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gemüte nicht entspricht. Die deutsche Fabel ist stets auf epische Breite und Anschaulichkeit mit heiter-satirischen Beimischungen ausgegangen, wie dies die Fabeln des Mittelalters beweisen. Lessings Fabeln sind zwar geistreich, find aber nicht ins Bolt gedrungen. Die Art, wie Gellert die Fabel behandelt, ist zugleich ein Zeugnis von dem pädagogischen Taft des Dichters. Er fennt genau die Mittel, welche man anwenden muß, um die Aufmerksamkeit zu gewinnen und das Interesse wach zu erhalten.

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Eine Fabel Gellerts hat durch die denkwürdige Unterredung unseres Dichters mit Friedrich dem Gr. gewissermaßen eine Berühmtheit erlangt; es ist die Fabel vom Maler. Diese Unterredung hat Gellert nicht wenig in den Augen seiner Zeitgenossen gehoben; sie wurde von aller Welt besprochen. Friedrich der Gr. nannte Gellert den vernünftigsten unter den deutschen Gelehrten", und wenn er bei Anhörung des Malers" äußerte: „Das ist recht schön, das verstehe ich alles", so sieht man auch heraus, wie schlimm es um jene Zeit noch mit unsern deutschen Schriftstellern bestellt gewesen ist. Mit wenigen Ausnahmen bewegten fich faßt alle in dem schwerfälligen, langweiligen Kurialstil, der aus den Fezen aller möglichen Sprachen zusammengesetzt war.

Gellert hat auch Romane und Lustspiele geschrieben. Die legteren zählen zu den besten seiner Zeit. Aus den besprochenen „ET= zählungen" geht schon hervor, daß Gellert nicht nur Humor besigt, sondern auch ein ungewöhnliches Talent, schwache und unwürdige Cha= rattere mit Sicherheit und Wiß zu geißeln. Unter anderen Verhältnissen wäre er vielleicht einer der besten Luftspieldichter geworden. Was seine geistlichen Lieder betrifft, so haben dieselben bis heute im Munde des Bolles eine treue Bewahrung gefunden. Ihre Verständlichkeit, ihre wohlthuende Herzlichkeit, so wie die schlichte Frömmigkeit, welche aus ihnen spricht, haben sie dem Volke teuer und wert gemacht; ja einige von ihnen, wie z. B. Auf Gott und nicht auf meinen Rat",,,Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht" sind geradezu Lieblingslieder des Volkes geworden, wie denn auch kein Liederdichter nach ihm wieder so heimisch, als er, in den Gemeinden geworden ist. Sind auch manche der Gellert'schen Lieder doktrinär gehalten, so fehlt es doch nicht an solchen, welche sich zu einem hohen Schwunge erheben; ich erinnere nur an Gott ist mein Lied" und an „Wenn Christus seine Kirche schützt“.

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Gellert starb als Profeffor der Moral und der schönen Wissenschaften“ zu Leipzig. Ursprünglich wollte er sich dem Predigtamte wid= men, allein sein erster mißglückter Versuch, am Grabe eines Kindes öffentlich zu reden, seine unüberwindliche Ängstlichkeit und die Schwäche seiner Brust änderten seinen Entschluß. Seine Vorlesungen wurden sehr besucht; auch der junge Goethe hat, als er in Leipzig studierte, an denselben teilgenommen. Er äußert sich über den Dichter folgendermaßen: „Die Verehrung und Liebe, welche Gellert von allen jungen Leuten genoß, war außerordentlich. Ich hatte ihn schon besucht und

war freundlich von ihm aufgenommen worden. Nicht groß von Gestalt, zierlich, aber nicht hager, fanfte, eher traurige Augen, eine sehr schöne Stirn, eine nicht übertriebene Habichtsnafe, ein feiner Mund, ein ge= fälliges Oval des Gesichts: Alles machte seine Gegenwart angenehm und wünschenswert. Es toftete einige Mühe, zu ihm zu gelangen. Seine zwei Famuli schienen Priester, die ein Heiligtum bewahren, wozu nicht Jedem noch zu jeder Zeit der Zutritt erlaubt ist, und eine solche Vorsicht war wohl notwendig, denn er würde seinen ganzen Tag aufgeopfert haben, wenn er alle die Menschen, die sich ihm vertraulich zu nähern gedachten, hätte aufnehmen und befriedigen wollen."

