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am Agowe, welches für ein Zwergvolk gehalten wird, daher es dem Reisenden darum zu thun war, durch angestellte Messungen hinter die Wahrheit zu kommen. „Ich habe selbst eine ganze Anzahl Leute verschiedenen Alters und Geschlechts gemessen, was bei der Furchtsamkeit dieses Völkchens nicht sehr leicht ist. Der kleinste erwachsene Abongo, der mir vorgekommen, war der Vorsteher einer kleinen Niederlassung im Okande-Lande, die sich nur wenige Stunden von meinem für die Dauer der Regenzeit errichteten Quartier befand, den ich aber, trotz wiederholter Besuche des Abongo-Dorfes, nie erwischen konnte, so scheu war er; trotz aller Vorsicht, mit der ich mich den Leuten näherte, war dieser alte Häuptling immer mit einigen andern seines Stammes in den Wald entflohen, wo es vergeblich gewesen wäre ihn zu suchen. Erst am letzten Tage meines Aufenthalts im Okande-Lande hatte ich das Glück, ihn zu fangen. Meine Canoes waren bereits unterwegs, was er von irgendeinem Versteck aus gesehen hatte; in der Meinung, ich sei gleichfalls im Canoe gewesen, kehrte er in seine Niederlassung zurück. Wegen einiger heftiger Stromschnellen ging ich aber eine grössere Strecke durch den Wald und begegnete ganz unerwartet meinem vielgesuchten Abongo-Häuptling. Er wollte fliehen, wurde aber unter ungeheuerm Halloh meiner Begleitung eingefangen und mir zugeführt, um gemessen zu werden. Er war wenigstens 50 Jahre alt und mass nur 150 Centimeter."

Auch in dem Falle, wo es dem Europäer gelingt mit Naturvölkern in friedlichen Verkehr zu treten, um deren religiösen Zustand zu erforschen, wird sein Bemühen dadurch erschwert, dass der Wilde dem Frager nicht lange standhält. Das Denken verursacht dem Wilden grosse Anstrengung, sein Geist ermüdet sehr bald, und um dieser zu entgehen, gibt er in den Tag hinein Antworten, die keinen richtigen Aufschluss geben, vielmehr Verwirrung zur Folge haben. Letztere tritt namentlich ein, wenn dem Wilden. durch die gestellte Frage religiöse Begriffe und Vorstellungen unterschoben werden, die ausserhalb seines Vorstellungskreises liegen, welchem er durch die Frage enthoben,

ebenso irre wird wie der Fragende, welcher den Inhalt der Antwort, wenn er überhaupt eine erhält, nach seinen europäischen Begriffen unwillkürlich umbildet.

Die ältern Berichte über die Religion wilder Völker rühren vornehmlich von christlichen Missionaren her, die meistens einseitig gebildet, überdies von Hass und feindseligem Eifer gegen die Heiden erfüllt waren. Durch Leiden der mühevollsten Reisen, durch Entbehrungen, ja selbst Gefahren während ihres Aufenthalts unter den Wilden, durch physischen und moralischen Schmuz von ihnen abgestossen und durch dies alles verbittert, ist eine unbefangene Beobachtung und Schilderung gar nicht zu erwarten. So sagt Chamisso1:,,Die Verachtung, welche die Missionare gegen die Völker hegen, an die sie gesendet sind, scheint uns bei ihrem frommen Geschäfte ein unglücklicher Umstand zu sein. Keiner von ihnen scheint sich um die Geschichte, Gebräuche, Glauben, Sprachen bekümmert zu haben. Es sind unvernünftige Wilde und mehr lässt sich von ihnen nicht sagen. Wer befasste sich mit ihrem Unverstande, wer verschwendete die Zeit darauf." Aehnlich äussert sich Azara über die Spanier, die zu den amerikanischen Indianern kamen: „Les premiers Espagnols qui fréquentèrent les Indiens ou Américains, ne les regardèrent pas comme des hommes qui eussent la même origine que nous, mais plutôt comme une espèce intermédiaire entre l'homme et les animaux, qui quoique avec des formes semblables, différait de nous sous d'autres rapports, et qui n'était pas susceptible de l'intelligence, de la capacité ni du talent nécessaire pour entendre et pratiquer notre religion." Als Hauptvertreter dieser Ansicht nennt Azara den Bischof von Saint-Narthe, François Thomas Ortiz, der in diesem Sinne einen langen Bericht an das Conseil suprême de Madrid gesandt hatte. Als Vertheidiger der Indianer

