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Paul Gerhardts überhaupt das Erfreulichste, was die deutsche Poesie damals nach Inhalt, Form und Sprache bot.

Als zu Ende des vorigen Jahrhunderts unsere Litteratur einen neuen Aufschwung nahm, wurden von dieser Bewegung auch Geistliche ergriffen. Obenan steht Herder, der 1803 als Hofprediger und Generalsuperintendent in Weimar starb. Keiner war so tief in das Wesen der Poesie eingedrungen, als er; keiner hat so anregend auf die Dichter der damaligen Zeit eingewirkt, namentlich auf Goethe, als er. An poetisch-schöpferischer Kraft steht er diesem und andern nach. In weite Kreise gedrungen ist nur sein „Cid"; weniger bekannt sind seine Legenden geworden. Ein zweiter, dem geistlichen Stande angehörender Dichter, der im Jahre 1826 als Prälat starb, ist Hebel, welcher sich durch seine alemannischen Gedichte ein bleibendes Denkmal gesetzt hat; ein dritter ist Schwab, weit und breit bekannt namentlich durch sein Gedicht „das Gewitter", die Krone aller seiner Dichtungen. Er starb 1850 als Oberkonsistorial - Rat in Stuttgart. Allen drei Dichtern sind an den Stätten, wo sie starben, Denkmäler gesetzt. Auch die Jeytzeit hat mehrere Geistliche als Dichter weltlicher Lieder aufzuweisen. Der beliebteste ist Gerok, Oberhofprediger und Prälat in Stuttgart. Seine „Palmblätter", seine Blumen und Sterne" erscheinen fortwährend in neuen Auflagen. In den lezten Kriegsjahren hat er seine Harfe auch in feurigen und freudigen Kriegsliedern ertönen lassen. So ist denn die Zahl der Sänger, welche dem geistlichen Stande angehören, in unserer Litteratur eine so große, wie wohl bei keinem anderen Volke. Aus Pfarrhäusern sind außerdem eine Reihe Dichter namentlich im vorigen Jahrhunderte hervorgegangen. Man braucht nur an Gellert, Leffing, Bürger, an die Gebrüder Schlegel, Hölty, Claudius und Wieland zu denken.

19. Uhland.

Des Sängers Fluch.

1. Es stand in alten Zeiten ein Schloß, so hoch und hehr,
Weit glänzt' es über die Lande bis an das blaue Meer,
Und rings von duft'gen Gärten ein blütenreicher Kranz,
Drin sprangen frische Brunnen im Regenbogenglanz.

2. Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich,
Er saß auf seinem Throne so finster und so bleich:
Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut,
Und was er spricht, ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut.
3. Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar,
Der ein' in goldnen Locken, der andre grau von Haar;
Der Alte mit der Harfe, der saß auf schmuckem Roß,
Es schritt ihm frisch zur Seite der blühende Genoß.

4. Der Alte sprach zum Jungen: „Nun sei bereit, mein Sohn!
Denf unfrer tiefsten Lieder, stimm' an den vollsten Ton,
Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz!
Es gilt uns heut, zu rühren des Königs steinern Herz."

5. Schon stehn die beiden Sänger im hohen Säulensaal, Und auf dem Throne fißen der König und sein Gemahl; Der König, furchtbar prächtig, wie blut'ger Nordlichtschein; Die Königin, süß und milde, als blickte Vollmond drein.

6. Da schlug der Greis die Saiten, er schlug sie wundervoll, Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll. Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor, Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor.

7. Sie fingen von Lenz und Liebe, von sel'ger, gold'ner Zeit,
Von Freiheit, Männerwürde, von Treu' und Heiligkeit.
Sie fingen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt,
Sie fingen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt.

8. Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott,
Des Königs trot'ge Krieger, sie beugen sich vor Gott;
Die Königin, zerfloffen in Wehmut und in Lust,
Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust.

9. Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?" Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib;

Er wirft sein Schwert, das blizend des Jünglings Brust durchdringt, Draus, statt der goldnen Lieder, ein Blutstrahl hoch aufspringt.

10. Und wie vom Sturm zerstoben ist all' der Hörer Schwarm, Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm;

Der schlägt um ihn den Mantel und seht ihn auf das Roß,
Er bind't ihn aufrecht feste, verläßt mit ihm das Schloß.

