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endlich an. In der feierlichsten Stimmung, als gälte die Verehrung einem Heiligen, begrüßten sie denselben. Gleich nach Mittag versammelte man sich auf Hahns Stube. Eine lange Tafel war gedeckt und mit Blumen reich geschmückt. Oben an der Tafel stand ein Lehnstuhl thronend da. Er war für den Sänger des Messias, der freilich nicht zugegen sein konnte, hingesezt und mit Rosen und Levkojen reich ge= schmückt. Klopstocks sämtliche Werke lagen auf demselben, unter dem= felben aber die Idris von Wieland, den die schwärmerischen Jünglinge eben so stark haßten, als sie Klopstock verehrten. Es wurden nun von Cramer und Hahn flopstocksche Oden vorgelesen, namentlich solche, die sich auf Deutschland bezogen. Man trank die Gesundheit Hermanns, Luthers, Klopstocks, des Bundes Gesundheit, Goethes, Herders u. s. w., man sprach, die Hüte auf dem Kopfe, von Freiheit, von Deutschland, von Tugend und Ehre, erhitzte sich an Wein und Reden immer mehr und ließ seinen Unwillen über Wieland laut werden, dessen Dichtungen man gar nicht leiden mochte. In der Aufregung verbrannten die Jüng= linge nicht nur dessen Bildnis, sie zerrissen auch die Idris, machten Fidibus daraus und zündeten sich damit ihre Pfeifen an. Der Profeffor Boie, der mit den Jünglingen die Liebe für die deutsche Poesie teilte, mußte, da er nicht rauchte, wenigstens einen Fidibus anzünden. So schwärmten sie bis spät in die Nacht hinein. Wenn auch ihre Begeisterung die Grenzen überschritt, so war sie doch für den Aufschwung unserer Litteratur eben so notwendig, wie sie es für den Fortschritt auf jedem andern Gebiete ist. Denn ohne Begeisterung ist nie etwas Großes in der Welt geworden.

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2. Die poetischen Freundschaftsbündnisse.

Schon im Mittelalter gab es in Deutschland Vereine, welche sich die Aufgabe gestellt hatten, die deutsche Poesie zu pflegen. Die ersten Vereine derart bestanden aus ehrsamen, poetisch begabten Handwerkern, welche nach gethaner Arbeit regelmäßig in den Herbergen zusammenkamen und sich in der Gesangeskunst übten. Man nennt diese zunftmäßig verbundenen Kunstgenossen Meistersänger"; sie selbst nannten sich anspruchsLoser: Liebhaber des deutschen Meistergesanges". Da sie der Ansicht waren, daß die Gesangeskunst durch Beachtung bestimmter Regeln sich erlernen lasse, eine Ansicht, welcher noch Gottsched huldigte, so mußte jeder erst eine Lehrzeit durchmachen, um die festgeseßten Regeln zu erlernen, und darauf eine Art Meisterstück ablegen, wenn er in die Ge= nossenschaft aufgenommen sein wollte. Der Regeln waren sehr viel, der Stoff der Dichtungen aber ein sehr beschränkter. Er war vorherrschend ernster Art zu gemeinsamer Erbauung und Belehrung „Gott und der Welt gefällig". Sonntags nachmittags versammelten sich die Genossen gewöhnlich auf dem Rathause oder in der Kirche und trugen dort vor einer großen Zahl von Zuhörern die eingeübten Gesänge vor.

Während in den Herbergen auch scherzhafte Lieder gestattet waren, wurden in den Kirchen nur biblische Stoffe in Versen behandelt. Man sang von der Schöpfung der Welt und vom himmlischen Jerusalem, von Christus und den Aposteln u. s. w. Der Singestuhl befand sich in der Nähe der Kanzel. Um ihn herum saßen die edlen Meistersänger, teils langbärtige Greise, teils glatte Jünglinge in Seidengewändern grün, blau und schwarz mit zierlich gefalteten Spizenkragen. Auf einem er= höheten Size neben dem Singstuhle hatten die „Merker" platz genommen, von denen der eine in der Bibel nachlas, ob der Stoff, den der Sänger in seiner Dichtung behandelte, nicht gegen den Inhalt der Bibel verstieß, der andere die Zahl der Verssilben an den Fingern nachzählte und auf den Reim achtete, der dritte die etwa vorgekommenen Fehler auf ein Zeichen der beiden ersten Merker aufschrieb. Solche Singschulen entstanden schon im 14. Jahrhundert und hielten sich mehrere Jahrhunderte hindurch in Mainz und in Straßburg, in Frankfurt und in Nürnberg, in Augsburg und in Breslau, in Görlig und in Danzig. Sie entstanden nach dem Verfall des Minnesangs, der vorzugsweise an den Höfen und in den Burgen vom Adel gepflegt worden war. Kann sich die Boesie der Meistersänger mit der Blüte des Minnesangs auch nicht messen, so legen jene Singschulen doch ein Zeugnis ab von der unverwüstlichen Liebe des deutschen Volts zur Dichtfunst, wie von dem nationalen Sinn, der in dem Bürgerstande erwacht war, der sich auch in ihren Städtebündnissen kundgab. Zudem war jeder, der einer Singschule angehörte, zu einem frommen, christlichen Leben verpflichtet. Der hervorragendste Meistersänger ist Hans Sachs, der 1576 in Nürnberg 82 Jahre alt starb. Er hat über 6000 Dichtungen geliefert und war mit der griechischen und römischen, mit der französischen und italienischen Litteratur durch Übersetzungen bekannt, ebenso mit unseren Heldengeschichten und Voltsbüchern, wie mit der Bibel und den Kirchenlehren. Befindet sich unter der großen Zahl seiner Dichtungen auch viel Unbedeutendes, so ist er doch bis heute Meister in den Dichtungen, die man Schwänke nennt, geblieben.

