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22. Uhland.

Schäfers Sonntagslied.

1. Das ist der Tag des Herrn! Ich bin allein auf weiter Flur. Noch eine Morgenglocke nur Nun Stille nah und fern!

2. Anbetend fnie' ich hier. füßes Graun! geheimes Wehn! Als knie'ten viele ungesehn Und beteten mit mir.

3. Der Himmel nah und fern,
Er ist so klar und feierlich,
So ganz, als wollt' er öffnen sich.
Das ist der Tag des Herrn!

Dieses kurze, anspruchslose Gedicht ist, wie so manche andere Dichtung Uhlands, ein Lieblingslied unseres Volts, namentlich der gesamten Liederchöre unseres Vaterlands geworden. Wen hätte es nicht auch schon in andachtsvolle Stimmung verseßt, selbst wenn er Dichter und Komponisten nicht kannte! Seine edle Einfachheit, wie sein herzgewinnender Ausdruck haben es zum Volksliede gemacht. Als solches ver= leugnet es alles Anspruchsvolle, alles Künstlerische in Form und Komposition, legt aber desto mehr Wert auf den inneren Ton der Empfin= dung. Und da ist, wie in dem vorausgegangenen Gedichte, auch nicht ein Zug, der gegen die Stimmung verstieße. Die Melodie hat es gleichsam schon in sich.

Ein unscheinbarer Mann aus dem Volke, ein Schäfer, den sein Beruf hindert, im Gotteshause zu erscheinen, hält seine Andacht in der Gottesnatur: das ist das einfache Motiv, welches der Dichter in so herzinniger und herzgewinnender Weise ausgeführt hat, daß wir die feierlichen Töne seines Liedes noch leise zu hören wähnen, wenn sie verflungen sind, wie die Töne einer Kirchenglocke in der Morgenstille des Sabbaths.

Es ist der Tag des Herrn. Die sonst so belebte, von geschäftigen Menschen beunruhigte Flur hält Rast- und Ruhetag. Ein stiller Sonntagsfrieden liegt auf derselben, als wäre sie zu einem Gotteshause ge= worden. Nirgends erblickt der Schäfer, so weit er auch um sich schauet, ein menschliches Wesen.

„Ich bin allein auf weiter Flur.“

Unwillkürlich verleihet das Gefühl der Einsamkeit seinem Gemüte eine ernste Stimmung und lenkt seinen Sinn zur Einkehr in sich selbst.

Da tönt in die ernste Stille der feierliche Klang der Glocken, von nah und fern, und diese Töne, die auf jedes unverdorbene Gemüt einen ge= heimnisvollen Zauber ausüben, mußten dem in sich gekehrten Schäfer wie ein Gebetsgruß der zur Kirche wandelnden Schar erklingen und sein Gemüt noch mehr nach oben richten. Als die Töne verklungen sind, da ist es ihm, als knieete er inmitten der großen, unsichtbaren Gottesgemeinde. In der gehobenen Stimmung seines Gemütes erscheint ihm nun auch die ganze Natur verklärt. Erde und Himmel feiern mit ihm den Tag des Herrn. Und wer hätte nicht Ähnliches schon empfunden! Wer hätte an einem Sonntage nicht auch schon das Gefühl gehabt, als ob die Sonne an diesem Tage festlicher schiene, die Erde dem Himmel mit seinem Frieden näher gerückt sei und Gott auch da weile, wo das geschäftige Treiben der Menschen ihn sonst nicht sucht und findet!

Das Gedicht schließt mit denselben Worten, mit denen es beginnt, wodurch schon angedeutet wird, daß die Ausführung jener Worte in demselben enthalten ist. Das hinweisende „Das", womit es anfängt, be zieht sich zunächst auf die in der ersten Str. aufgeführten Wahrnehmungen des Schäfers. Diese sind: das Alleinsein auf weiter Flur, das Geläut der Morgenglocken und die überall herrschende Stille. Diese sinnlichen Wahrnehmungen kennzeichnen bereits den Tag als „den Tag des Herrn". Sie sind aber erst die äußeren Kennzeichen desselben, die noch nicht den ganzen Inhalt des Sates: Das ist der Tag des Herrn" erschöpfen. Zu den ferneren Kennzeichen desselben gehören Andacht und Gebet, wozu der Klang der Glocken und das feierliche Schweigen in der Natur das Herz stimmen. Diese Sonntagsstimmung des Herzens enthalten die folgenden Strophen, worauf das hinweisende „Tas" sich ebenfalls bezieht. In dem Anfangs- und Endsaße ist also der ganze Inhalt des Gedichts wie im Keime enthalten. Die einzelnen Strophen sind die Entfaltung desselben. Sinnliches und Übersinnliches, Frdisches und Himmlisches, Einsamkeit und Gemeinsamkeit sind da ungesucht in die innigste und seelenvollste Beziehung gebracht und zu einem schönen Stim mungsbilde vereint und erhoben.