Gellerts Leben fällt in eine Zeit, in der in unserer Litteratur zwei Strömungen mit einander um die Herrschaft rangen, deren Führer nach und nach in die bitterste Fehde mit einander gerieten, ähnlich wie später bei den Romantikern. Der Führer der einen Partei war Professor Gottsched in Leipzig, der Führer der andern war Bodmer mit seinem Freunde Breitinger in Zürich. Beide Parteien hatten Zeitschriften in ihrem Sinne gegründet, in denen sie kritisch das Wesen der Poesie, ihren Inhalt und ihre Form beleuchteten; beide hatten das löbliche Streben, die heruntergekommene deutsche Poesie in eine bessere Bahn zu lenken; beide führten als Muster und Vorbilder die Poesie fremder Völker bei ihren Untersuchungen in den Kampf, Gottsched die Poesie der Franzosen, die Schweizer die Poesie der Engländer. Natürlicher und beffer wäre es gewesen, wenn man auf unsere eigene große Litteraturperiode zur Zeit der Hohenstaufen zurückgegangen wäre und daran wieder angeknüpft hätte. Diese war aber so gut wie verschollen, bis auf ge= ringe, nur in den niedrigsten Schichten unverwüstlich fortlebende Volksbücher und Volkslieder. Eine Wendung zum Besseren that aber sehr not; denn was die Litteratur zu Anfang des vorigen Jahrhunderts und kurz vorher bot, war großenteils Lohenstein'scher Bombast und Hoffmannswaldau'sche Frivolität, war Roheit und Regellosigkeit, war ein wistes Durcheinander. Da begrüßte man Gottscheds Unternehmen, Regel und System, Einfachheit und Verständlichkeit in das poetische Schaffen zu bringen und der Sprachmengerei entgegen zu treten wie eine Art Erlösung aus dem unsauberen Wust. Eine zeitlang fanden seine Doktrinen, die in mancher Beziehung an Opitz erinnern, großen Anklang, um so mehr, da sie den als mustergiltigen Franzosen entlehnt waren, deren Poetik sich, auf Horazische Forderungen gestützt, zu einer seltenen Regelrichtigkeit, verbunden mit Eleganz und Feinheit ausgebildet und auch bei anderen Völkern Anerkennung gefunden hatte. Sein Augenmerk richtete Gottsched zunächst auf eine Reform des Theaters. Zu diesem Zwecke sette er sich in Verbindung mit der Schauspielertruppe der Frau Neuber in Leipzig. Es gelang ihm, an die Stelle der rohen und schmutzigen Theaterstücke seine eigenen, wie auch den Franzosen ent= lehnte, von ihm und seiner gebildeten Gattin übersetzte Stücke auf die Bühne zu bringen und den Hanswurst mit seinen Bossen und Zoten

zu entfernen, der im Jahre 1737 auf der Bühne zu Leipzig als Strohpuppe verbrannt wurde.

Gottsched war aber eine so nüchterne und einseitige Natur, dabei so eitel und herrisch, daß sein diftatorisches Ansehen, welches er anfangs genoß, sich bald in eine vollständige Niederlage verwandelte. Ihm war die Poesie eine Verstandesoperation, die den Zweck habe, zu belehren und aufzuflären und, soweit das Moralisch-Lehrhafte dieses zuließ, auch durch „Wiz“ zu belustigen und zu ergößen. Nach seiner Ansicht war die Dichtkunst etwas Erlernbares und das Haupterfordernis für dieselbe Regelmäßigkeit der Form und Verständigkeit des Gedankeninhalts. Daß zum poetischen Schaffen vor allem eine schöpferische Phantasie, ein tiefes Gemüt und ein angeborenes Sprachtalent gehöre, davon hatte er keine Ahnung. Alles, was gegen das Verstandesmäßige verstieß, alles Wunderbare und Übernatürliche verwarf er. Seine Poetit nimmt sich an manchen Stellen wie ein Rezept aus. So sagt er: Will man eine Fabel anfertigen, so wähle man zuerst einen lehrreichen, moralischen Sag, dann suche man eine Handlung, darin dieser Saß sich zeigt. Bom Drama verlangt er, daß es nur eine Haupthandlung habe, daß die vorgeführte Handlung nicht länger als einen Tag umspanne, und daß sie an demselben Orte verlaufe. Die Oper erklärte er für ein Unding, da der Mensch seine Gedanken nicht sänge, sondern spreche x. Auf seiner Seite standen die Verstandes- und Lehrpoeten, dann über= haupt die Aufklärungsfreunde entschiedenen Schlages und die Anhänger und Bewunderer der französischen und der römischen Litteratur.