Der Meistergesang verfiel und verwilderte im Laufe der Zeit, namentlich durch die 30jährige Kriegsfurie, welche über Deutschland hereinbrach, ebenso wie der Minnesang durch die wüsten Fehden der Ritter. Hatten in den ersten Jahrhunderten des Christentums die Geistlichen vornehmlich die Poesie gepflegt, dann die adeligen Ritter und darauf die ehrsamen Handwerker, so ging nun die Pflege der Gesangeskunst von den Gelehrten an den Universitäten aus. Schon während des 30jährigen Krieges unternahm Opit, der in Frankfurt a. D. und in Heidelberg studiert hatte, der Verwilderung im Versbau dadurch zu feuern, daß er statt des bloßen Zählens der Silben, wie es die Meisteranger gethan, die Silbenmessung einführte, den regelmäßigen Wechsel von Längen und Kürzen und dadurch vornehmlich den jambischen und den trochäischen Vers zur Geltung brachte. Statt der kurzen Reimpaare

des Knittelverses führte er den sechsfüßigen Alexandriner der Franzosen ein und empfahl die Dichtungen der alten Klassiker und deren Nachahmer zum Muster und Vorbild. Ähnlich verfuhr Gottsched, der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts Professor an der Universität in Leipzig war. Wie Opis ging er von dem Grundsaße aus, daß die Dicht= funst, indem sie ergöße, zugleich belehren müsse, und daß sie zu erlernen sei. Für die Dramen, die er schrieb, dienten ihm vorzugsweise die Franzosen als Muster. Durch sein herrisches Auftreten und durch die Unhaltbarkeit vieler seiner Grundsätze rief er eine Reihe Vereine als Gegner ins Leben. Zuerst vereinten sich auf der Universität in Halle drei lebensfrohe und von der poetischen Bewegung ergriffene Jünglinge zu einem Kränzchen und dichteten im Gegensatz zu der lehrhaften Poesie Gottscheds anakreontische Lieder. Sie besangen im scherzhaften Tone Wein und Liebe, erklärten dem Reim den Krieg und glaubten durch ihre tändelnde Poesie in der Einführung reimloser Verse das wirksamste Mittel gefunden zu haben. Jene drei Jünglinge waren Gleim, Uz und Götz. Ihnen schlossen sich später noch andere an. Einen höheren Inhalt bekamen ihre Gesänge erst durch die Thaten Friedrichs des Großen. Am längsten hat Gleim anakreontisch gesungen und geschwärmt. In Halberstadt, wo er Sekretär des Domkapitels geworden war, saß er oft in mondhellen Juninächten noch in heitrer Jugendlust, wenn Freunde, wie Klopstock und Schmidt ihn besuchten, in Lauben musenbegeistert beim Wein, Scheitel und Becher mit Rosen bekränzt.

Ein zweiter Verein, welcher die lähmenden Fesseln der gottschedschen Theorie zu sprengen suchte, bildete sich in Leipzig. Von seinen Mitgliedern hatten einige anfangs auf Gottscheds Seite gestanden. Der Verein gründete eine Zeitschrift, nach dem Druckorte,,Bremer Beiträge" genannt, die einen Gegensatz zu Gottscheds Zeitschrift: „Belustigung des Verstandes und des Wißes" bildete, obschon die Bremer Beiträge auch unter dem Titel „Neue Beiträge zur Vergnügung des Verstandes und des Wißes“ erschienen. Die Mitglieder des Vereins hat Klopstock in seiner thränenreichen Elegie „an Ebert" gefeiert und mit dem Tone dieser Dichtung auch die sentimentale Empfindungsseligkeit, welche diesem Freundschaftskreise eigen war, gezeichnet. Als Vorbilder galten ihnen vornehmlich englische Dichter. Was dem Druck übergeben werden sollte, wurde erst durch sämtliche Mitglieder des Vereins streng und unparteiisch geprüft. Der bedeutendste und selbständigste Dichter dieses Kreises ist Gellert.