1 Bemerkungen und Ansichten auf einer Entdeckungsreise u. s. w. (Wien), S. 30 fg.

2 Voyage dans l'Amérique méridionale par Don Felix de Azara (1781— 1800) publié d'après les manuscrits de l'auteur par C. A. Walckenaer, II, 184 fg.

trat François Barthélemi de Las Casas auf, welcher die Argumente der Gegner dadurch abzuschwächen suchte, dass er die Spanier beschuldigte, sie wollten die Indianer durchaus zu puren Thieren machen, um sie als solche zu behandeln und die an ihnen verübten Grausamkeiten zu entschuldigen. Er brachte es dahin, dass der Papst Paul III. eine Bulle vom 2. Juni 1537 erliess, in welcher die Indianer für wirkliche Menschen erklärt wurden, die fähig seien zu allen Sakramenten der christlichen Religion. 1

Die glaubensselige Ausschliesslichkeit und Selbstüberhebung der Missionare achtete nur das als Religion, was mit ihrem Katechismus übereinstimmte, der ihnen als absoluter Maassstab galt; wo sie keine solche Buchreligion, keinen Complex von kirchlichen Glaubenssätzen vorfanden, da fanden sie auch keine Spur von Religion. Solch mechanisches Anlegen eines mitgebrachten Maassstabes auf dem religiösen Gebiete, das in der Geschichte Religionskriege, Massenhinrichtungen und Ketzerverfolgungen hervorgebracht hat, bringt in der Wissenschaft heillose Verwirrung hervor. Wir können den Muth des Missionars, welcher den Todesgefahren, den namenlosen Quälereien und den härtesten Entbehrungen sich unterzieht, um seinen Kirchenglauben zu verbreiten, bewundern und um so mehr achten, da ihm kein äusserer Lohn in Aussicht steht; aber die Befangenheit des kirchlichen Dogmatismus macht zur unbefangenen Beobachtung und Beurtheilung der religiösen Erscheinungen bei andern Völkern untauglich, weil jene eben die Fähigkeit erheischen, aus der eigenen Anschauungsweise herauszutreten und in den fremden Gedankenkreis sich hineinzuversetzen. „Dies bedarf einer psychologischen Ascese, die keine leichte ist", bemerkt Bastian2 vom Mythenforscher, was aber auch vom Religionsforscher gefordert werden muss. Nur dann, wenn dieser einer solchen Selbstentäusserung fähig ist, auf den Standpunkt des Wilden und in dessen Anschauungsweise sich zu versetzen vermag, ist er im Stande, dessen

1 Voyage dans l'Amérique etc., II, 186.

2 Das Beständige in den Menschenrassen, S. 74.

Gedankengang zu verfolgen und dessen Religion als den Reflex seines Gemüthslebens zu verstehen. Allerdings wird es ihm nicht gelingen, sich in die Gefühlsweise des Wilden hineinzufühlen und sein Gemüth mit der Bestimmtheit jenes zu erfüllen; aber er kann dieselbe zum Gegenstand seines Denkens machen und insofern auch begreifen.

Dass die Missionare Kirchenglauben mit Religion gewöhnlich verwechseln, kann nicht befremden, da diese Verwechselung heutigentags sowol von Nichttheologen als auch von Theologen zu geschehen pflegt. Beruht doch die mit Heisshunger verschlungene Schrift „Der alte und der neue Glaube“ auf der Verwechselung eines später entstandenen kirchlichen Symbols mit der christlichen Religion, wodurch der als Kritiker berühmte Verfasser in seiner Gemüthsverbitterung die landläufige Verwirrung der Begriffe von Religion und Kirchenglaube bedauerlicherweise gefördert hat.