Ihnen gegenüber vertraten die Schweizer, Bodmer und Breitinger, die Ansichten, welche sich bereits in England über das Wesen der Poesie im Gegensatz zu den Franzosen Geltung verschafft hatten. Sie verlangten statt des nüchternen Verstandes Phantasie und Empfindung, legten größeren Wert auf den Inhalt als auf die Form und lenkten die Blicke auf die Werke der Engländer, namentlich auf Miltons verlorenes Paradies, welches Bodmer 1732 ins Deutsche übersetzte. Gegen dieses Werk richtete Gottsched vorzugsweise seine Angriffe, da ihm sowohl das Wunderbare in demselben, wie das Auftreten von Engeln und Teufeln in innerster Seele verhaßt war. Er sah durch eine solche Poesie die alten Nebel des Aberglaubens, gegen den er stets geeifert, wieder hereinbrechen, und als nun gar die ersten Gesänge von Klopstocks Messias erschienen und diese mit einem Beifall sonder Gleichen aufgenommen wurden, da kannte er keine Grenzen in seinem einst so gefürchteten Hasse. Er nannte Klopstock nicht anders als Klopfstock und dessen Poesie, die von den Anhängern derselben als eine „seraphische“ gefeiert wurde, eine sehr affische. Gottscheds Gestirn stand aber schon tief, als er gegen den funkelnden Stern der Messiade sich erhob. Die frischeren Kräfte hatten sich bereits von ihm losgesagt; der freiere, germanische Geist der eng= lischen Theorieen hatte schon den Sieg über den regelsteifen romanischen der französischen Theoretiker davongetragen. Klopstock besiegelte diesen

Gude's Erläuterungen I. 7. Aufl.

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Sieg durch seine Meffiade, welche die von den Schweizern vertretenen Theorieen in die Praxis übertrug. Ohne jenen Streit, der die Gebildeten der Nation fast überall in Mitleidenschaft gezogen hatte, wäre dem Messias schwerlich eine so große Teilnahme und Bewunderung entgegengebracht worden, als sie ihm gezollt ward. Goethe erst beendete in Wahrheit den Kampf, indem er beide Prinzipien der Streitenden sich unterwarf, frei aus sich selbst heraus Inhalt wie Form gleichmäßig tünstlerisch gestaltete.

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Gellert war anfangs ein Anhänger Gottscheds, trat aber später dem sogenannten „Leipziger Dichterbunde" bei, der unabhängig von beiden streitenden Parteien eine Zeitschrift gründete, die nach dem Druckorte Bremer Beiträge" genannt wurde. Zacharia, Rabener, zwei Brüder Schlegel, Cramer, später auch Klopstock legten die Erzeugnisse ihrer Muse in diese Zeitschrift nieder. Redigiert wurde sie von Gärtner. Gellert hat den Zögling der Gottschedschen Schule nie ganz verleugnen fönnen, hat auch in seinen Vorlesungen über den Geschmack" Klopstocks nicht gedacht. In seinen jüngeren Jahren war er der heitere, lebensfrohe Dichter, der Liebe und Wein besang, mit 12 Liedertexten auf Menuetten und Polonaisen, für Freundinnen gedichtet, auftrat (1743) und Lustspiele schrieb. In der zweiten Periode seines Lebens betrachtete er die Poesie vorzugsweise als Dienerin des moralischen Gefühls.

