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20. Goethe.

Der Sänger.

1. Was hör ich draußen vor dem Thor, Was auf der Brücke schallen?

Laßt den Gesang vor unserm Ohr
Im Saale wiederhallen!"

Der König sprach's, der Page lief;
Der Knabe kam, der König rief:
,,Laßt mir herein den Alten!"

"

2. Gegrüßet seid mir, edle Herr'n, Gegrüßt ihr, schöne Damen!

Welch reicher Himmel! Stern bei Stern!
Wer kennet ihre Namen?

Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit
Schließt, Augen, euch; hier ist nicht Zeit,
Sich staunend zu ergößen."

3. Der Sänger drückt' die Augen ein
Und schlug in vollen Tönen;
Die Ritter schauten mutig d'rein,
Und in den Schoß die Schönen.
Der König, dem das Lied gefiel,
Ließ ihm zu Ehren für sein Spiel,
Eine goldne Kette reichen.

4. Die goldne Kette gieb mir nicht,

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Die Kette gieb den Rittern,

Vor deren kühnem Angesicht

Der Feinde Lanzen splittern;

Gieb sie dem Kanzler, den du hast,
Und laß ihn noch die goldne Last
Zu andern Lasten tragen.

5. Ich finge, wie der Vogel fingt,
Der in den Zweigen wohnet;
Das Lied, das aus der Seele dringt,
Ist Lohn, der reichlich lohnet;
Doch darf ich bitten, bitt' ich eins:
Laß mir den besten Becher Weins
In purem Golde reichen."

6. Er sezt' ihn an, er trank ihn aus:
„O Trank voll füßer Labe!
O wohl dem hochbeglückten Haus,
Wo das ist kleine Gabe!

Ergeht's euch wohl, so denkt an mich
Und danket Gott so warm, als ich
Für diesen Trunk euch danke."

Goethes Gedicht, „der Sänger“, schließt sich, obschon mit neuer Wendung, der eben besprochenen Reihe von Gedichten an, zu denen noch das im 3. Teil der Erläuterungen besprochene Uhlandsche Gedicht „Bertran de Born" gehört. *) Auch im Sänger" ist die Handlung in eine längst vergangene Zeit, in das Mittelalter, verlegt, welches in furzen, aber durchaus wirksamen Zügen gezeichnet ist. Es fehlt weder die mittelalterliche Burg mit dem Burgthore, dem Graben und der Brücke, noch der hofhaltende König, umgeben von edlen Rittern und schönen Frauen, von Pagen und vom Kanzler, noch der wandernde Sänger, der in den Saal gerufen wird, um durch seine Kunst das Fest zu verherrlichen. Am meisten Verwandtschaft bietet das Gedicht mit dem Grafen von Habsburg. In beiden Dichtungen erscheint der Sänger als gern gesehener Gast, in beiden nimmt er durch die Ausübung seiner Kunst eine hervorragende Stellung in der Umgebung der Könige ein. Aller Augen sind auf ihn gerichtet, alle Herzen ihm zugewandt. Die Herrscher zeichnen ihn in beiden Gedichten auf das Ehrenvollste aus, jeder in anderer Weise: der eine durch seine Auslaffung über den Quell und Ursprung des Gefanges, der andere durch das Darreichen einer goldenen Kette. Im Grafen von Habsburg wird der Sänger in der Umgebung des Königs von diesem vermißt, und als er erscheint, geht seinem Gesange erst Rede und Gegenrede vorauf; in dem Goetheschen Gedichte kommt der Sänger unerwartet und singt nach der Begrüßung sogleich aus freiem Antriebe der frohen, empfänglichen Gesellschaft seine Lieder. Auch hier ist der Sänger ein Greis, dem tros seines Alters die Quelle der Jugend noch zauberkräftig rinnt, und der daher gern an einem Orte weilt und zu ihm wandernd zieht, wo frischer Jugendmut und heitere Lebenslust eine den Sorgen des Lebens entrückte Stätte aufgeschlagen haben. Es ist ja der Poesie vorzugsweise eigen, das Leben zu erfrischen und das Gemüt zu verjüngen **), vor allem das Gemüt des Sängers selbst, dem deshalb schon in dieser Wirkung seiner Kunst ein hoher Lohn bereitet ist. Dem Goetheschen Gedichte ist das Erscheinen eines jugendlichen Sängergreifes um so eher

*) Vergl. ferner T. 4

**) Glaubt mir, es ist

„Arion“ von Schlegel.

kein Märchen, die Quelle der Jugend, fie rinnet Wirklich und immer. Ihr fragt wo? In der dichtenden Kunst..