11. Doch vor dem hohen Thore, da hält der Sängergreis, Da faßt er seine Harfe, sie aller Harfen Preis;

An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt;

Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt:

12. „Weh' euch, ihr stolzen Hallen! nie töne süßer Klang
Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang,
Nein! Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,
Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!

13. Weh' euch, ihr duft'gen Gärten im holden Maienlicht! Euch zeig' ich dieses Toten entstelltes Angesicht,

Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell versiegt,

Daß ihr in fünft'gen Tagen verfteint, verödet liegt.

14. Weh' dir, verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums! Umsonst sei all dein Ringen nach Kränzen blut'gen Ruhms, Dein Name sei vergeffen, in ew'ge Nacht getaucht, Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!“ 15. Der Alte hat's gerufen, der Himmel hat's gehört, Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört. Noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht, Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.

16. Und rings, statt duft'ger Gärten, ein ödes Heideland, Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand, Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch; Versunken und vergessen! das ist des Sängers Fluch.

Auch dieses Gedicht verseßt uns, wie das voraufgegangene, in die mittelalterliche Zeit des deutschen Volks, das schon damals eine hoch entwickelte Dichtkunst hatte, zu den poetisch begabtesten Völkern gehört und von jeher das Bedürfnis und die Kraft besaß, seine Freuden wie feine Leiden, sein Glauben wie sein Hoffen, sein Thun wie sein Empfinden in poetischen Erzeugnissen niederzulegen und abzuspiegeln. Lenz und Liebe, Kampfesmut und Abenteuerlust, Ehre und Treue bilden den Inhalt des reichen Liederschazzes jener Zeit. Daß in noch früheren Jahrhunderten die Gesangeskunst auch schon blühete, dafür liegen eben

falls unzweifelhafte Beugnisse vor. Man sang schon in der Urzeit von den Thaten der Helden und von den Thaten der Götter, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Sänger dieser Lieder Priester waren, die nicht nur des Opferdienstes warteten, sondern dem lauschenden Volte auch in Liedern das Gute priesen, die Zukunft weissagten und vor dem. Zorne der Götter warnten, und daß man diese Sänger mehr als andere unter der besonderen Obhut der Götter sich dachte, sodaß ein Frevel gegen ihre geheiligte Person unausbleiblich auch die Rache des Himmels nach sich ziehe. Aus diesem Glauben ist das vorliegende Gedicht entstanden. Eine bestimmte Sage liegt ihm nicht zu Grunde. Wie ein Traum aus alter Zeit senkt es sich mit seinem poetischen Dämmerlicht über uns. *)

Mit den Kranichen des Jbykus verglichen, bietet es seinem idealen Gehalte nach einiges Verwandte dar. Dort und hier wird ein Frevel an der geheiligten Person des Sängers begangen, dort von gemeinen Mördern, hier durch einen blutigen, ruhmsüchtigen Herrscher; dort und hier beschwört der begangene Frevel das rächende Schicksal herauf. Zum Grafen von Habsburg bildet es in der Person des Königs den geraden Gegensat; der Sänger jedoch erscheint in beiden Gedichten als Seher und Brophet.

Die erste Str. giebt uns ein schönes Bild von dem Glanze und der Fülle der äußeren Güter, welche der Herrscher, der auf der Höhe seiner Macht stand, besaß. Sein Schloß ragt aus Blütenduft und Regenbogenglanz auf einem Berge hoch und hehr empor, weit über die Lande, bis an das blaue Meer Glanz verbreitend. Ter Pracht dieses Bildes entspricht ganz die Tonfülle der einzelnen Worte, der gewichtige Gang des Versmaßes, der Schmuck der Beiwörter, wie die Lose Verbindung der Säße. Vier Zeilen und voll=

