannt, weil der Diamant das Köstlichste an ihm ist. Aber gleichwie man nicht sagen kann, daß das Gold, in das der Diamant gefasset ist, nun ein Diamant geworden sei, so kann man auch nicht sagen, daß Gottes Gebote und der Eltern Gebote Ein Ding seien. Der Eltern Gebot ist an und für sich ein gering äußerlich Ding; aber da das Wort Gottes hinzukommt: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“, ist ihr Befehl wahrhaftig Gottes Gebot, für den Gott denselben Gehorsam fordert, den er fordert für seine zehn Gebote. Darum: Alles, was die

Eltern, und was ihr Amt führet, gebieten, das nicht wider Gottes Wort und die Liebe des Nächsten ist, ist ein göttlich Gebot, denn Gott hat ihnen die Gewalt zu befehlen gegeben.“

Es wurde hierbei noch die Anfrage gestellt, ob die Gebote, die in Klöstern gegeben werden, auch göttliche Gebote genannt werden können. Dem wurde entgegnet, daß Aebte und Mönche, Aebtissinnen und Nonnen eigentlich nicht in das 4te Gebot gehören; denn Gott hat Niemandem geboten, in ein Kloster zu gehen und dort gewisse Dinge zu geloben. Das Verhältniß zwischen Vorgeseßten und Untergebenen in einem Kloster ist mehr ein Contract, in welchem beide Theile geloben, etwas zu thun oder zu lassen. Wenn jedoch in einem Kloster unbedingter Gehorsam, ewige Keuschheit und Aehnliches geboten wird, so sind solche Gebote fündlich und verdammlich, weil fie gegen Gottes Wort sind.

Thesis 2.

Zwischen den Geboten Gottes und den Geboten der Eltern ist kein gradueller und zufälliger, sondern ein wesentlicher Unterschied.

Anmerk. 1. Daß es einen Unterschied gibt zwischen Gottes Geboten und der Eltern Geboten, kann man klar und deutlich sehen aus dem Beispiel der Rechabiter, Jer. 35. Gott lobt den Gehorsam der Rechabiter, macht aber zwischen seinen Geboten und des Vaters Gebot einen Unterschied. Den Unterschied deutet Luther an, wenn er sagt, daß der Eltern Gebote „in dem Kleinod und Heiligthum, nämlich Gottes Wort und Gebot, gefasset sind und gehen“. Sind sie gefasset in Gottes Wort, so können die Gebote an sich doch nicht Gottes Wort, d. i. seinen Geboten, wesentlich gleich sein. Anmerk. 2. Es ist aber der Unterschied kein gradueller d. i. stufen

weiser.

Anmerk. 3. Es ist auch der Unterschied kein zufälliger. Anmerk. 4. Der Unterschied ist ein wesentlicher. Die Gebote Gottes sind ganz anderer Natur und Art, als die Gebote der Eltern. Erstere find ein Abbild des göttlichen Ebenbildes oder ein Spiegel der göttlichen Heiligkeit, Gerechtigkeit und Vollkommenheit; leßtere gehen nur einher im Schmucke des göttlichen Gebots: „Du sollst Vater und Mutter ehren.“

Zu Thesis 2. wurde bemerkt:

Es ist hier festzuhalten, daß ein Unterschied ist zwischen dem MoralGesez und der Eltern Gebot. Das Moral-Geseß hat Gott schon bei der Schöpfung den Menschen ins Herz gepflanzt und später in Worte, in die heiligen zehn Gebote gefaßt. Es ist ein Bild der Heiligkeit und Gerechtig= keit Gottes, gleichsam in Worten abgemalt. Es ist ja wohl zu merken, was für Heiliges, Majestätisches die Gebote Gottes deswegen sind.

Zwischen Gottes Geboten und der Eltern Befehlen ist so ein großer Unterschied, als zwischen Gott und den Menschen. Der Menschen Gebote find vergänglich; Gottes Gebote sind unvergänglich. Der Menschen Ge

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