Uhland hat das Gedicht „Schäfers Sonntagslied" überschrieben, hat es aber so gehalten, daß es die Sonntagsstimmung eines jeden, in dem der religiöse Sinn nicht erstorben ist, abspiegelt, wenn er sich in einer ähnlichen Situation befindet, wie der Schäfer, also wenn er an einem Sonntagsmorgen fern von Menschen einsam in der weiten, schönen Gottesnatur die Kirchenglocken läuten hört. Durch die Überschrift be kommt die Phantasie gleich einen bestimmten Anhalt, indem durch sie das Folgende sogleich an eine bestimmte Persönlichkeit und an eine be stimmte Ortlichkeit geknüpft wird. Sie ist in jeder Hinsicht glücklich gewählt, schon deshalb, weil sie an bekannte, durch Geschichte und Sage geweihete Vorstellungen sich anlehnt. Von jeher hat ja der Stand der Hirten in religiöser Beziehung einen guten Klang gehabt. Durch das

ganze alte Testament hindurch, von dem Hirten Abel bis zu den Hirten auf dem Felde bei Bethlehem erscheinen sie als fromme Leute. Auch in Dichtungen alter und neuer Zeit treten sie als solche auf. Wird doch der Hirt weniger als andere Menschen, ja wohl am wenigsten von dem Treiben und Jagen, von dem Ringen und Sorgen des geschäftlichen Lebens heimgesucht, und ist er doch am meisten vor den Konflikten desselben bewahrt. Sein Leben ist ein ruhiges, beschauliches, der Einkehr in sich günstiges, entbehrt aber auch am meisten die Gemeinschaft mit andern. An keinem Tage muß das Gefühl des Alleinseins ihn so tief erfassen und dieses in ihm ein Sehnen nach Gemeinschaft so sehr erzeugen, als am Sonntage, an welchem er Feld und Flur menschenleer sieht und an welchem alle Stände, alle Berufsarten, alle Altersklassen zur gemeinschaftlichen Gottesverehrung sich einen, er jedoch auch da seinem Berufe leben muß. Das ferne Geläut der Glocken klingt daher unserem Hirten wie ein Gruß der zur Kirche wandernden Gottesgemeinde und wie eine Aufforderung zu gemeinsamer Andacht. Überwältigt von dem Gefühl der religiösen Zusammengehörigkeit ist es ihm, als ob die weite Flur zum Tempel Gottes geworden wäre und als knieeten viele un= gesehen und beteten mit ihm". Es ist dies ein überaus schöner Zug, der auch dem Kehrreim: das ist der Tag des Herrn" erst den vollen Inhalt giebt, denn die wahre Weihe erhält die Sonntagsfeier erst durch die gemeinsame Andacht. Ohne die Andacht mit andern fehlt das Festliche in dem Tage des Herrn, ohne sie kommt es auch nicht zur rechten, befriedigenden Sonntagsstimmung, in der das Herz im Glauben und Lieben, im Danken und Hoffen durch die Gemeinsamkeit gehoben und gekräftigt wird. Wie sehr dieses Sich-einsfühlen mit andern ein Bedürfnis des religiös gestimmten Herzens ist, hat der Dichter in den obigen Worten in der innigsten und sinnigsten Weise dargelegt und damit auch die Worte: „Das ist der Tag des Herrn" zum höchsten Ausdruck und zum gesteigerten Abschluß gebracht.

Bon Uhlands Liedern sind viele, auch das vorliegende, komponiert worden, namentlich von Kreuzer und Schumann, und zwar in so treff= licher Weise, daß wir auf diese Kompositionen ebenso stolz sein können, wie auf die Dichtungen. In noch höherem Maße ist dieses mit den Schubertschen Kompositionen der Goetheschen Lieder der Fall. Es ist leme Überhebung, wenn man behauptet, daß wir die vollendetste Lyriť, und die vollendetste Musik besißen. Schöne Gedichte und schöne Melodieen haben auch andere Völker, aber eine so reiche und schöne Lyrik wie wir seit Goethe haben, und mit ihr eine so harmonierende Sprache der Mufit, wo giebt es etwas ähnliches? Die Lyrik Uhlands ist schlicht und knapp, nicht stürmisch und glühend, nicht bilderreich und glänzend; sie ist ohne rhetorischen Schmuck und ohne gefünftelte Form, trotzdem aber ergreifend, tief, anschaulich und sinnig. Durch die meisten seiner Lieder geht ein ernster Grundton, auch da, wo er von Frühling und Minne fingt. Uhland war eine schweigsame Natur von tief religiösem

Gemüt, was schon aus dem eben besprochenen Gedichte hervorgeht. Der Sonntag war auch ihm ein Tag des Herrn", d. h. ein Tag, an welchem der Glockenklang zur gemeinsamen Andacht ihn in die Kirche rief, wie dies bei Rückert ebenso der Fall gewesen ist.

Sonntagsfrühe.