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Zu Anfang der siebenziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gründeten, ähnlich wie in Halle, jugendfrische Studenten in Göttingen ebenfalls einen poetischen Verein, den sie nach Studentenart Bund" nannten, und der unter dem Namen Göttinger Dichterbund" eine hervorragende Stellung in unserer Litteratur einnimmt. Die Gründer dieses Bundes sind Voß, Hölty, Hahn, Cramer, Miller und Fr. Stolberg, zu denen sich dann noch Bürger, Leisewiß und andere gesellten. Als dieser Bund

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ins Leben trat, stand Klopstoď auf der Höhe seines Ruhmes. Sein gefeierter Name und sein gewaltiger Einfluß gaben auch den Anlaß zur Gründung des Bundes. Anfangs dichteten die Jünglinge ganz in dem Odenstil ihres Meisters, ohne ihn zu erreichen, bald aber trat eine bedeutsame Wendung in ihrem poetischen Schaffen ein. Herder hatte feine mächtigen und gewichtigen Schriften über das Wesen echter und ursprünglicher Volkspoesie erscheinen lassen, und da in jenen Jünglingen auch ein warmer Zug nach volkstümlicher Dichtung obwaltete, so wandten sie sich mehr und mehr volksmäßigen Stoffen zu, brachten den von Klopstock verworfenen Reim wieder zu Ehren und dichteten eine Reihe schöner Lieder, von denen viele Gemeingut des ganzen Volkes wurden, und deren Melodieen man bald in geselligen Kreisen von Studenten, wie von ehrsamen Bürgern, singen hörte. Die Zeitschrift, in welche sie ihre Dichtungen nach vorhergegangener, gemeinsamer Prüfung der Öffentlichkeit übergaben, war der vom Professor Boie in Göttingen gegründete Musenalmanach, den später Voß herausgab, und der noch lange den Freundeskreis, nachdem dieser Göttingen verlassen hatte, verband.

Außer den genannten Universitätsstädten wäre noch Jena zu nennen, wo zu Anfang dieses Jahrhunderts durch die Gebrüder Schlegel die romantische Schule sich bildete, die aber bald in sich selbst uneins ward und in bittere Fehde geriet.

Das schönste, einzig in der Geschichte der Litteratur dastehende Freundschaftsbündnis ist das zwischen Schiller und Goethe. Nie ist ein poetischer Liebesbund so zart und fruchtbringend, so tief und so innig gewesen, als der zwischen diesen beiden Dichtern. Ihr gegenseitiges Bedürfnis nach einander war ein wahrhaft überirdisches. Mit Recht hat der Bildhauer Rietschel die Statuen dieser beiden Dichter auf ein Postament gebracht und beide mit ein und demselben Lorbeerkranze geziert.

6. Bürger.

Bürger wurde in demselben Jahre geboren, in welchem Hölty das Licht der Welt erblickte, im Jahre 1748, auch in einem Pfarrhause, in dem Pfarrhause zu Molmerswende bei Halberstadt. *) Er war schon als Knabe von feurigem Charakter. Im Gegensatz zu dem stillen, träumerischen Hölty, kümmerte er sich wenig um Bücher, wie denn überhaupt das ganze Leben und Wesen beider Dichter kontrastiert. Seine Erziehung, die bei dem heftigen Wesen des Knaben um so mehr einer sorgfältigen Leitung bedurft hätte, wurde von dem Vater verabsäumt und noch weniger von der ungebildeten Mutter ge= leitet, während Höltys Eltern sich ganz der Erziehung ihres Kindes hingaben. Nach einer zwanglosen Jugendzeit, in welcher sich jedoch schon eine Neigung zum poetischen Schaffen offenbarte und der Hang zum Schauerlichen sich geltend machte, tam Bürger auf die Schule zu Aschersleben und später nach Halle, um Theologie zu studieren. Hier geriet sein leicht entzündbares Wesen in ein wüstes Treiben. Diesem wurde er glücklicher Weise dadurch entzogen, daß sein Großvater, der ihn studieren ließ, da der Vater inzwischen gestorben war, ihn nötigte, Halle zu verlassen und nach Göttingen zu gehen, wohin er 1768 übersiedelte und die Theologie mit der Jurisprudenz vertauschte. In Göttingen schloß er Freundschaft mit den Jüngern des Hainbundes, und trat er auch dem Bunde nicht unmittelbar bei, so blieb er doch fortwährend in dem regsten Verkehr mit demselben, auch dann noch, als er die Stelle eines Gerichts- Amtmanns in Altengleichen bei Göt tingen angenommen hatte. Im Jahre 1774 verheiratete er sich, und nun beginnt die Zeit seiner Leiden und Seelenqualen. Drei Chebündnisse, durch Leidenschaft und Unbesonnenheit zerrüttet, brachten ihn nicht nur in Not und Elend, sondern auch um die Ruhe und den Frieden des Herzens, wie um die Achtung der Menschen. Bei seiner ersten Verheiratung zehrte an ihm die heiße Liebe zu Auguste Leonhart, der Schwester seiner Gattin, die er unter dem Namen Molly so berauschend gefeiert. Nach dem Tode seiner Frau mit der Geliebten endlich ver

*) Ein nicht geringer Teil der Dichter des vorigen Jahrhunderts waren Pfarrerssöhne, und zwar Pfarrerssöhne kleiner Orte, wie Gellert, Leffing, Wieland, Claudius, Lichtenberg, Hölty, Bürger.

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