Schiller.

angemessen, da dadurch die Idee des Stückes, „des Gesanges Lohn“, um so mehr versinnlicht wird. Wenn ferner der Leser auch hier in das Mittelalter versezt wird, so drängte sich unsern Dichtern, indem sie die hohe Bedeutung und Würde des Sängertums veranschaulichen wollten, diese Zeit ungesucht und gleichsam wie von selbst auf. Im Mittelalter war der Sänger der einzige Vertreter der Kunst, war noch alles in allem, der Bewahrer großer Thaten, der Bringer der Luft, der Verkünder göttlich erhabener Lehren, der Mahner zum Guten; da fand er noch in ungeschwächter Frische einen unmittelbaren Anklang in der Brust der Hörer; da hatten sich Dichtkunst, Saitenspiel und Gesang noch nicht von einander losgelöst, sondern wurden in enger Verbindung mit einander zugleich gepflegt. Dazu kommt, daß das Leben der Sänger im Mittelalter ein poetischeres war, als in unserer kulturreichen Gegenwart. Wandernd zog er von Ort zu Ort, zu den Palästen der Fürsten, zu den Burgen der Ritter, zu den Klöstern der Mönche; die Leidenden tröstend, die Liebenden beglückend, die Helden preisend, die Gottvergessenen mahnend. In der öden, freudenleeren Winterzeit war er es vorzugsweise, der durch seine Lieder in den abgelegenen Burgen die trostlose Zeit verkürzen half, bis der Sommer mit seinen Turnierspielen wieder fröhliches Leben weckte. Bei kunstliebenden Burgherren weilte er oft viele Jahre hindurch und ward beim Scheiden mit Geschenken reichlich bedacht. *)

In unserm Gedichte weist der Sänger die ihm dargereichte Gabe zurück. So wohlmeinend dieselbe auch war, er mußte in diesem Augen= blicke, wo er so beglückende Erfolge seiner Kunst geschauet hatte und er selbst in der gehobensten Stimmung sich befand, ein Geschenk für den bereiteten Genuß wie eine Entweihung der Kunst empfinden. Um Lohn hatte er nicht gesungen. Ungerufen war er gekommen. Ihn konnte nur die freudige Aufnahme seiner Lieder erquicken und beglücken, und diese war ihm am Hofe des Königs, im Kreise einer gebildeten Gesellschaft in vollem Maße zu teil geworden. Dem Kanzler und den Nittern, die im Dienst des Königs standen und dessen Gunst vorzugsweise bedurften, mochte die Zierde einer goldenen Kette als Auszeichnung und Aufmunterung angemessen sein. Ihm nicht. Sein Dienst galt keiner bestimmten Person. Wie der Vogel sang er jedem seine Lieder, bald hier, bald dort, aus reiner, voller Lust am Singen, und eine dafür gebotene Gabe mußte ihm eher den Genuß verkümmern, als erhöhen. Erfüllt von der göttlichen Hoheit der Kunst, weist er die Kette zurück.

„Das Lied, das aus der Seele dringt,

Ift Lohn, der reichlich lohnet.“

Dieser Lohn, der unmittelbar aus der Gesangeskunst selbst_ent= springt und stets zu neuen Liedern drängt, welche die Herzen erobern,

*) Vergl. T. V der Erläuterungen: Walther von der Vogelweide.

erheben und veredlen, ist der beglückendste und würdigste für einen Sänger und mehr wert, als jedes äußere Zeichen der Anerkennung, als Rang und Stand. In diesen Gedanken gipfelt das Gedicht.

Statt der Kette erbittet sich der Sänger einen Becher des besten Weins in purem Golde. Und welche Gabe wäre für den Sänger in diesem Augenblicke angemessener gewesen, als der Wein, dem, wie der Beefie, eine verjüngende Kraft inne wohnt, der ein Gefühl von Wohlbehagen und Luft, von erhöhter Kraft und frischem Mute aus des Bechers Grunde hervorzaubert, und der unter allen leiblichen Genüssen von jeher ron den Dichtern besungen und dadurch gleichsam verklärt worden ist. Indem der Sänger das für ihn Kostbarste sich erbittet und laut den. Glanz und den Reichtum des Hauses preist (,, wohl dem hochbeglückten Haus, wo das ist kleine Gabe“), ehret er durch Wort und That in dankbarer Anerkennung das Wohlwollen des Königs, sodaß das Zurückweisen der Kette nicht verlegen konnte.

Arm, wie er gekommen, scheidet er von dem Hofe des Herrschers, mit dem erhebenden Bewußtsein, durch seine Lieder heitere Lebens- und rübrige Thatenlust in dem Kreise seiner Hörer entzündet und der Hoheit der Gesangeskunst in jeder Weise ihre Würde gewahrt zu haben. Dem Herrscher ein ferneres Wohlergehen wünschend, weist er beim Abschiede noch hin auf den Quell aller Güter und Gaben, und indem er mit warmem Herzen für den eben empfangenen Trunk dankt, wünscht er, daß der König in der Fülle des Glücks sich ebenfalls ein demütiges und dankbares Herz gegen Gott bewahren möge, wovon ja vorzugsweise ein gesicherter Besitz der irdischen Güter abhängt. Daß er selbst für die von Gott ihm verliehene, hohe Gabe, die nur wenigen Menschen zu teil wird und nicht erworben werden kann, ein dankbares Gemüt befigt, dafür bürgt schon seine Mahnung. Für sich wünscht er, daß man in freudiger Erinnerung ferner seiner gedenke. Und im Andenken zu sein und zu bleiben, in den Liedern ewig fortzuleben, ist der schönste Lohn und der höchste Ruhm des Sängers.