*) Nach Notter, dem Biographen Uhlands, hätte diesem die Zwingherrdaft Napoleons I. Anlaß zur Dichtung der vorliegenden Ballade gegeben. Dieses ist aus mehr als einem Grunde unwahrscheinlich. Schon die Zeit, in der die Ballade entstand (im Jahre 1814) spricht dagegen. Die Beziehung zu Napoleon wäre ferner eine so gesuchte und dunkle, daß sie nicht jar Wirkung gekommen wäre. Uhland gehört überhaupt nicht zu den Sängern ter Freiheitskriege; wohl aber gehört auch er zu den Sängern von Gottes Gnaden, d. H. zu denjenigen Sängern, denen die Ausübung der Gesangeshunst etwas Hohes und Heiliges war, gleich den Sängern in seinem Gedichte Nr. 7), die außer Lenz und Liebe die fittlichen Grundlagen der Freiheit verberrlichen, ohne welche diese keinen Wert und teine Dauer hat. Uhland hat fie in alten Liedern gefeiert. Eine Poesie, wie sie heutzutage leider in manben Blättern sich breit macht, die darauf ausgeht, durch frivole Wiße und durch conungslosen Hohn jeden Autoritätsglauben zu verspotten, alles Edle und Schöne mit Behagen in den Staub zu ziehen, eine solche Poesie war ihm fremd und verbaßt. Er würde ein Volk, bei dem diese Art Poesie die herrschende geworden, ebenso dem Fluche weihen, wie er in seiner Ballade den Serächter der edlen Gesangeskunst dem Fluche weihet. Ein solches Volk flände ebenfalls am Vorabende seines Untergangs.

kommen flar ist die Lokalität uns zur Anschauung gebracht und unverlierbar fest eingeprägt.

Im scharfen Gegensatz zu der Schönheit und Anmut des Schloffes und seiner Umgebung steht der Inhalt der zweiten Strophe. Mitten in dem Blütenduft und der Farbenpracht sigt auf seinem Throne finster und bleich der König, ein Unmensch, reich an Land und Siegen, aber arm an Freude und Frieden, arm an allem, was dem Leben wahren Wert, dauernden Genuß und echten Glanz verleihet. An seinem Throne hängen Blut und Thränen, aber keine Hoffnungen und Gebete. Seine Herrlichkeit ist ein leerer Schein. Ein Despot, vollsten Sinne des Wortes, fehlt ihm bei allem äußern Glanz der Friede und die Ruhe des Herzens. Voll Argwohn und Mißtrauen kann er in sich nicht froh werden und kann darum andere nicht froh machen:

„Denn was er finnt, ist Schrecken, und was er blickt, ift Wut,
Und was er spricht, ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut."

im

Mit diesen ahnungsvollen Worten schließt die Einleitung, die uns über den Schauplatz der Handlung, wie über den Besitzer des Schlosses in vorbereitender Weise orientiert. Bald darauf befinden wir uns mitten im Schlosse, in dem hohen Säulensaale desselben. Dort sigt der König neben seiner Gemahlin auf dem Throne, um geben von einer Schar von Hofleuten und von Kriegern, im Vorder grunde steht das Sängerpaar, welches nach dem Schlosse gezogen ist. Die Ankunft der Sänger hat der Dichter übergangen, dagegen hebt er, jezt im Gegensatz zu der Königin, die äußere Erscheinung des Königs noch einmal hervor. Hatte er früher von ihm gesagt, er sei finster und bleich", so bezeichnet er jetzt den auf dem Throne Sigenden als furchtbar prächtig", sodaß also selbst sein strahlender Glanz Grauen einflößt, während die Königin durch ihr liebliches, mildes Äußere schon Vertrauen erweckt, wodurch im voraus der Gegensatz in dem Benehmen beider den Sängern gegenüber angedeutet ist.

Mit männlicher Entschlossenheit, im festen Glauben an die Gewalt ihrer Lieder waren die Sänger, den alten Propheten gleich, an den Hof des Tyrannen gezogen, um gleich jenen das steinerne Herz desselben zu rühren und der höheren Weltanschauung und Lebensrichtung am Throne Eingang zu verschaffen. Im vollen Aufgebote ihrer Kraft und Kunstfertigkeit lassen sie alle rührenden und gewaltigen Töne aus ihren Liedern reden; fie feiern das Erhabenste, wie das Süßeste. Des Jünglings frische Jugendbegeisterung vereinigt sich mit dem tiefen Ernst des Alten zu einem hehren Duett, und immer wundervoller schlägt der Alte die Saiten, daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll". Es gelingt ihnen, der feilen Höflinge Gewohn heit, alles Höhere und Edle durch Spott von sich abzuwehren, in Schranken zu halten. Wie von einer unsichtbaren Macht gebändigt,

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