Dichtungen, welche der Sonntagsstimmung Ausdruck geben, haben wir mehrere. Das originellste Gedicht derart ist wohl Hebels „Sonntagsfrühe". Dasselbe unterscheidet sich schon durch seine Ausdehnung von dem Uhlandschen Gedichte. Es umspannt die Zeit von der Mitternachtsstunde, mit welcher jeder Tag, also auch der Sonntag beginnt, bis zu der Zeit, in welcher das Läuten der Glocken die Gemeinde zur Kirche ruft. In dem Uhlandschen Gedichte herrscht feierlicher Ernst von Anfang bis zu Ende, hier drollige, anmutige Laune; dort ist alles knapp gehalten, hier ist alles mit einer gewissen Geschwätigkeit ausgeführt. Hebel hat einen Sonntagsmorgen zur Zeit des Frühlings gewählt, also zu einer Zeit, die an sich schon zur Freude stimmt, und hat ihn auf eine eigentümliche Weise verfettet mit den Reizen des Früh lings und dem Frohsinn der Landleute in seiner heimatlichen Flur. Sonnig und wonnig tritt der Tag in das stille Dorf und dringt mit seiner Himmelstraft durch Blüte und Laub, durch Berg und Thal in Kammer, Stube und Kirche. Die Vögel verkünden ihn von den Bäumen, die Blüten von allen Zweigen. Wärmer klingt der Gruß der Menschen an diesem Tage, inniger ist ihre Freude an der Blütenpracht und am Gesange der Vögel, sodaß sie sich erst gar nicht trennen können von all der paradiesischen Herrlichkeit. Überrascht von dem Klange der Glocken, die zur Kirche rufen, meinen sie voll Scherz, wozu sie heute mehr aufgelegt sind, als an den Wochentagen: der Pfarrer müsse es eilig haben. Im besten Sonntagsschmuck wandeln sie zum Gotteshause, und als wollten sie den Frühling auch mit in die Kirche bringen, tragen fie einen Blumenstrauß in der Hand, einen Strauß von Aurifeln, die mit den schönsten Farben gepudert sind, und damit diese prangenden Frühlingsblumen auch im schönsten Schmuck in der Kirche erscheinen, haben sie dieselben vorsichtig gebrochen.

Es würde schlecht stimmen zu dem sonnigen, wonnigen Tage, der dasteht, geschmückt wie eine Braut, wollten sie gesenkten Hauptes, mit scheuen Blicken und lebensfatten Mienen kommen und die Erde ob des Himmels vergessen und dieses Erdenleben verdammen um seiner Unvollkommenheit willen. Originell ist die Weise, mit der Hebel den Sonnabend und Sonntag personifiziert hat. Beide treten auf wie ein paar behagliche, launige Bauern. Die Hauptrolle hat er dem Sonntage zuerteilt. Sein Nachbarsmann, der Sonnabend, hat nur die Aufgabe, ihn um Mitternacht zu wecken. Ganz still schließt der Sonntag darauf seine Thür; schlaftrunken wankt er den Sternlein nach, bis er an das Haus der Sonne kommt. Nun reibt er sich die Augen aus, klopft und

pocht am Fensterlein und ruft der Sonne zu, daß es Zeit sei. Leise geht er dann auf den Zehen weiter, um niemanden im Schlaf zu stören, schauet vergnügt von den Bergen ins Thal, da er sieht, daß noch alles schläft, tritt mit stillem Gang ins Dorf und spricht zum Hahn, ihn nicht zu verraten und die Schlafenden durch sein frühes Krähen nicht zu wecken. Mit einem Sträußchen auf dem Hut schauet er dann „mild und gut“ die endlich wach gewordenen Schläfer an und freuet sich, daß fie so lange geruhet haben, und daß sie heute, statt an die Arbeit zu gehen, hinaustreten in die prangende Natur und ihr Herz an derselben erquicken, wozu ihnen an den Wochentagen Zeit und Stimmung fehlte.

Diese Art der Personifitation, d. h. der Vermenschlichung nicht menschlicher Gegenstände in ausgedehnter Weise, ist Hebel vorzugsweise eigen. Er hat von ihr den ausgiebigsten Gebrauch gemacht. Ich erinnere nur an den Abendstern", an „die Wiese", an den „Kirschbaum“, an das „Spinnlein“ und an das „Habermus". Fast überall hat er die Naturgegenstände in einer Weise vermenschlicht, daß sie sich in ihrem Auftreten und in ihrer Ausdruckweise wie frohsinnige und zufriedene Landleute feines Heimatslandes benehmen. Es verleihet dieses seinen Dichtungen ein überaus heiteres Gepräge und einen ebenso warmherzigen, wie kindlichen Ton. Sonntagsfrühe.

1. Der Samstag hub zum Sonntag an:
„Jezt ruh'n sie alle, Nachbarsmann;
Sie sind vom Schaffen her und hin
Gar weidlich müd' an Seel' und Sinn;
„Mir selbst will's bald nicht besser gehn,
,,Kann kaum mehr auf den Beinen stehn."

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