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Stete Kränklichkeit, selbstquälerische Stimmungen, überladene Arbeiten drückten seinen Geist danieder. In den Vorreden zu den neuen Auflagen seiner Dichtungen glaubte er seine Poesieen aus der früheren Periode seines Lebens entschuldigen zu müssen. Zu den aufreibenden Vorlesungen, Korrekturen, Übungen, Korrespondenzen kamen noch die Sorgen um das tägliche Brot. Während sein Verleger ein reicher Mann wurde, kam Gellert über die bescheidensten Ansprüche nicht hinaus. Und wie er, so mußten sich damals die Dichter und Denker überhaupt durch Not und Mühsal, durch Hunger und Dienstbarkeit hindurch winden. Man braucht nur an Lessing und Winckelmann zu denken. Das Volk kam ihnen nicht entgegen. Mit hochfliegenden Plänen bezogen eine Reihe begabter Jünglinge die Universität. War die frohe Studienzeit vorbei, so tam ein mühseliges Amt, kümmerliches Brot, ein abhängiges Dienstverhältnis, und dieses lähmte Mut, Frohsinn und Schaffensluft. Dazu kam das geringe Ansehen, welches Deutschland bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts dem Auslande gegenüber in litterarischer wie politischer Hinsicht genoß. Gellert war kein Genie, aber ein nicht ge= wöhnliches Talent. Unter anderen Verhältnissen würde er sicherlich Be= deutendes geleistet haben.

Thema.

Gellert und Rabener.

Eine biographische Parallele.

Beide Männer haben in ihrer schriftstellerischen Thätigkeit, wie in ibren äußeren Lebensverhältnissen manches Verwandte, wie sie denn auch bis an ihren Tod durch das innigste Freundschaftsband mit einander verknüpft blieben. Rabener und Gellert wurden in Sachsen geboren, Rabener 1714 zu Wachau, einem Dorfe bei Leipzig, Gellert 1715 zu Haynichen, einem Städtchen im sächsischen Erzgebirge. Sie besuchten gemeinschaftlich die Fürstenschule zu Meißen und studierten ebenfalls ge= meinschaftlich auf der Universität zu Leipzig, Gellert Theologie, Rabener Jura. Beide blieben unverheiratet und erhielten in Sachsen Anstellung und Versorgung. Gellert ward Professor an der Universität zu Leipzig, der berühmtesten in der damaligen Zeit, Rabener kam als Steuersekretär nach Dresden, nachdem er vorher als Steuerrevisor in dem Leipziger Kreise angestellt gewesen war. Abgesehen von ihrer schriftstellerischen Thätigkeit, wurden beide schon ihres Charakters wegen hoch geschäßt und geliebt. Durch ihre Schriften erwarben sie sich Freunde in den weitesten Kreisen und in den verschiedensten Ständen. Selbst die preu= Fischen Offiziere und Prinzen, ja selbst der König von Preußen behandelten mitten im Getümmel des siebenjährigen Krieges, bei ihrer Anwesenheit in Sachsen, diese Lieblingsschriftsteller des deutschen Volks mit Auszeichnung. Der Prinz Karl schenkte Gellert zum Beweise seiner Achtung ein Pferd, welches er in der Schlacht bei Freiberg geritten; der Kommandant in Weißenfels befahl, alle Boten, welche zu Gellert wollten, in feiner Weise aufzuhalten, ja es wurde sogar angeordnet, Hannichen, weil es der Geburtsort Gellerts sei, mit besonderer Schonung zu behandeln. Beim König hatte Gellert eine lange Audienz und wurde von ihm mit den Worten entlassen, bald wiederzukommen und seine Fabeln mitzubringen. Auch in Rabener ehrten die Preußen den berühmten Schriftsteller. Er wurde ebenfalls von vielen preußischen Offizieren und Beamten aufgesucht; den Prinz Heinrich sah er mehrmals, und Friedrich der Große wünschte ihn gleichfalls zu sprechen, ward jedoch durch seine schnelle Abreise von Dresden (1757) daran verhindert. Auch von den niederen Ständen wurde Gellert wie Rabener hoch ge= ehrt, insbesondere der erstere, dem manche Liebesbeweise auch von diesen Ständen zu teil wurden. So brachte ihm ein Bauer aus Dankbarkeit ein Fuder Holz, weil er ihm und seiner Familie die Winterabende durch seine Fabeln und Erzählungen so angenehm verkürzt habe, und eine Dienstmagd küßte ihm, als sie zufällig den geliebten Namen nennen hörte, in freudiger Überraschung die Hand. Bei allem Ruhm, den beide Männer ernteten, und bei aller Ehre, die man ihnen erwies, waren sie doch die Bescheidenheit selber. Gellert lehnte standhaft die Erhöhung seines Gehalts während der Kriegszeit ab, obgleich sein Ein

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