Ein Beispiel unzulänglicher Beobachtung des Religionswesens der Wilden infolge der Begriffsverworrenheit liefert der Missionar Baegert 1, welcher entschieden behauptet: die Californier seien bei seiner Ankunft ganz religionslos gewesen, denn sie hatten keinen Gottesdienst, keine Tempel und keine Ceremonien.,,Sie beten sowenig den wahren Gott an, als sie an falsche Götter glauben. In ihrer Sprache findet sich kein Wort, das dem spanischen Dios entspräche und ein höheres Wesen bezeichnete." Was den zuletzt angeführten Mangel des Ausdrucks für den entsprechenden Dios und den Schluss auf das Fehlen der Religion betrifft, so erwähnt Lubbock 2 von der Algonkin-Sprache, dass sie, obgleich eine der reichhaltigsten, keinen Ausdruck für,,Liebe" besitzt, und Ellis, als er 1661 die Bibel übersetzte, sich gezwungen sah, einen zu erdenken (womon), um den Mangel zu beseitigen. Hierauf (S. 221) wird Mr. Schoolcraft angeführt, welcher den Beweis liefert, dass die Algonkins in Wirklichkeit ein zärtlich liebendes Gemüth besitzen, also

1 Nachrichten von Californien (Manheim 1712), S. 168.

2 Vorgeschichtliche Zeit, II, 220.

das Gefühl der Liebe thatsächlich kennen. Der Schluss von dem Vorhandensein eines Ausdrucks auf das Vorhandensein des Begriffs bei einem Volke ist gewiss untrüglich, aber durchaus nicht so der umgekehrte. Wilibald Alexis1 bemerkt: „Wir haben kein Wort dafür, aber wir haben in unserer Literaturgeschichte den Begriff der «Perfidie», und ich glaube hinzufügen zu dürfen, dass man derselben auch im gewöhnlichen Leben begegnen könne." Treffend sagt Karl Hillebrand:,,Von der Abwesenheit gewisser Wörter, wie Herr Marshall und viele vor ihm gethan, auf die Abwesenheit gewisser Ideen und Gefühle zu schliessen, ist ein trügliches Spiel, das meist irreführt. Geben wir zu, dass die Franzosen kein Wort für «listener» (Zuhörer, Aufhorcher) oder für «sober» (nüchtern, im Sinne von «nicht betrunken ») haben, weil sie nicht zu hören verstehen und weil die Nüchternheit bei ihnen selbstverständlich ist. Aber dass die Franzosen keine Lehrer haben sollen, weil sie das Wort nicht besitzen, dass die französischen Backfische nicht wie die englischen ihre Köpfe zusammenstecken und kichern sollen, weil das Wort «giggle» im Französischen kein genaues Aequivalent hat, dass die Franzosen keine Reiternation seien, weil sie sonst ja ein einziges Wort für «reiten» hätten das hiesse behaupten, wir Deutschen putzten uns die Nase nicht, wüschen uns nicht, tafelten nicht, weil wir keine Wörter für Schnupftuch, Handtuch, Tischtuch (mouchoir, serviette, nappe) haben, hiesse den Engländern vorwerfen, dass sie keiner dauernden Eindrücke fähig sind, weil sie das Wort unvergesslich » nicht besitzen. Wer ist impulsiver als die Franzosen, die das Wort «impulsiveness» nicht kennen, wer angeregter als sie, denen das Wort «Anregung» abgeht? Machen die Franzosen keinen Unterschied zwischen Blume und Blüte, weil sie nur ein Wort für beides haben? Gibt ein Franzose nie einen Fusstritt, weil er fünf Worte braucht,

In der Vorrede zu: Die Hosen des Herrn von Bredow.

2 Zeiten, Völker und Menschen, Band II: Aus und über England, S. 303.

3 French Home Life (Edinburg u. London 1873).

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