Was nun die Behandlung des Gegenstandes betrifft, so_unter= scheidet sich dieselbe wesentlich von der Art und Weise, wie Schiller feinen Stoff behandelt hat. In dem Grafen von Habsburg ist die Grundidee in eine fortlaufende, sich entwickelnde Begebenheit verflochten und diese so kunstvoll komponiert, daß jeder Zug zu der Idee hindrängt. In dem Goetheschen Gedichte sind es mehr einzelne, lose mit einander zusammenhängende Scenen und Situationen, ähnlich wie in „des Sängers Fluch", die uns vorgeführt werden; auch ist die Idee in dem Gedichte jelbst ausgesprochen. Schiller erregt unsere Bewunderung durch seine Fähigkeit, scheinbar ganz äußerliche Thatsachen und Erzählungen so mit einem idealen Gehalte zu durchdringen und dramatisch zu gestalten, daß dadurch die ganze Seele in Bewegung gesetzt und die Idee im Innern mit ergreifender Gewalt lebendig wird. Goethe, eine mehr beschauende Natur, accentuiert weniger die Idee, ist weniger spekulativ, besigt aber

ein unvergleichliches Talent in treuer Wiederspiegelung und leichter, gefälliger Darstellung. Auch das vorliegende Gedicht legt davon Proben ab und zeigt, wie grundverschieden beide Naturen, Schiller und Goethe, sind.

Zunächst fällt jedem in dem Gedichte die wundersame Kürze des gedankenreichen Inhalts auf. Da ist kein Wort, keine Silbe zu viel Auch hat der Dichter in der Anwendung der am meisten gebräuchlichen poetischen Mittel eine große Enthaltsamkeit geübt. Wir finden weder eine Fülle schmückender Beiwörter, noch einen Reichtum an Bildern und schildernden Zügen; und doch ist das Ganze so versinnlicht, so durchsichtig und klar, daß es gleichsam vor unsern Augen vor sich zu gehen scheint. Das Poetische liegt hier eben in der Natürlichkeit, Einfachheit und Klarheit. Wie schön ist schon die Situation an sich ein greiser Sänger, der nichts besitzt, als seine Gesangestunst, aber darin sich reich und mächtig fühlt wie ein König ihm gegenüber der Herrscher, er hoben über des Lebens Not und Beschränkungen, aber doch des Sängers bedürftig, wenn er seiner Macht froh werden will. So knapp auch die Darstellung ist, so ist doch in dem ganzen Bilde Leben und Bewegung, Klarheit und Deutlichkeit.

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Von den 7 Zeilen, welche jede Strophe enthält, haben die 4 ersten gekreuzte und die beiden folgenden ungetrennte Reime, die letzte steht, die Strophe jedesmal auch dem Gedanken nach abschließend, ohne Reime da (a ba b c cd). Die 1., 3., 5. und 6. Zeile endigen stets mit einem männlichen Reime, die 2., 4. und 7. dagegen sind weiblich. Das Versmaß ist ganz dem leichten, lebhaften Charakter des Stückes angemessen. Wie in den Reimen, so ist auch in der Zahl der Versfüße ein schöner Wechsel. Die 1., 3., 5. und 6. Zeile, welche männlich reimen, bestehen aus 4 Jamben; die übrigen dagegen aus je drei, mit einer überzähligen Kürze. Auch dieser Wechsel erhöhet die heitere Bewegung. Von trefflicher Wirkung ist insbesondere noch die in Str. 1 angebrachte Halbierung der Verse, welche die eilende Ge schäftigkeit des Pagen durch den Rhythmus versinnlicht. Sie wiederholt sich in Str. 6.

Der König sprach's, der Page lief,
Der Knabe lam, der König rief;"

„Er sezt' ihn an, er trank ihn aus."

Das vorliegende Gedicht findet sich in etwas anderer Gestalt, als in der Gedichtsammlung Goethes, in Wilhelm Meisters Lehrjahren. Es ist dort in seiner ursprünglichen Form dem alten Harfner, dessen wunderliche Rätselhaftigkeit uns, so oft er auch vorkommt, immer mit neuem Interesse anzieht, in den Mund gelegt. Wilhelm befindet sich in einer fröhlichen Gesellschaft von Schauspielern, als der Alte mit seiner Harfe eintritt und alsbald mehrere Lieder vorträgt, worauf er mit einem Glase Wein erquickt wird. Sein Vortrag wie sein rät haftes Wesen erregen gleiche Bewunderung. Wilhelm wendet sich zu ihm und spricht: „Wer du auch seist, der du, als ein hülfreicher Schuß

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